(GenStA NMB) Jahresbilanz 2003 der Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt
Generalstaatsanwaltschaft Naumburg - Pressemitteilung Nr.: 001/04 Generalstaatsanwaltschaft Naumburg - Pressemitteilung Nr.: 001/04 Naumburg, den 8. März 2004 (GenStA NMB) Jahresbilanz 2003 der Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt Inhalt: 1. Eingangs- und Erledigungszahlen der Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten 1.1 Vorbemerkung 1.2 Details 2. Rechtssachen der Generalstaatsanwaltschaft 3. Personallage 4. Organisation/ Ausstattung 5. Einzelne Tätigkeitsfelder der staatsanwaltschaftlichen Arbe it 5.1 Organisierte Kriminalität 5.2 Betäubungsmittelkriminalität 5.3 Korruption 5.4 Rechtsextremistische/ fremdenfeindliche Straftaten 5.5 Gewaltkriminalität 5.6 Wirtschaftskriminalität 5.7 Pornografie 5.8 Jugendkriminalität 5.9 Ladendiebstähle Erwachsener und Jungtäter 5.10 Umweltkriminalität 5.11 Aufarbeitung zu DDR-Zeiten begangenen staatlichen Unrechts 5.12 Täter-Opfer-Ausgleich 5.13 DNA-Analyse 5.14 Vermögensabschöpfung 5.15 Gemeinnützige Arbeit statt Haft 5.16 Gnadensachen 1. Eingangs- und Erledigungszahlen der Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten 1.1 Vorbemerkung Die registrierten Eingänge bei den Staatsanwaltschaften versuchen, neben den Ergebnissen der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) einen überblick über die Kriminalitätsentwicklung im Lande zu geben. Bei einem Vergleich der absoluten Zahlen ist jedoch zu berücksichtigen, dass beide Statistiken - wie auch in allen anderen Bundesländern - unterschiedliche Vorgänge erfassen und bewerten. So kann insbesondere die Anzahl der eingetragenen Js-Verfahren (Verfahren gegen bekannte Beschuldigte) nicht mit der Anzahl der polizeilich erfassten Straftaten und Tatverdächtigen gleichgesetzt werden: Bei den Staatsanwaltschaften wird der einzelne Vorgang registriert, ohne Rücksicht darauf, wie viele Beschuldigte und wie viele Einzeltaten in dem Vorgang genannt werden. Zudem nimmt die Staatsanwaltschaft selbst Anzeigen entgegen, trennt aus Sammelverfahren der Polizei häufig mehrere Verfahren ab oder verbindet von der Polizei einzeln übergebene Verfahren, ohne dass dies in die kriminalpolizeiliche Statistik eingeht. Weiterhin ist bei der Bewertung beider Statistiken deren unterschiedliche zeitliche Erfassungsschiene zu berücksichtigen. Schließlich werden in der polizeilichen Kriminalstatistik Verkehrsdelikte nicht erfasst. 1.2 Details Für das Berichtsjahr 2003 ist festzustellen: Die Geschäftszahlen bei den Staatsanwaltschaften sind im Jahre 2003 leicht rückläufig. In Zahlen ausgedrückt: Bei den Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt sind insgesamt 293.852 Verfahren eingegangen, somit 2,3 % weniger als im Vorjahr (2002: 300.742 Verfahren). Die Gesamtzahl der bei den Staatsanwaltschaften eingegangenen Js-Verfahren - das sind solche gegen bekannte Täter - hat sich von 165.675 auf 163.088 verringert, mithin um knapp 2.600 Verfahren. Das entspricht einem Rückgang von 1,6 % , der vorrangig auf eine erhöhte Reduzierung der Kinder- und Jugendkriminalität zurückzuführen ist (vgl. 5.8). Bei den Verfahren gegen unbekannte Täter ist ebenfalls ein Rückgang zu verzeichnen. Jene Verfahren verringerten sich von 135.067 auf 130.764 (- 3,2 %). Die geringere Zahl von Verfahren gegen unbekannte Täter belegt eine hohe Aufklärungsquote. überwogen bis zum Jahre 1997 noch die Unbekanntsachen, so hat sich der Anteil der Verfahren gegen bekannte Täter seitdem auf 55,5 % im Berichtsjahr 2003 gesteigert. Besonders erfreulich ist erneut die kurze Dauer, in der Ermittlungsverfahren von den Staatsanwaltschaften des Landes zum Abschluss gebracht wurden: Innerhalb eines Monats waren im Jahre 2003 bereits 64,1 % der anhängig gewordenen Verfahren erledigt. Mit Ablauf des 1. Quartals konnten rund 86,5 % aller eingegangenen Verfahren einer Erledigung zugeführt werden; nach 1/2 Jahr waren nur noch rd. 5,2 % der Verfahren anhängig. Im Durchschnitt wurden die Verfahren in 1,7 Monaten erledigt. Die trotz eines Personalrückganges kurze Erledigungsdauer entspricht damit nahezu der des Vorjahres (2002: 1,6 Monate). Sie konnte dadurch erreicht werden, dass in den Staatsanwaltschaften pro Dezernent bzw. Dezernentin monatlich ca. 71 Verfahren abgeschlossen worden sind. Die Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt haben im vergangenen Jahr in 23.987 Fällen Anklage erhoben (2002: 25.420) und gegen 18.105 Personen jeweils den Erlass eines Strafbefehls beantragt (2002: 18.603). Bei den Staatsanwaltschaften gibt es keine beachtenswerten Rückstände . Der Bestand betrug am Jahresende 20.624. Er entspricht damit - wie im Vorjahr - den Eingängen von nur 1 ½ Monaten und liegt damit im Bundesschnitt. Beschleunigte Verfahren Eine noch positivere Entwicklung hat sich bei der Bewältigung der beschleunigten Strafverfahren nach § 417 StPO gezeigt. Vor einem Jahr wurde an dieser Stelle angekündigt, dass wir jährlich etwa 10 % der bisherigen Anklagen zum Strafrichter zukünftig als beschleunigte Verfahren durchführen wollten. Gemessen an einer durchschnittlichen Antragstellung von immerhin 80 bis 100 Verfahren monatlich seit August 2002, erschien uns dies bei etwa 10.000 Anklagen (jährlich) zum Strafrichter durchaus machbar. Heute kann ich Ihnen mitteilen, dass wir dieses Ziel erreicht haben. Die Anzahl der Anträge im beschleunigten Verfahren konnte von 668 im Jahr 2002 auf 1.241 im vergangenen Jahr gesteigert werden ( + 85,8 % ). Diesen Anträgen im beschleunigten Verfahren standen 9.933 Anklagen zum Strafrichter und 18.105 Strafbefehle gegenüber. Der Anteil der Anträge im beschleunigten Verfahren an der Gesamtzahl der beim Strafrichter erledigten Verfahren beträgt damit 4,24 % und konnte gegenüber 2,27 % im Jahr 2002 fast verdoppelt werden. Gemessen an der Anzahl der beim Strafrichter erhobenen Anklagen beträgt die Quote 11,1% und bewegt sich damit - gemessen an unserem Ziel von 10 % - auf einem respektablen hohen Niveau. Eine weitere Verbesserung erhoffen wir uns durch eine Konzentration der beschleunigten Verfahren bei den Amtsgerichten am gemeinsamen Standort mit Staatsanwaltschaften, Polizeidienststellen und Justizvollzugsanstalten, sofern die Beschuldigten unmittelbar aus einer angeordneten Hauptverhandlungshaft dem Richter vorgeführt werden. Der bereits vorliegende Entwurf einer entsprechenden Rechtsverordnung des Ministeriums der Justiz befindet sich zur Zeit im Abstimmungsverfahren mit den zu beteiligenden Ressorts. 2. Rechtssachen der Generalstaatsanwaltschaft Während die Anzahl der Revisionen und Rechtsbeschwerden im Jahre 2003 gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgegangen ist (2002: 509 Sachen; 2003: 486 Sachen; - 4,5 %), sind die Beschwerden gegen Beschlüsse der Landgerichte von 590 auf 620 Verfahren angestiegen (+ 5,1 %). Die Zahl der Beschwerden gegen Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaften hat sich von 1033 auf 1156 erhöht (+ 11,9 %). Erheblich zugenommen gegenüber dem Vorjahr (+ 50 %) haben die HEs-Verfahren, in denen das Oberlandesgericht nach 6 Monaten U-Haft deren Fortdauer zu prüfen hatte, falls bis dahin noch keine Hauptverhandlung begonnen hatte. Besonderes Augenmerk ist dieser Tatsache jedoch nicht beizumessen, betrachtet man die Entwicklung der Fallzahlen seit 1999. In den letzten 5 Jahren sind insoweit im Einzelnen zu verzeichnen: Jahr Anzahl der Verfahren 1999 32 2000 37 2001 38 2002 20 2003 30 Erfreulich ist, dass das Oberlandesgericht lediglich in einem Fall die Aufhebung des Haftbefehls veranlasste. Ferner kam es lediglich in einem weiteren Fall zu einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls, was für die hohe Qualität der justiziellen Arbeit bei den Staatsanwaltschaften und den Gerichten spricht. 3. Personallage Im Durchschnitt sind die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte des Landes 43 Jahre alt. Der Anteil der weiblichen Dezernenten beträgt 44,6 %, der der männlichen Dezernenten 55,4 %. Die Anzahl der Staats- und Amtsanwälte bei den 4 Staatsanwaltschaften und 2 Zweigstellen im Land Sachsen-Anhalt sowie der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg betrug zum Stichtag (01.01.2004) 250 (202 Staatsanwälte, 48 Amtsanwälte; 01.01.2003: 254 ). Dieser Personalrückgang entspricht in etwa dem Arbeitspensum von 3.000 Verfahren pro Jahr. Vor diesem Hintergrund sind die bereits erwähnte kurze Verfahrensdauer und der weitere Abbau von Altbeständen ein weiterer Beleg für die nach wie vor hohe Motivation und Einsatzbereitschaft unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 4. Organisation/ Ausstattung SIJUS-STRAF-StA einschließlich Nebenprogramme, zentrale Verfahrensregister Sämtliche Staatsanwaltschaften und deren Zweigstellen in Sachsen-Anhalt sind mit dem Programm SIJUS-STRAF-StA und seinen Nebenprogrammen (z. B. Mitteilungsprogramme MIREG, Asservatenverwaltung) ausgestattet, die nicht nur alle wesentlichen Arbeitsabläufe der Vorgangbehandlung, sondern über das informationstechnische Netzwerk des Landes auch das umfangreiche Mitteilungswesen zu den Zentralregistern und den Datenaustausch mit dem Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister (ZStV) unterstützen. Das neue Computersystem ermöglicht auch den schnellen Zugriff auf Verfahrensinformationen, Rechtsprechungsdatenbanken sowie zentrale Register. Es erleichtert den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit mit der Polizei, den Gerichten und anderen mit der Strafverfolgung befassten Stellen. Mit dem Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister in Berlin wird durch die Staatsanwaltschaften in Sachsen-Anhalt ein Austausch der aktuellen Verfahrensdaten mit allen Staatsanwaltschaften der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. überregional "arbeitende" Täter können auf diese Weise bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt festgestellt werden. Durch rechtzeitige Zusammenführung gleichzeitig anhängiger Ermittlungsverfahren bei verschiedenen Staatsanwaltschaften kann oftmals eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung vermieden werden. Bis zum Jahresende 2003 hat allein Sachsen-Anhalt 367.685 (Stand 31. Oktober 2003) Registereinträge im ZStV bewirkt. Der Gesamtdatenbestand des ZStV umfasst 9.489.882 Einträge. Durch die Vollautomation des Unterstützungsbereiches in den Staatsanwaltschaften und Zweigstellen sind derzeit 631 Arbeitsplätze mit EDV-Technik und Fachanwendungsprogrammen ausgestattet. Die Verringerung der Gesamtanzahl vorhandener Bildschirmarbeitsplätze zum Vorjahr (671 Bildschirmarbeitsplätze) ergibt sich teils aus Personalabbaumaßnahmen, teils aus der Auflösung örtlicher Schulungsumgebungen. Die Ausstattung der Staats- und Amtsanwälte mit EDV-Technik konnte angesichts der bestehenden Haushaltslage nur in geringem Umfang verbessert werden. Insgesamt verfügen 109 Staatsanwälte über IT-unterstützte Arbeitsplätze, wovon bei den Staatsanwaltschaften Magdeburg und Halle 30 Computer im Bereich der Wirtschaftsstrafsachen einsetzt werden. Derzeit stehen 16 Terminals den amtsanwaltschaftlichen Arbeitsplätzen zur Verfügung. Im Verhältnis zu der bundesweit nahezu vollständigen Ausstattung von EDV-unterstützen Dezernentenarbeitsplätzen können die Staatsanwaltschaften Sachsen-Anhalts lediglich einen Ausstattungsgrad von etwa 55 % aufweisen. Es gibt aber mittlerweile Signale aus dem Ministerium der Justiz, dass sich diese Situation trotz der angespannten Haushaltslage noch im Jahre 2004 bessern soll. Mit der Einrichtung einer internen E-Mail-Kommunikationsstruktur der Staatsanwaltschaften ist im Jahre 2001 begonnen worden. Bislang waren die Behörden mit 66 E-Mail-Adressen versorgt. Die weitere Ausstattung der Behörden mit E-Mail-Anbindungen und Internetzugängen ist für dieses Jahr vorgesehen. Hierbei sind unsere Anmeldungen für das Jahr 2004 - zumindest was den E-Mail-Verkehr anbelangt - vom Ministerium der Justiz in vollem Umfang berücksichtigt worden. Insofern gilt unserer besonderer Dank auch dem heute anwesenden Herrn Justizminister. Denn immerhin werden wir in diesem Jahr bei den Staatsanwaltschaften von den genannten 66 Accounts auf rd. 540 anwachsen. Zwischenzeitlich ist bereits mit der Einrichtung der ersten Accounts im Justizrechenzentrum Barby begonnen worden. Der weitere Ausbau von Internetzugängen soll ebenfalls sukzessive erfolgen. 5. Einzelne Tätigkeitsfelder der staatsanwaltschaftlichen Arbeit 5.1 Organisierte Kriminalität Die Staatsanwaltschaften haben im Jahre 2003 insgesamt 29 Verfahrenskomplexe mit 782 Tatverdächtigen bearbeitet. 12 Verfahren gegen 153 Beschuldigte sind neu eingeleitet worden. Der Schwerpunkt lag im Berichtszeitraum bei der Bekämpfung der Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nachtleben und der Schleusungskriminalität. In insgesamt 6 Verfahrenskomplexen wird den arbeitsteilig vorgehenden Tätergruppen zur Last gelegt, junge Frauen, überwiegend aus Osteuropa, einzuschleusen oder legal einreisen zu lassen und sie hier, teilweise gewaltsam, zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution anzuhalten. Daneben werden auch sog. Wirtschaftsflüchtlinge in die Bundesrepublik eingeschleust, die hier illegal u. a. im Gastgewerbe beschäftigt werden oder in skandinavische Länder und nach Großbritannien weiterreisen. Die weiteren neu eingeleiteten Verfahrenskomplexe haben Drogenhandel im großen Stil insbesondere mit Haschisch und Ecstasy zum Gegenstand, länderübergreifenden Waffenhandel sowie organisierten Diebstahl und Verschiebung von Kraftfahrzeugen. überwiegend arbeiten Deutsche mit ausländischen Tätern zusammen. In einem Verfahrenskomplex stammen die Tatverdächtigen aus 16 verschiedenen Staaten. Die Staatsanwaltschaften haben 2003 gegen 44 Beschuldigte Anklage vor den Landgerichten und gegen 26 Beschuldigte Anklage vor den Schöffengerichten erhoben. 36 Angeklagte wurden zu Freiheitsstrafen von über 1 Jahr verurteilt, davon 28 Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 2 oder mehr Jahren. 5.2 Betäubungsmittelkriminalität Die Staatsanwaltschaften haben im Jahre 2003 7.835 Verfahren wegen Betäubungsmitteldelikten neu eingeleitet. Die Zahl der Verfahren ist somit wie schon in den Vorjahren wiederum leicht angestiegen (+ 5,0 %). Nach wie vor haben Angebot und Nachfrage von Kokain weiter zugenommen. Allerdings betrifft die ganz überwiegende Zahl der Verfahren Verstöße im Zusammenhang mit Cannabisprodukten und synthetischen Drogen, insbesondere Ecstasy. Opiate wie Heroin werden vorwiegend im Großraum Halle von Schwarzafrikanern angeboten. Deutlich zugenommen haben die Komplexverfahren gegen Drogenhändler, die mittlerweile ein eingespieltes Verteilersystem aufgebaut haben. Einige Täter, so eine im Bereich Aschersleben/Staßfurt tätige Bande, setzten ihre Ziele mit brutaler Gewalt durch. Die Staatsanwaltschaften haben gegen 1.004 Beschuldigte Anklage erhoben, davon in 30 Fällen vor den Landgerichten. Darüber hinaus wurden gegen 259 Beschuldigte Strafbefehle beantragt. 5.3 Korruption Im Jahre 2003 sind bei den Staatsanwaltschaften des Landes 29 Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsdelikten neu anhängig geworden. Diese Zahl bewegt sich damit in etwa auf dem Niveau des Jahres 2001, in dem ca. 25 solcher Verfahren zu verzeichnen waren. Von den 29 Verfahren entfallen bereits 16 auf die Staatsanwaltschaft Halle. Davon wiederum betreffen 10 Ermittlungsverfahren das seit 2000 dort anhängige sogenannte "Bahnverfahren". Sie wurden von Amts wegen eingeleitet, weil sich aus den laufenden Ermittlungen heraus zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für weitere Straftaten ergeben hatten. In der Pressekonferenz des Vorjahres habe ich auf die Ermittlungsverfahren gegen ärzte sowie Mitarbeiter einer bestimmten Firma hingewiesen, die von der Staatsanwaltschaft München I an die Staatsanwaltschaften in Halle, Magdeburg, Dessau und Stendal abgegeben worden sind. Von diesen 60 Verfahren wurden zwischenzeitlich 31 Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO, 23 Verfahren wegen Geringfügigkeit nach § 153 Abs. 1 StPO und 5 Verfahren gegen Auflagen gemäß § 153 a StPO eingestellt. Im letzten noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahren hat sich der Verdacht der Korruption ebenfalls bislang nicht bestätigt. Gerichte des Landes Sachsen-Anhalt haben im Jahre 2003 im Zusammenhang mit Korruption gegen 3 Personen Freiheitsstrafen zwischen 1 Jahr und 1 Jahr 6 Monaten ausgesprochen, deren Vollstreckung ausnahmslos zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und 3 weitere Personen zur Zahlung von Geldstrafen verurteilt. Gegen 13 Personen sind - teils durch die Staatsanwaltschaft, teils durch das Gericht - die Verfahren gemäß § 153 a StPO nach Zahlung von zumeist erheblichen Geldbeträgen oder Erbringung gemeinnütziger Leistungen eingestellt worden. Endgültig abgeschlossen wurde auch der Komplex zu Korruptionsdelikten im sogenannten "Saunakartellverfahren". Das Landgericht Dessau beendete das letzte Verfahren gegen die Hauptbeteiligten mit einem rechtskräftigen Urteil. Es verhängte 2 Bewährungsstrafen von jeweils 1 Jahr und 6 Monaten und stellte gegen 2 weitere Angeklagte das Verfahren gemäß § 153 a Abs. 2 StPO gegen Zahlung von 4.000,00 ¿ bzw. 2.250,00 ¿ ein. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht die lange Verfahrensdauer angemessen berücksichtigen müssen. Wie im Vorjahr kann damit erneut die erfreuliche Feststellung getroffen werden, dass Korruption, jedenfalls sofern sie sichtbar wird, in Sachsen-Anhalt weiterhin nur eine untergeordnete Rolle spielt. Zudem gibt es auch weiterhin keine Erkenntnisse zum Einfluss ausländischer krimineller Organisationen oder Einzeltäter auf Personen oder Behörden im Inland mit dem Ziel, deren Entscheidungen durch rechtswidrige Vorteilsgewährung zu beeinflussen. 5.4 Rechtsextremistische/fremdenfeindliche Straftaten Nach einem konstanten Anstieg bis zum Jahre 2001 sind die Zahlen mit insgesamt 1.236 eingeleiteten Ermittlungsverfahren nunmehr abermals rückläufig ( - 2,7 % ). überwiegend verantwortlich für den Rückgang der Gesamtzahl der Ermittlungsverfahren ist die Abnahme von Straftaten wegen Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (86 StGB) und wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (86 a StGB), die sich von 912 Verfahren im Vorjahr auf nunmehr nur 752 Ermittlungsverfahren reduziert haben. Auch die Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs sanken von 21 auf 16 Verfahren. Demgegenüber sind die Verfahren wegen Volksverhetzung und Gewaltdarstellung von 91 auf 129 und Verfahren wegen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit von 188 auf 201 angestiegen. Von den 1.236 Verfahren richteten sich 20 gegen Ausländer, was gegenüber 32 Verfahren im Jahre 2002 einen weiteren Rückgang um 37,5 % bedeutet. Die insgesamt 1.236 Ermittlungsverfahren betrafen 1.693 Beschuldigte. Die meisten davon waren Jugendliche, nämlich 655 Personen, gefolgt von 624 Erwachsenen und 414 heranwachsenden Tätern. Haftbefehle wurden gegen 14 Täter erlassen (2002: 19 Täter). Die Staatsanwaltschaften und Gerichte des Landes Sachsen-Anhalt haben die rechtsextremistischen Straftaten auch im Jahre 2003 mit Nachdruck verfolgt. 138 Personen wurden verurteilt. In 53 Fällen wurde eine Jugend- oder Freiheitsstrafe verhängt, was einer Quote von mehr als einem Drittel entspricht. Die 53 Verurteilungen sind umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass Straftaten wegen Verstoßes gegen §§ 86, 86 a StGB nur äußerst selten mit Jugend- oder Freiheitsstrafe sanktioniert werden. 5.5 Gewaltkriminalität 2003 sind von den Sonderdezernenten 959 öffentlich begangene Gewalttaten mit insgesamt 1.886 Beschuldigten erfasst worden, von denen 84 in Untersuchungshaft genommen worden sind. Damit bewegen sich die Fallzahlen leicht oberhalb des Niveaus des Vorjahres (936). 90,6 % aller Verfahren, nämlich 869 von 959, betrafen sogenannte "nackte Gewalt" ohne jedes politische oder fremdenfeindliche Motiv. 62 Verfahren (6,5 %) richteten sich gegen rechtsorientierte, weitere 28 Verfahren (2,9 %) betrafen linksorientierte Täter. Von den 959 Gewalttaten richteten sich 13, mithin 1,4 % gegen Ausländer. Gegenüber 22 solcher Verfahren im Jahre 2002 und 34 im Jahre 2001 ist hier erfreulicherweise ein merklicher Rückgang zu verzeichnen. Die Staatsanwaltschaften haben insgesamt 717 Verfahren abgeschlossen. Gegen 795 Personen wurde Anklage erhoben. Durch Gerichte des Landes Sachsen-Anhalt wurden 325 Verfahren erledigt. 330 Personen wurden verurteilt. 5.6 Wirtschaftskriminalität Die Zahl der Eingänge in Wirtschaftsstrafsachen bei den Zentralstellen in Magdeburg und Halle hat sich im Jahre 2003 auf 2.664 erhöht (2002: 2.383; + 11,8 %); der Anteil der darin enthaltenen besonders schwierigen und umfangreichen Verfahren ist mit 1.149 Verfahren sehr hoch. Gleichwohl blieb die Zahl der Verfahrensabschlüsse nur knapp unter der Zahl der Neueingänge. Nach wie vor handelt es sich bei einem Großteil der Verfahren um Straftaten im Zusammenhang mit zumeist mittelständischen Unternehmenszusammenbrüchen . Regelmäßig wird hierbei dem Verdacht einer ganzen Reihe von Delikten (wie Insolvenzverschleppung, Betrug, Untreue, Beitragsvorenthaltung, Bankrott und Steuerhinterziehung) nachgegangen. Speziell in Wirtschaftsstrafsachen ist in diesem Zusammenhang erneut darauf aufmerksam zu machen, dass die Ermittlungen wegen der vielfach gebotenen Sichtung und Auswertung von umfangreichen Buchhaltungsunterlagen zumeist besonders zeitaufwendig und schwierig sind. Gewichtigen Raum nimmt zudem die Verfolgung der Steuerhinterziehung, der Steuerhehlerei und des Subventionsbetruges ein. Insbesondere mit diesen Verfahren sind die Wirtschaftsprüfdienste der Staatsanwaltschaften erheblich belastet. Weiter gilt besonderes Augenmerk unserer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte der Bekämpfung der Schwarzarbeit , vornehmlich in der gewerblichen Form. In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist ein bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg geführtes Verfahren, welches zur rechtskräftigen Verurteilung eines Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten wegen zahlreicher Steuerhinterziehungen im Zusammenhang mit Schwarzarbeit geführt hat. Wegen unterschiedlichster Wirtschaftsstraftaten haben die in den Wirtschaftsabteilungen tätigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte des Landes 18 Anklagen zur Wirtschaftsstrafkammer, 64 zum Schöffengericht und 278 zum Strafrichter erhoben sowie eine Vielzahl von Strafbefehlen beantragt und erwirkt. 5.7 Pornografie Bei der für das Land Sachsen-Anhalt zuständigen Zentralstelle zur Bekämpfung gewaltdarstellender, pornografischer und sonstiger jugendgefährdender Schriften bei der StA Halle waren im Jahr 2003 1.435 Verfahren gegen bekannte und unbekannte Täter anhängig; dies bedeutet erneut eine Steigerung um 167 % im Vergleich zum Vorjahr (2002: 537 Verfahren). Mehr als 90 % aller Verfahren stehen im Zusammenhang mit sog. Kinderpornografie. 4 Verfahren betrafen die Verbreitung von Gewaltdarstellungen nach § 131 StGB, 3 Verfahren den Bereich der sog. Tierpornografie. Die Verfahren gegen unbekannte Täter sind im Vergleich zum Vorjahr erheblich angestiegen (2002: 40 Verfahren; 2003: 239 Verfahren). ¾ dieser Verfahren resultieren noch aus der Operation "Marcy" . Es wird aber damit gerechnet, dass in vielen Fällen noch eine Namhaftmachung der Täter erfolgen kann. Die bundesweite Bedeutung der Internetkriminalität wird erneut dadurch bestätigt, dass 954 Verfahren und damit ca. 66,5 % der bei der Zentralstelle eingeleiteten Verfahren gegen bekannte Täter an Staatsanwaltschaften anderer Bundesländer abgegeben worden sind. Weitere Abgaben von im vergangenen Jahr eingeleiteten Verfahren (177) erfolgten im Januar 2004. Die Verfahren sind Nachfolgeverfahren aus der Operation "Marcy". In den meisten kinderpornografischen Verfahren wird das Material über das Internet bezogen oder verbreitet (ca. 95 %). Die klassischen Medien (wie z. B. Magazine und Videos) sind nahezu ausgestorben. Die Zentralstelle bei der Staatsanwaltschaft Halle musste im Jahre 2003 124 Verfahren mangels konkreten Tatnachweises einstellen; 23 Verfahren wurden nach dem Opportunitätsprinzip (§§ 153 ff. StPO, § 45 JGG) eingestellt; in 24 Fällen kam es zu einer Anklage oder einem Strafbefehl. Dies ist zwar im Vergleich zu den anhängigen Verfahren nur ein geringer Anteil. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass eine große Anzahl der eingeleiteten Verfahren wegen umfangreicher Auswertungsarbeiten noch gar nicht abgeschlossen ist. Immenses Daten- und Bildmaterial muss durch Polizei und Staatsanwaltschaft zunächst umfangreich gesichtet und rechtlich eingeordnet werden. Die Auswertung aller sichergestellten Rechneranlagen wird wohl noch 1 bis 1 ½ Jahre dauern. Die erhobenen Anklagen betreffen also im wesentlichen Verfahren, die bereits in den Kalenderjahren 2001 und 2002 eingeleitet wurden. Folgende besondere Sachverhalte sind erwähnenswert: Die Operation "Marcy" hat einmal mehr gezeigt, dass das Internet das Medium schlechthin zur Verbreitung bzw. Besitzverschaffung von kinderpornografischen Material ist. Nach bisherigen Erkenntnissen wurden in Deutschland durch die Operation "Marcy" neben siebenhundert Pornosammlern auch 6 Sexualstraftäter überführt. Es wird hier aber davon ausgegangen, dass die Zahl bundesweit höher liegt. Im Zusammenhang mit der Operation "Marcy" haben 2 Beschuldigte nach der Ablegung umfangreicher Geständnisse Suizid begangen. Bisher haben bundesweit ca. 70 % der Täter den Tatvorwurf eingeräumt, ohne dass die Ergebnisse der Rechnerauswertung vorlagen. Die Auswertung der Verfahren im Zusammenhang mit der Operation "Marcy", die Sachsen-Anhalt betreffen, liegt bisher noch nicht vor. Im Zusammenhang mit der Operation "Pecunia" wurde im Jahre 2002 ein 40 Jahre alter Polizeibeamter aus Merseburg ermittelt. Im Februar 2003 wurde Anklage wegen sexuellen Missbrauchs in 8 Fällen erhoben. Die Tathandlungen wurden anfangs durch das Fertigen von Fotografien und später durch Fertigung von Videobändern dokumentiert. Der Polizeibeamte ist wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 6 Fällen sowie des Verbreitens pornografischer Schriften zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB wurde angeordnet. Das Amtsgericht Halle-Saalkreis verurteilte im September 2003 einen 42 Jahre alten Rechtsanwalt aus Halle wegen Verbreitung pornografischer Schriften und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen. Im Dezember 2003 wurde sowohl gegen einen Polizeibeamten aus Dessau als auch gegen einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Halle Anklage wegen Besitzes von kinderpornografischen Materials erhoben. Wie Sie den Presseveröffentlichungen der letzten Woche entnehmen konnten, wurde der Polizeibeamte Ende Februar zu einer 3-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Einem Beschuldigten aus Magdeburg, dem eigentlichen Verursacher der Operation "Marcy", ist vergangene Woche die Anklagesschrift zugestellt worden. Ihm wird bandenmäßiges Verbreiten von Kinderpornografie vorgeworfen mit einer Strafandrohung von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Das Ermittlungsverfahren gegen einen Jugendrichter aus Quedlinburg steht ebenfalls kurz vor dem Abschluss. 5.8 Jugendkriminalität Die Eingangszahlen weisen - wie bereits dargelegt - im Jahre 2003 nach unten. Dies ist allerdings vorrangig auf einen verstärkten Rückgang der Kinder- und Jugendkriminalität zurückzuführen. Denn - anders als bei den unter 21-jährigen Beschuldigten - ist bei den erwachsenen Tatverdächtigen im Jahre 2002 sogar ein leichter Anstieg zu verzeichnen (+ 1,2 %). Der Anteil jugendlicher und heranwachsender Beschuldigter an der Gesamtkriminalität betrug im Jahre 2003: 31,5 % (2002: 33,0 %). Eingeleitete Ermittlungsverfahren (neue Js-Sachen) 2002 (in %) 2003 (in %) Veränderung in % Anzahl der bekannten Tatverdächtigen 209.206 (100) 204.853 (100) - 2,1 Erwachsene (> 21 Jahre) 130.341 (62,3) 131.962 (64,5) + 1,2 Heranwachsende (18 - 21 Jahre) 32.833 (15,7) 31.300 (15,3) - 4,7 Jugendliche (14 - 18 Jahre) 36.200 (17,3) 33.167 (16,2) - 8,4 Kinder (< 14 Jahre) 9.832 (4,7) 8.424 (4,1) - 14,3 Heranwachsende und Jugendliche 69.033 (33,0) 64.467 (31,5) - 6,6 Der Rückgang der Verfahren ist in den einzelnen Altersstufen unterschiedlich. Während die Anzahl der heranwachsenden Tatverdächtigen um 4,7 % abgenommen hat, ist die Anzahl der jugendlichen Tatverdächtigen um 8,4 % gesunken. Eine äußerst positive Entwicklung hat die Kinderkriminalität mit einem Rückgang von 14,3 % genommen. Nach wie vor spielen Eigentums- und Verkehrsdelikte (insbesondere Fahren ohne Fahrerlaubnis), Sachbeschädigungen sowie Körperverletzungsdelikte im Bereich der Jugendkriminalität eine herausragende Rolle. Die Betäubungsmittelkriminalität ist weiterhin ernst zu nehmen, wenngleich sie mit 8.656 ermittelten Tatverdächtigen nur einen Anteil von 4 % an der Gesamtkriminalität ausmacht (2002: 8.211 Tatverdächtige). Weit über die Hälfte aller Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz wurden allerdings von Jugendlichen oder Heranwachsenden begangen (2003: 5.051 von 8.656; 2002: 5.257 von 8.211). Bei ihnen steht der Konsum sog. weicher und synthetischer Drogen (Cannabisprodukte sowie Ecstasy) im Vordergrund. Auch ist bei der legalen Droge der Alkoholmixgetränke ein Anstieg zu beobachten. Deren Einnahme ist zwar nicht strafbar; sie führt allerdings zu teilweise erheblichen Blutalkoholkonzentrationswerten und ist damit ein hoher Faktor bei bußgeld- oder strafbewehrten Trunkenheitsfahrten. Die Gewalttaten Jugendlicher und Heranwachsender haben im letzten Jahr nicht zugenommen. Es hat allerdings einzelne Verfahren gegeben, deren Tatausführung durch besondere Brutalität gekennzeichnet war. Ich erinnere nur an das Verfahren gegen den Behinderten Andreas Oertel aus Naumburg, der von mehreren Jugendlichen und Erwachsenen geschlagen, beraubt und totgetreten wurde. 3 Jugendliche sind zwischenzeitlich wegen Raubes mit Todesfolge zu Jugendstrafen zwischen 8 ½ und 9 Jahren verurteilt worden (noch nicht rechtskräftig). Die Hauptverhandlung gegen die erwachsenen Täter dauert noch an. Von besonderer Bedeutung war zudem der Sexualmord an dem 6-jährigen Mädchen Malin in Zerbst. Der Täter, ein persönlichkeitsgestörter Heranwachsender, wurde zu einer Jugendstrafe von 9 Jahren verurteilt und dauerhaft in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Wegen der Begehung schwerer Delikte und dem Vorliegen von Haftgründen (insbesondere Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr, Wiederholungsgefahr) mussten im letzten Jahr landesweit insgesamt 115 Jugendliche in Untersuchungshaft genommen werden. Das sind knapp 22 % weniger als im Vorjahr (2002: 147). Die seit dem 01.01.2003 in Sachsen-Anhalt geltenden neuen Diversionsrichtlinien scheinen sich durchaus bewährt zu haben. Die Verringerung der Eingangszahlen bei der Jugendkriminalität insgesamt und der deutliche Rückgang der Jugendlichen, gegen die Untersuchungshaft vollstreckt werden musste, sind gewichtige Indizien für den Erfolg der Richtlinien. Im letzten Jahr sind - wie in den Jahren zuvor - zudem wieder zahlreiche Projekte zur Bekämpfung der Jugendkriminalität durchgeführt worden (Graffiti-Bekämpfung, Sportbetreuung, Gesprächskreise, Anti-Aggressions-Kurse, Streetworkerprojekte, sozialpädagogische Betreuung, Suchtprävention, Arbeitsgruppe zur Vermeidung von Gewalt, Selbsthilfegruppen). 5.9 Ladendiebstähle Erwachsener und Jungtäter Die Anzahl der erfassten Ladendiebstähle ist im Jahr 2003 erheblich zurückgegangen. Während 2002 insgesamt 24.596 Ladendiebstähle gezählt wurden, waren es im Jahre 2003 22.778 Fälle , was einem Rückgang von 7,4 % entspricht. Hierbei ist die Anzahl der Jungtäter besonders deutlich zurückgegangen. Zurückgegangen ist die Anzahl der heranwachsenden Täter (18 - 21 Jahre) um 13,6 %, die Anzahl der jugendlichen Täter (14 - 18 Jahre) um 14,3 % und die Anzahl der von Kindern verübten Ladendiebstähle um 16,7 %. Auch die Anzahl der von ausländischen Mitbürgern begangenen Ladendiebstähle ist im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Während im Jahr 2002 1.579 Taten auf Ausländer entfielen, waren es im Jahr 2003 1.492 Taten. Dies stellt einen Rückgang von 5,5 % dar. Die Aufklärungsquote ist im Vergleich zum Vorjahr nahezu gleich geblieben (2002: 95,8 %; 2003: 95,2 %). Erfasste Ladendiebstähle 2002 2003 Veränderung in % insgesamt 24.596 22.778 - 7,4 % Anzahl Tatverdächtiger bei aufgeklärten Ladendiebstählen: Erwachsene (> 21 Jahre) 12.223 11.592 - 5,2 % Heranwachsende (18 - 21 Jahre) 2.043 1.766 - 13,6 % Jugendliche (14 - 18 Jahre) 4.181 3.584 - 14,3 % Kinder (< 14 Jahre) 2.720 2.266 - 16,7 % ausländische Staatsangehörige 1.579 1.492 - 5,5 % 5.10 Umweltkriminalität Im Jahre 2003 sind insgesamt 2.270 neue Verfahren angefallen, das sind 6,9 % weniger als im Vorjahr. Damit ist ein seit Jahren stetiger Rückgang festzustellen und zwar bundesweit. Die Häufigkeitszahl (Delikt pro 100.000 Einwohner) sank in Sachsen-Anhalt zum Beispiel von 1995 bis 2002 um fast die Hälfte (von 142 auf 75). Das Aufkommen von Umweltstraftaten ist landesweit recht unterschiedlich: Halle registrierte 209 Neueingänge (- 25,4 %), Magdeburg 727 (- 3,3 %), Dessau 609 (- 9,0 %), Stendal 230 (+ 7,5 %), Naumburg 164 (- 25,8 %) und Halberstadt wies mit 331 Eingängen einen Zuwachs von 9,2 % auf. Die Rückgänge dürften zum Teil darauf beruhen, dass weniger Autowracks unerlaubt in Feld und Flur entsorgt werden. 5.11 Aufarbeitung zu DDR-Zeiten begangenen staatlichen Unrechts Die Aufarbeitung des SED-Unrechts in Sachsen-Anhalt ist zwischenzeitlich vollständig abgeschlossen. Alle Verfahren, die der zuständigen Schwerpunktabteilung bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg vorlagen, sind erledigt. Verfahren wegen Todesschüssen an der innerdeutschen Grenze sind sowohl bei ihr als auch beim Landgericht Magdeburg nicht mehr anhängig. Das letzte bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg anhängig gewesene Ermittlungsverfahren wegen des Todes von Strafgefangenen bei deren Arbeitseinsätzen in den Chemiekombinaten Bitterfeld und Buna wurde letztes Jahr gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt. Bei den Landgerichten sind im Berichtsjahr 474 Rehabilitierungsanträge neu eingegangen. Das sind 11,6 % weniger als im Vorjahr (2002: 536). 731 Verfahren sind insgesamt abgeschlossen worden. Damit hat sich die Anzahl der Reste um 257 verringert. über die seit 1990 gestellten 33.178 Anträge ist bisher in 32.423 Fällen entschieden worden (= 98 %). Der Gesetzgeber hat am 22. Dezember 2003 die Frist zur Stellung von Rehabilitierungsanträgen bis Ende 2007 verlängert, was angesichts der jährlichen Eingangszahlen sinnvoll erscheint. 5.12 Täter-Opfer-Ausgleich Im Jahre 2003 nahmen 1.555 Beschuldigte (2002: 1.441 Beschuldigte) an einem Täter-Opfer-Ausgleich teil. 616 der Beschuldigten (39,6 %) waren Jugendliche, 275 (17,7 %) Heranwachsende und 664 (42,7 %) Erwachsene. Damit hat sich die Zahl der Verfahren, in denen die Staatsanwaltschaften einen Ausgleich zwischen Beschuldigten und Verletzten zu erreichen versuchten, gegenüber dem Vorjahr recht deutlich ( + 7,9 % ) erhöht. In 961 Fällen lagen den Ausgleichsversuchen ein Körperverletzungsdelikt zugrunde, gefolgt von Nötigung/Bedrohung (129), Sachbeschädigung (115), Diebstahl (112) und Beleidigung (109). In 17 Fällen lagen sonstige Delikte zugrunde. Insgesamt wurden 1.558 Ausgleichsversuche (inklusive 78 überhang aus dem Jahr 2002) abgeschlossen, davon 797 (ca. 51 %) erfolgreich (im Vorjahr: 827 Fälle). 5.13 DNA-Analyse In der Presseerklärung des Vorjahres habe ich auf die wichtigen, zugleich aber auch mit erheblichem Arbeitsanfall verbundenen Aufgaben der Strafverfolgungsbehörden des Landes im Zusammenhang mit molekulargenetischen Untersuchungen verwiesen. Auch im Jahre 2003 sind konsequent Verfahren geprüft und Entscheidungen zur Notwendigkeit einer DNA-Analyse getroffen worden. Das Ergebnis dieser Tätigkeit hat beispielsweise zur Folge, dass zwischen August 1998 und Dezember 2003 mehr als 37.000 Verfahren in den DNA-Datenbanken der Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt registriert worden sind . Wenngleich in vielen Fällen die gesetzlichen Voraussetzungen zur Durchführung einer DNA-Analyse nicht gegeben waren, liegen bislang gleichwohl gegen mehr als 4.000 Personen gerichtliche Anordnungen zur Entnahme einer Speichelprobe und zur molekulargenetischen Untersuchung zwecks Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters vor. Zahlreiche weitere Anträge sind bei Gericht anhängig. Zum besseren Verständnis der Zahlen muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Anforderungen, die der Gesetzgeber und die höchstrichterliche Rechtsprechung an die Zulässigkeit einer molekulargenetischen Untersuchung stellen, als sehr hoch bewertet werden müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat beispielsweise in seinen richtungsweisenden Entscheidungen vom 14. Dezember 2000 und 15. März 2001 ausgeführt, die Prognoseentscheidung i. S. v. §§ 81 g StPO, 2 DNA-IFG, also die Annahme einer Wiederholungsgefahr setze "von Verfassungs wegen eine zureichende Sachaufklärung durch Beiziehung verfügbarer Straf- und Vollstreckungsakten sowie Ausschöpfung sonstiger Erkenntnisquellen mit einer anschließenden einzelfallbezogenen Abwägung der bedeutsamen Umstände voraus." Es werden also nachvollziehbar dokumentierte Tatsachen verlangt, die die Gefahr der Wiederholung von Straftaten von erheblicher Bedeutung belegen. Dies wiederum hat dazu geführt, dass Gerichte des Landes Sachsen-Anhalt in mehreren Fällen zwar mehrjährige Freiheitsstrafen, beispielsweise wegen Körperverletzung mit Todesfolge verhängt haben, gleichwohl aber Anträge der Staatsanwaltschaft auf Registrierung des Verurteilten nach dem DNA-Identitätsfeststellungsgesetz zurückgewiesen haben, weil es sich bei der begangenen Straftat um eine sog. Beziehungstat gehandelt habe. Das Gericht könne deswegen für die Zukunft eine negative Prognose nicht stellen und damit eine Wiederholungsgefahr nicht annehmen. Die dagegen eingelegten Beschwerden der Staatsanwaltschaft sind vom Landgericht zurückgewiesen worden. Es gibt mithin Fälle, in denen aus Rechtsgründen trotz einer schweren Straftat molekulargenetische Untersuchungen von Körperzellen und die Speicherung des DNA-Identifizierungsmusters in der DNA-Analyse-Datei nicht möglich sind. 5.14 Vermögensabschöpfung Im Jahre 2003 haben die Staatsanwaltschaften bei insgesamt 129 Betroffenen Vermögen im Wert von 3.438.886 ¿ sichergestellt. Der Anteil der Rückgewinnungshilfe zugunsten von Geschädigten der Straftaten betrug 2.050.573 ¿, hiervon 951.961 ¿ zugunsten der öffentlichen Hand. Die Vollstreckung der auf Verfall oder Einziehung von Vermögenswerten lautenden Urteile auch aus den Vorjahren hat der Landeskasse einen Betrag in Höhe von 470.980 ¿ erbracht. Daneben haben die Staatsanwaltschaften Vermögen im Wert von 66.603 ¿ zugunsten des Landeshaushalts außergerichtlich abgeschöpft. In 65 Fällen wurden den Beschuldigten Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Last gelegt. Es folgen in der Reihenfolge der Häufigkeit Vermögensdelikte mit 27 Betroffenen, Eigentumsdelikte mit 14 Betroffenen, Verbreitung von Kinderpornografie mit 8 Betroffenen, Verstöße gegen die Abgabenordnung und Straftaten im Zusammenhang mit dem Nachtleben mit jeweils 4 Betroffenen, Geldwäsche mit 3 Betroffenen und Verstöße gegen das Waffengesetz, Korruption und sonstige Delikte mit jeweils weniger als 3 Betroffenen. 5.15 Gemeinnützige Arbeit statt Haft Aufgrund einer Rechtsverordnung der Landesregierung (GVBl. LSA 1993, 564) sind die Vollstreckungsbehörden in Sachsen-Anhalt ermächtigt, den Verurteilten zu gestatten, die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen nach § 43 des Strafgesetzbuches durch freie Arbeit abzuwenden. Leistet der Verurteilte freie Arbeit ab, ist die Ersatzfreiheitsstrafe erledigt. Die Arbeit muss unentgeltlich und gemeinnützig sein, d. h. dem öffentlichen Wohl dienen. Die Vollstreckung von einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe wird in der Regel durch 6 Stunden freie Arbeit abgewendet. Im Jahr 2003 haben 2.466 Verurteilte die über sie verhängten Ersatzfreiheitsstrafen durch die Verrichtung freier Arbeit abgewendet. Dies entspricht einem deutlichen Zuwachs gegenüber der Anzahl des Vorjahres (2002: 2.177; + 13,3 %). Die Anzahl eingesparter Hafttage ist ebenfalls gestiegen. Während im Jahr 2002 insgesamt 80.682 Hafttage durch die Ableistung freier Arbeit eingespart worden sind, waren es im vergangenen Jahr 86.611 (+ 7,3 %). Auf diese Weise ist die unerwünschte Vollstreckung kurzer Freiheitsstrafen nachhaltig vermieden worden. 5.16 Gnadensachen Bei den Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt sind im Kalenderjahr 2003 insgesamt 175 Gnadenentscheidungen ergangen, davon 15 bewilligende (= 8,6 %; 2002: 9,7 %) und 160 ablehnende (= 91,4 %; 2002: 90,3 %). Ich habe im letzten Jahr darauf hingewiesen, dass eine 8-köpfige Arbeitsgruppe unter meiner Leitung zusammengetreten ist, die eine Reihe von änderungsvorschlägen zur noch effektiveren Bearbeitung von Gnadensachen und praktischeren Handhabung von Gnadenentscheidungen erarbeitet hat. Das Ministerium der Justiz hat sämtliche Vorschläge zwischenzeitlich aufgegriffen und eine neue Gnadenordnung ausgearbeitet, die bereits im Entwurf vorliegt und möglicherweise schon in 3 ½ Wochen (am 01. April 2004) in Kraft treten wird. An der bisherigen Gnadenpraxis im Land Sachsen-Anhalt, dass ein Gnadenerweis Ausnahmecharakter hat und nur dann in Betracht kommt, wenn erhebliche Gnadengründe vorliegen, denen gegenüber die Schuld des Verurteilten und die Strafzwecke zurücktreten, wird sich allerdings nichts ändern. Jürgen Konrad Generalstaatsanwalt Impressum: Generalstaatsanwaltschaft Naumburg Pressestelle Theaterplatz 6 06618 Naumburg Tel: (03445) 28 17 32 Fax: (03445) 28 17 00 Mail: poststelle@gensta-nmb.mj.sachsen-anhalt.de
Impressum:Generalstaatsanwaltschaft NaumburgPressestelleCurt-Becker-Platz 606618 Naumburg (Saale)Tel: 03445 28-1732Fax: 03445 28-1700Mail: presse.gensta@justiz.sachsen-anhalt.deWeb: www.gensta.sachsen-anhalt.de