Fachkräftesicherungspakt: Gemeinsam für gelingende Fachkräftezuwanderung nach Sachsen-Anhalt
Magdeburg. Landesministerien, Arbeitgeber, Gewerkschaften, Kammern, kommunale Spitzenverbände, Arbeitsagentur und weitere Partner des Fachkräftesicherungspaktes wollen künftig bei der Gewinnung von ausländischen Arbeitskräften enger zusammenzuarbeiten.
In einer gemeinsamen Erklärung wurde vereinbart, neben der Erschließung inländischer Arbeitsmarktpotentiale durch Aus- und Weiterbildung verstärkt auf die Gewinnung internationaler Arbeits- und Fachkräfte zu setzen.
Arbeitsministerin Petra Grimm-Benne sagt: „Auf zwei Beschäftigte, die altersbedingt den Arbeitsmarkt verlassen, kommt derzeit nur eine junge Arbeitskraft nach. Zur Fachkräftesicherung setzen wir, zuerst auf den Nachwuchs. Denn: Azubis von heute sind die Fachkräfte von morgen. Zweitens, wollen wir inländische Fachkräftepotentiale besser erschließen, indem wir Beschäftigte, aber auch Menschen mit schwierigen Startbedingungen qualifizieren. Zugleich muss Sachsen-Anhalt mehr um internationale Fachkräfte werben, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Im gemeinsamen Schulterschluss mit Arbeitgebern und Gewerkschaften wollen wir die Weichen stellen, damit mehr in- und ausländische Fachkräfte in den Unternehmen ankommen und unser Land als attraktiven Arbeits- und Lebensort kennenlernen.“
Die Partner des Fachkräftesicherungspaktes setzen folgende Schwerpunkte für eine gelingende Fachkräftezuwanderung nach Sachsen-Anhalt:
- Attraktive Lebens- und Arbeitsbedingungen sind zentral, damit die Anwerbung inländischer und internationaler Arbeits- und Fachkräfte nachhaltigen Erfolg hat. Dazu gehören faire Entgelte, Mitbestimmung am Arbeitsplatz, berufliche Entwicklungschancen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
- Die Anerkennung ausländischer Berufs- und Studienabschlüsse soll beschleunigt und entbürokratisiert werden. Die Partner setzen sich für eine auskömmliche Finanzierung der notwendigen Strukturen ein, darunter Jobcenter, Ausländerbehörden und das IQ-Netzwerk.
- Es braucht unbürokratische Antrags- und Aufenthaltsverfahren, damit ausländische Arbeits- und Fachkräfte in Sachsen-Anhalt besser ankommen.
- Berufsvorbereitende und -begleitende Sprachkurse sollen weiter ausgebaut werden, um sprachliche Hürden aus dem Weg zu räumen.
- Die Partner wollen mehr junge Ausländerinnen und Ausländer für eine berufliche Ausbildung oder ein Studium
- Unternehmen sollen bei der interkulturellen Öffnung und bei der Integration von Arbeitskräften bestmöglich beraten und unterstützt werden.
- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus EU-Ländern sollen mit flächendeckenden Beratungsangeboten besser über Möglichkeiten der Beschäftigung informiert werden.
- Die Anwerbung von internationalen Fachkräften muss nach transparenten und fairen Kriterien
- Nachhaltige Integration umfasst auch eine Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben. Eine gelebte Willkommenskultur und ein konsequentes Eintreten gegen Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung sind unabdingbar.
Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sagt: „Die IG Metall steht voll und ganz hinter dem Fachkräftesicherungspakt Sachsen-Anhalt. Gute, tarifierte und mitbestimmte Arbeit sehen wir als unabdingbar für attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen. Diese braucht es unbedingt in Sachsen-Anhalt, um Arbeits- und Fachkräfte im Land zu halten bzw. für die vielen Neugründungen zu gewinnen“.
Markus Behrens, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Halle betont: „Das demografische Echo der Wiedervereinigung trifft Sachsen-Anhalt besonders stark. In der Folge ist das Fachkräfteproblem inzwischen zu einer der größten Herausforderungen der Unternehmen geworden. Selbst wenn wir alle Hebel in Bewegung setzen, wird es uns nicht gelingen, den Arbeitskräftebedarf in Sachsen-Anhalt nur mit inländischem Potential zu decken. Deshalb hat die Integration der geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt und die gezielte Zuwanderung von Fachkräften eine hohe Priorität. Nur wenn dabei alle Partner am Arbeitsmarkt an einem Strang ziehen, gemeinsam und abgestimmt vorgehen, werden wir erfolgreich sein.“
Marco Langhof, Arbeitgeberpräsident Sachsen-Anhalts sagt: „Die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte ist ein Baustein, um den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt zu stärken. Die Gemeinsame Erklärung der Paktpartner ist ein gutes Zeichen für die Wirtschaft und die Unternehmen im Land. Wir dürfen hier jedoch nicht stehenbleiben.
Denn: Weitere Hindernisse, weshalb ausländische Fachkräfte nicht nach Deutschland und damit auch nicht nach Sachsen-Anhalt finden, sind unter anderem die hohe steuerliche Belastung von Einkommen, ein Übermaß an Bürokratie und ein entsprechender Mangel an Digitalisierung im Alltag.“
„Die IHK Magdeburg engagiert sich seit Jahren für die Anwerbung und Integration ausländischer Auszubildender und Fachkräfte für unsere Unternehmen. Umso mehr begrüßen wir das positive Signal der Partner des Fachkräftesicherungspaktes, sich noch intensiver gemeinsam für das Heben ausländischer Arbeitskräftepotenziale einzusetzen“, so Klaus Olbricht, Präsident der Industrie- und Handelskammer Magdeburg.
Sebastian Schenk, Geschäftsführer des Allgemeinen Arbeitgeberverbandes der Wirtschaft für Sachsen-Anhalt e.V. sagt: „Wir möchten unsere ausdrückliche Unterstützung für die gemeinsame Erklärung des Fachkräftesicherungspaktes bekunden. In diesem Zusammenhang richten wir einen Appell an die Landesregierung, die Umsetzung von Schlüsselthemen wie die Digitalisierung, Entbürokratisierung und Vereinfachung der Verwaltung energisch voranzutreiben. Uns ist bewusst, dass die Herausforderungen groß sind, aber wir sind überzeugt, dass durch gemeinsame Anstrengungen und konkrete Maßnahmen eine nachhaltige Verbesserung der Fachkräftesituation in Sachsen-Anhalt erzielt werden kann. Wir stehen bereit, unseren Teil dazu beizutragen und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit allen beteiligten Akteuren.“
Hintergrund
Im Präsidium des Fachkräftesicherungspaktes arbeiten unter Leitung des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung zusammen:
Staatskanzlei und Ministerium für Kultur Sachsen-Anhalt; Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten Sachsen-Anhalt; Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt Sachsen-Anhalt; Bildungsministerium Sachsen-Anhalt; Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit; Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau;
Industrie- und Handelskammer Magdeburg; Handwerkskammer Halle; Handwerkskammer Magdeburg; Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände Sachsen-Anhalt e. V.; Allgemeiner Arbeitgeberverband der Wirtschaft für Sachsen-Anhalt e.V.; Deutscher Gewerkschaftsbund Sachsen-Anhalt; IG Metall Niedersachsen/Sachsen-Anhalt; IGBCE Bezirk Halle-Magdeburg
Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt; Landkreistag Sachsen-Anhalt; Landesverband der freien Berufe Sachsen-Anhalt; Landesrektorenkonferenz Sachsen-Anhalt; LIGA der freien Wohlfahrtspflege Sachsen-Anhalt e. V.
Anlage
Gemeinsame Erklärung der Partner des Fachkräftesicherungspaktes:
Weitere Arbeitsmarktpotentiale erschließen – Fachkräftezuwanderung gestalten –
Gemeinsam für ein zukunftsfestes Sachsen-Anhalt
Die wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen-Anhalt, die geplanten Neuansiedlungen, der Strukturwandel und die Energiewende bieten große Gestaltungschancen für den Wirtschaftsstandort. Die Zukunft Sachsen-Anhalts hängt dabei in entscheidendem Maße davon ab, wie es gelingen wird, einerseits die Fachkräftebasis quantitativ und qualitativ zu sichern und andererseits sich an das verringerte Fachkräfteangebot anzupassen.
Die Paktpartner arbeiten verstärkt daran, die junge Generation auf ihrem Bildungsweg bis zur Einmündung auf dem Arbeitsplatz zu unterstützen, Schul- und Ausbildungsabbrüche zu verhindern und die Ausbildungsreife zu verbessern. Zugleich müssen die vorhandenen inländischen Arbeitsmarktpotentiale bestmöglich erschlossen und durch Qualifizierung und Weiterbildung nutzbar gemacht werden. Zusätzlich muss die Zu- und Rückwanderung von Fachkräften aus dem In- und Ausland gestärkt werden, mit dem Ziel, weitere Fachkräftepotentiale zu erschließen. Sachsen-Anhalt ist auf internationale Fachkräfte, Studierende und ausbildungsinteressierte junge Menschen aus dem Ausland angewiesen.
Die Paktpartner sind sich darin einig, eine positive Haltung zur Gewinnung qualifizierter Fach- und Arbeitskräfte aus dem Ausland proaktiv zu unterstützen sowie die bisher erarbeiteten Maßnahmen stärker zu nutzen, besser aufeinander abzustimmen und weitere Initiativen zu entwickeln.
Als zentrale Themenbereiche werden dabei gesehen:
Attraktive Lebens- und Arbeitsbedingungen sind zentral für die erfolgreiche und nachhaltige Anwerbung inländischer und internationaler Arbeits- und Fachkräfte. Um für qualifizierte Zuwanderung attraktiv zu sein, ist eine Orientierung auf die Bedürfnisse der Beschäftigten und ihrer Familien elementar. Dazu gehören Arbeitsplatzsicherheit, faire Entgelte und Mitgestaltungsmöglichkeiten, gute berufliche Entwicklungschancen ebenso wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Sozialpartner möchten Unternehmen in Sachsen-Anhalt dabei unterstützen, ihre Attraktivität als Arbeitgeber durch gute Arbeitsbedingungen hochzuhalten.
Um die Fachkräftepotenziale von Ausländerinnen und Ausländern umfassend zu erschließen und eine niedrigschwelligere Einmündung in den Arbeitsmarkt sicherzustellen, gilt es die Anerkennungsverfahren von ausländischen Berufs- und Studienabschlüssen zu beschleunigen, zu entbürokratisieren und zu vereinfachen. Unabdingbar ist in diesem Zusammenhang auch eine Verstetigung der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung im Land. Zudem setzen sich die Paktpartner nachdrücklich für eine auskömmliche Finanzierung der für eine erfolgreiche Zuwanderung notwendigen Strukturen (u.a. Jobcenter, Ausländerbehörden, IQ-Netzwerk) ein.
Verlässliche, transparente und unbürokratische Antrags- und Aufenthaltsverfahren sind eine wichtige Voraussetzung, um das Ankommen und die Integration ausländischer Arbeits- und Fachkräfte zu verbessern. Auch können feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den örtlichen Ausländerbehörden die Genehmigungsprozesse maßgeblich unterstützen.
Die berufsvorbereitende und berufsbegleitende Sprachförderung muss weiter ausgebaut, in allen Landkreisen angeboten, transparent kommuniziert und an den Erfordernissen des Berufs- und Familienalltages ausgerichtet werden, damit qualifizierte Fachkräfte ihren Beruf sachgerecht ausführen können.
Um die Fachkräfteeinwanderung und -integration in Sachsen-Anhalt zukunftssicher und nachhaltig zu gestalten, vereinbaren die Paktpartner, in ihren Netzwerken dafür zu werben, mehr jungen Ausländerinnen und Ausländern eine berufliche Ausbildung oder ein Studium zu ermöglichen und die beruflichen Potentiale ausländischer Fachkräfte durch die Unternehmen noch gezielter zu erschließen.
Beratungs- und Unterstützungsangebote zur interkulturellen Öffnung und bedarfsgerechten Unterstützung der Unternehmen, aber auch zur individuellen Begleitung und Betreuung müssen bereitgestellt werden, damit die Arbeitsmarktintegration nachhaltig gelingt.
Die Information von EU-Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern über die schon bestehenden, häufig noch nicht bekannten Möglichkeiten der legalen Beschäftigung muss durch flächendeckende Beratungsangebote unterstützt bzw. begleitet werden.
Die Sprachförderungs-, Berufsorientierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sollen stärker darauf ausgerichtet werden, die Chancen zur Arbeitsmarktintegration migrantischer Frauen zu verbessern.
Um eine nach transparenten und fairen Kriterien gestaltete Anwerbung im Ausland zu ermöglichen und die Zukunftsfähigkeit der Herkunftsländer nicht zu gefährden, gilt es, die IRIS-Standards zur internationalen Fachkräfteanwerbung einzuhalten. Die durch eine Kampagne begleitete Anwerbung von Fachkräften im Ausland muss koordiniert und gemeinsam im Land abgestimmt werden.
Die Integration Geflüchteter und Zugewanderter darf sich nicht nur auf den Spracherwerb und die erfolgreiche Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt beschränken. Nur wenn sich Menschen in Sachsen-Anhalt willkommen fühlen und eine Migration in den Arbeitsmarkt positiv anerkannt und befördert wird, werden sie sich für eine Zukunft in Sachsen-Anhalt entscheiden. Wichtiger Baustein ist die diskriminierungsfreie Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben. Wir alle sind gefordert, Ausländerfeindlichkeit aktiv und konsequent entgegenzutreten, die Potentiale einer vielfältigen Gesellschaft in den Vordergrund zu rücken sowie eine Willkommenskultur zu etablieren.
Die Präsidiumsmitglieder bekennen sich zu ihrer Verantwortung, auf die vorgenannten Handlungsbedarfe zu reagieren, indem sie sich im Rahmen ihrer Arbeitsbereiche für nachhaltig wirkende Maßnahmen für eine gelingende Fachkräfteeinwanderung in Abstimmung mit den Partnern einsetzen bzw. die Umsetzung bestehender Initiativen und Maßnahmen im Land unterstützen. Die Arbeitsgruppen des Fachkräftesicherungspaktes werden gebeten, dem Präsidium konkrete Handlungsvorschläge vorzulegen.
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