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Magdeburg, den 22.06.2003

Positionspapier der FDP-Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage (Rheinland-Pfalz), Walter Döring (Baden-Württemberg), Walter Hir-che (Niedersachsen) und Dr. Horst Rehberger (Sachsen-Anhalt) zur "Novellierung der Handwerksordnung" Meisterbrief EU-kompatibel gestalten Handwerk im Wettbewerb unterstützen

Ministerium für Wirtschaft und Arbeit - Pressemitteilung Nr.: 120/03 Magdeburg, den 23. Juni 2003 Positionspapier der FDP-Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage (Rheinland-Pfalz), Walter Döring (Baden-Württemberg), Walter Hir-che (Niedersachsen) und Dr. Horst Rehberger (Sachsen-Anhalt) zur "Novellierung der Handwerksordnung" Meisterbrief EU-kompatibel gestalten Handwerk im Wettbewerb unterstützen I. Systemkonforme Novellierung des Handwerksmeisterwesens Mit der Schaffung eines einheitlichen EU-Binnenmarktes erhöhen sich die Marktchancen deutscher Unternehmen beträchtlich. Allerdings muss die Vollendung des EU-Binnenmarktes auch mit einer Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen einhergehen. Probleme bereitet diese Harmonisierung insbesondere dort, wo wettbewerbsrelevante Rahmenbedingungen einzelner Mitgliedsstaaten stark von denen der meisten übrigen Mitgliedsländer abweichen. Dies ist beim deutschen Meistersystem der Fall. Deshalb muss der Meisterbrief EU-kompatibel ausgestaltet werden . Der Meister mit seiner dreifachen Qualifikation als Spezialist für sein Fachgebiet, Ausbilder und Unternehmer ist ein einmaliges Erfolgsmodell für Deutschland, um das uns andere beneiden. Das Handwerk spielt eine herausragende Rolle bei Existenzgründungen und bei der Ausbildung junger Menschen. Die liberalen Wirtschaftsminister aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sind der Auffassung, dass die Vorschläge der Bundesregierung untauglich sind. Sie schlagen folgende Eckpunkte für die Reform des Meisterwesens im Handwerk vor: Neben dem von der Bundesregierung bei der Festlegung der Berufe, für deren selbständige Ausübung auch künftig der Meisterbrief erforderlich sein soll, zu Grunde gelegte Kriterium der "Gefahrgeneigtheit" der jeweiligen Berufe ist zu berücksichtigen, dass der Verbraucherschutz durch fachlich einwandfreie Handwerksleistungen gewährleistet bleiben muss und der Ausbildungsleistung des jeweiligen Handwerks als Garant zur Erhaltung des Dualen Systems Rechnung zu tragen ist. Altgesellen ohne Meisterprüfung sollte die Gründung einer selbständigen Existenz ermöglicht werden, wenn sie 10 Jahre in dem Handwerk, davon 5 Jahre in leitender Position gearbeitet haben und die zur selbständigen Führung eines Handwerksbetriebes notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind (Altgesellen-Regelung). Für Absolventen anderer Ausbildungen bzw. Studiengänge wie z. B. Industriemeister, Techniker oder Ingenieure, sollte die Eintragung in die Handwerksrolle erleichtert werden. Die dreijährige Wartezeit vor Beginn eines Meisterkurses sollte abgeschafft werden. Letztlich kommt es nicht auf die Erfüllung von Wartezeiten an, sondern darauf, ob der Absolvent über die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt, die er ja in der Meisterprüfung unter Beweis stellen muss. Auch das Inhaberprinzip ist nicht mehr zeitgemäß. Bei einem in der Rechtsform der GmbH geführten Unternehmen braucht der Chef auch derzeit schon nicht selbst Meister zu sein, wenn ein Meister beschäftigt wird. II. Ablehnung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf hat im Handwerk zu erheblicher Beunruhigung und Enttäuschung geführt. Die Enttäuschung des Handwerks ist verständlich. Der Gesetzentwurf ist weder mit dem Handwerk, noch mit den Ländern abgestimmt worden. Die Länder durften binnen einer Frist von nur knapp anderthalb Wochen zu einem bereits fertigen Gesetzentwurf lediglich Stellung nehmen. Es ist notwendig, neben dem von der Bundesregierung zu Grunde gelegten Kriterium der "Gefahrgeneigtheit" der jeweiligen Berufe ferner zu berücksichtigen, dass der Verbraucherschutz durch fachlich einwandfreie Handwerksleistungen gewährleistet bleiben muss und der Ausbildungsleistung des jeweiligen Handwerks als Garant zur Erhaltung des Dualen Systems Rechnung zu tragen ist. In den Fällen, in denen neben der Gefahrengeneigtheit weder das Verbraucherinteresse noch die Aufrechterhaltung der Ausbildungsleistung gefährdet sind, erscheint es gleichwohl vertretbar, von einem generellen Meisterzwang abzurücken und es dem mündigen Bürger zu überlassen, ob er einen Betrieb mit dem zusätzlichen Qualitätssiegel "Meisterbetrieb" wählt oder nicht. Gleichwohl muss eine größere Anzahl von Handwerksberufen auch künftig dem Meisterprivileg unterliegen als dies die Bundesregierung vorsieht. III. Wettbewerbsfähigkeit, Existenzgründung, Schwarzarbeit Die Argumentation der Bundesregierung, der Meisterzwang sei ein Hindernis für Existenzgründungen, ist nicht nachzuvollziehen. Hauptursachen für eine Zurückhaltung des Gründergeschehens sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen . Die Schwarzarbeit boomt wegen der viel zu hohen Lohnnebenkosten. Hier muss sich etwas ändern - wir brauchen schnell umfassende Reformen auf allen Gebieten, vor allem aber in den Bereichen Arbeitsmarkt und Sozialpolitik, einen Abbau der überbordenden Bürokratie sowie weniger Steuern und Abgaben. Die AGENDA 2010 ("Zwanzig Zehn") der Bundesregierung zeigt zwar grundsätzlich in die richtige Richtung, geht aber in vielen Bereichen nicht weit genug. Eine Ausbildungsplatzabgabe wird kategorisch abgelehnt . In einer konjunkturell außerordentlich schwierigen Phase ist sie Gift. Die Bundesregierung wäre besser beraten, sich über die Ursachen der nachlassenden Ausbildungsbereitschaft und über die Befähigung der Schulabgänger Gedanken zu machen. Eine solche Monetarisierung der Ausbildung wird letztlich den Ausbildenden und damit mittelfristig auch der Gesamtwirtschaft schaden. Die Zulassung handwerklicher Tätigkeiten (sog. " einfacher Tätigkeiten ") durch die staatlich subventionierte Ich-AG ist abzulehnen. Hierdurch werden bestehende Handwerksbetriebe mit ihren Arbeits- und Ausbildungsplätzen gefährdet. Zumindest bedarf es einer in Abstimmung mit dem Handwerk erfolgenden Präzisierung der Definition für Kleinstunternehmer . Die Freistellung von Existenzgründern von den Kammerbeiträgen in den ersten 4 Jahren ist problematisch. Bei den Handwerkskammern würde diese Freistellung nämlich zu erheblichen Einnahmeausfällen führen. Als Folge hiervon müssten auch die Dienstleistungsangebote der Kammern für Existenzgründer eingeschränkt werden. Dies wäre sehr bedauerlich, da die speziellen Beratungsangebote der Handwerkskammern für Existenzgründer stark in Anspruch genommen werden. Existenzgründer, die fachliche Beratung in Anspruch nehmen, haben wesentlich bessere Chancen, die kritische Anlaufphase zu überstehen, als Unternehmen, deren Existenzgründung ohne externe Beratung erfolgt. Im Hinblick auf diese nachteiligen Folgen sollte daher auf die vorgesehene Freistellung von Existenzgründern von den Kammerbeiträgen in den ersten 4 Jahren verzichtet werden, zumal die von den Existenzgründern zu entrichtenden Kammerbeiträge nur eine vergleichsweise geringe Belastung darstellen. Impressum: Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Pressestelle Hasselbachstraße 4 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-43 16 Fax: (0391) 567-44 43 Mail: pressestelle@mw.lsa-net.de

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