Bildungsministerium zu Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts: Vorgriffsstunde entfällt – Unterricht durch Zusatzstunden und Mehrzeiten sichern
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Regelung zur Vorgriffsstunde (VGS) für Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt für unwirksam erklärt. Das Bildungsministerium nimmt die Entscheidung mit Bedauern, aber auch mit Respekt gegenüber der Rechtsprechung zur Kenntnis.
Bildungsminister Jan Riedel erklärte heute im Rahmen der Landespressekonferenz:
„Die Vorgriffsstunde hat dem Land gut gedient. Sie war politisch gewollt, hat rund 12.000 zusätzliche Unterrichtsstunden generiert und war ein wichtiges Instrument zur Absicherung des Unterrichts. Diese Stunden sind in den Stundenplänen für das laufende Schuljahr eingeplant, sie wurden auch tatsächlich erteilt und ich bin überzeugt, dass sie auch fortlaufend gehalten werden.“
Riedel betonte zugleich, dass die Verantwortung für die Unterrichtsversorgung nun in neuer Form wahrgenommen werden müsse. „Die Vorgriffsstunde gibt es nicht mehr – § 4b der Arbeitszeitverordnung ist unwirksam. Aber der Unterricht muss trotzdem stattfinden. Deshalb bitte ich die Schulleitungen und Kollegien, auf die bereits rechtlich möglichen Lösungen zurückzugreifen. Wir vertrauen darauf, dass sich die Lehrkräfte ihrer Verantwortung bewusst sind und alles daransetzen, unseren Schülerinnen und Schülern verlässlichen Unterricht zu ermöglichen.“
Als zentrale Möglichkeit hebt das Bildungsministerium die Zusatzstunde hervor. Lehrkräfte können die bisherige Vorgriffsstunde weiterhin erteilen – nun als Zusatzstunde. Diese wird in gleicher Weise vergütet wie die Vorgriffsstunde und bietet damit volle Planungssicherheit. Zusatzstunden können wie die Vorgriffsstunde zeitnah und nicht erst nach Ablauf eines Schuljahres ausgezahlt werden. Auch bis zu vier Zusatzstunden sind möglich, sodass Schulen flexibel auf ihre jeweilige Situation reagieren können. Ein weiterer Vorteil: Die Vergütung der Zusatzstunde erfolgt auch dann, wenn sie krankheitsbedingt nicht erteilt werden konnte. Damit wird die geleistete Verlässlichkeit der Lehrkräfte besonders anerkannt.
Darüber hinaus bleibt das bewährte Instrument der Mehrzeiten aus dem Flexi-Erlass bestehen, sodass Schulen über weitere flexible Möglichkeiten verfügen, um den Unterrichtsbetrieb zu sichern.
Ein wesentlicher Kritikpunkt des Bundesverwaltungsgerichts war, dass bislang nur tatsächlich erteilte Vorgriffsstunden berücksichtigt wurden. Anhand der schriftlichen Urteilsbegründung wird zu prüfen sein, wie damit künftig im Detail umzugehen ist. Klar ist aber bereits jetzt: Auch krankheitsbedingt nicht erteilte Vorgriffsstunden werden rückwirkend berücksichtigt und zur Auszahlung gebracht.
„Mir ist besonders wichtig zu betonen: Keine Stunde geht verloren“, sagte Riedel. „Alle bislang geleisteten Vorgriffsstunden werden wie gewohnt wahlweise ausgezahlt oder auf den Arbeitszeitkonten gutgeschrieben. Auch künftig wird jede Zusatzstunde oder Mehrzeit vollständig erfasst, abgerechnet und ebenfalls ausgezahlt oder dem Zeitkonto zugeführt. Das dafür nötige Budget ist vorhanden, denn es war ohnehin bereits für die Vorgriffsstunden eingeplant.“
Außerdem prüft das Ministerium die Hinweise des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Änderung des Landesbeamtengesetzes. Diese Gesetzesänderung wird frühestens im Frühjahr 2026 wirksam. Riedel: „Ich gehe davon aus, dass wir die Lücke, die nun durch den Wegfall der Vorgriffsstunde entstanden ist, durch den aufgezeigten Weg decken können. Nichtsdestotrotz müssen wir prüfen, welche rechtlichen Schritte eventuell nötig sind.“
Riedel betonte abschließend: „Wir wissen, dass diese Situation für viele Schulen eine Herausforderung ist. Umso mehr danke ich den Schulleitungen und Lehrkräften für ihr Verantwortungsbewusstsein und ihre Loyalität. Unsere Schülerinnen und Schüler dürfen uns vertrauen, dass Unterricht nicht ausfällt. Und Lehrkräfte dürfen darauf vertrauen, dass wir alles tun, um sie in dieser Phase zu unterstützen. Die rechtliche Klarheit bietet jetzt auch eine Chance: Wir können auf einer sicheren Grundlage gemeinsam Lösungen entwickeln, die den Unterrichtsbetrieb zuverlässig absichern. Schulleitungen und Kollegien werden zeitnah über die Organisation der Zusatzstunden und weitere Regelungen informiert.“
Die Pressekonferenz kann bei YouTube nachverfolgt werden: https://www.youtube.com/watch?v=MLkZKsO8DYI
Impressum:
Ministerium für Bildung des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle
Turmschanzenstr. 32
39114 Magdeburg
Tel: (0391) 567-7777
Fax: (0391) 567-3695
mb-presse@sachsen-anhalt.de
www.mb.sachsen-anhalt.de