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Magdeburg, den 03.07.2003

Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky zum Gesetzentwurf der Landesregierung "Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit" TOP 7 der Landtagssitzung am 3./4. Juli 2003

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 106/03 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 106/03 Magdeburg, den 4. Juli 2003 Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky zum Gesetzentwurf der Landesregierung "Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit" TOP 7 der Landtagssitzung am 3./4. Juli 2003 Anrede, mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit legt die Landesregierung einen weiteren wesentlichen Baustein der Reformvorhaben im Land Sachsen-Anhalt vor. Der Reformprozess wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vom 7. August 2002 auf eine neue Grundlage gestellt. Viele Gemeinden haben die neue Situation genutzt und auf freiwilliger Basis Verhandlungen über die Bildung größerer und leistungsstärkerer Verwaltungsgemeinschaften und verwaltungsgemeinschaftsfreier Gemeinden geführt. Durch den jetzt eingebrachten Gesetzentwurf wird dieser Reformprozess konsequent weiterverfolgt. Anrede, der vorliegende Gesetzentwurf unterscheidet sich in wesentlichen Teilen von den Reformbemühungen der Vorgängerregierung. Ich möchte die wesentlichen Unterschiede zusammenfassen. Schauen wir ohne die Stadt-Umland-Brille auf unser Land, so zeigt sich, dass sich das Modell der Verwaltungsgemeinschaften in Sachsen-Anhalt grundsätzlich bewährt hat. Es gilt, dieses Model zu stärken. Wir brauchen keine zusätzliche Selbstverwaltungsebene wie bei der Verbandsgemeinde mit eigenem Verbandsgemeinderat und Verbandsgemeindedirektor. Dadurch würden die Verwaltungsabläufe und die Wahrnehmung der Selbstverwaltungsaufgaben nicht nur erschwert und zusätzlich bürokratisiert, dadurch würde die kommunale Ebene auch nur in ein kostenintensives Korsett gezwängt werden. Es macht gar keinen Sinn, wenn Selbstverwaltungsorgane geschaffen werden, die letztlich über keine wesentliche Entscheidungskompetenz verfügen. Ich bezweifele sogar, dass es flächendeckend genügend Bürger gegeben hätte, die sich ehrenamtlich für die Arbeit in Gemeinderäten und Ortschaftsräten bereitgefunden hätten, wenn alle wesentlichen Entscheidungen im Verbandsgemeinderat gefallen wären. Selbstverwaltung setzt Bereitschaft zum ehrenamtlichen Einsatz voraus. Bereitschaft zum ehrenamtlichen Einsatz schwindet, wo Entscheidungen nicht mehr beeinflussbar sind. Sie schwindet auch, wo gemeindliche Strukturen zerschlagen werden. Stellen Sie sich doch einmal vor, dass neben dem Kreistag ein Verbandsgemeinderat, ein Gemeinderat und ein Ortschaftsrat bestehen würde. Gleichzeitig wären Landrat, Verbandsgemeindedirektoren, Bürgermeister und Ortsbürgermeister in kommunalen Angelegenheiten unterwegs. Vollbeschäftigung ist zwar das Ziel aller in diesem Haus, sie ist aber nicht dadurch zu erreichen, dass möglichst viele mit einer Funktion versehen werden. Wir wollen nicht einfach größere Strukturen schaffen, sondern die vorhandenen Gemeinden soweit wie möglich erhalten, ihnen aber gleichzeitig eine Möglichkeit bieten, ihre Verwaltungsarbeit wirtschaftlicher und effektiver wahrzunehmen. Dabei wird dem Grundsatz der Freiwilligkeit in unserem Gesetz besondere Bedeutung beigemessen und das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit parallel überarbeitet. Für uns gilt nicht die Vorgabe, wie für die Vorgängerregierung, mit einer Verwaltungs- und Gebietsreform den Interessen der Großstädte zu Lasten der Umlandgemeinden zum Durchbruch zu verhelfen. Es geht also nicht darum, angebliche Stadt-Umland-Probleme zu lösen, sondern die Verwaltung des Landes zu modernisieren und für die Aufgaben der Zukunft leistungsfähig zu gestalten. Eine Zwangseingemeindung von Gemeinden soll es nicht geben. Wir nehmen die kommunale Selbstverwaltung in diesem Punkt ernster als andere. Der Gebietsbestand von Gemeinden wird nicht in Frage gestellt. Freiwillige Gebietsänderungen sind aber ausdrücklich erwünscht. Größenvorgaben für Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft sieht der Gesetzentwurf nicht vor. Es bleibt der Entscheidung vor Ort überlassen, ob und in welcher Größe sich Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft zur weiteren Steigerung der Effektivität freiwillig zusammenschließen. Anrede, die änderung kommunaler Größenstrukturen ist kein Selbstzweck, sondern abhängig von den auf dieser Ebene zu erledigenden Aufgaben. Demgemäss setzt jede überlegung zu Mindestgrößen eine eingehende Betrachtung der vorhandenen und auch der künftig zu übertragenden Aufgaben voraus. In diesem Zusammenhang ist die Neuregelung der Zuständigkeiten auf kommunaler Ebene und die änderung von Rechtsvorschriften zu sehen. Das Gesetz zur Neuregelung der Zuständigkeiten auf kommunaler Ebene setzt dabei auch die Vorgabe aus § 4 Abs. 1 des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes um. Danach sind Aufgaben, auf die nicht verzichtet werden kann und die nicht privatisiert werden können, auf die Kommunen zu übertragen. Die in dem Gesetz genannten Aufgaben waren bisher auf der Ebene der Landkreise im Bereich des übertragenen Wirkungskreises angesiedelt. Die staatlichen Aufgaben werden nunmehr auf die Ebene der Gemeinden verlagert. Mit dieser Verlagerung soll eine ortsnähere und damit gleichzeitig zweckmäßigere Aufgabenerfüllung sichergestellt werden. Der Novellierung des Rechts der Verwaltungsgemeinschaften werden Novellen des Rechts der kommunalen Gemeinschaftsarbeit und des Kommunalwahlrechts folgen. Nach dem Abschluss dieser Vorhaben wird nach einer Phase der praktischen Erfahrung mit den neuen Aufgabenstrukturen zu beurteilen sein, ob und gegebenenfalls wie Verwaltungs- und auch Gebietsstrukturen noch weiter modifiziert werden müssen. Anrede, Von diesen überlegungen ausgehend, hat die Landesregierung ihre Leitvorstellungen und das Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit entwickelt. Die Leitvorstellungen der Landesregierung lassen sich wie folgt zusammenfassen. Grundmodelle für die hauptamtliche Verwaltung auf gemeindlicher Ebene sind die Verwaltungsgemeinschaften, deren Mitgliedsgemeinden in der Summe mindestens 10.000 Einwohner zählen sollen und verwaltungsgemeinschaftsfreie Gemeinden mit mindestens 8.000 Einwohnern. Soweit besondere Umstände vorliegen, kann die Festlegung der Leistungsfähigkeit auch aufgrund anderer Kriterien erfolgen; auch hierbei darf die Einwohnerzahl 5.000 nicht unterschritten werden. Die Gemeinden sind aufgefordert, freiwillig Strukturen zu bilden, die diesen Vorgaben entsprechen. Die Gemeinschaftsvereinbarungen von verwaltungsgemeinschaftsangehörigen Gemeinden sind bis zum 31. Dezember 2004 der geänderten Rechtslage anzupassen. Anträge zur Genehmigung kreisgrenzenübergreifender verwaltungsgemeinschaftsfreier Gemeinden sind bis zum 31. März 2004 zu stellen. Soweit eine Regelung zur Kreiszugehörigkeit nicht einvernehmlich zustande kommt, wird das Ministerium des Innern ermächtigt, im Wege der Verordnung die verwaltungsgemeinschaftsfreie Gemeinde einem der beteiligten Landkreise zuzuordnen. Freiwilligen Zusammenschlüssen zu verwaltungsgemeinschaftsfreien Gemeinden mit mindestens 8.000 Einwohnern wird Vorrang eingeräumt. Dem Vorrang dieses Modells wird in der Weise Rechnung getragen, dass bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals "öffentliches Wohl" regelmäßig das Interesse an der Bildung oder Vergrößerung der verwaltungsgemeinschaftsfreien Gemeinde als sehr hoch eingestuft wird. Zur Erreichung der Größenvorgaben bei Verwaltungsgemeinschaften wird die Vollfusion von bereits bestehenden Verwaltungsgemeinschaften als besonders effektiv angesehen. Wird die erforderliche Leistungsfähigkeit nicht im Wege der Freiwilligkeit erreicht, so wird das Ministerium des Innern ermächtigt, ab dem 1. April 2004 alle oder einzelne Gemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft zu einer Verwaltungsgemeinschaft zuzuordnen. Dies gilt auch für Gemeinden, die bislang keiner Verwaltungsgemeinschaft angehören und die nicht die für eine verwaltungsgemeinschaftsfreie Gemeinde erforderliche Leistungsfähigkeit erreichen. Durch den Verzicht auf Zwangseingemeindungen sind Fälle denkbar, in denen einzelne Gemeinden, z.B. wegen ihrer Lage, weder eine leistungsfähige Verwaltungsgemeinschaft noch eine verwaltungsgemeinschaftsfreie Gemeinde bilden können. In diesen Fällen kann auch eine Zuordnung zu einer angrenzenden Gemeinde erfolgen, die die erforderliche Leistungsfähigkeit für eine verwaltungsgemeinschaftsfreie Gemeinde hat. In diesem Fall wird die an sich verwaltungsgemeinschaftsfreie Gemeinde Trägergemeinde. Anrede, eine maßvolle Fortentwicklung und Stärkung der Verwaltungsgemeinschaften unter Wahrung des Selbstverwaltungsrechts der Mitgliedsgemeinden dient sowohl dem Ziel der Beibehaltung vielfältiger gemeindlicher Entwicklungsmöglichkeiten als auch der Optimierung der Verwaltungskraft der bürgernächsten Verwaltungsebene. Impressum: Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Halberstädter Straße 1-2 39112 Magdeburg Tel: (0391) 567-5516 Fax: (0391) 567-5519 Mail: pressestelle@mi.lsa-net.de

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