Sachsen-Anhalt reicht Normenkontrollverfahren ein Minister Rehberger: Gentechnikgesetz ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar
Ministerium für Wirtschaft und Arbeit - Pressemitteilung Nr.: 045/05 Ministerium für Wirtschaft und Arbeit - Pressemitteilung Nr.: 045/05 Magdeburg, den 12. April 2005 Sachsen-Anhalt reicht Normenkontrollverfahren ein Minister Rehberger: Gentechnikgesetz ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar Sachsen-Anhalts Landesregierung hat heute beschlossen, gegen das novellierte Gentechnikgesetz ein Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht einzuleiten. Darüber informierte Wirtschaftsminister Dr. Horst Rehberger nach der entsprechenden Kabinettssitzung auf einer Pressekonferenz in Berlin. Die Antragsschrift werde in diesen Tagen in Karlsruhe vorgelegt, so der Minister. ¿Das Gentechnikgesetz der Bundesregierung ist mit den Grundrechten der Berufsfreiheit, der Wissenschaftsfreiheit, dem Eigentumsschutz und dem Allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar¿, fasste Rehberger beim Vorstellen der Antragsschrift zusammen. Damit sei das Gesetz ein Gentechnikverhinderungsgesetz, das Landwirte diskriminiere, die zugelassenes, gentechnisch verändertes Saatgut anbauen wollten. Gleichermaßen würden Wissenschaftler in einer nicht zu tolerierenden Weise in ihrer Arbeit behindert. Die Chancen der grünen Gentechnik zu nutzen, sei mit dem Gesetz wirtschaftlich und wissenschaftlich nicht mehr möglich, kritisierte der Minister. Die rigide Gesetzgebung entbehre jeder Grundlage außer der einer grünen Ideologie und gehe weit über die Anforderungen der Europäischen Kommission hinaus. Die Biotechnologie wird von der Landesregierung Sachsen-Anhalts als eine der wichtigsten Wachstumsbranchen intensiv gefördert. Mit der 2003 gestarteten Biotechnologieoffensive soll Sachsen-Anhalt systematisch als führende Biotechnologieregion ausgebaut werden. In Sachsen-Anhalt sind im Bereich Biotechnologie insgesamt mehr als 30 Firmen und Forschungseinrichtungen mit rund 2.000 Mitarbeitern ansässig. Derzeit entsteht in Gatersleben, einem der deutschen Zentren der wissenschaftlichen Pflanzenzucht und grünen Gentechnik, ein Gewerbegebiet speziell für Firmen der Pflanzenbiotechnologie. Das Konzept für die 35-Millionen-Investition sieht eine auf die Bedürfnisse der Nutzer ausgerichtete Kombination von Rohbauten, Fertiglaborgebäuden, unbebauten Flächen, Gewächshäusern und Freilandflächen vor. Die ersten Bauten werden im Sommer diesen Jahres bezugsfertig sein. Von Sachsen-Anhalt aus war durch den InnoPlanta e.V. im vergangenen Jahr der bis dahin einmalige bundesweite Erprobungsanbau mit gentechnisch verändertem Mais koordiniert worden. Dieser hatte klar gezeigt, dass die Koexistenz der verschiedenen Anbauformen durch die Einhaltung einfacher Regeln einer Guten fachlichen Praxis machbar ist. Der Anbau war von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wissenschaftlich begleitet worden. Aus der Antragsschrift: Die im Gentechnik-Gesetz getroffenen Haftungsregelungen (§ 36 a GenTG) kommen einer verdeckten Gefährdungshaftung gleich. Dadurch wird der Landwirt, der gentechnisch verändertes Saatgut einsetzt, in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eingeschränkt.¿ Die Haftungsvorschrift hat eine vom Gesetzgeber bezweckte, verhaltenslenkende Funktion für berufsbezogene Tätigkeiten (hier in einem Haftungssonderrecht für den Anbau von GVO). Die Regelungen verstoßen gegen das Rechtsstaatsprinzip und gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Es gibt in Bezug auf die Schwellenwerte keine klare Rechtsordnung, das Haftungsrisiko wird einseitig auf den Verwender von GVO verlagert. Darüber hinaus verletzen die Haftungsbestimmungen auch den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG , weil die GVO-Verwender einseitig belastet werden. Mit Blick auf die Haftungsregelungen wird auch eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG in Bezug auf den Schutz und die freie Nutzung des Eigentums gesehen. ¿Es ist absurd, dass gentechnisch verändertes Saatgut, das über ein rigides Zulassungsverfahren zur Aussaat genehmigt ist, mit dem neuen Gentechnikgesetz wieder als Gefahrgut eingestuft wird¿, beklagte Wirtschaftsminister Dr. Horst Rehberger. Auch die vorgesehenen Regelungen über die Vorsorgepflicht verletzen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und sind von daher verfassungswidrig. Verwender von GVO werden durch das neue GenTG zur Einhaltung der guten fachlichen Praxis verpflichtet. Die gesetzlichen Anforderungen können durch Rechtsforderung der Bundesregierung näher bestimmt und nahezu beliebig verschärft werden. Ebenso verletzt die durch das neue Gentechnikgesetz eingeführte Legaldefinition des Inverkehrbringens die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG . Das Begriffsverständnis des Inverkehrbringens führt im Zusammenwirken mit den Haftungsbestimmungen dazu, dass jeder Freisetzungsversuch zu einem unkalkulierbaren wirtschaftlichen Risiko wird. Damit besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Forschung und Entwicklung im Bereich der grünen Gentechnik ¿ die auf Freisetzungsversuche angewiesen ist ¿ in Deutschland weitestgehend zum Erliegen kommt. Schließlich sind die Bestimmungen über das Standortregister verfassungswidrig. Das Standortregister verletzt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit 1 Abs. 1 GG) . Weiterhin werden der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz (Art. 14 Abs. 1 GG) und die Berufs- und Erwerbsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt. ¿Sollten diese Regelungen, wie angekündigt, im Sinne Sachsen-Anhalts überarbeitet werden, so würden in diesem Punkt die Forderungen des Landes auch ohne das Verfahren vor dem Verfassungsgericht vorzeitig erfüllt werden¿, so der Wirtschaftsminister. Impressum: Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Pressestelle Hasselbachstr. 4 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567 - 43 16 Fax: (0391) 567 - 44 43 Mail: pressestelle@mw.lsa-net.de
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