Fachkräftesicherung braucht Zuwanderung: Fachkräftesicherungspakt beschließt Erklärung zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte und Auszubildender
Magdeburg. Sachsen-Anhalt weist einen hohen Fachkräftebedarf auf.
Im März 2021 haben die Unternehmen 18.727 unbesetzte sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen gemeldet, von denen gut die Hälfte über drei Monate unbesetzt sind. Im Durchschnitt dauert es 196 Tage bis eine angebotene Arbeitsstelle besetzt werden kann. Um diesen Fachkräftebedarf zu decken, sind die hier ansässigen Unternehmen zunehmend auf die Zuwanderung von Fachkräften und ausbildungsinteressierten jungen Menschen aus dem Ausland angewiesen. Dies haben die Partner des Fachkräftesicherungspaktes in der „Gemeinsamen Erklärung der Partner des Fachkräftesicherungspaktes zur Qualitätssicherung bei Maßnahmen, Projekten und Aktivitäten zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte und Auszubildender aus dem EU-Ausland und aus Drittstaaten und bei der Erschließung ausländischer Fachkräftepotentiale“ betont. Im Fachkräftesicherungspakt arbeiten Wirtschafts- und Sozialpartner, Kammern, Kommunale Spitzenverbände, die Hochschulen des Landes, die Bundesagentur für Arbeit und verschiedene Landesressorts unter Leitung des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration zusammen.
Das Präsidium des Fachkräftesicherungspaketes hat in der gemeinsamen Erklärung vereinbart, darauf hinzuwirken, dass sich Unternehmen an der Fachkräftegewinnung, der Fachkräfteentwicklung und der Fachkräfteintegration in unterschiedlichen Formaten und in angemessener Weise beteiligen. Sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerseite haben ihre Unterstützung erklärt, gemeinsam für gute Rahmenbedingungen bei der Integration ausländischer Fachkräfte zu sorgen.
Arbeitsministerin Grimm-Benne dankt allen Mitwirkenden des Fachkräftesicherungspaktes und betont: „Wir brauchen ausländische Fachkräfte und Auszubildende, um als Wirtschaftsstandort bestehen zu können. Sachsen-Anhalt muss mit guten Arbeits- und Lebensbedingungen in Zukunft noch stärker um Zuwanderung werben. Die Partner des Fachkräftesicherungspaktes haben sich darauf verständigt, den Fachkräften den Weg vom Ausland bis ins Unternehmen zu ebnen.“ Dieser Weg beginne damit, dass Jugendliche und Fachkräfte im Ausland über die Ausbildungs- und Beschäftigungsperspektiven in Sachsen-Anhalt informiert werden. Im Sinne einer nachhaltigen sozialen und beruflichen Integration solle für die ausländischen Auszubildenden und Fachkräfte ab dem Zeitpunkt der Einreise bzw. der Ankunft in Sachsen-Anhalt eine dauerhafte intensive und individuelle Begleitung und Unterstützung sichergestellt werden. Dazu gehöre, dass die Beschäftigten Sprachförderangebote erhalten und in aufenthaltsrechtlichen Fragen beraten werden. Anderseits sind die Unternehmen auf Beratung und Unterstützung angewiesen, damit die Arbeitsmarktintegration nachhaltig gelingt.
Immer mehr Unternehmen sind bereit, sich für ausländische Fachkräfte zu öffnen. So hat sich die Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigen Fachkräfte aus Drittstaaten von 3.000 Personen im Jahr 2015 auf 7.000 Personen im Jahr 2019 erhöht. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus dem Ausland hat sich in dieser Legislatur bis September 2020 um 18.000 Beschäftigte auf 37.800 Beschäftigte erhöht.
Hintergrund:
Im Präsidium des Fachkräftesicherungspaktes arbeiten unter Leitung des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration zusammen: der Städte- und Gemeindebund und der Landkreistag Sachsen-Anhalt, die Industrie- und Handelskammern Halle und Magdeburg, die Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände Sachsen-Anhalt e.V., der Allgemeine Arbeitgeberverband der Wirtschaft für Sachsen-Anhalt, die Handwerkskammern Magdeburg und Halle, der Landesverband der freien Berufe Sachsen-Anhalt, der DGB Sachsen-Anhalt, die IG Metall Bezirksleitung, der IG BCE Bezirk Halle-Magdeburg, die Landesrektorenkonferenz, die LIGA der freien Wohlfahrtsverbände sowie seitens der Landesregierung die Staatskanzlei und Ministerium für Kultur, das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung und das Ministerium für Bildung.
Fachkräftesicherungspakt Sachsen-Anhalt Präsidiumssitzung 16. April 2021
Gemeinsame Erklärung der Partner des Fachkräftesicherungspaktes zur Qualitätssicherung bei Maßnahmen, Projekten und Aktivitäten zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte und Auszubildender aus dem EU-Ausland und aus Drittstaaten und bei der Erschließung ausländischer Fachkräftepotentiale
Zur Deckung des Fachkräftebedarfs sind das Land Sachsen-Anhalt und die hier ansässigen Unternehmen zunehmend auf die Zuwanderung von Fachkräften und ausbildungsinteressierten jungen Menschen aus dem Ausland angewiesen. Die Partner des Fachkräftesicherungspaktes Sachsen-Anhalt setzen sich deshalb dafür ein, dass im Land Sachsen-Anhalt gute Rahmenbedingungen gelten, um die Potentiale gut ausgebildeter ausländischer Fachkräfte und ausbildungswilliger junger Ausländerinnen und Ausländer aus der EU und aus Drittstaaten bestmöglich erschließen zu können.
Unter den Partnern des Fachkräftesicherungspaktes besteht Einigkeit, dass neben den rechtlichen Vorgaben das arbeitsmarktpolitische Gesamtkonzept und das Integrationskonzept des Landes Sachsen-Anhalt den grundlegenden Orientierungsrahmen für die Zuwanderung aus dem Ausland bilden. Dies gilt insbesondere für die Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration von Fachkräften und jungen Menschen aus dem Ausland.
Die Partner des Fachkräftesicherungspaktes verweisen darauf, dass im Land Sachsen-Anhalt bereits eine gut entwickelte Struktur zur Unterstützung der Zuwanderung und Arbeitsmarktintegration ausländischer Auszubildender und Fachkräfte existiert und würdigen ausdrücklich, dass sich seit längerem zahlreiche Menschen, Unternehmen, Initiativen und Projekte erfolgreich für die Erschließung ausländischer Ausbildungs- und Fachkräftepotentiale engagieren. Dabei bekennen sie sich zu qualitativ hochwertigen und diskriminierungsfreien Maßnahmen, Projekten und Aktivitäten für eine nachhaltige Integration ausländischer Auszubildender und Fachkräfte. Bei allen Maßnahmen, Projekten und Aktivitäten sollen die Prinzipien der Bedarfsorientierung, Nachhaltigkeit und Fairness durchgängige Beachtung finden. Um dies zu gewährleisten, setzen sich die Partner für die umfassende Berücksichtigung der nachfolgend benannten Kriterien und Qualitätsstandards ein.
- Phase der Rekrutierung und Vorbereitung von Ausbildungsinteressent*innen und Fachkräften im Ausland
- Umfassende Informationen und Beratung der Jugendlichen und Fachkräfte im Ausland zu Ausbildungs- und Beschäftigungsperspektiven sowie zu Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in Sachsen-Anhalt,
- Begleitung und finanzielle Unterstützung bei der vorbereitenden Vermittlung bzw. beim Erwerb notwendiger Sprachkenntnisse im Herkunftsland,
- Beratung und Informationen zu den einreise- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen und Voraussetzungen der Ausbildungs- und Arbeitsaufnahme sowie Begleitung und Unterstützung während der Durchführung der notwendigen Visa- und Anerkennungsverfahren,
- Beratung zu Bestimmungen und Voraussetzungen der Einreise und des Nachzugs von Familienangehörigen,
- weitgehende finanzielle Entlastung der ausländischen Jugendlichen und Fachkräfte von Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Visumsbeantragung und Einreise anfallen können (insbes. Kosten für Spracherwerb im Ausland, Gebühren und Kosten im Kontext der Anerkennungs- und Visaverfahren, Reise- und Umzugskosten).
Die Aktivitäten der Rekrutierung von Auszubildenden und Fachkräften im Ausland sollen grundsätzlich unter Einhaltung geltender WHO-Bestimmungen zur internationalen Fachkräfteanwerbung erfolgen, um die Zukunftsfähigkeit der Herkunftsländer nicht zu gefährden und insbesondere einem Brain-Drain in den Herkunftsländern vorzubeugen.
- Phase der Ausbildungs- und Arbeitsaufnahme von Ausbildungsinteressent*innen und Fachkräften in Sachsen-Anhalt
Alle Maßnahmen, Projekte und Aktivitäten zur Gewinnung und Integration ausländischer Auszubildender und ausländischer Fachkräfte sollen möglichst ganzheitlich und prozessorientiert gestaltet sein. Unterstützungsangebote sollen die Perspektiven, Interessen und Bedarfe aller am Zuwanderungs- und Integrationsprozess beteiligten Akteure berücksichtigen.
2.1 Perspektive der Zugewanderten
Zur Gewährleistung einer nachhaltigen sozialen und beruflichen Integration soll für die ausländischen Auszubildenden und Fachkräfte ab dem Zeitpunkt der Einreise bzw. der Ankunft in Sachsen-Anhalt eine dauerhafte intensive und individuelle Begleitung und Unterstützung vorgehalten werden. Diese sollen insbesondere umfassen:
- weiterführende Information und Beratung zu aufenthaltsrechtlichen und arbeitsrechtlichen sowie leistungsrechtlichen Angelegenheiten,
- Gewährleistung einer individuellen betrieblichen und persönlichen Betreuung und Integrationsbegleitung (bspw. durch betriebliche Mentorinnen und Mentoren),
- Informationen, Beratung und Unterstützung bei persönlichen Belangen (Wohnungssuche, behördliche Formalitäten, Freizeitgestaltung),
- Beratungs- und Unterstützungsangebote für mit- oder nachziehende Familienangehörige, insbes. im Hinblick auf Möglichkeiten der Betreuung, des Schulbesuchs sowie der sozialen Integration von Kindern,
- persönliche Begleitung und finanzielle Unterstützung im Rahmen von Anerkennungsverfahren und anerkennungsbezogener beruflicher Qualifizierung,
- Ermöglichung des Erwerbs weiterführender Sprachkenntnisse,
- Erarbeitung individueller beruflicher Perspektiven und Karrierepfade mit dem Ziel, Fachkräftepotentiale langfristig und möglichst umfassend zu entwickeln und das Risiko prekärer Beschäftigung dauerhaft zu verringern.
Die Unterstützungsangebote und Maßnahmen sollen so ausgestaltet werden, dass sie allen ausländischen Fachkräften und Auszubildenden – unabhängig von ihrem Zuwanderungshintergrund, ihrer Herkunft und Staatsangehörigkeit, ihrem kulturellen und religiösen Hintergrund – einen gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Zugang ermöglichen.
2.2. Perspektive der Ausbildungsbetriebe und Unternehmen in Sachsen-Anhalt
Zur Unterstützung der betrieblichen Integration und Fachkräftesicherung sollen die Maßnahmen, Projekte und Aktivitäten zur Erschließung ausländischer Fachkräftepotentiale auf die Verbesserung und den Ausbau integrationsförderlicher Rahmenbedingungen und Voraussetzungen in den Unternehmen und Ausbildungsbetrieben des Landes hinwirken. Darüber hinaus sollen möglichst weitreichende und fachlich fundierte Angebote, Maßnahmen und Aktivitäten für weiterführende Beratungs-, Koordinierungs- und Abstimmungsleistungen mit Trägern der beruflichen Aus- und Weiterbildung, Sprachkursträgern, Arbeitsverwaltung, Migrantenorganisationen und sonstigen Unterstützungsstrukturen vorgehalten werden.
Dazu zählen insbesondere:
- Information und Beratung zu aufenthaltsrechtlichen, arbeitsrechtlichen und leistungsrechtlichen Fragen sowie Begleitung und Unterstützung bei den damit verbundenen Verfahren zur Visumserteilung, Anerkennung und beruflichen Qualifizierung,
- Unterstützung bei Information und Beratung zu arbeitsmarktpolitischen sowie ausbildungs- und integrationsbezogenen Instrumenten sowie Unterstützung bei der Nutzung der entsprechenden Fördermöglichkeiten,
- Verbesserung der Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für die Nutzung von Angeboten zum Erwerb bzw. zur Erweiterung von Sprachkompetenzen und ausbildungsbezogenen bzw. beruflichen Qualifikationen,
- Koordinierung und Vernetzung mit weiteren ausbildungs-, betriebs- und integrationsrelevanten Akteuren und Unterstützungsangeboten (u.a. mit Berufsschulen und anderen Bildungsstätten, betrieblichen Interessenvertretungen, KAUSA-Servicestellen Sachsen-Anhalt, IQ-Netzwerk, Migrantenorganisationen),
- Beratung, Begleitung und Unterstützung beim Aufbau und bei der Entwicklung betrieblicher und außerbetrieblicher Willkommensstrukturen,
- Beratung, Begleitung und Unterstützung bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Diversity Management und sonstiger Aktivitäten zur Steigerung der innerbetrieblichen Akzeptanz ausländischer Azubis und Beschäftigter.
Die Partner des Fachkräftesicherungspaktes wirken darauf hin, dass an ausländischen Auszubildenden bzw. Fachkräften interessierte Unternehmen sich in angemessenem Umfang an Maßnahmen der Fachkräftegewinnung, der Fachkräfteentwicklung und der Fachkräfteintegration finanziell beteiligen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie von Maßnahmen und Aktivitäten zur Fachkräftezuwanderung und -integration unmittelbar profitieren.
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