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Magdeburg, den 20.11.2002

Bundesweit erster Gender-Report präsentiert / Frauenminister Kley: Mehr Chancen-Gleichheit durch Daten-Differenzierung

Ministerium für Gesundheit und Soziales - - Pressemitteilung Nr.: 165/02 Ministerium für Gesundheit und Soziales - Pressemitteilung Nr.: 165/02 Magdeburg, den 20. November 2002 Bundesweit erster Gender-Report präsentiert / Frauenminister Kley: Mehr Chancen-Gleichheit durch Daten-Differenzierung Magdeburg. Die Lebenssituation und Lebenswelten von Frauen und Männern in Sachsen-Anhalt unterscheiden sich stärker als bislang vermutet. Das geht aus dem bundesweit ersten Gender-Report hervor, den das Gender-Institut Sachsen-Anhalt (G/I/S/A) mit Förderung des Frauenministeriums erstellt hat. Frauenminister Gerry Kley (FDP) hob am Mittwoch bei der Präsentation in Magdeburg hervor, dass Sachsen-Anhalt mit dem Report seine Vorreiter-Rolle in Sachen Gender Mainstreaming bekräftigt habe. Kley sagte: ¿Der Report ist ein Novum und ein Meilenstein in der Gleichstellungspolitik. Er räumt mit dem gängigen Vorurteil gleicher Lebenswelten von Frauen und Männern auf und er belegt einmal mehr: Wer geschlechtersensibel handeln und Chancengleichheit für Frauen und Männer durchsetzen will, braucht dafür eine geschlechtsspezifische Datendifferenzierung.¿ Der Minister betonte weiter, dass die nunmehr vorliegenden geschlechterdifferenzierten Daten, Informationen und Analysen eine gute Grundlage bilden, um Benachteiligungen und Ungleichgewichten effizient politisch gegenzusteuern. Er verwies in diesem Zusammenhang beispielsweise auf notwendige Anreize, um der Abwanderung junger qualifizierter Frauen entgegenzuwirken. Hier sei die Berufsfindungsmesse ein weiterer Baustein, um junge Mädchen für zukunftsorientierte Berufen zu interessieren. Weitere Aufschlüsse zu diesem Themenspektrum erhoffe er sich vom zweiten Gender-Report, der unter anderem Spezialdaten zum Thema ¿Gründen Frauen anders als Männer? ¿ Frauen und Männer in der Wirtschaft¿ liefern soll. Ferner zeige der Report, dass offenbar die Sport- und Freizeitangebote sowie die Möglichkeiten gesellschaftlichen Engagements noch nicht in ausreichendem Maße auf die geschlechtsspezifischen Bedürfnisse ausgerichtet seien. Ausdruck dafür sei beispielsweise, dass der Anteil der in Sportvereinen organisierten Männer nahezu doppelt so hoch ist wie der von Frauen. ¿Dass es sich hier nicht um ein allgemeines Desinteresse bei Frauen handelt, belegt der Fakt, dass Gesundheitssportangebote von Vereinen zu fast drei Viertel von Frauen genutzt werden¿, so Minister Kley. Auffallend sei auch die Schere zwischen Frauen und Männern bei der Nutzung von Computer und Internet: ¿Wenn 70 Prozent der Frauen Internet als wichtig einstufen, es aber nachweislich viel weniger nutzen und sogar  ein Viertel aller befragten Frauen keinen Computer hat, dann gibt es hier offenbar Barrieren, die nicht hinzunehmen sind, weil sie Frauen vom gesellschaftlichen Leben und einem Medium mit Zukunft ausgrenzen. Es zeigt aber auch, dass das Cyber Queen Mobil und das Landesfrauenportal FRISA als Projekte des Frauenministerium Schritte in die richtige Richtung sind.¿ Der Gender-Report stellt eine Fortsetzung und Weiterentwicklung der in den Vorjahren durch das Statistische Landesamt herausgegebenen Publikation ¿Frauen und Männer in Sachsen-Anhalt¿ dar. Durch die Erfassung und Auswertung geschlechtsspezifischer Daten und Fakten in Sachsen-Anhalt sollen vorhandene Informationsdefizite abgebaut und Handlungsfelder zur Durchsetzung von Gender Mainstreaming aufgezeigt werden. Der Report besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil werden Schwerpunktthemen präsentiert, bei denen die Statistik bislang blinde Flecken aufwies. So bietet der Report erstmals zur Frage der Abwanderung von Frauen und Männern, zu deren Freizeitverhalten, zum Demokratiebewusstsein oder zu den Lebensverhältnissen von Frauen und Männern mit Behinderungen auf Sachsen-Anhalt bezogene geschlechterdifferenzierte Informationen und in deren Auswertung Spezialwissen zur Lösung gleichstellungspolitischer Probleme. Der zweite Teil unter dem Titel ¿Frauen und Männer in Sachsen-Anhalt¿ konzentriert sich auf die Aufbereitung verfügbarer Statistiken und empirischer Daten und liefert hierzu erstmals einen Überblick in systematischer Form. Dieser Teil basiert auf der offiziellen Statistik, Studien sowie auf einer repräsentativen Befragung des G/I/S/A unter mehr als 1.000 erwachsenen Bürgerinnen und Bürgern Sachsen-Anhalts im Sommer 2002. Er liefert unter anderem Informationen zur Bevölkerungsentwicklung, zur wirtschaftlichen Situation, zum Arbeitsmarkt oder zum Thema Bildung und Erziehung. Gender Mainstreaming als Politikansatz bedeutet geschlechtersensible Sichtweise und Handeln in allen politischen Ebenen und Prozessen mit dem Ziel Chancengleichheit von Frauen und Männern herzustellen und zu sichern. Mit der Gründung des bundesweit ersten Gender-Instituts in Sachsen-Anhalt (G/I/S/A) wurden zur Umsetzung dieses Ansatzes institutionelle und organisatorische Grundlagen geschaffen. Der Aufbau des G/I/S/A wird drei Jahre lang mit 1,2 Millionen ¿ aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes als Modellprojekt gefördert. Ergebnisse im Überblick Stärkere Abwanderung von Frauen der Altersgruppe zwischen 15 und 25 Jahren Knapp ein Drittel aller Frauen und Männer in Sachsen-Anhalt haben ¿schon oft¿ darüber nachgedacht, Sachsen-Anhalt zu verlassen. Dabei ist der Zusammenhang von Alter und Wanderungsneigung auffallend: Bei den 20 bis 30-jährigen sind es sogar 64 Prozent der Männer und 43 Prozent der Frauen. Insbesondere in der für die Zukunft des Landes so wichtigen Altersgruppe der 15 bis 25-jährigen wandern Frauen stärker ab als Männer. Es fällt auf, dass Frauen mit höheren Bildungsabschlüssen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren eher dazu neigen, Sachsen-Anhalt zu verlassen: Die Hälfte der Hochschul- und Universitätsabsolventinnen sowie 70 Prozent der Fachschulabsolventinnen dieser Altersgruppe haben schon oft über einen Wegzug nachgedacht, bei den Männer liegt der Anteil bei den Hochschulabsolventen sogar bei 86 Prozent. Der Report belegt, dass Fragen der Mobilität als Gründe nur eine untergeordnete Rolle spielen, vielmehr sind 73 Prozent der Frauen und 69 Prozent der Männer der Ansicht, dass man dorthin ziehen muss, wo es Arbeit gibt. Das korrespondiert mit der Aussage, dass 90 Prozent der befragten Frauen und 86 Prozent der Männer in Sachsen-Anhalt bleiben würden, wenn sie Arbeit hätten. Trend zur ¿Freizeit- und Spaßgesellschaft¿ bei Frauen und Männern wenig ausgeprägt Fragen der Freizeitgestaltung spielen bei Frauen und Männern in Sachsen-Anhalt eine eher nachrangige Rolle. Höchste Priorität haben dagegen funktionierende soziale Beziehungen -Familie und Partnerschaft - sowie ein sicherer Arbeitsplatz, was auf die angespannte Arbeitsmarktsituation zurückzuführen ist. Allerdings halten etwa die Hälfte der Frauen sowie der Männer eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung für sehr wichtig. Männer zwischen 18 und 30 Jahren verfügen über eine stärker ausgeprägte Freizeitorientierung als Frauen dieser Altergruppe. Für Frauen wird die Freizeitbeschäftigung erst zwischen 30 und 40 wieder wichtiger. Dieser geschlechtsspezifische Unterschied wird dadurch erklärbar, dass bei Frauen mit wachsender Zahl der im Haushalt lebenden Kinder die Freizeitorientierung abnimmt, was letztlich ein Indiz für die offenbar noch immer höhere Belastung von Müttern im Rahmen der ¿Familienarbeit¿ ist. Freizeitangebote unter anderem im Vereinssport berücksichtigen die geschlechtsspezifischen Bedürfnisse offenkundig in noch nicht ausreichendem Maße. Ausdruck dessen ist, dass der Anteil der in Sportvereinen organisierten Männer mit 27 Prozent nahezu doppelt so hoch ist wie der von Frauen. Nur ein Drittel der Frauen in Sachsen-Anhalt geben überhaupt Geld für sportliche Aktivitäten aus, bei den Männern sind es 42 Prozent. Frauen investieren dafür außerdem pro Monat mit durchschnittlich rund 25 ¿ weniger als Männer (34 ¿). Frauen entwickeln Freizeitaktivitäten seltener in Organisationen, Verbänden und Vereinen als Männer. Lediglich in Musik- und Gesangsvereinen sowie in kirchlichen und anderen religiösen Organisationen sind sie stärker vertreten als Männer, die vor allem in Parteien oder Bürgerinitiativen arbeiten. Die Nutzung von Computer und Internet in der Freizeit spielt bei Frauen eine erheblich geringere Rolle als bei Männern. Obwohl 70 Prozent der Frauen angeben, dass das Internet wichtig oder sehr wichtig ist, um in das gesellschaftliche Leben eingebunden zu sein, geben Männer mehr als doppelt so häufig an, es oft zu nutzen. Wenn 24 Prozent der Frauen (Männer nur 17 Prozent) erklären, über keinen Computer zu verfügen und 23 Prozent sogar betonen, sich keinen leisten zu können (Männer 16 Prozent), so gibt es für dieses unterschiedliche Verhalten offenbar nicht in erster Linie subjektive, sondern objektive Gründe. Mädchen zeigen weniger Politikinteresse ¿ Jungen neigen stärker zu extremen politischen Positionen In Sachsen-Anhalt sind Jungen zwischen 14 und 19 Jahren mehr darauf fixiert, Geld zu verdienen, während bei Mädchen der Wunsch stärker ausgeprägt ist, Karriere zu machen. Mädchen sind im Vergleich mit Jungen stärker ¿gemeinschaftsorientiert¿. Sie legen größeren Wert darauf, für andere da zu sein und sind weniger daran interessiert, den eigenen Vorteil im Auge zu behalten. Knapp 70 Prozent der befragten Mädchen im Alter von 19 Jahren sind mit ihren Zukunftsaussichten unzufrieden, bei den gleichaltrigen Jungen fällt dieser Anteil mit 44 Prozent deutlich geringer aus. Das ist nicht zuletzt als ein Reflex auf die noch immer vorhandenen Benachteiligungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt beziehungsweise im Berufsleben zu interpretieren. Mädchen zeigen in Sachsen-Anhalt ein deutlich geringeres Interesse für Politik als Jungen. (18 Prozent der Mädchen gegenüber einem Drittel der jungen Männer). Jungen der Altersgruppe neigen in Sachsen-Anhalt stärker zu extremen politischen Positionen. Zwar bezeichnen sich etwas mehr Mädchen (18 Prozent) als Jungen (17 Prozent) als linksorientiert, allerdings bekennen sich ein Drittel der jungen Männer zu rechten Positionen, während es bei den Mädchen nur knapp 15 Prozent sind. Behinderte Frauen stärker in Selbsthilfegruppen engagiert Frauen und Männer in Sachsen-Anhalt sind annähernd gleich von Behinderungen betroffen (Frauenanteil 49,3 Prozent, Männeranteil 50,7 Prozent). Auffallend ist, dass weit mehr als zwei Drittel der behinderten Männer verheiratet sind oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, während das nur für gut die Hälfte der Frauen zutrifft. Dementsprechend gibt es auch geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wohnsituation. Knapp ein Drittel der schwerbehinderten Frauen lebt allein, während es bei den Männern nur 16 Prozent sind. Zwar konnte grundsätzlich festgestellt werden, dass nichtberufstätige Schwerbehinderte gegenüber dem Jahr 1993 über deutlich höhere Einkünfte verfügen, allerdings sind es vor allem Frauen, die in den unteren Einkommensgruppen zu finden sind. Bei knapp 10 Prozent der Frauen liegt das monatliche Netto-Einkommen unter 400 ¿, bei den Männer betrifft das nur knapp 3 Prozent. 20 Prozent der Frauen haben monatlich weniger als 600 ¿ zur Verfügung, bei den Männern sind es nur knapp sieben Prozent. Schwerbehinderte Männer haben deutlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als Frauen. Mehr als die Hälfte der befragten Männer doch nur 45 Prozent der betroffenen Frauen sind in Arbeitsverhältnissen. Überproportional hoch ist der Anteil der Frauen in den Branchen Bildung, Gesundheit, Dienstleistungen und Verwaltung, schwerbehinderte Männer sind verstärkt in der Bauwirtschaft und in der Metall- und Elektrobranche tätig. Schwerbehinderte Frauen engagieren sich stärker in Selbsthilfegruppen (10 Prozent, Männer: 6 Prozent). Impressum: Ministerium für Gesundheit und Soziales Pressestelle Turmschanzenstraße 25 39114 Magdeburg Tel: (0391) 567-4607 Fax: (0391) 567-4622 Mail: ms-presse@ms.lsa-net.de

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