Fach- und Servicestelle für die Arbeitsmarktintegration migrantischer Frauen in Sachsen-Anhalt: Beirat nimmt Arbeit auf
Magdeburg. Im Dezember 2018 lebten in Sachsen-Anhalt rund 45.000 Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Dies entspricht rund 40% der sachsen-anhaltischen Bevölkerung ohne deutsche Staatsangehörigkeit bzw. rund 2% der Gesamtbevölkerung Sachsen-Anhalts. Die Frauen leben seit durchschnittlich etwa sieben Jahren in Deutschland, sind im Schnitt unter 30 Jahre alt; 53% sind sogar jünger. Rund 20% der migrantischen Frauen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Ihr Potential für die Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist dementsprechend bedeutsam.
Zu diesen Ergebnissen kam das Forschungsteam Minor des Verbundprojektes „Blickpunkt: Migrantinnen. Fach- und Servicestelle für die Arbeitsmarktintegration migrantischer Frauen in Sachsen-Anhalt“ (s. Anlage).
Susi Möbbeck, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt, betont den Handlungsbedarf: „Migrantinnen in Sachsen-Anhalt sind keine homogene Gruppe. Alter, Aufenthaltsdauer, aber auch die Bildungshintergründe und berufliche Erfahrungen unterscheiden sich enorm. Auf diese Heterogenität wollen wir mit passgenauen Unterstützungsangeboten reagieren.“
All das gehört zum Aufgabenkatalog der Fach- und Servicestelle für die Arbeitsmarktintegration migrantischer Frauen in Sachsen-Anhalt. Jennifer Heinrich, Leiterin der Servicestelle: „Damit setzen wir uns von klassischen Beratungsangeboten ab und verbinden dies mit der Ermittlung von erstmals erhobenem Datenmaterial für Sachsen-Anhalt. In diesem Sinne bohren wir ein dickes Brett.“
Monika Schwenke, Abteilungsleiterin Migration und Integration beim Caritasverband für das Bistum Magdeburg e.V., macht deutlich: „Eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration ist ein längerfristiger Prozess, der mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Und: Systemische Veränderungen in bestehenden Systemen benötigen Zeit. Ihre Umsetzung geschieht Schritt für Schritt, verbunden mit einem engagierten Projektmanagement mit engagierten Partner*innen!“
Für die fachliche Begleitung des Projektes wird am heutigen 24. September 2020 ein Beirat eingerichtet. Der Beirat soll Handlungsempfehlungen beraten, um die Zugangswege in den sachsen-anhaltischen Arbeitsmarkt nachhaltig zu verbessern. Im Beirat sind folgende Vertreter*innen der sachsen-anhaltischen Migrations-, Integrations-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik versammelt:
- Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt
- Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V.
- Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt
- Industrie- und Handelskammer Magdeburg
- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
- LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt e.V.
- Stadt Halle (Saale)
- Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt e.V.
- LAMSA e.V.
- Handwerkskammer Halle
- VEMO – Verband der Migrantenorganisationen Halle (Saale) e.V.
- Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion-Sachsen-Anhalt-Thüringen
- Deutscher Gewerkschaftsbund Sachsen-Anhalt
- Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt
- Interkulturelles Frauennetzwerk in Sachsen-Anhalt (IFNIS) e.V.
- Landkreistag Sachsen-Anhalt
Über das Mitwirken aller Beiratsmitglieder freut sich Susi Möbbeck und meint: „Die Beiratsmitglieder verfügen über eine hohe Fachlichkeit und Expertise. Damit können sie entscheidend an der Verwirklichung der Projektziele mitwirken. Sie können die Ergebnisse und Erkenntnisse in ihre Organisationen hineintragen sowie an die Landesregierung zurückspiegeln.“
Zur Fach- und Servicestelle:
Neben dem Caritasverband sind als weitere Träger*innen Minor – Projektkontor für Bildung und Forschung gGmbH und das Europäische Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft gGmbH (EBG) tätig.
Gefördert wird das neue Angebot aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt.
In den ersten neun Monaten der Fach- und Servicestelle wurde das Qualifizierungs- und Beratungssetting ausgearbeitet und der strategische Prozess zur Umsetzung der Projektziele geschärft. Viele Gespräche mit Netzwerkpartner*innen und Kontaktaufnahmen mit Migrantinnen fanden statt. Über 200 Beratungen mit 100 Frauen wurden seit Jahresbeginn durchgeführt. Davon nehmen über 40 Frauen seit März an einem niedrigschwelligen Permanentangebot zur sprachlichen und beruflichen Qualifizierung teil. Eine Herausforderung stellte die coronabedingte Umstellung auf digitale Beratungs- und Webinar-Angebote dar; sie wurde von allen Beteiligten gut gemeistert. Der Ausbau weiterer Qualifizierungsstandorte, z.B. in Halle, Stendal und im Landkreis Börde, befindet sich in der Vorbereitung.
Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.blickpunkt-migrantinnen.de
Anlage
Das Fact Sheet in Kürze:
Im Dezember 2018 lebten in Sachsen-Anhalt rund 45.000 Frauen ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Dies entspricht rund 40 % der sachsen-anhaltischen Bevölkerung ohne deutsche Staatsbürgerschaft – ein Anteil, der seit etwa 20 Jahren konstant ist. Insgesamt machen Frauen ohne deutsche Staatsbürgerschaft ca. 2 % der Gesamtbevölkerung in Sachsen-Anhalt aus. Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten sowohl hinsichtlich der Anzahl der Frauen als auch hinsichtlich des prozentualen Anteils der Frauen an der Bevölkerung ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Die meisten Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit leben demnach in Halle (Saale), gefolgt von der Stadt Magdeburg, dem Burgenlandkreis, dem Landkreis Harz und dem Salzlandkreis.
Die Frauen leben seit durchschnittlich etwa sieben Jahren in Deutschland. Allerdings unterscheidet sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer nach Staatsangehörigkeiten signifikant. Im Schnitt sind Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Sachsen-Anhalt 30 Jahre alt; 53 % sind sogar jünger. Im Vergleich Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit: 49,6 Jahre. Frauen mit Migrationshintergrund bzw. ohne deutsche Staatsangehörigkeit haben seltener als Frauen ohne Migrationshintergrund einen Berufsabschluss. Die Mehrheit hat jedoch einen Schulabschluss oder/und besucht derzeit eine Schule. Die meisten, nämlich etwa ein Fünftel der Frauen, sind in Sachsen-Anhalt Syrerinnen, gefolgt von polnischen, rumänischen, russischen, vietnamesischen, afghanischen, ukrainischen und chinesischen Staatsbürgerinnen.
Frauen ohne deutsche Staatsbürgerschaft sind in Sachsen-Anhalt insgesamt deutlich eingeschränkter als Männer ohne deutsche Staatsbürgerschaft sowie Frauen und Männer mit deutscher Staatsbürgerschaft in den Arbeitsmarkt integriert: Nur knapp 20 % von ihnen waren im Juli 2019 sozialversicherungspflichtig beschäftigt – im Gegensatz zu jeweils um die 35 % bei den anderen Gruppen. Insgesamt waren im Januar 2020 in Sachsen-Anhalt 7.933 Frauen ohne deutsche Staatsbürgerschaft arbeitsuchend gemeldet, davon waren 4.021 arbeitslos. Arbeitsuchend gemeldete Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind jünger als der Durchschnitt. Ein knappes Drittel stammt aus Syrien, ein Fünftel aus EU-Ländern (außer Deutschland), wobei Polinnen die größte Einzelgruppe stellen.
Während sich einige essenzielle Fakten über einen Teil der Frauen mit Migrationsgeschichte in Sachsen- Anhalt aus den Statistiken ablesen lassen, bleiben andere Punkte weitgehend unklar. So existieren keine bzw. kaum Daten zum Bildungshintergrund und Sprachniveau, zu Abschlüssen und beruflichen Qualifikationen, die entscheidend wären, um die Potenziale der Arbeitsmarktintegration migrantischer Frauen in Sachsen-Anhalt genauer zu betrachten. Diesen wird sich eine weitere geplante Analyse des Verbundprojektes „Blickpunkt: Migrantinnen“ widmen. Mit Blick auf die hohen Arbeitslosenquoten der Frauen ohne deutsche Staatsbürgerschaft in Sachsen-Anhalt sind gesicherte Daten über Kompetenzen und Fähigkeiten von zentraler Bedeutung, um Möglichkeiten und Potenziale für die Integration in den Arbeitsmarkt auszuloten.
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