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Magdeburg, den 16.10.2000

Staatssekretär Dr. Rainer Holtschneider über die Rolle der Ausländer in der deutschen Migrationsgesellschaft anlässlich der heute stattfindenden Arbeitstagung an der Fachhochschule der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt zum Thema "Ausländer in Deutschland - ein Gewinn für unsere Gesellschaft"

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 132/00 Magdeburg, den 17. Oktober 2000 Es gilt das gesprochene Wort! Staatssekretär Dr. Rainer Holtschneider über die Rolle der Ausländer in der deutschen Migrationsgesellschaft anlässlich der heute stattfindenden Arbeitstagung an der Fachhochschule der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt zum Thema "Ausländer in Deutschland - ein Gewinn für unsere Gesellschaft" Nachfolgend Auszüge aus der Rede: Sehr geehrte Damen und Herren, ich bedanke mich für die Einladung und freue mich sehr, heute zu Ihnen über das auch mir wichtige Thema der Migration sprechen zu können. I. Migration: Die Fakten Migration stellt eine der herausragenden gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit dar. Migration (= Wanderung) bedeutet nicht nur Zuwanderung, sondern auch Abwanderung. Während allerdings z. B. die Vereinigten Staaten, Kanada und Australien praktisch seit ihrer Gründung eine bewusste Einwanderungspolitik betrieben haben, "lieferten" die europäischen Staaten eher das Zuwanderungspotential, also die Auswanderer. Die deutsche Geschichte kennt zahlreiche Migrationen, angefangen mit der Migration von Deutschen nach Ost- und Südosteuropa seit dem ausgehenden Mittelalter und fortgesetzt mit der Auswanderung von mehreren Millionen Deutschen nach Nord- und Südamerika im 19. Jahrhundert. Mit dem 1. Weltkrieg drehte sich jedoch das Blatt und seit 1955 wurde eine gezielte Anwerbepolitik aus den sogenannten Mittelmeerrandstaaten betrieben, also zunächst wurden Italiener, Spanier, Griechen, Jugoslawen, Türken u. a. m. angeworben. Trotz des Anwerbestopps von 1973 stiegen die Zahlen ¿ wenn auch langsamer ¿ weiter an. Anfang der 90er Jahre wurde durch hohe Asylbewerberzahlen eine neue Diskussion begonnen, die sogar zu einer Verfassungsänderung ¿ dem Art. 16 a GG ¿ führte. Während bis 1998 durch die damalige CDU-FDP-Regierung der Terminus Einwanderungsland streng vermieden wurde und Bundesinnenminister Kanther immer wieder auf strenge Handhabung des Ausländerrechts drängte ist aufgrund der zu beobachtenden Verschiebung der gesellschaftlichen Zusammensetzung unserer Bevölkerung ¿ ich denke hier insbesondere an die ungünstige Entwicklung der Altersstruktur und den Rückgang der Geburtenrate -, auf diesem Gebiet gerade in der letzten Zeit ein Umdenkungsprozess in Gang gekommen. Ich erinnere an dieser Stelle an die von Bundesinnenminister Schily erst kürzlich eingesetzte 21köpfige "Einwanderungskommission der Bundesregierung" und seine Worte, wonach es keine "Denkverbote" bei der Zuwanderungsfrage geben dürfe. Viele Bürger erkennen zwischenzeitlich, dass zur Vermeidung künftig zu erwartender gravierender Nachteile eine gesteuerte Zuwanderung erforderlich ist. Anrede, bei der Migration wird zwischen geregelter und ungeregelter Zuwanderung unterschieden. Während zur ungeregelten Zuwanderung insbesondere die Einreise von Asylbewerbern und Flüchtlingen zählt (sie reisen i. d. R. ohne Erlaubnis ein), gehören z. B. die Aufnahme von jüdischen Zuwanderern, von Spätaussiedlern sowie der Ehegatten- und Familiennachzug zur geregelten Zuwanderung. Für die Jahre 1997 bis1999 kann festgestellt werden, dass es ¿ im Vergleich zum Beginn der 90er Jahre ¿ zu einer "Beruhigung" des Migrationsgeschehens gekommen ist. So ist zum einen sowohl die Zahl der Asylantragsteller als auch die Zahl der Spätaussiedler kontinuierlich gesunken. Zum anderen ist der Rückgang darauf zurückzuführen, dass deutlich mehr Ausländer aus Deutschland weg- als zugezogen sind. Insbesondere Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien haben Deutschland wieder verlassen, z. B. von damals 350.000 bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen sind noch weniger als 40.000 hier, in LSA nicht einmal mehr 50 Personen, zusammen mit Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Kosovo noch 183 (allerdings ohne frühere Asylantragsteller).. Ferner hat sich die Zahl der Asylantragsteller sowie der Spätaussiedler bundesweit auf jeweils ca. 100.000 Neuzugänge im Jahr eingependelt, d. h. für das Land Sachsen-Anhalt jeweils 3.000 bis 4.000 pro Jahr. Ich möchte den Umfang der Zuwanderung anhand der folgenden Zahlen verdeutlichen: Der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung stieg von 1960 bis 1973 von 1,2 auf 6,4 Prozent, das waren rd. 4 Mio. Personen. Von 1973 bis in die 80er Jahre stieg er nur langsam an, bis etwa sieben Prozent, um dann von 1988 bis heute auf 9 Prozent zu steigen. Letzteres entspricht in absoluten Zahlen einem Anstieg von 4,5 Millionen auf über 7,35 Millionen Ausländer bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 82 Millionen Einwohnern (also etwa 74,65 Millionen Deutsche). Wie ich schon andeutete, stieg in den Jahren 1987 bis 1992 die Zahl der Asylsuchenden pro Jahr von rd. 57.000 Personen auf ihren Höhepunkt von rd. 438.000 Personen. Im gleichen Zeitraum sank die Anerkennungsquote bei der Feststellung einer politischen Verfolgung auf unter 5 %. Von 1994 bis 1998 ging die Zahl auf jeweils zwischen 127.000 und 99.000 zurück. 1999 waren es noch gut 95.000. In diesem Jahr wird sie voraussichtlich weiter sinken. Derzeit leben insgesamt in Deutschland etwa 1,2 Millionen Personen, die als Flüchtlinge anerkannt sind bzw. sich darum bewerben. Zu diesen möchte ich auch 120.000 jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion zählen, die seit 1990 nach Deutschland gekommen sind. Zur Zuwanderung aus dem Ausland zählt auch die Aufnahme von deutschen Spätaussiedlern. Der Höhepunkt der Zuwanderung dieser deutschen Volkszugehörigen sowie ihrer Familienangehörigen wurde in den Jahren 1989 und 1990 bundesweit mit etwa 380.000 bzw. 400.000 Aussiedlern erreicht. Insgesamt sind seit 1950 etwa vier Millionen Menschen auf diese Weise nach Deutschland gekommen. Entsprechend unserer Aufnahmequote von 3,9 % gingen auch die Aufnahmezahlen in Sachsen-Anhalt zurück, 1998 und 1999 lagen sie jeweils bei ziemlich genau 4.000 Personen mit weiter zurückgehender Tendenz; 1994 bis 1996 lagen die Zahlen doppelt so hoch. Dazu kommt der Familiennachzug zu Deutschen und Ausländern, über den keine Statistik geführt wird. Er wird auf rund 100 000 bis 150 000 Personen pro Jahr geschätzt. Die Bundesrepublik Deutschland ¿ und das ist schon sehr beachtlich ¿ nimmt pro Jahr also mehr Ausländer auf als die klassischen Einwanderungsstaaten USA, Kanada oder Australien. Von den Eingewanderten bleiben erfahrungsgemäß zwischen einem Drittel und zwei Drittel auf Dauer hier. Es ist deshalb ganz eindeutig und sollte auch von allen akzeptiert werden, dass Deutschland längst ein Einwanderungsland ist und dass es sich bei der Zuwanderung um einen nicht umkehrbaren, bereits seit 45 Jahren währenden Prozess handelt. Lassen Sie mich jetzt einige Zahlen zu den in Sachsen-Anhalt aufhältigen Ausländern nennen: Seit Inkrafttreten der Grundgesetzänderung zum 1. Juli 1993 (Asylkompromiss) ist ein erheblicher Rückgang der Asylbewerber zugänge zu verzeichnen. Waren im Land Sachsen-Anhalt im Zeitraum Dezember 1990 bis Juni 1993 noch durchschnittlich rd. 800 Neuzugänge im Monat zu verzeichnen, so waren es im Zeitraum Juli 1993 bis 1997 nur noch durchschnittlich 480 Neuzugänge im Monat, danach war ein erheblicher Rückgang bis auf z. Z. 286 Neuzugänge im Monat zu verzeichnen. Durch die geringeren Zugangszahlen und die Beschleunigung der Asylverfahren verringerte sich die Zahl der im Land Sachsen-Anhalt aufhältigen Asylbewerber von rd. 11.300 am 30. Juni 1993 auf rd. 4.600 am 31. August d. J. Die Zahl der nach unanfechtbarer Ablehnung des Asylverfahrens abgeschobenen ehemaligen Asylbewerber ging von rd. 1.050 im Jahr 1993 auf rd. 430 im Jahr 1999 zurück. Gleiches gilt für sonstige Ausländer . Hier reduzierte sich die Zahl der Abgeschobenen von 205 im Jahr 1993 auf 145 im Jahr 1999. Im Land Sachsen-Anhalt ist eine relativ hohe Zahl asylberechtigter Ausländer sowie sonstig politisch Verfolgter , bei denen ein Abschiebungsverbot nach § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG) festgestellt wurde, zu beobachten. Während vor der Asylrechtsreform im Jahre 1993 allenfalls 1,5 % der dem Land Sachsen-Anhalt zugewiesenen Asylbewerber als Asylberechtigte anerkannt worden sind, ist diese Quote auf 5,9 % im Jahre 1999 angestiegen, mit der Folge, dass sich die Zahl der im Land aufhältigen Asylberechtigten von 129 am 31. Dezember 1994 auf 575 am 30. Juni d. J. erhöhte. Hinzu kommt die ¿ im Land Sachsen-Anhalt überdurchschnittlich hohe ¿ Anerkennungsquote der sonstig politisch Verfolgten insbesondere Kurden aus dem Nordirak. Sie lag im Jahr 1999 bei 33,5 % (1997: 32,1 %). Dementsprechend stieg die Zahl der im Land Sachsen-Anhalt aufhältigen sonstig politisch Verfolgten von rd. 1.500 Mitte 1998 auf rd. 2.000 Mitte d. J. Gestiegen ist auch die Zahl der im Land Sachsen-Anhalt aufhältigen jüdischen Zuwanderer. Sie erhöhte sich von rd. 630 am 30. Juni 1993 auf 2.809 am 30. Juni d. J. Hauptgrund ist die Tatsache, dass sich die Zahl der Aufnahmen von 1993 bis 1999 mehr als verdreifachte, die Zahl der Abwanderungen dagegen halbierte. Reduziert hat sich dagegen die Zahl der sich noch im Land aufhaltenden, im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen nach § 32 und 32a AuslG aufgenommenen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien und Herzegowina sowie dem Kosovo von rd. 1800 Ende 1994 auf 183 am 30. Juni d. J., (aber ohne Asylbewerber, die schon vorher da waren). Ebenfalls gesunken ist die Zahl der sich im Land aufhaltenden ehemaligen Vertragsarbeitnehmer aus Angola, Mosambik und Vietnam. Sie reduzierte sich von rd. 2.500 Ende 1992 auf rd. 2.300 Ende September 1998. Es ist inzwischen davon auszugehen, dass mit Ausnahme einiger Straftäter, aufgrund von Bleiberechtsregelungen fast alle Angehörigen dieser Gruppe eine Aufenthaltsbefugnis oder sogar unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten haben. Anrede, Der Anteil der in Deutschland lebenden Ausländer beträgt neun Prozent, in Sachsen-Anhalt aber nur 1,4 Prozent. Bei diesem geringen Ausländeranteil wird klar, dass eine Furcht vor überfremdung irrelevant ist (rational gesehen jedenfalls). II. Migration: Die ökonomie Kommen wir nun von der Zahlenbetrachtung zu einer interessanten ökonomischen Bewertung: Was kosten uns die Ausländer bzw. was bringen sie uns? Trotz erheblich höherer Arbeitslosigkeit bei ausländischen Arbeitnehmern als im Gesamtdurchschnitt der Bevölkerung tragen Ausländer überproportional zu einer Entlastung der sozialen Sicherungssysteme bei, insbesondere aufgrund ihrer viel jüngeren Altersstruktur. Das Rheinisch- Westfälische Institut für Wirtschaftsförderung hat im Rahmen einer Studie im Auftrag des BMWI aus dem Jahre 1997 errechnet, dass die hier lebenden Ausländer die deutsche Bevölkerung pro Kopf und Jahr um 300 DM entlasten und rechnet längerfristig mit "Integrationsgewinnen" von sieben bis zwölf Milliarden DM jährlich, und zwar trotz der hohen Belastungen z. B. bei Arbeitslosen- und Sozialhilfe; insbesondere durch überproportionale Ein- und unterproportionale Auszahlungen in den Sozialversicherungssystemen, insbesondere der Rentenversicherung. Die Zuwanderer sind also ¿ zumindest ökonomisch gesehen ¿ erst einmal ein Gewinn für unser Volk. III. Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit Sprechen wir über Migration, über Zuwanderung, kommen wir nicht umhin, auch über Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus zu sprechen. Diskriminierungen oder fremdenfeindlich motivierte übergriffe gehören für viele ausländische Mitbürger leider vielfach zum Alltag. Insbesondere in den östlichen Bundesländern hat sich dieses Problem in vielen sozialen Brennpunkten verselbständigt. Es liegt in unser aller Verantwortung, rechtsradikalem Gedankengut entschieden entgegenzutreten. Wie ich bereits erwähnte, ist Deutschland längst ein Einwanderungsland geworden - jedenfalls im gesellschaftlichen und kulturellen Sinne . Diese Tatsache wurde leider lange Zeit von seiten der offiziellen Politik verkannt oder negiert. Insoweit hat Fremdenfeindlichkeit in Deutschland immer wieder Nahrung erhalten durch fehlendes Verständnis sowie die nicht ausreichende Gestaltung der Einwanderung im Sinne einer modernen Integration. Aktionen wie die CDU-Unterschriftensammlung gegen das neue Staatsbürgerschaftsrecht im Jahr 1998 , aber auch Slogans wie "Kinder statt Inder" oder "Das Boot ist voll" fördern fremdenfeindliche Stimmungen in der Bevölkerung. Wir benötigen eine Politik, die sich dem gesellschaftlichen Spannungsfeld stellt. ängste und Ressentiments dürfen nicht verschwiegen und unter den Teppich gekehrt, aber auch nicht länger Spielball parteipolitischer Interessen sein. Zuwanderung und Integration in Deutschland bedarf der konstruktiven und qualifizierten Auseinandersetzung . Einen wesentlichen Meilenstein auf diesem Wege bildet die bereits eingangs erwähnte Einwanderungs-Kommission. Die Einwanderungs-Kommission hat die Aufgabe, innerhalb eines Jahres konkrete Vorschläge für eine gesetzliche Regelung vorzulegen. Damit besteht erstmals die Gelegenheit zu einem breiten politischen Konsens in der wichtigen Frage, wie Deutschland künftig mit der Zuwanderung und den Zuwanderern umgehen will. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise die Bleiberechtsregelungen für die ehemaligen DDR-Vertragsarbeitnehmer sowie die Altfallregelung für Asylbewerber mit langjährigem Aufenthalt zu nennen. Mit dem Aufenthaltsrecht wird die für die Lebensplanung im Bundesgebiet notwendige Rechtssicherheit geschaffen. Darauf fußend kann auch die erforderliche Integrationsbereitschaft gefördert werden. IV. Die Politik der Integration: keine Einbahnstraße Die Integration von Ausländern in die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebensverhältnisse in Sachsen-Anhalt ist ein vorrangiges politisches Ziel der Landesregierung. Allerdings ist Integration keine Einbahnstraße. Sie setzt vielmehr auf beiden Seiten Integrationsfähigkeit und Integrationsbereitschaft voraus. Dabei sollte der Wille zur Bewahrung der kulturellen Identität aber nicht als Vorwand für eine selbst isolierende, negative Abwehrhaltung gegen deutsche kulturelle Einflüsse herhalten. Um zwei Sätze des Bundespräsidenten Rau aus seiner Berliner Rede vom Mai 2000 aufzugreifen: " Wer zu uns nach Deutschland kommt, der muss die demokratisch festgelegten Regeln akzeptieren." " Jeder Mensch, der das Recht hat, sich dauerhaft in Deutschland aufzuhalten, sollte verpflichtet sein, sich mit unserer Gesellschaft vertraut zu machen: mit unseren Wertvorstellungen, unseren Traditionen und ganz besonders mit unserer Sprache." Im Gegenzug muss ihnen aber die Gesellschaft die dauerhafte Eingliederung anbieten. Denn nur so werden Konflikte abgebaut und aus Ausländern irgendwann Inländer. Anrede, von entscheidender Bedeutung für die Integration ist der Zugang zu stabilen Beschäftigungsverhältnissen. In einer Gesellschaft, die Einkommen im Wesentlichen über Erwerbsarbeit verteilt, ist beruflicher Erfolg die Bedingung einer eigenständigen und selbstverantwortlichen Lebensführung. Neben 240.000 ausländischen Selbständigen gehen (nur) gut 2 Mio. ausländische Beschäftigte einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Unter Ausländern ist die Arbeitslosenquote rd. doppelt so hoch wie im Schnitt der Bevölkerung. Was ist der Grund für diese relativ schlechte Position? Ein maßgeblicher Schlüssel zur Eingliederung, zur Integration von Ausländern und Spätaussiedlern ist die deutsche Sprache. Ohne ausreichende Deutschkenntnisse bestehen kaum Möglichkeiten, auf dem Arbeits- und Lehrstellenmarkt Fuß zu fassen. Insbesondere junge Ausländer und Spätaussiedler müssen häufig Sprachprobleme überwinden und sind in überproportional hohem Maße von Arbeitslosigkeit betroffen. Ziel des Garantiefonds ist die gesellschaftliche Eingliederung junger Spätaussiedler und junger ausländischer Flüchtlinge. Der Mittelansatz des Bundes beträgt 202 Millionen Mark. In Sachsen-Anhalt wurden 1999 aus Mitteln des Garantiefonds 1792 Personen mit rund 3,4 Millionen Mark gefördert. Da die Sprache ein Schlüssel zur Integration ist, erarbeitet die Bundesregierung zurzeit ein Gesamtkonzept zur Sprachförderung. Diesem Konzept liegt die Gleichbehandlung aller Zuwanderergruppen mit einer dauerhaften Aufenthaltsperspektive zugrunde. So ist beabsichtigt, den Kreis der Berechtigten auf Personen auszudehnen , die ein dauerhaftes Bleiberecht besitzen bzw. deren Aufenthalt auf Dauer ausgerichtet ist. Modernes Staatsangehörigkeitsrecht Im übrigen ist auch ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Integration. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahre 1999 ist dieser Schritt in einer 1. Stufe erfolgt. Der Kreis derjenigen, die Anspruch auf Einbürgerung haben, wurde wesentlich erweitert; das Gesetz ist zum 1. Januar 2000 in Kraft getreten. Hier geborene Kinder ausländischer Eltern sind unter bestimmten Voraussetzungen bereits mit der Geburt Deutsche. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für Integration, denn dann fallen wenigstens die rechtlichen Probleme fort. Die grundlegende Novellierung des gesamten Staatsangehörigkeitsrechts bleibt allerdings einer zweiten Stufe vorbehalten. Mit der 1. Stufe wird am Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit allerdings weiterhin festgehalten, es erfolgt aber eine erhebliche Erweiterung der bisherigen Ausnahmetatbestände. Während die Regelungen über die Ermessenseinbürgerung im Wesentlichen unverändert geblieben sind, wurden insbesondere die Voraussetzungen für die Anspruchseinbürgerung verbessert. Das neue Staatsangehörigkeitsrecht lässt erwarten, dass die Einbürgerungszahlen im Bereich der Anspruchs- und Ermessenseinbürgerungen ansteigen werden. Zurzeit sind jedoch nur Prognosen möglich. Verlässliche Zahlen werden erst nach Abschluss dieses Jahres und nach Auswertung der Bundesstatistik vorliegen. In Sachsen-Anhalt wurden von 1991 bis 1999 insgesamt 25.079 Einbürgerungen vollzogen. Der Anteil der Ermessenseinbürgerungen in diesen neun Jahren liegt bei 1.527 Personen oder 6,1%, Tendenz leicht steigend. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in der Zahl der Anspruchseinbürgerungen von 23.552 Personen (oder 93,9%) überwiegend die Einbürgerung von Spätaussiedlern enthalten ist. So wurden z. B. 1999 nur 46 Anspruchseinbürgerungen nach dem Ausländergesetz vollzogen. Die Anspruchseinbürgerung für Spätaussiedler ist (erst) mit der Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts ab 1. August 1999 weggefallen. Seit diesem Zeitpunkt erhalten Spätaussiedler mit der Aufnahme im Bundesgebiet und Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Kommunale Netzwerke / Sozialberatung Um die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Eingliederung von Zuwanderern noch effektiver zu gestalten, ist eine stärkere Verknüpfung der Arbeit aller an der Integration Beteiligten erforderlich. Daher sind zukünftig "Kommunale Netzwerke" von besonderer Bedeutung, in denen z. B. Vertreter von Betroffenen, Betreuungsorganisationen, Kirchen, Gewerkschaften, Unternehmensorganisationen, Arbeitsämtern, Bildungseinrichtungen, Stadtverwaltungen und Sportvereinen zusammenwirken. Dies muss kein personen- und kostenintensiver Apparat sein, sondern ist als "Runder Tisch" gedacht, der ortsnah und zielgenau Anträge für Integrationsprojekte vorbereitet. Auch in Sachsen-Anhalt sind mit Unterstützung des Bundes bereits erste Modellprojekte angelaufen. Ich denke hierbei z. B. an das Netzwerk "Integration von Spätaussiedlern und Ausländern" der Stadt Stendal, an das Projekt "Menschenkräfte" des Landesverbandes Sachsen-Anhalt des Deutschen Roten Kreuzes und an das Netzwerk "Sozialpädagogische Betreuung, Firmenpraktika" der Euro-Schulen Bitterfeld/Wolfen. Die Leitung dieser Netzwerke sollte möglichst bei den Kommunen liegen, da sie auch die Gesamtverantwortung für die Integration vor Ort haben. Als Schwerpunkt des Wirkens ist hier die Sozialberatung zu nennen, die insbesondere zur Lösung von Problemen im Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung beiträgt. Diese reichen von Arbeit und sozialer Versorgung über individuelle Lebensprobleme, Erziehung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen bis zu Familien- und Generationskonflikten sowie Altwerden in der Fremde. Unterstützt wird die Sozialberatung gemeinsam durch die Bundesregierung und die Länder im Rahmen ihrer Integrationspolitik. Abschluss: Eingliederung statt Ausgrenzung Abschließend ist unabhängig von allen weiterhin notwendigen Integrationsbemühungen festzustellen, dass Ausländer und Spätaussiedler inzwischen zu einem integralen Bestandteil der deutschen Gesellschaft geworden sind. Der ökonomische Wiederaufstieg nach dem Zweiten Weltkrieg ist auch ihr Verdienst. Dass es dabei große Schwierigkeiten und Anpassungsprobleme gegeben hat und weiter gibt, ist allgemein bekannt. Auch die Aufnahme und Integration der Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg war von erheblichen wirtschaftlichen und kulturellen Spannungen geprägt, die sich erst langsam abbauten. Obwohl Migration nie konfliktarm verläuft, sprechen die Erfolge gelungener Integration für sich. Sie bleibt weiterhin eine große gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit. Gerade in den neuen Bundesländern, in denen große Teile der Bevölkerung sich an die Fakten der Zuwanderung, an das menschliche Miteinander mit den zunächst "Fremden" sowie an die Einsicht der wirtschaftlichen Vorteile erst noch gewöhnen, sich annähern müssen, wollen wir uns dieser Herausforderung stellen. Impressum: Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Halberstädter Straße 1-2 39112 Magdeburg Tel: (0391) 567-5516 Fax: (0391) 567-5519 Mail: pressestelle@min.mi.lsa-net.de

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