Redebeitrag von Finanzminister Jens Bullerjahn im Landtag von Sachsen-Anhalt zum Entwurf eines Gesetzes über die Steuerschwankungsreserve des Landes Sachsen-Anhalt
Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 25/07 Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 25/07 Magdeburg, den 16. November 2007 Redebeitrag von Finanzminister Jens Bullerjahn im Landtag von Sachsen-Anhalt zum Entwurf eines Gesetzes über die Steuerschwankungsreserve des Landes Sachsen-Anhalt Sperrfrist: Redebeginn Es gilt das gesprochene Wort! Anrede, Ihnen liegt der Entwurf des Gesetzes über die Steuerschwankungsreserve des Landes Sachsen-Anhalt zur ersten Beratung vor. Das Projekt der Steuerschwankungsreserve ist ein zentrales Vorhaben der Finanzpolitik dieser Landesregierung. Die Finanzpolitik ist von drei Säulen geprägt. Die erste Säule ist die der Konsolidierung der Landesfinanzen. Diese Zielsetzung wird mit dem Entwurf des Doppelhaushaltes 2008/2009, der erstmals in der Geschichte des Landes ohne Neuverschuldung auskommt bzw. für 2009 einen ersten Tilgungsbetrag von 25 Mio. ¿ vorsieht, umgesetzt und ist damit grundsätzlich erledigt. Es folgen Tilgungsleistungen in den Jahren 2010 und 2011 von jeweils Mio. ¿. Die Steuerschwankungsreserve ist Teil der zweiten strategischen Säule, der der Vorsorge. Sie wird im Doppelhaushalt 2010/2011 an Bedeutung gewinnen, da ab diesem Zeitpunkt verpflichtend Zuführungen zur Steuerschwankungsreserve zu leisten sind ¿ doch dazu im Einzelnen später. Die dritte strategische Säule bilden die Investitionsausgaben. Sie werden im Doppelhaushalt auf einem hohen Niveau gehalten. Wie auf Dauer ¿ vor dem Hintergrund der Entwicklung des Zuweisungen aus dem Solidarpakt ¿ ein hohes Investitionsniveau erhalten werden kann, ist eine der entscheidende Aufgaben, die sich in den nächsten Jahren stellen und wesentlicher Inhalt unserer Strategiediskussion bis zum Juli 2008 sein werden. Auch in diesem Zusammenhang wird die Frage der vorsorgenden Steuerschwankungsreserve von Bedeutung sein ¿ doch auch dazu später mehr. Ich möchte zu Beginn unserer Beratungen zunächst die wesentlichen Eckpunkte des Gesetzes vorstellen. Der Idee einer Steuerschwankungsreserve liegen folgende Ansatzpunkte zugrunde: Das Steueraufkommen als wichtigste Finanzierungsquelle des Landes ist vor allem konjunkturbedingt Schwankungen unterworfen. Die Ausgaben des Landes, die zu großen Teilen auf rechtlichen Verpflichtungen beruhen, sind dagegen kurzfristig nur in geringem Maße gestaltbar. Eine stetige und verlässliche Finanzpolitik setzt folglich stabile Einnahmen voraus. In der Vergangenheit wurden Einnahmeausfälle vor allem durch Kredite kompensiert, soweit sie nicht durch Ausgabenkürzungen ausgeglichen werden konnten. Ab 2008 wird ¿ so sieht es der Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt 2008/2009 vor - das Land keine neuen Kredite mehr aufnehmen. Dies ist dann auch der Anspruch für die folgenden Jahre. Künftige Steuereinnahmeausfälle sollen also nicht mehr durch neue Schulden ausgeglichen werden. Wird nicht in anderer Form Vorsorge getroffen, so drohen in Jahren mit Steuerausfällen Haushaltsfehlbeträge, die durch Überschüsse in den Folgejahren ausgeglichen werden müssen. Auf dieser Grundlage ist eine solide Finanzpolitik nicht möglich. Es bedarf also eines Steuerungsinstruments, das die notwendige Einnahmekontinuität schafft, ohne das Land in immer stärkerem Maße mit neuen Schulden zu belasten. Hier setzt die Steuerschwankungsreserve an. Ihr werden in konjunkturell guten Zeiten Mittel zugeführt, die in Zeiten mit Steuerausfällen entnommen werden können. Auf diese Weise wird ein wichtiger Beitrag zur Glättung der Einnahmeentwicklung geleistet und damit die für die Ausgabenplanung notwendige Kontinuität geschaffen. Diese zentrale Funktion der Steuerschwankungsreserve zeigt auch, dass in der Finanzpolitik nicht die Wahl zwischen Vorsorgeleistungen einerseits und Schuldentilgung andererseits besteht. Natürlich ist richtig, dass statt der Bildung einer Schwankungsreserve die Mittel für einen beschleunigten Schuldenabbau genutzt werden könnten. Zutreffend ist auch, dass das Land umso größere finanzielle Spielräume zurückgewinnt, je schneller es ihm gelingt, die Schulden- und damit die Zinslast zu reduzieren. Nicht ohne Grund habe ich es doch unterstützt, die ursprünglichen Konsolidierungsziele der Landesregierung mehrfach vorzuziehen. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass schneller Schuldenabbau die Probleme der schwankenden Steuereinnahmen nicht zu lösen vermag. Wird keine Vorsorge für Einnahmeausfälle geleistet, so kann zwar zunächst verstärkt getilgt werden ¿ es wird aber in Zeiten rückläufiger Einnahmen auch weiterhin notwendig sein, den Kreditmarkt in Anspruch zu nehmen ¿ also neue Schulden zu machen, die wiederum Zinsen kosten. Wir können dabei im Übrigen nicht davon ausgehen, dass das aktuelle, niedrige Zinsniveau auch noch in Zukunft fortbesteht, sondern Kredite auch wieder teurer werden können. Eine schnelle Tilgung ist angesichts des derzeitigen Haushaltsvolumens, des Gesamtschuldendsands, der rückläufigen Zuweisungen von Bund und EU und weiterer demographisch bedingter Abschläge auf das Steueraufkommen ohne Vorsorge kein Weg, die finanzpolitischen Aufgaben schneller zu lösen. Ob das immer so bleiben muss, können spätere Regierungen und Parlamente an Hand der dann bestehenden Rahmenbedingungen neu bewerten. Die Steuerschwankungsreserve jedenfalls ist nur ein Instrument der jahresübergreifenden Mittelumschichtung ¿ weder schmälert noch erweitert sie die finanziellen Kapazitäten, die Altschulden zurückzuzahlen. Die eben erwähnte Einnahmekontinuität kommt vor allem der Investitionsfinanzierung des Landes zugute und sie verbessert die Voraussetzungen für eine vollständige Bindung von Drittmitteln. Wie gestalten sich nun die Regelungen im Einzelnen? Der Gesetzentwurf sieht eine Zuführungspflicht von mindestens 50 Mio. ¿ pro Jahr vor, bis das angestrebte Volumen von 500 Mio. ¿ erreicht ist. Weiterhin gehe ich davon aus, dass Haushaltsüberschüsse in den nächsten Jahren bis zur Erreichung der Obergrenze ebenfalls zugeführt werden. Eine Reserve dieser Größenordnung ist - gemessen an der Einnahmeentwicklung der vergangenen Jahre - in der Lage, die Schwankungen zu großen Teilen auszugleichen. In den Jahren, in denen aus der Steuerschwankungsreserve Gelder entnommen werden können, ist die Zuführungspflicht allerdings ausgesetzt. Entnahmen aus der Reserve sind möglich, wenn die Einnahmen geringer als im Vorjahr ausfallen. Das Gesetz fasst die Entnahmemöglichkeit restriktiv, was den Vorsorgecharakter der Steuerschwankungsreserve stärkt. Der Zugriff auf die Reserve ist ausdrücklich geregelt und steht damit nicht im Belieben der jeweils politisch Verantwortlichen. Die Mittel sind wirtschaftlich anzulegen, die Erträge fließen der Rücklage zu. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Geldanlage bei gleichzeitiger Verschuldung sich grundsätzlich als wirtschaftlich erwiesen hat. Das Ansparen einer Reserve als Vorsorge für Steuerausfälle wird dem Land also keinen Zinsnachteil bringen. Die erste ¿ freiwillige - Zuführung an die Steuerschwankungsreserve ist im Jahr 2009 vorgesehen, ab 2010 setzt die jährliche Zuführungspflicht ein. Der rechtliche Rahmen sollte schon jetzt zusammen mit dem Doppelhaushalt 2008/2009 auf den Weg gebracht werden. Lassen sie mich den doch recht abstrakten Regelungsmechanismus anhand einer Beispielsrechnung erläutern: Unterstellt man einmal für die Jahre bis 2013 steigende, zumindest aber gleichbleibende Steuereinnahmen, so werden aufgrund der Zuführungspflicht ab 2010 und des Zuführungsbetrags von 25 Mio. ¿ im Jahr 2009 insgesamt 225 Mio. ¿ zuzüglich Zinserträgen angespart sein. Kommt es dann im Verlauf des Haushaltsvollzugs im Jahr 2014 zu einem Rückgang der Einnahmen im Vorjahresvergleich, so wird die Zuführungspflicht suspendiert und die Möglichkeit zur Entnahme aus der Reserve eröffnet. Für den Haushaltsvollzug ergibt sich daraus eine zweifache Entlastung: Zum einen ist der im Haushaltsplan veranschlagte Zuführungsbetrag nicht zu leisten, es ergibt sich so eine Entlastung auf der Ausgabenseite. Zum anderen kann durch die Entnahme aus der Steuerschwankungsreserve die Einnahmesituation verbessert werden. Im übrigen besteht die Möglichkeit, im betreffenden Jahr zur Haushaltsentlastung von Tilgungsleistungen abzusehen. Unterstellt man ¿ alternativ betrachtet ¿, dass keine Reserven gebildet worden sind, so blieben dem Land im Jahr 2014 nur zwei Möglichkeiten. Die eine bestünde darin, drastische Kürzungen auf der Ausgabenseite zu veranlassen, also Einschnitte vor allem bei den Investitionen und der Drittmittelbindung in Kauf zu nehmen. Die andere würde bedeuten, einen Nachtragshaushalt aufzulegen, Kredite zum Ausgleich der fehlenden Einnahmen aufzunehmen, deren Zinslasten das Land über Jahre belasten. Die Kredite würden im Übrigen die anfänglichen Tilgungserfolge, die durch den Vorsorgeverzicht möglich wurden, zunichte machen. Ich denke, dass dieses Beispiel die Notwendigkeit von Vorsorgemaßnahmen verdeutlicht. Ich bitte daher im Interesse des Landes und der Fortsetzung unser Finanzpolitik ¿ natürlich nach einer Diskussion in diesem Hohen Hause und im Finanzausschuss - um Ihre Zustimmung zum Gesetzentwurf. Vielen Dank Impressum: Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Editharing 40 39108 Magdeburg Tel: (0391) 567-1105 Fax: (0391) 567-1390 Mail: presse@mf.sachsen-anhalt.de
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