Halbzeitbewertung der Agrarpolitik - Vorschläge des Landes Sachsen-Anhalt
Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt - Pressemitteilung Nr.: 010/03 Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Pressemitteilung Nr.: 010/03 Magdeburg, den 10. Januar 2003 Halbzeitbewertung der Agrarpolitik - Vorschläge des Landes Sachsen-Anhalt In Fortführung der anlässlich ihres Besuches in Straßburg begonnenen Diskussion um die Weiterentwicklung der Agrarpolitik hat sich Ministerin Wernicke erneut mit einem Brief an Agrarkommissar Fischler gewandt. Bezüglich der aus der Presse zu entnehmenden jüngsten überlegungen der europäischen Kommission, begrüßt sie die Abkehr von der betrieblichen Obergrenzenregelung und die Möglichkeit einer rotierenden Flächenstilllegung durch Festlegungen der Mitgliedstaaten. "Sofern die noch im Januar erwarteten Legislativvorschläge bei der Entkopplung der Direktzahlungen zur Verbesserung der WTO-Konformität und der gesellschaftlichen Akzeptanz von Direktzahlungen beitragen, den bürokratischen Aufwand reduzieren, die Benachteiligungen einzelner Flächennutzungen und von Regionen beseitigen, nicht zu neuen Wettbewerbsverzerrungen führen und sich die Cross Compliance auf wenige klar definierte, leicht kontrollierbare und EU- weit geltende Kriterien beschränkt, werden wir diese Vorschläge unterstützen", so Ministerin Wernicke. Kritisch steht sie weiterhin den Vorschlägen zur Betriebsprämie und der Modulation gegenüber. Das liegt in erster Linie an den zu erwartenden verwaltungstechnischen Umsetzungsproblemen der Fischler-Vorschläge. "Angesichts der schon jetzt gegebenen Kompliziertheit der EU-Agrarpolitik sollten wir bei allen Reformentscheidungen dem Ziel "Vereinfachung der Verwaltung" oberste Priorität geben," betont Frau Wernicke in dem Schreiben. Die von Fischler beabsichtigte Stärkung der Umweltwirkung der Landwirtschaft, der strukturellen Arbeitsplatzunterstützung und dem Ausgleich struktureller Nachteile in von der Natur benachteiligten Gebieten sollen unterstützt werden. Allerdings wird dies im Vorschlag Sachsen-Anhalts innerhalb der ersten Säule der gemeinsamen Agrarpolitik durch Aufteilung des bisher zur Verfügung stehenden regionalen Finanzplanfonds vorgesehen. Das Konzept zu den agrarpolitischen überlegungen aus Sachsen-Anhalt wurde Kommissar Fischler mitgeschickt. (siehe beiliegende Anlage) Ministerin Wernicke geht davon aus, dass ein solches Modell die mit der Modulation verfolgte fachliche Zielsetzung besser und mit geringerem Verwaltungsaufwand erreichen kann. Zur Fortsetzung der agrarpolitischen Diskussion hat sie den Agrarkommissar nach Sachsen-Anhalt eingeladen. Anlage zum Schreiben an Herrn Kommissar Dr. Franz Fischler vom 09.01.2003 Konzept Sachsen-Anhalts zur zukünftigen Ausgestaltung der Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik 5-Punkte-Programm Langfristige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe und damit des ländlichen Raumes durch ein weiter zu entwickelndes Prämiensystem ab 2007 unter Beibehaltung der Direktzahlungen Honorierung arbeitsintensiver und umweltorientierter Bereiche in einem mehrstufigen System mit Grund- und Ergänzungsprämien statt Einführung der Modulation Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung für die Landwirte und die Verwaltungen Keine einseitige Belastung von bestimmten Regionen oder Betriebsstrukturen durch Obergrenzen, wenn Obergrenzen, dann arbeitsbedarfsorientiert Anpassung der Getreidemarktordnung z.B. durch Sicherung des Anbaus nachwachsender Rohstoffe auf Stilllegungsflächen und schrittweise Senkung des Interventionspreises bei Roggen nur bei gezielten Kompensationsmaßnahmen Zu 1. Langfristige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe und damit des ländlichen Raumes durch ein weiter zu entwickelndes Prämiensystem ab 2007 unter Beibehaltung der Direktzahlungen Zu 2. Honorierung arbeitsintensiver und umweltorientierter Bereiche in einem mehrstufigen System mit Grund- und Ergänzungsprämien statt Einführung der Modulation Voraussetzungen Der Vorschlag Sachsen-Anhalts geht von der Beibehaltung des Systems der Direktzahlungen bis 2006 aus. Die Weiterentwicklung bezieht sich auf den Zeitraum ab 2007. Damit wird Planungssicherheit für die Landwirtschaft gewährleistet. Es wird vorausgesetzt, dass den Mitgliedstaaten/Regionen, in Deutschland den Ländern, die ihnen aufgrund der historischen Direktzahlungen unter Berücksichtigung der vollständigen Umsetzung der Agenda 2000-Reform zustehenden Mittel als Plafonds zugewiesen werden. Durch die Plafondierung ist der Haushaltsansatz einhaltbar. Die bestehenden Marktordnungen werden hinsichtlich des Außenschutzes zurückgeführt. Die freiwerdenden Prämienmittel (z.B. die Milchkuhprämie) werden dem Plafonds zugefügt. Gestaltung der Direktzahlungen Die Prämienzahlungen als Direktzahlung unterteilen sich in eine Grundprämie und in Ergänzungsprämien in der 1. Säule der GAP. Daneben werden besondere Leistungen, wie z. B. Agrarumweltmaßnahmen, Teilnahme an Qualitätsprogrammen, Farmaudit usw. in der 2. Säule unterstützt. In die Direktzahlungen der 1. Säule der GAP werden nur einige spezifische Standards einbezogen. Um den Landwirten Anreize für weitergehende umweltorientierte Maßnahmen zu bieten, ist die Förderung von Agrarumweltmaßnahmen über die 2. Säule zwingend beizubehalten. Grundprämie Aus dem Plafonds wird eine einheitliche Grundprämie je Hektar für die jeweils in einem Jahr beantragte gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche gewährt. Diese Grundprämie kann von Jahr zu Jahr aufgrund der beantragten Fläche variieren. Die Zahlung ist an die Einhaltung verpflichtender Standards gebunden. Definition "Landwirtschaftlich genutzte Fläche": Die landwirtschaftlich genutzte Fläche umfasst alle Flächen eines zu spezifizierenden Kataloges, auf denen durch landwirtschaftliche oder gärtnerische Tätigkeit Gemeinwohlleistungen erbracht werden. In dem Katalog sind berechtigte Nutzungen aufgelistet: z.B. Getreide, Rüben, Kartoffeln, Leguminosen, Dauergrünland, Obstanlagen, Sonderkulturen usw.. Begründung: Die Gewährung der Grundprämie sichert die Einkommen und damit die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe, ist green box fähig, gleicht die derzeitigen strukturbedingten Unterschiede zwischen Ackerbau und Futterbau aus, erfolgt für die von den Landwirten erbrachte Gemeinwohlleistung zum Erhalt und der Gestaltung der Kulturlandschaft und des ländlichen Raumes. Ergänzungsprämie Aus dem Plafonds werden ebenfalls Ergänzungsprämien gewährt. Diese Ergänzungsprämien können für den Ausgleich struktureller Nachteile und für besondere Leistungen der Landwirte für die Erhaltung und Sicherung der vielfältigen Kulturlandschaft und des ländlichen Raumes gezahlt werden. 1. Nachweis der Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit Durch Umweltbewertungssysteme nach KOM-Dokument VI/12004/00 endg. "Gemeinsame Bewertungsfragen mit Kriterien und Indikatoren", in Sachsen-Anhalt das Modell REPRO, können anhand von Agrarumweltindikatoren Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit nachgewiesen werden. In Abhängigkeit der ermittelten Werte ist eine Ergänzungsprämie zu zahlen. Begründung Die Verbesserung der Standards in den Bereichen Umwelt, sichere und gesunde Lebensmittelerzeugung, Tierschutz und Betriebssicherheit in der landwirtschaftlichen Produktion ist erklärtes Ziel der GAP. Sie unterstützt die Akzeptanz der Direktzahlungen an die Landwirtschaft. Mit den o.g. Umweltbewertungssystemen können die Umweltleistungen und damit die Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe anhand von festgelegten, EU-definierten Agrarumweltindikatoren dargestellt und bewertet werden. Betriebe mit besonders optimierten Werten können durch die Gewährung einer Ergänzungsprämie für ihre Leistungen honoriert werden. Anderen Betrieben kann die Aussicht auf Gewährung einer Ergänzungsprämie als Anreiz zur Optimierung ihrer Werte dienen. 2. Arbeitsintensität: Betriebe mit arbeitsintensiveren Produktionsverfahren, wie z.B. in Sachsen-Anhalt die Grünlandverwertung durch die Rinder- und Schafhaltung, werden mit einer Ergänzungsprämie gesondert honoriert. Begründung: Arbeitsintensivere Produktionsverfahren sichern Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Das wirkt einer Entvölkerung entgegen. Vielfältige Produktionsverfahren verbessern das Landschaftsbild der Kulturlandschaft. Die anerkannte Leistung "Erhaltung der vielfältigen Kulturlandschaft" wird hiermit unterstützt. Außerdem dient die landwirtschaftliche Tierhaltung der Sicherung von Stoffkreisläufen in der Landwirtschaft. 3. Gebiete mit spezifischen Bewirtschaftungseinschränkungen: Für Betriebe mit Flächennutzungen in Gebieten mit spezifischen Bewirtschaftungseinschränkungen (z. B. benachteiligte Gebiete, Niedermoor, Bergregionen etc.) wird eine Ergänzungsprämie gezahlt. Die bisherige Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete aus der 2. Säule ist hierin enthalten und entfällt somit in der 2. Säule. Der Ausgleich für benachteiligte Gebiete und Gebiete mit umweltspezifischen Einschränkungen aufgrund gemeinschaftlicher Umweltschutzvorschriften ist nicht enthalten und verbleibt in der 2. Säule. Begründung Die Landwirtschaft mit ihrer multifunktionalen Rolle trägt zur Erhaltung und Gestaltung der Kulturlandschaft bei. In o. g. Gebieten besteht die Gefahr, dass die landwirtschaftliche Produktion in Folge niedrigerer Erträge und sinkender Erlöse eingestellt wird. Dadurch drohen eine Verödung von Flächen, Arbeitsplatzabbau und Entvölkerung des ländlichen Raumes. Um das zu vermeiden, wird bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Ergänzungsprämie gewährt. Außerdem kann die Gewährung der Ergänzungsprämie in Gebieten mit ungünstigen Produktionsbedingungen zur Sicherung der Produktionsvielfalt (z. B. Roggen, Eiweißpflanzen, nachwachsende Rohstoffe) beitragen. Alle drei Ergänzungsprämien können gekoppelt werden. Ausgestaltung der Direktzahlungen Die prozentuale Verteilung des Plafonds liegt im Sinne des Subsidiaritätsprinzips im Ermessen der Mitgliedstaaten/Regionen , in Deutschland z. B. im Ermessen der Länder . Diese können anhand besonderer regionaler Bedingungen und Erfordernisse der Existenzsicherung landwirtschaftlicher Betriebe und des ländlichen Raumes die Grund- und Ergänzungsprämien gestalten. Beispielsweise könnten 80 % des Plafonds für die Grundprämie, 5 % für Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit, 5 % für Gebiete mit spezifischen Bewirtschaftungseinschränkungen und 10 % für arbeitsintensivere Produktionsverfahren veranschlagt werden. Zu 3. Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung für die Landwirte und die Verwaltungen Eine flächenbezogene Grundprämie mit Ergänzungsprämien wird aus Verwaltungs- und Kontrollgründen akzeptiert. Eine Betriebsprämie mit historisch gewachsenen, weiterleitbaren Prämienansprüchen wird abgelehnt. Begründung Eine flächenbezogene Grundprämie wird so verstanden, dass alle förderfähigen Flächen einer Bezugseinheit (Land, spezielle Region oder Gemarkung) den gleichen Fördersatz bekommen und die Ergänzungsprämien aufgesattelt werden. Dies ist bei Vorhandensein der Gebietskulissen handhabbar und entspricht vom Verfahren her der derzeitigen Flächenzahlung (ha x Betrag je ha), nur das die Zahlungen je ha dann auf Nutzungen aus einem Katalog beschränkt sind. Eine betriebsbezogene, historisch gewachsene Prämie auf die Fläche umzulegen würde bedeuten, dass man zu einem Stichtag ein sogenanntes Beihilfekataster aufbauen muss, welche flurstücksbezogen die einmal zugeteilte Prämienhöhe widerspiegelt. Bei Rotation der Flächen zwischen den Landwirten ist das Nachvollziehen der änderungen und der Berechnungsalgorithmen wesentlich schwieriger. Aus der Belegenheit der Fläche lassen sich überhaupt keine Rückschlüsse mehr auf die Förderhöhe ziehen, man muss jedes Flurstück aufwendig mit dem Beihilfekataster abgleichen. Dies ist verfahrenseitig nicht umzusetzen. Das Prinzip, ein Finanztableau auf geprüfte und anerkannte Antragsteller aufzuteilen, ist durch das Verfahren bei der Rinderzusatzprämie bekannt und hat sich als umsetzbar erwiesen. Zu 4. Keine einseitige Belastung von bestimmten Regionen oder Betriebsstrukturen durch Obergrenzen, wenn Obergrenzen, dann arbeitsbedarfsorientiert Nach den aktuell angepassten Vorschlägen ist Obergrenzenregelung von maximal 300.000 ¿ pro Betrieb nicht mehr vorgesehen. Die nunmehr angedachte Staffelung bei der Modulation führt aber ebenfalls zu stärkerer Belastung bestimmter Regionen und/oder Betriebsstrukturen. Das Modell Sachsen-Anhalts führt zu keiner einseitigen Belastung von bestimmten Regionen oder Betriebsstrukturen. Zu 5. Anpassung der Getreidemarktordnung z.B. durch Sicherung des Anbaus nachwachsender Rohstoffe auf Stilllegungsflächen und schrittweise Senkung des Interventionspreises bei Roggen nur bei gezielten Kompensationsmaßnahmen Sicherung des Anbaus nachwachsender Rohstoffe auf Stilllegungsflächen Die bisherige Regelung einer variablen Stilllegung bei gegebener Möglichkeit des vertraglichen Anbaues von nachwachsenden Rohstoffen und Energiepflanzen im Rahmen der Rotation muss aus ökologischen Gründen fortgesetzt werden. Der zur Non-Food-Verwendung auf "normale" Ackerflächen verlagerte Rapsanbau verlangt erheblich höhere Beihilfen für Energiepflanzen um gegenüber anderen Feldfrüchten konkurrenzfähig zu werden. Ein Rückgang des Anbaus von Non-Food-Raps würde nicht nur die in Sachsen-Anhalt entstandenen Industrieanlagen für die Herstellung von Biodiesel, sondern auch die bisher positive Entwicklung der Biodieselherstellung insgesamt gefährden. Der Rückzug der Landwirtschaft aus dem Bereich erneuerbarer Energien wäre dem Steuerzahler nicht zu vermitteln. Darüber hinaus würde damit den für den Bereich der nachwachsenden Rohstoffe wichtigen Nischenkulturen, insbesondere der inhaltsstofflichen Nutzung, die Grundlage für einen wirtschaftlichen Anbau und mögliche weitere Produkt-Entwicklungsprozesse entzogen. Die Rückführung würde bei den aufgebauten Industriezweigen zur Verarbeitung von nachwachsenden Rohstoffen aus Stilllegungsflächen neue Arbeitsplätze wieder vernichten. Anmerkung: Soweit die jetzt angepassten Vorschläge diese Intension ermöglichen, werden sie voll unterstützt. Roggenproblematik Es sind alle Möglichkeiten einer alternativen Produktion zu Roggen und einer alternativen Verwertung von Roggen zu prüfen, so die Verfütterung und die Verwertung als nachwachsender Rohstoff, u. a. ist die Bio-Kraftstoff-Produktion zu nennen. Hierzu sind verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Impressum: Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Pressestelle Olvenstedter Straße 4 39108 Magdeburg Tel: (0391) 567-1950 Fax: (0391) 567-1964 Mail: pressestelle@mlu.sachsen-anhalt.de
Impressum:Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energiedes Landes Sachsen-AnhaltPressestelleLeipziger Str. 5839112 MagdeburgTel: (0391) 567-1950Fax: (0391) 567-1964Mail: pr@mule.sachsen-anhalt.de