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Magdeburg, den 10.04.2008

Staatssekretär Rüdiger Erben spricht an der Mahn- und Gedenkstätte Isenschnibbe

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 080/08 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 080/08 Magdeburg, den 11. April 2008 Sperrfrist: Sonntag, 13. April 2007, 16:00 Uhr Staatssekretär Rüdiger Erben spricht an der Mahn- und Gedenkstätte Isenschnibbe Anlässlich einer Gedenkveranstaltung am Nachmittag des 13. April 2008 sprach der Staatssekretär im Innenministerium, Rüdiger Erben (SPD), in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt an einem Ort, der im Zusam­menhang mit den Menschenrechtsverletzungen der Nationalsozia­listen eine besondere Bedeutung erlangt hat - an der Feldscheune des Gutes Isenschnibbe bei Gardelegen. Erben: ¿Gerade die Auseinandersetzung mit den Tätern ¿ ihren Motiven, ihren Handlungsspielräumen, ihren Taten - ist heute, angesichts spürbarer rechtsradikaler Aktivitäten auch in unserem Bundesland notwendig. Hierzu gehört die notwendige Auseinander­setzung mit rechtsradikalem Gedankengut, die Auseinandersetzung mit Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit. Es gehört zu unserer Verantwortung, der wir uns an diesem 13. April bewusst machen, wohin Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus führen können." Auszüge aus seiner Rede: Kurz vor Ende des 2. Weltkrieges im April 1945 wurden Häftlinge des Konzentrationslagers ¿Dora¿ bei Nordhausen, die zur Zwangsarbeit bei der unterirdischen V-Waffenproduktion eingesetzt waren, von dort und anderen Außenlagern abtransportiert. Sie sollten als ¿Geheimnis­träger¿ nicht in die Hände der Alliierten fallen. Fünf dieser Transporte endeten nach der Zerstörung der Bahnlinien im Kreis Gardelegen in Bergfriede, Mieste und Letzlingen. Von diesen Orten begann der Todesmarsch der Häftlinge am 9. und 11. April 1945 nach Gardelegen. Nach ihrem Halt in Mieste und Letzlingen wurden die Gefangenen zu Fußmärschen gezwungen. Wer entkräftet zu Boden sank oder zu fliehen versuchte, wurde sofort erschossen oder erschlagen. Am 12. April 1945 bekamen die zunächst scheinbar ziellosen Todesmärsche eine Richtung: Gardelegen. Hier wurden über 1.000 Häftlinge in den Pferdeställen der Remonteschule gesammelt. Auf Befehl des Reichsführers der SS wurden die Häftlinge dann am 13. April 1945 in die abseits gelegene Feldscheune des Gutes Isenschnibbe geführt und diese in Brand gesetzt. 1.016 Menschen verbrannten bei lebendigem Leibe. Aus der Scheune Fliehende wurden erschlagen oder erschossen. Im Verlaufe mehrerer Stunden sollten auf diese Weise alle Gefangenen getötet werden. Als besonders perfide ist festzustellen, dass Teile der Wachmannschaften einzelne Häftlinge erpressten und dazu brachten, auf ihre Mithäftlinge zu schießen, um nicht selbst erschossen zu werden. Nur ganz wenige Menschen haben dieses furchtbare Verbrechen überlebt. Am 14. April 1945 wurden die verkohlten Leichen in Massengräber verscharrt. Am 14. April kapitulierte der deutsche Kampfkommandant namens der Garnison und der Stadt Gardelegen. Im Verlaufe des 15. April wurde die noch brennende Feldscheune von amerikanischen Spähtrupps entdeckt. Auf Befehl des amerikanischen Stadtkommandanten mussten ab dem 21. April 1945 Einwohner von Gardelegen die Toten aus den Massen­gräbern exhumieren und sie auf einem nach Art amerikanischer Soldatenfriedhöfe angelegten Sonderfriedhof in Einzelgräbern bestatten. Die Menschen in und um Gardelegen bekennen sich zu ihrer Vergangenheit. Es kann und muss konstatiert werden, dass die Bürgerinnen und Bürger von Gardelegen in ihrer übergroßen Zahl unbeteiligt waren am direkten Verbrechen in der Isenschnibber Feld­scheune. Doch es muss auch erwähnt werden, dass in Gardelegen vielfaches Unrecht begangen wurde ¿ begonnen mit der Ausgrenzung von Andersdenkenden, von religiös, politisch, sozial oder rassistisch vom NS-Regime zu Gegnern gemachten bis hin zu deren Verhöhnung, Verfolgung oder gar Ermordung. Der Verpflichtung zur Pflege der Grabanlage und zur Erhaltung dieses historischen Ortes ist die Stadt in den vergangenen Jahren mit großem Verantwortungsbewusstsein gerecht ge­worden. Das Land hat seine langjährige Unterstützung in dem Bewusstsein geleistet, dass Demokratie ein kostbares Gut ist und das Gedenken an die Opfer des Massakers von Gardelegen eine Grundlage für die weitere Gestaltung unseres Gemeinwesens darstellt. Die Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, dessen Stiftungsratsvorsitzender ich bin, ist bereit, die Stadt  auch in Zukunft bei der Gestaltung der Gedenkstätte und Erforschung des Geschehenen zu unterstützen. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass auf Landesebene eine vielfältige Gedenkstätten­landschaft existieren sollte. Die gewünschte Pluralität der Arbeit in den Gedenkstätten wird insbesondere dadurch erreicht, dass möglichst vor Ort über die Ausgestaltung der Gedenk- und Erinnerungsarbeit entschieden wird. Auf diese Weise kann das bürgerschaftliche Engagement in diesem Bereich gestärkt und viele Bürger motiviert werden, sich an dieser Arbeit zu beteiligen. Das schließt die Förderung derartiger regional verankerter Gedenk­stätten bzw. Gedenk- und Erinnerungsinitiativen durch das Land nicht aus, ja bedingt diese sogar. In unseren Bemühungen zur Aufklärung über die NS-Verbrechen darf nicht nachgelassen werden, um eine Wiederholung solcher Gräueltaten wie in Gardelegen nicht erneut erleben zu müssen. Der Kampf gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit muss bereits in der Schule beginnen und auf alle Bereiche unserer Gesellschaft ausstrahlen. Wissen ist die Grundlage für die Immunisierung unserer Bevölkerung vor braunem Gedankengut. Dieses Wissen ist in Gardelegen an diesen Ort hier gebunden. Es bedarf zunächst der Erhaltung dieses authentischen Ortes; er ist Zeugnis des Verbrechens vom 13. April 1945. Impressum: Verantwortlich: Martin Krems Pressestelle Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni 39112  Magdeburg Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517 Fax: (0391) 567-5520 Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de

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