Kultusminister Olbertz äußert sich zu den aktuellen Problemen der Schulentwicklungsplanung
Kultusministerium - Pressemitteilung Nr.: 204/03 Kultusministerium - Pressemitteilung Nr.: 204/03 Magdeburg, den 30. Oktober 2003 Kultusminister Olbertz äußert sich zu den aktuellen Problemen der Schulentwicklungsplanung ¿Gegenwärtig überarbeiten die Landkreise und kreisfreien Städte die mittelfristigen Schulentwicklungspläne. Diese sind der Schulbehörde bis zum 31. Dezember 2003 zur Genehmigung vorzulegen. Die Auswirkungen des Geburtenrückgangs auf die Schülerzahlen sind inzwischen allenthalben sichtbar. Wir haben jetzt die Pflicht, aber auch die Chance, ein verlässliches Schulnetz mit dauerhaft bestandsfähigen Schulstandorten im Land zu errichten. Eine weitere Verzögerung dieser Entscheidungen würde zu einer weiter anhaltenden Unsicherheit bei Eltern und Schülern, die ¿ bei allem verständlichen Einsatz für den Bestand einer bestimmten Schule ¿ zu Recht Auskunft darüber fordern, welche Schule ihr Kind künftig besuchen, dass es dort auch den angestrebten Abschluss erlangt und wie es sie erreichen kann. Es gibt Gesetzentwürfe der Oppositionsfraktionen im Landtag, die auf den Erhalt kleiner und kleinster Schulen an Einzelstandorten, insbesondere im dünnbesiedelten ländlichen Raum, zielen. Die Parameter, die der Schulentwicklungsplanung zu Grunde liegen, aber sind keineswegs neu; sie wurden von der vorigen Regierung erlassen und gelten seit 1999. Die Änderung der Verordnung vom Mai 2003 hat an diesen Richtwerten nichts geändert und auch in keinem Fall die Bedingungen für Bestandsfähigkeit einer Schule verschärft. Dass die Jahrgänge 5 und 6, nachdem das Gymnasium nach dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung wieder mit Klasse 5 beginnt, in die Berechnung einbezogen werden, ist nur folgerichtig, weil es die Förderstufe nicht mehr gibt. Schon die vorige Landesregierung hat ¿ wiederholt auch vor dem Landtag ¿ deutlich gemacht, warum Schulen unterhalb der festgelegten Mindestgrößen fachlich nicht zu verantworten sind. Es trifft keineswegs zu, dass wir heute vor einer anderen, noch schwierigeren Situation stünden als damals. Andernfalls müsste man unterstellen, die damalige Regierung hätte nur bis 2003 gedacht ¿ die verfügbaren Unterlagen im Kultusministerium belegen jedoch das Gegenteil. Hinzu kommt, dass demografische Prognosen zu den relevanten Altersgruppen naturgemäß sehr präzise und verlässlich sind. Das demografische Problem, vor dem wir stehen, wird sich in den nächsten Jahren sogar noch zuspitzen; der Schülermangel kumuliert, indem die älteren, noch geburtenstarken Jahrgänge das System verlassen und die schwachen Jahrgänge durch alle Klassenstufen hindurch ¿aufwachsen¿. Überbrückungslösungen sind hier untauglich, weil es nichts zu überbrücken gibt. Die Geburtenraten der letzten Jahre zeigen, dass sich alle künftigen Schuljahrgänge konstant auf dem niedrigen Niveau der jetzigen Klassen 5 und 6 einpegeln werden. Zu einigen Forderungen der Opposition im Einzelnen. Zunächst zu den Grundschulen: Nach der Schulentwicklungsplanungsverordnung können sie bereits heute mit 40 Schülern geführt werden, wenn am Schulstandort keine weitere Grundschule vorhanden ist. Solche Grundschulen sind im ländlichen Raum sehr häufig anzutreffen, aber längst nicht in allen Regionen notwendig. Besonders an Standorten mit mehr als einer Grundschule gibt es keine Veranlassung, solche Ausnahmen zuzulassen. Im Übrigen können in besonderen Fällen sogenannte Grundschulen mit jahrgangsübergreifendem Unterricht gem. § 13 Abs. 3 Schulgesetz bis zum Jahr 2005/2006 weitergeführt werden, sofern sie die notwendige Mindestschülerzahl von 28 Kindern in diesem Zeitraum erreichen. Für die Bestandsfähigkeit von Sekundarschulen verlangt der sogenannte Zügigkeitsrichtwert von ¿2¿ mindestens 240 Schülerinnen und Schüler. Auch wenn die SPD-Vorschläge grundsätzlich von demselben Wert ausgehen, sollen nach ihrer Forderung dort, wo es nur eine Sekundarschule gibt, 180 Schülerinnen und Schüler für den Bestand der Schule ausreichen. Damit soll das Sekundarschulangebot an Einzelstandorten in dünnbesiedelten Gebieten gesichert werden. 30 Schüler pro Jahrgang, wie sie die Opposition fordert, bedeuten im bundesweiten Verständnis allerdings nicht Jahrgangs-, sondern Klassenstärke. Bereits die geltenden Mindestgrößen stellen keineswegs das pädagogische Optimum dar, sondern eine Untergrenze, die die teilweise geringe Bevölkerungsdichte in einigen Landesteilen und die dramatische Schülerzahlentwicklung im gesamten Land bereits berücksichtigt. Besonders die abschlussbezogene Differenzierung ab dem 7. Schuljahrgang der Sekundarschule, die im wesentlichen nicht von der Landesgesetzgebung abhängt, sondern von der KMK, erfordert Mindestschülerzahlen für Klassen oder Lerngruppen im Hinblick auf die Stabilität und Kontinuität des Unterrichts. Außerdem erhebt sich die Frage, wie das Kriterium der dünnen Besiedlung genauer als bisher bestimmt werden soll. An einer bestimmten errechneten Einwohnerdichte? Oder vielleicht doch praxisnäher an den konkreten Auswirkungen einer dünnen Besiedlung, nämlich an den sich ergebenden Schulwegen? Letzteres tut die geltende Verordnung. Wo die Länge des Schulweges die Grenzen der Zumutbarkeit und der Belastbarkeit für Schülerinnen und Schüler überscheitet, sieht die Verordnung schon jetzt Ausnahmen auch im Hinblick auf die Mindestgrößen vor. Diese Ausnahmen müssen natürlich durch einen aussagefähigen Schulentwicklungsplan begründet werden. Bei den Gymnasien geht auch die SPD von 450 Schülern, also durchschnittlich 75 in den Jahrgängen 5-10 und 25 Schülern je Klasse aus. Im nächsten Atemzug spricht sie jedoch von 360 Schülern, wenn nur ein Jahrgang unter 57 Schülern bleibt. Damit öffnet sie nicht die bisherige Regelung, sondern verschärft sie. Zwar werden die Anforderungen an die Dreizügigkeit herabgesetzt, zugleich aber ist von der bisher möglichen Ausnahme, die deutlich geringere Schülerzahlen (Zweizügigkeit) als dieser Vorschlag zulässt, keine Rede mehr. Dies ist keineswegs nur eine theoretische Betrachtung. Hätte der SPD-Vorschlag Gesetzeskraft, dann wären schon in diesem Schuljahr fünf bestehende Gymnasien, die eine Eingangsklasse eröffnen konnten, an diesem Kriterium gescheitert. Die PDS senkt bereits die Grundgröße auf 360 und räumt sodann Klassen mit nur 14 Schülern ein. Mit der unklaren Einschränkung ¿nur in einem bestimmbaren und begrenzten Zeitraum¿ sollen noch weiter gehende Ausnahmen zugelassen werden. Man kann sicher sein, dass diejenigen, die derzeit immer kleinere Schulen fordern, zu den ersten gehören werden, die sich anschließend bitter beklagen, dass nicht mehr an jeder Schule alle Wahlpflicht- und Wahlfächer angeboten werden können. Wie wenig solche Forderungen verantwortbar sind, geht auch daraus hervor, dass die erheblichen Mehrkosten, die sich aus einer solchen Schulzersiedelung ergäben, als ¿ ich zitiere den PDS-Entwurf ¿ ¿lediglich eingeschränktes Einsparpotential¿ bezeichnet werden. Dies alles zeigt, dass man eine derart komplexe Materie nicht mit einem kurzen Satz pro Schulform im Schulgesetz regeln kann, jedenfalls nicht, wenn man den konkreten Bedingungen des Landes und der einzelnen Entscheidungsträger gerecht werden will. Aus gutem Grund kennen auch andere Bundesländer keine Zahlenvorgaben für Schul- oder Klassengrößen im Schulgesetz. Insbesondere die SPD stellt überwiegend Forderungen auf, die sie vor weniger als zwei Jahren mit gutem Grunde selbst immer wieder abgelehnt hat. Die Forderung nach Verringerung der von ihr selbst festgelegten schulischen Mindest- bzw. Klassengrößen lässt sich auch nur aufstellen, wenn man für die Unterrichtsversorgung nicht mehr verantwortlich ist. Je mehr kleine Klassen wir im Land haben, desto härter schlägt gerade dieses Problem an den Schulen durch. Schon jetzt gibt es ¿ übrigens in ganz Deutschland ¿ einen besorgniserregenden Mangel an Fachlehrerinnen und Fachlehrern, insbesondere für die Fächer Latein, Musik, Ethik und Religion, teilweise aber auch schon in den Naturwissenschaften. Erst ab einer bestimmten Schulgröße kann ein angemessenes Spektrum an Wahlfächern, Arbeitsgemeinschaften und Förderkursen angeboten werden. Deshalb ist die Schulgröße nicht vom Qualitätsanspruch einer guten Schule zu trennen. Kein Kind wird beim späteren Eintritt in das Berufsleben gefragt werden, wie lang sein Schulweg war, sondern was es gelernt hat und was es kann. Außerdem zieht jede durch Fristverlängerung oder Ausnahmeregelung erhaltene Schule mit Bestandsproblemen eine weitere bestandsgefährdete Schule nach sich. Die Tragweite der Probleme, vor denen unser Schulsystem steht, indem es sich innerhalb weniger Jahre auf eine Halbierung seiner Klientel einstellen muss, verbietet es, aus der eingetretenen demografischen Situation politisches Kapital für den Augenblick zu schlagen. Aus den dargestellten Gründen müssen die Verordnungen zur Mittelfristigen Schulentwicklungsplanung und zur Bildung von Eingangsklassen ihre Gültigkeit behalten. Mit Blick auf das kommende Schuljahr allerdings wird in der Anlage zur Eingangsklassenverordnung vom 19. August 2003 eine Präzisierung vorgenommen, weil bei im Planungszeitraum bestandskräftigen Schulen die gegenwärtigen (für das Schuljahr 2003/2004 gültigen) Ausnahmeregelungen zur Eingangsklassenbildung auch künftig Anwendung finden sollen. Eine erneute Befristung einer solchen Regelung erübrigt sich, weil sie auch für jedes weitere Schuljahr nur auf Schulen angewendet werden kann, die im Planungszeitraum die vorgeschriebene schulische Mindestgröße erreichen. Die Schulentwicklungsplanungsverordnung bleibt hiervon unberührt.¿ Impressum: Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Turmschanzentr. 32 39114 Magdeburg Tel: (0391) 567-3710 Fax: (0391) 567-3775 Mail: presse@mk.sachsen-anhalt.de Web-Adresse Kultusministerium: https://www.mk.sachsen-anhalt.de Web-Adresse Pressestelle Kultusministerium: https://www.sachsen-anhalt.de/rcs/LSA/pub/Ch1/fld8311011390180834/mainfldvnb71elznj/fldg8s6ujfdyi/fldjagm4uronl/
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