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Magdeburg, den 30.08.2018

Rede Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration - Verein Miteinander e.V.

Sperrfrist: 31. August 2018 -  Redebeginn Landtagssitzung vom 30. bis 31. August 2018 TOP 10 - LT-Drs. 7/2247 Große Anfrage AfD ? Antwort Landesregierung-Drs. 7/2791 ?Verein Miteinander e.V.?   ES GILT DAS GESPROCHENE WORT!!!   Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,  nervöse Zeiten verlangen Besonnenheit. Die Lektüre der Antworten auf 236 Fragen zu der Fördermittelvergabe erfordert Zeit. Im Bewusstsein über unsere Verantwortung als Demokratinnen und Demokraten sollten wir uns diese Zeit nehmen. Denn aus den Antworten sprechen viele Gründe, warum wir die Verantwortung für eine demokratische Debattenkultur und ein solidarisches Zusammenleben ernst nehmen müssen. Der Verein Miteinander ? Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e.V. hat sich im Jahr 1999 als Reaktion auf den Einzug der DVU in den Landtag gegründet. Der Impuls zur Gründung ging 1998 von Engagierten aus Initiativen, Gewerkschaften und Kirchen aus. Als landesweit anerkannter Träger der Jugendhilfe und als Träger von Bildungs- und Beratungsprojekten unterstützt er das Engagement für eine offene, plurale und demokratische Gesellschaft und gegen Rassismus, Antisemitismus und alle Formen von Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt. Anrede, lassen Sie mich gleich zu Anfang sagen: Dieses demokratische Engagement verdient Anerkennung. Nicht ohne Grund haben wir im Koalitionsvertrag verankert, dass: ?Populistische Parteien und Gruppierungen [?] durch antidemokratische Systemkritik, einfache Scheinlösungen und Hetze das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie untergraben [und] das friedliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft [gefährden]. Solchen Parteien und Gruppen, die das Klima in unserem Land vergiften und Menschen gegeneinander ausspielen, gilt [?] unser Widerstand.? Und ich zitiere weiter: ?Die Aufklärung über das Wesen dieser Gruppierungen und die Auseinandersetzung mit den von ihnen ausgehenden Gefahren erweitern das Aufgabenfeld für politische Bildung und für das Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit.? Anrede, diese Zeilen bringen den Konsens, der die regierungstragenden Fraktionen zu einer Koalition der Anständigen zusammenschweißt, auf den Punkt. Äußerungen, die diesen gemeinsam getroffenen Konsens in Frage stellen, spielen mit der uns angetragenen Verantwortung und zeigen die Notwendigkeit, sich noch einmal die Antworten der Landesregierung auf die Große Anfrage zu dem Verein Miteinander e.V. ins Gedächtnis zu rufen. Anrede, Dieser Konsens trägt. Es ist aber auch zu konstatieren, dass sich einzelne persönlich diskreditiert fühlen, weil sie sich mit ihrem Engagement in einer Veranstaltungsankündigung eines externen Referenten, die auf der Miteinander-Homepage zu lesen war, in die Nähe des nationalistischen Spektrums gerückt sahen. Dies hat zu Verletzungen geführt. Miteinander e.V. hat sich entschuldigt und das Engagement christlicher Demokraten für ein weltoffenes und vielfältiges Sachsen-Anhalt ausdrücklich gewürdigt. Ich hoffe, dass dies dazu beitragen kann, keine Narben zu hinterlassen. Anrede, auf 108 Seiten hat die Landesregierung die gemeinsamen Antworten auf die 236 Fragen ausgeführt. Für ihre Unterstützung und ihre Zuarbeiten danke ich an dieser Stelle den Kolleginnen und Kollegen der Ressorts, allen voran dem Innen-, dem Justiz- und dem Bildungsministerium. Aus den Antworten geht hervor: Ja, Miteinander e.V. ist mit seinen Bildungs- und Beratungsprojekten der größte Träger im Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus, das durch das Bundesprogramm ?Demokratie leben!? und durch Landesmittel gefördert wird. Im Einklang mit dem Koalitionsvertrag unterstützen wir mit dem Beratungsnetzwerk u.a. Kirchen, Schulen, Bündnisse, Initiativen und Kommunen im Umgang mit rassistischen und rechtsextremistischen Mobilisierungen ? beispielhaft darf an dieser Stelle auf die erfolgreiche Bündnis- und Beratungsarbeit im 400-Seelen-Dorf Nienhagen verwiesen werden, wo einst über 1.000 neonazistische Konzertbesucher einfielen. Diesem Spuk konnte ein Ende gesetzt werden! Auch in der Folge des Brandanschlags auf ein geplantes Asylbewerberheim in Tröglitz war Miteinander e.V. mit vor Ort, um dem Landkreis und Landrat Götz Ulrich beratend zur Seite zu stehen. Zudem finden Betroffene von rechter Gewalt im Beratungsnetzwerk Hilfestellung bei der Bewältigung der Folgen von Gewalttaten. Diese professionellen, effektiven und auch vom Bund positiv evaluierten Beratungsstrukturen werden im Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses als unverzichtbar beschrieben. Neben diesen Strukturprojekten setzt Miteinander e.V. innovative Modellprojekte um. Diese zeitlich begrenzten Modellprojekte liefern wichtige Beiträge für die Weiterentwicklung der pädagogischen Praxis auf dem Feld der Radikalisierungsprävention ? beispielsweise in Haftanstalten, wo Miteinander e.V. gemeinsam mit dem Landesverband für Kriminalprävention und Resozialisierung Sachsen-Anhalt e. V. aktiv ist. Anrede, sichten wir mit der gebotenen Besonnenheit die gemeinsame Antwort der Landesregierung, können wir drei zentrale Punkte besonders hervorheben: 1.     Als Landesregierung stehen wir zu den qualitativ hochwertigen Projekten im Bereich der politischen Bildung und der wichtigen Beratungsarbeit für ein demokratisches und diskriminierungsfreies Zusammenleben ? gerade in diesen nervösen Zeiten, in denen Hass und Hetze Raum greifen. 2.     Seit Beginn der Tätigkeit im Jahr 1998 hat sich der Verein mit einer landesweit anerkannten Fachexpertise im Feld der Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus profiliert. Dies ist kein Ausdruck von mangelnder Neutralität, sondern entspricht den Förderrichtlinien von Bund und Land. Regelmäßige Prüfungen zum sinnvollen und korrekten Mitteleinsatz ergaben im Übrigen keinerlei Beanstandungen. Diese Schwerpunktsetzung verstellt nicht den Blick auf die Notwendigkeit, sich mit religiös begründetem Extremismus oder linksextremistischer Gewalt auseinanderzusetzen. Dafür möchte ich an dieser Stelle auf das Projekt ?Salam Sachsen-Anhalt? (gegen Religiös begründeten Extremismus) sowie auf die Fördermöglichkeiten des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit (u.a. gegen Linksextremismus) verweisen. Dem Verein nun vorzuwerfen, dass er die durch die Leitlinien definierten Tätigkeitsfelder nicht überschreitet und sich nicht um linke Militanz kümmert, verkennt die Bedarfslage, die Fördergrundlagen und die spezifische Fachexpertise. Eine Suchtberatungsstelle berät doch ab morgen auch nicht in Steuerfragen!  3.     Sowohl aus der Vorbemerkung als auch aus der Beantwortung der Großen Anfrage geht klar hervor: Die Landesregierung sieht keine Anhaltspunkte, die den Verein in die Nähe von extremistischen Erscheinungsformen oder Personengruppen rücken. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert.  Anrede, die Große Anfrage der AfD stellt Fragen zu Miteinander e.V. Das Kernanliegen der AfD ist daraus für mich klar erkennbar: Sie will das demokratische Wertesystem nach rechts außen rücken. Wenn Kritiker, die die Vernetzung mit der Identitären Bewegung analysieren, schlussfolgern, sie sollten eingeschüchtert und in ihrem Engagement gebremst werden, kann ich das verstehen ? zumal die AfD ja nicht nur auf Miteinander e.V. zielt, sondern bereits angekündigt hat, auch die Arbeit weiterer Vereine und Verbände sowie die Gewerkschaften vergleichbar in den Fokus zu nehmen.  Anrede, lassen Sie uns den im Koalitionsvertrag eingeschlagenen Kurs im Blick behalten und den Einsatz für eine stabile Demokratie und für ein solidarisches Zusammenleben in unserem Land mit geeinter Kraft fortführen!  Vielen Dank!

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