Urteil des Verwaltungsgerichts Halle: Schornsteinfeger darf weiter kehren
Landesverwaltungsamt - Pressemitteilung Nr.: 053/10 Landesverwaltungsamt - Pressemitteilung Nr.: 053/10 Halle (Saale), den 29. April 2010 Urteil des Verwaltungsgerichts Halle: Schornsteinfeger darf weiter kehren Kuras: ¿Wir werden Berufung prüfen¿ Ein Bezirksschornsteinfeger aus dem Burgenlandkreis darf seinen Kehrbezirk weiter führen. Das entschied heute das Verwaltungsgericht Halle. Das Gericht hat in den mündlichen Ausführungen seine Entscheidung dahingehend begründet, dass die fehlende Verfassungstreue des Schornsteinfegers nicht den Widerruf der Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister wegen Unzuverlässigkeit rechtfertige. Das Gericht hat die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Allerdings steht hier die Einverständniserklärung des Klägers, welche dafür eine zwingende Voraussetzung ist, noch aus. ¿Nach dem Ausgang des Eilverfahrens war die Entscheidung nicht überraschend¿, erklärte der Vizepräsident des Landesverwaltungsamtes Peter Kuras, der der Gerichtsverhandlung beiwohnte. ¿Ich möchte nicht die unterschiedliche Perspektive der rechtlichen Beurteilung kommentieren oder kritisieren. Wir waren und sind jedoch der Ansicht, dass der Staat dem rechtsextremistischen Treiben eines Bürgers ¿ wenn dieser für ihn in verantwortungsvoller Funktion tätig ist - nicht einfach nur zuschauen kann. Dieser Staat ist nicht wertneutral. Sein Funktionieren und sein Bild in der Öffentlichkeit hängen davon ab, dass diejenigen, die ihn repräsentieren, die freiheitliche Ordnung jedenfalls nicht erkennbar ablehnen oder sogar bekämpfen¿, so Kuras weiter. Das Landesverwaltungsamt wird deshalb die Argumente des Verwaltungsgerichts genau studieren und eine Berufung prüfen. Das Landesverwaltungsamt hatte im April 2008 die Bestellung eines Bezirksschornsteinfegermeisters aus dem Süden Sachsen-Anhalts widerrufen. Das Landesverwaltungsamt hatte in seiner Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die Bestellung wegen fehlender persönlicher Zuverlässigkeit des Betroffenen aufgrund des Gesamtbilds seines Verhaltens zu widerrufen war. Der Bezirksschornsteinfegermeister hatte sich wiederholt in führender Stellung am jährlichen ¿Totengedenken¿ beteiligt, mit denen neonazistische ¿freie Nationalisten¿ und andere rechtsradikale Gruppen die Mörder des Außenministers der Weimarer Republik, Walther Rathenau, ehren. Die NPD-Fraktion im Kreistag des Burgenlandkreises, der der Kläger angehört, hatte als Reaktion auf die Absicht, den Widerruf zu prüfen, die freiheitliche Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland als ¿System¿ verächtlich gemacht, das es zu ¿BeRDigen¿ gelte. Der Kläger hatte eine ¿Schulhof-CD¿ der NPD in seiner Berufskleidung präsentiert und so für Dritte zu erkennen gegeben, dass er seine berufliche Tätigkeit mit der Werbung für die politischen Ziele der NPD in Verbindung bringt. Nach dem Widerruf ist der Kläger für die NPD in den Stadtrat seines Heimatortes gewählt worden. Gegen den Widerruf der Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister hatte der Schornsteinfeger geklagt und im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erwirkt, dass er bis zur endgültigen Entscheidung des Gerichts am heutigen Tage weiterkehren darf. Hintergrund: Mit der Bestellung nimmt ein Bezirksschornsteinfegermeister im Auftrag des Staates in weitem Umfang Aufgaben der Gefahrenabwehr insbesondere im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes wahr. Er handelt als sog. ¿Beliehener¿, der seine öffentlichen Aufgaben als Behörde wahrnimmt und in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht. In dieser Funktion erlässt er belastende Bescheide, erhebt Gebühren und hat mit dem Kehrbuch personenbezogene Daten von Grundstückseigentümern seines Kehrbezirks zu verwalten. In dem ihm zugewiesenen Kehrbezirk übt er hoheitliche Rechte aus und unterliegt zugleich der Aufsicht des Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt. Er darf die Wohn- und Geschäftsräume in seinem Bezirk betreten. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung ist hierfür eingeschränkt. Ein Bürger handelt ordnungswidrig, wenn er den Aufforderungen des Bezirksschornsteinfegermeisters nicht nachkommt. Dieser kann seine Maßnahmen notfalls unter Vollzugshilfe der Polizei durchführen. Ausstehende Gebühren kann er durch Verwaltungsakt seiner Aufsichtsbehörde beitreiben lassen. Da ein Bezirksschornsteinfegermeister funktional Teil der öffentlichen Verwaltung ist, gehört nach Auffassung des Landesverwaltungsamtes auch die Verfassungstreue zu seinen Eignungsvoraussetzungen. Eine einschlägige Rechtsprechung zu vergleichbaren Fällen ist nicht vorhanden. Für die Berufsgruppe der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, die ebenfalls mit der Wahrnehmung von Hoheitsbefugnissen beliehen sind, hatte das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt (Urteil vom 12.11.1997, A 1 S 99/96) jedoch entschieden, dass die Anforderungen der Verfassungstreue auch für die beliehene Privatperson gelten. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist dies für Bezirksschornsteinfeger nicht anzunehmen, weil es dafür keine gesetzliche Grundlage im Schornsteinfegerrecht gebe. Impressum: Landesverwaltungsamt Pressestelle Ernst-Kamieth-Straße 2 06112 Halle (Saale) Tel: +49 345 514 1246 Fax: +49 345 514 1477 Mail: pressestelle@lvwa.sachsen-anhalt.de
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