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Halle (Saale), den 12.03.2020

30 Jahre Wende - Eigentum im Umbruch Ausstellung zeigt Rückblick auf die Regelung der offenen Vermögensfragen in Sachsen-Anhalt

Im März 1991 wurde auf Beschluss der Landesregierung das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (LARoV) gegründet und bereits wenige Tage später beziehen 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre neuen Räumlichkeiten in der Reideburger Straße in Halle, ausgestattet mit nicht mehr als Schreibtischen, Stühlen, Papier und Stift. Telefon, Fax und die ersten Akten kommen erst später dazu. Doch bereits nach drei Monaten, im Juni 1991, wird der erste Rückübertragungsbescheid erlassen ? die Südharzer Käsereien GmbH Breitungen ist das erste Unternehmen, welches per Bescheid rückübertragen wird. Fast zeitgleich erfolgt die erste gütliche Einigung zur Rückübertragung zwischen der Treuhand und der ?PGH Fünf Türme? in Halle. ?Die Aufgabe des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen war von enormer Bedeutung. Die unklaren Vermögensverhältnisse galten als die größten Investitionshindernisse. Deshalb war es von großem Interesse schnelle und rechtssichere Entscheidungen zu treffen.?, so der Präsident des Landesverwaltungsamtes, Thomas Pleye. Zu den Aufgaben der Vermögensämter gehörten und gehören die Bearbeitung der Rückübertragungs- und Entschädigungsanträge für Grundvermögen und Unternehmen. Zudem werden u. a. die Anträge auf Rückgabe beweglicher Sachen, die im Zusammenhang mit der Bodenreform in den Schlössern und Gutshäusern konfisziert worden sind, bearbeitet. Die Ämter und das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen haben in den zurückliegenden 30 Jahren über 447.709 Grundstücke, landwirtschaftliche Flächen, bewegliche Sachen und Geldforderungen entschieden. Für rund 30 % der Grundstücke erfolgte eine Rückgabe durch die Vermögensämter. Abgelehnt wurden die Anträge in gut 46% der Fälle. Im Unternehmensbereich hat das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen über 29.210 Anträge zu 11.280 Unternehmen bearbeitet. In 47 % führte die Entscheidung zu einer Rückgabe des Unternehmens oder der Unternehmensreste, 41 % waren Ablehnungen oder Antragsrücknahmen und in 12 % wurde eine Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz gewährt. Zu den vermögensrechtlichen Entscheidungen sind über 25.000 Widersprüche und über 6.800 Klagen eingelegt worden. Nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz wurde bisher über insgesamt 39.600 Anträge zu über 83.000 Vermögenswerte entschieden. ?Hinter jedem Antrag verbirgt sich eine Familiengeschichte, ein Schicksal. Die Kolleginnen und Kollegen mussten sich tief in historische Dokumente einarbeiten und diese auswerten, in Archiven recherchieren und teilweise kriminalistische Aufarbeitung betreiben ? eine spannende Aufgabe, die neben detektivischem Spürsinn vor allem Fingerspitzengefühl und Diskretion erforderte.?, so Pleye. Erfolgreiche Reprivatisierungen von Unternehmen wie Kathie, Vettertouristik, Bördekäse oder der Tonfunkgruppe Ermsleben waren in den 1990er Jahren wichtige Voraussetzungen für die regionale wirtschaftliche Entwicklung. Dass hinter den nackten Zahlen Menschen mit ihren Lebensläufen und Einzelschicksalen stehen, wird besonders deutlich bei den Verfahren, die die Wiedergutmachung verfolgungsbedingter Vermögensverluste während der Zeit des nationalsozialistischen Regimes betreffen. ?Hier sind unsere Akten gefüllt mit Dokumenten über erschütternde Schicksale, brutalste Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung. All denen, die damit befasst waren, eröffnete sich ein neuer, tiefergehender und individualisierter Blick auf eines der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte. Sachliche Verwaltungsarbeit wurde so zu einer Lehrstunde für Erinnerung, Verständnis und Toleranz.?, so Pleye weiter.Die Enteignungen durch die sowjetische Besatzung zwischen 1945 und 1949 waren auf Grund des generellen Rückgabeausschlusses durch die gesetzlichen Regelungen auf andere Art und Weise hoch emotional. Ebenso haben die unterschiedlichen Enteignungswellen zu DDR-Zeiten die Biographien der Betroffenen gezeichnet und waren häufig mit verlorenen Berufs- und Lebenschancen verbunden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ämtern und im Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen waren insbesondere in den 1990iger Jahren mit einer Materie befasst, die von starken Interessenkonflikten geprägt war. Dazu kamen besondere Herausforderungen durch regelmäßige Gesetzesänderungen, sich wandelnde Rechtsprechung und zunehmende Ungeduld in Anbetracht langer Bearbeitungszeiten. ?Dennoch ist es meines Erachtens gelungen, in einer großen Zahl der Fälle nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch Rechtsfrieden herzustellen.?, so der Präsident abschließend. Heute haben wir ? 30 Jahre nach der Wende ? die Aufgaben weitestgehend erfüllt. Offen sind wenige Einzelfälle im Bereich der Restitution, mit denen sich aber auch bereits über viele Jahre die Verwaltungsgerichte beschäftigt haben. Daneben arbeiten im LARoV die inzwischen von 173 zu Spitzenzeiten auf 14 reduzierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontinuierlich daran, die noch offenen Anträge nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz abzuarbeiten. Hier liegt ein Schwerpunkt auch bei der Rückgabe von Kunstgütern aus der Bodenreform.Das Landesverwaltungsamt hat zu dieser Thematik eine umfangreiche und spannende Ausstellung erarbeitet, die auf 16 Tafeln mit zahl- und facettenreichen Beispielen dieses komplexe Rechtsgebiet illustriert und nachvollziehbar macht. Zu sehen ist sie ab morgen (13. März):im Foyer des Ministeriums für Inneres und Sport Halberstädter Straße 239112 Magdeburgzu den üblichen Öffnungszeiten.

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