Redebeitrag von Innenminister Dr. Püchel zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Brandschutzgesetzes - TOP 9 der Landtagssitzung am 9. / 10. Nov. 2000
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 146/00 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 146/00 Magdeburg, den 9. November 2000 Redebeitrag von Innenminister Dr. Püchel zum Entwurf eines Gesetzes zur änderung des Brandschutzgesetzes - TOP 9 der Landtagssitzung am 9. / 10. Nov. 2000 Es gilt das gesprochene Wort! Das Brandschutzgesetz stellt die rechtliche Grundlage für die Arbeit der 1806 Freiwilligen Feuerwehren, 4 Berufsfeuerwehren und 13 Werkfeuerwehren in unserem Land dar. In seiner jetzigen Form ist es seit 1994 in Kraft und hat sich im Wesentlichen bewährt. Im Laufe der Jahre hat sich jedoch an einigen Stellen des Gesetzes aus verschiedenen Gründen Anlass zu einer überarbeitung ergeben. Diesem änderungsbedarf soll mit dem Entwurf zu einem änderungsgesetz, den ich Ihnen heute vorlege, Rechnung getragen werden. Diejenigen unter Ihnen, die in der vergangenen Legislaturperiode bereits dabei waren, werden sich an den 1997 in den Landtag eingebrachten änderungsentwurf zum Brandschutzgesetz erinnern. Nachdem deutlich geworden war, dass eine abschließende Beratung kaum mehr möglich sein würde, verständigte man sich im Innenausschuss darauf, die Beratungen in der jetzigen Legislatur wieder aufzunehmen. Der Gesetzentwurf, den ich Ihnen dazu heute als Beratungsgrundlage vorlege, ist um einige relevante Punkte erweitert und insgesamt nochmals deutlich überarbeitet worden. Eine eingehende Anhörung der kommunalen Spitzenverbände, des Landesfeuerwehrverbandes sowie des Werkfeuerwehrverbandes hat im Kabinettsverfahren stattgefunden. Ergebnisse dieser Anhörung haben einen entscheidenden Beitrag zur Schlussfassung des Entwurfs geliefert. Wegen der Einzelheiten kann ich Sie insoweit auf die Begründung und die Anlagen zur vorliegenden Drucksache verweisen. In der jetzt vorliegenden Fassung stellt der Gesetzentwurf somit eine umfassend abgestimmte Beratungsgrundlage zu einer zeitgemäßen überarbeitung des Brandschutzgesetzes dar. Ich möchte jetzt nur auf die wesentlichen Punkte kurz eingehen: In die Regelung zur Organisation der gemeindlichen Feuerwehren soll ein Zeitkriterium von 12 Minuten aufgenommen werden. Die Feuerwehren sollen also so aufgestellt, ausgerüstet und organisiert sein, dass sie den Einsatzort in der Regel 12 Minuten nach ihrer Alarmierung durch die Einsatzleitstelle erreichen. Diese Vorgabe gilt unter gewöhnlichen Bedingungen und für Orte ihres Zuständigkeitsbereiches, die über öffentliche Verkehrsflächen erreichbar sind, wie es im Entwurfstext weiter heißt. Der genannte Zeitraum vom 12 Minuten ergibt sich zum einen aus dem Rettungsdienstgesetz des Landes, das in dieser Hinsicht ganz entsprechend ausgestaltet ist. Die übernahme des Zeitkriteriums in das Brandschutzgesetz trägt daher nicht zuletzt der Tatsache Rechnung, dass der Rettung ¿ wenn sie etwa an schwere Verkehrsunfälle oder an Unfälle mit Gefahrstofftransporten denken ¿ häufig die Hilfeleistung der Feuerwehr vorausgehen muss. 12 Minuten zum anderen auch deshalb, weil die Zeit bis zum Beginn lebensrettender Maßnahmen häufig genug über Leben und Tod entscheidet. Nach den Erkenntnissen der Notfallrettung und des abwehrenden Brandschutzes wird z. B. nach 17 Minuten bei einer direkt dem Brandrauch ausgesetzten Person die überlebensgrenze erreicht. Ungeachtet dieses konkreten Zusammenhanges ist aber zu betonen, dass es sich bei dem Zeitkriterium um eine rein organisatorische Vorgabe handelt. Bereits daraus ergibt sich, dass der einzelne Bürger insofern gegenüber dem Träger der Feuerwehr keine Ansprüche herleiten kann. Um letzte Zweifel zum Ausschluss etwaiger Haftungsansprüche gegenüber den Kommunen zu beseitigen, ist eine dahingehende Klarstellung im Gesetzestext selbst aufgenommen worden. Wir sind hier dem Vorschlag des Städte- und Gemeindebundes gefolgt und haben den Passus aus dem Landesgesetz Baden-Württembergs übernommen. Anrede, die Einsatzzeiten der Feuerwehren werden bereits jetzt schon durch die Leitstellen dokumentiert. Wir wissen daher, dass die Eingreifzeit von 12 Minuten unter den genannten gewöhnlichen Voraussetzungen von nahezu allen Feuerwehren im Land bereits gewährleistet wird. In vielen Fällen ¿ denken Sie nur an die Großstädte ¿ wird sie deutlich unterschritten. Sehr geehrter Herr Becker, mit Blick auf Ihre kritische Anmerkung in diesem Zusammenhang, mir kam sie eher wie ein Pawlowscher Reflex vor, ist hervorzuheben, dass dieser flächendeckende Leistungsstand der Feuerwehren nicht zuletzt der kontinuierlich hohen Feuerwehrförderung durch das Land zu danken ist. Und wenn Sie in diesem Zusammenhang kritisieren, dass im aktuellen Haushaltsentwurf eine Kürzung um 1 Million vorgesehen sei, dann ist das im Ergebnis schlicht unzutreffend. Wenn Sie die Mittel aus der Feuerschutzsteuer hinzunehmen, die den Kommunen ebenfalls für den Brandschutz zweckgebunden zu 70 Prozent zugehen, ergibt sich unter dem Strich keine Verschlechterung. Denn der Haushaltstitel für die Feuerschutzsteuer weist einen Aufwuchs von 1,4 Millionen gegenüber dem Vorjahr auf. Wie bei Gesetzen gilt eben auch beim Haushaltsplan, lieber Herr Kollege Becker, dass man zum besseren Gesamtverständnis die Bestimmung stets zu Ende lesen sollte. Außerdem stelle ich Ihnen gern meine Telefonnummer für kritische Nachfragen zur Verfügung. Anrede, mit der Einführung des Zeitkriteriums ist auch nicht etwa die Aufstellung neuer Feuerwehren beabsichtigt. Es geht neben der genannten Angleichung an das Rettungsdienstgesetz vielmehr darum, den Feuerwehren und vor allem ihren Trägern eine gesetzliche Planungsvorgabe an die Hand zu geben. In Verbindung mit einer örtlichen Risikoanalyse kann so eine gemeindespezifische Bedarfsermittlung für die Feuerwehren an die Stelle starrer Vorgaben in Gesetz und Mindestausrüstungsvorordnung treten. Den Gemeinden werden dadurch im verstärktem Maß eigenständige Entscheidungen zur Aufstellung und Ausstattung ihrer Feuerwehren ermöglicht. Eine Flexibilität, die gerade bei gemeindlichen Zusammenschlüssen, - egal in welcher Form diese erfolgen, - gefragt sein wird. Dabei wird weniger der Bestand einzelner Feuerwehren, sondern eine sachgerechte und risikoorientierte Dislozierung und Spezialisierung von Feuerwehren im Mittelpunkt stehen. Ich denke, dass sich dies anhand konkreter Beispiele in den Ausschussberatungen sehr gut darstellen lassen wird. Selbstverständlich, meine Damen und Herren, kenne ich gerade in diesem Zusammenhang nur zu gut die Sorgen kleinerer Feuerwehren, allzu unbedacht kühlen Rationalisierungserwägungen zum Opfer zu fallen. Und ich betone ebenso oft, dass gerade die Freiwilligen Feuerwehren wie die Kirche im Dorf bleiben sollen. Denn ich weiß nur zu genau, dass es hier um mehr geht als nur um unser bewährtes flächendeckende System der Brandbekämpfung und Hilfeleistung. Vor allem aus Rücksicht auf derartige Existenzsorgen kleinerer Feuerwehren habe ich deshalb einen Zustimmungsvorbehalt im Gesetzentwurf aufnehmen lassen. Die Entscheidung über die Auflösung einer Feuerwehr bleibt danach dem Innenministerium vorbehalten. Damit wird sichergestellt, dass einem flächendeckenderen Brandschutz, ständiger Einsatzbereitschaft, gemeindespezifischer Gefährdungsbewertung, aber auch höherer Einsatzbelastung benachbarter Feuerwehren vor einer Auflösung von Feuerwehren besonders sorgfältig Rechnung getragen wird. Ganz im Sinn der kleinen Feuerwehren soll auch die bisherige Regelungslücke für die Fälle geschlossen werden, in denen die Aufgaben des Brandschutzes und der Hilfeleistung zur Erfüllung auf die Verwaltungsgemeinschaft übertragen werden. Hier wird jetzt klargestellt, dass die Freiwilligen Feuerwehren in den Mitgliedsgemeinschaften als Ortsfeuerwehren der Verwaltungsgemeinschaft weiterbestehen. Der Wehrleiter in der Verwaltungsgemeinschaft wird in diesem Fall aus dem Kreis der Ortswehrleiter zu bestimmen sein. Das Gesetz trifft hier ganz bewusst keine weitergehende Regelung, um den Mitgliedsgemeinden in der Sache und dem Verfahren möglichst großen Gestaltungsspielraum zu belassen. Anrede, eine weitere wichtige änderung betrifft die gesetzliche Bestimmung zur Unvereinbarkeit von Funktionen. Dieser Punkt war in den vergangenen Jahren in der Praxis häufig Anlass für Kritik und Unverständnis. Denn nach der bisherigen Rechtslage sind praktisch alle hauptamtlichen Mitarbeiter im Bereich der Feuerwehren, der Polizei und der Bundeswehr von Leitungsfunktionen Freiwilliger Feuerwehren ausgeschlossen. Nach der vorgesehenen öffnung dieser Vorschrift können alle Funktionen in den Freiwilligen Feuerwehren auf den genannten Personenkreis übertragen werden. Einschränkungen soll es nur noch für die Führungsfunktionen Freiwilliger Feuerwehren in den Aufsichtsbehörden geben, also insbesondere für den Kreis- und Bezirksbrandmeister. Auch insoweit können jedoch in Härtefällen bei Personalengpässen Ausnahmen zugelassen werden, um verbleibenden praktischen Bedürfnissen in vertretbarem Maß gerecht werden zu können. Anrede, mit der Neuregelung der Bestimmung zu Werkfeuerwehren wird klargestellt, dass es mehreren Unternehmen an einem Standort möglich ist, eine gemeinsame Werkfeuerwehr aufzustellen. Darüber hinaus können die Betriebe ihre Verpflichtung durch Private erfüllen lassen. Dadurch werden den Betrieben, die zum Vorhalten einer angeordneten Werkfeuerwehr verpflichtet sind, Kostenvorteile ermöglicht und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen entsprechend verbessert. Die Anforderung an die Ausbildung des Personals entsprechen denen der Berufsfeuerwehren. Eine Verringerung der Sicherheit tritt also nicht ein. An entsprechenden Standorten wie Bitterfeld hat sich diese Flexibilisierung bereits bewährt. Es gilt nun, diese sinnvolle Praxis auch im Gesetz ausdrücklich nachzuvollziehen. Abschließend noch der Hinweis, dass für die ausgelaufene Bestimmung zur Abnahmestelle für Feuerwehrfahrzeuge wieder eine den aktuellen Gegebenheiten entsprechende gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll. Die eigenständig organisierte Abnahmestelle wurde Ende 1997 bereits aufgelöst. Die Aufgabe wird jetzt mit deutlich reduziertem Aufwand durch die Brandschutz- und Katastrophenschutzschule in Heyrothsberge wahrgenommen. Diese sachgerechte und für die Kommunen vorteilhafte Aufgabenerledigung soll mit einer entsprechenden Zuweisung der Aufgabe an das Land wieder eine unzweifelhafte gesetzliche Grundlage erhalten. Anrede, ich denke, dass mit der Darstellung der wesentlichen Punkte des vorliegenden Gesetzentwurfs der änderungsbedarf im bestehenden Gesetz und die Intention der vorgeschlagenen änderungen deutlich geworden sind: Es geht neben einer Verbesserung der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit vor allem um sachgerechte Flexibilisierungen. Flexibilisierungen, die den Gestaltungsspielraum der Gemeinden und der betroffenen Unternehmen erhöhen. Damit kann ein noch zielgerichteterer Einsatz der für den Brandschutz und die Hilfeleistung zur Verfügung stehenden Mittel ermöglicht werden. Ich freue mich eine konstruktive Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs im Innenausschuss, wie ich sie in Fragen der Feuerwehren immer erlebt habe und schlage deshalb die überweisung in diesen Ausschuss vor. Abschließend möchte ich sie auf die Ausstellung "Brandschutz in Sachsen-Anhalt" hinweisen, welche zur Zeit hier im Landtag gezeigt wird. Die Ausstellung gibt einen lebensnahen Eindruck von den Leistungen unserer Feuerwehren im Land. Ich danke dem Landtagspräsidenten, dass er eine Ausstellung parallel zur heutigen Aussprache ermöglicht hat. Impressum: Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Halberstädter Straße 1-2 39112 Magdeburg Tel: (0391) 567-5516 Fax: (0391) 567-5519 Mail: pressestelle@min.mi.lsa-net.de
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