: 37
Aschersleben, den 17.09.2003

Zu Besuch bei französischen Freunden

Fachhochschule der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt - Pressemitteilung Nr.: 37/03 Aschersleben, 18. September 2003 Zu Besuch bei französischen Freunden Einundzwanzig Kolleginnen und Kollegen der Fachhochschule der Polizei brachen am 09.09.2003 zu einem einwöchigen Besuch bei ihren Kollegen in Montbéliard auf. Ein umfangreiches Programm sollte sie erwarten. Nach einer ca. zehnstündigen Fahrt trafen sie in der Ecole Nationale de Police in Frankreich ein. Dort wurden wir herzlich vom Stellvertreter des Schulleiters, Herrn Lamboley, begrüßt. Am nächsten Morgen empfing uns der Schulleiter, Herr Toubeau, und lud uns zu einer Präsentation der Polizeistruktur und des Ausbildungsprogramms der Schule ein. Wir bekamen Informationen über die politische Struktur der Polizei in Frankreich, die unterschiedlichen Organisationsformen und konnten uns mit dem Ausbildungsprogramm vertraut machen. Danach bekamen wir Antworten auf verschiedene Fragen, die wir stellten. Bei einem anschließenden Rundgang durch die Schule konnten wir uns vom Ausstattungsgrad der Lehrsäle, den Unterbringungsräumen, der Sporthalle und verschiedenen Spezialkabinetten überzeugen. Ein Blick in die Bekleidungskammer brachte die überraschung, dass hier in Frankreich jeder Polizist seine persönliche Schutzweste schon bei der Grundeinkleidung bekommt. Ein Beispiel, dass auch in Deutschland Schule machen sollte! Am Nachmittag bekamen wir die Möglichkeit, an einer Zwischenprüfung teilzunehmen. Es wurden Teams von je zwei französischen Auszubildenden gebildet, die in einem nicht genau definierten Zeitraum verschiedene Handlungen, ähnlich eines Rollenspieles, durchführen mussten. Zuerst mussten sie einen Straftäter verfolgen. Dabei wurde eine Hindernissbahn durchlaufen. Am Ende wurde die Zeit gestoppt. Erst, wenn der Letzte auf dem Dach eines Kletterhindernisses war, wurde die Zeit genommen. Dabei war besonders Teamgeist gefordert. Anschließend mussten beide Schüler in die Raumzellenschießanlage. Auf dem Weg dorthin wurden beide von einer mit einem Messer bewaffneten Person angegriffen, die dann entwaffnet und gefesselt wurde. In der Schießanlage wurden verschiedene Aufgaben nach dem Kommando eines Ausbilders erfüllt. Jeder kann sich gut vorstellen, dass das nach der vorangegangenen Anstrengung nicht so einfach war. Per Funk erhielt das Team die Aufgabe, einen bestimmten Streifenweg zu gehen. Plötzlich kam eine junge Frau aufgeregt aus einem Haus gelaufen und forderte beide Schüler auf, ihr zu folgen. Ihr Mann klagte über starke Schmerzen in der linken Brust und brach plötzlich vor den Augen der Polizisten zusammen. Nun kam es auf schnelles Reagieren an und auf die erforderliche erste Hilfe. Nach Eintreffen des fiktiven Rettungsdienstes nahmen beide Schüler ihre Streife wieder auf und wurden von der Leitstelle zu einem Familienstreit befohlen. Ein Nachbar hatte in der Wache angerufen und darüber informiert, dass eine Frau von ihrem Ehemann brutal geschlagen wird. Dieser war betrunken und widersetzte sich sofort den Anweisungen und Handlungen der Polizisten. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als den Mann zu überwältigen und zu fesseln. Im selben Moment brach die Frau ohnmächtig zusammen und musste zusätzlich noch versorgt werden. Eine schwierige Aufgabe. Doch damit nicht genug. Der Papierkram wartete noch. Unter Aufsicht eines Ausbilders mussten beide Schüler nun ihren "Dienstablauf" zu Papier bringen und die notwendigen Berichte und Anzeigen auf einem PC schreiben. Die Beobachter waren sich einig, dass es eine interessante Zwischenprüfung war. Es wurde auch deutlich, dass bestimmte Teile der Polizeiausbildung durchaus auch aus dem eigenen Programm in Aschersleben bekannt waren. Ein Besuch der Bereitschaftspolizei war für den nächsten Tag geplant. Diese ist in Moulhouse stationiert. Uns wurde die zur Verfügung gestellte Technik und Struktur erklärt. Da gibt es schon einige Unterschiede. So suchten wir vergebens einen Wasserwerfer. Es gibt auf Grund der häufigen Einsätze und der damit verbundenen langen Trennung von Familie keine Frauen in dieser Einheit. Diese ist in ganz Frankreich unterwegs und darum oft und lange nicht am Standort. Diese Einheit bekommt dafür einen nicht unerheblichen Zuschlag zum normalen Gehalt. Colmare, eine wunderschöne Stadt im Norden Frankreichs, war unser nächstes Ziel. Da wir noch etwas Zeit hatten überbrückten wir diese mit einem Mittagessen in der Innenstadt und einem wenn auch kurzem Stadtspaziergang. Wir waren von der Architektur der Altstadt begeistert und konnten auf Grund der vielen Fachwerkhäuser einige Parallelen zu Gebieten in unserer Heimat ziehen. Doch wir wurden im Munitionsbergungsdienst der Region erwartet. Dort informierte uns ein Mitarbeiter in fließendem Deutsch über die Aufgaben. Wir waren erstaunt darüber, dass nicht die Munition des zweiten sondern des ersten Weltkrieges das Hauptbetätigungsfeld ist. So ist uns berichtet wurden, dass vor allem die ehemalige Front des ersten Weltkrieges im Nordosten Frankreichs die am meisten mit Munition verseuchte Region ist. Im ersten Weltkrieg war im Durchschnitt jede vierte Granate ein Blindgänger. Aus der Geschichte wussten wir vom Giftgaseinsatz an dieser Front. Das bringt heute noch große Schwierigkeiten. So gibt es in Frankreich noch keine geeignete Vernichtungsanlage für diese Granaten. Diese werden im Moment nur sicher gelagert. Am folgenden Tag waren wir in das Polizeirevier der Stadt Montbéliard eingeladen. Der Leiter, Herr Wurhlin, begrüßte uns auf deutsch und wünschte uns einen interessanten Aufenthalt in seiner Dienststelle. Er übergab uns der Obhut des Herrn Kieffer, der uns in sehr gutem Deutsch durch dass Revier führte und uns die Struktur und Aufgaben der Dienststelle näher brachte. Zwischenzeitlich durften zwei Gruppen an einer Fahrt in das ländliche Gebiet bzw. an einer Fußstreife in der Stadt teilnehmen. Alle Fragen wurden beantwortet, Türen für uns geöffnet und uns so die Arbeit in einer Polizeidienststelle Frankreichs näher gebracht. Am Nachmittag fuhren wir in das Peugeotmuseum der Stadt. Der Autohersteller Peugeot ist einer der größten Arbeitgeber der Region. Auf der Fahrt nach Montbéliard konnten wir die weitläufigen Parkplätze für die Neufahrzeuge sehen. Doch schon beim Betreten des Museums wurde deutlich, dass nicht nur Fahrzeuge hergestellt wurden. In den Anfängen dieses Werkes wurden von der handbetriebenen Kaffeemühle über Werkzeuge zur Holzverarbeitung, verschiedenen Küchenmaschinen bis hin zu unterschiedlichen Fahrzeugen wie Fahrräder, Mopeds und Motorräder sowie die ersten Automobile hergestellt. Selbst Motoren für Flugzeuge und Schiffsdiesel waren zu sehen. Interessant war für viele Besucher die Ausstellung futuristischer Fahrzeuge und eines Formel 1 Modells. Sogar ein komplett ausgestattetes rollendes Büro war vorhanden. Der Nachmittag klang bei einer Stadtführung aus. Hier erfuhren wir, dass der Reformator Luther einen großen Einfluss auf die geschichtliche Entwicklung in Montbéliard hatte. Nach dem Frühstück am darauf folgenden Tag fuhren wir nach Ronchamp. Hier steht eine sehr futuristisch anmutende Kirche, die in Frankreich für Aufregung gesorgt hatte. Steht man vor diesem Bauwerk hat man die Vermutung, dass es in den 80-er Jahren erbaut wurde. Um so überraschter waren wir, als wir erfuhren, dass diese Kirche schon 1953 erbaut wurde. Kahler Beton, eine Linie, die eher an ein Schiff erinnert und kaltes, schlichtes Inneres prägen diesen Bau. Sicher nicht jedermanns Geschmack doch ein mutiges Projekt, wie wir meinten. Am Mittag wurde für uns gegrillt. An einer Sportanlage in Hericourt hatten Ausbilder und Schüler schon ein Zeltdach und einen großen Grill errichtet. Nach dem Essen konnten wir uns sportlich betätigen. Volleyball und Fußball stand auf der Tagesordnung. Doch dabei kam es nicht auf die Ermittlung eines Siegers sondern auf die Vertiefung der Freundschaft an. Und so spielten Sprachprobleme keine Rolle mehr. Mit Händen und Füßen, Brocken aus Französisch, Englisch und Deutsch verständigten sich Franzosen und Deutsche und verstanden sich. Für die letzten Tage unseres Besuches fuhren wir nach Verdun. In dieser vor allem durch die Kampfhandlungen des Ersten Weltkrieges bekannten Stadt wollten wir die Zitadelle und das etwas außerhalb gelegene Fort Douaumont und das dort befindliche Beinhaus besichtigen. In der Zitadelle hielten sich französische Soldaten über viele Monate gegen den Ansturm der Deutschen Soldaten auf. In die engen, dunklen und kalten Gänge und Räume wurden wir mit einem Wagen gefahren. An bestimmten Stationen wurde uns per Hologramm und Kulisse aus der damaligen Zeit die Situation der Soldaten nahe gebracht. Es war für uns beeindruckend, unter welchen Verhältnissen hier Menschen gelebt haben. Die Zitadelle wurde nicht durch die Deutsche Armee eingenommen da ein Waffenstillstand die Kampfhandlungen beendete. Auf der Fahrt zum Fort Douaumont tauschten wir unsere Eindrücke des Vormittags aus. Wir waren erschüttert über die Kriegshandlungen und das Leid der Menschen zur damaligen Zeit. Dieser Eindruck verstärkte sich noch durch den Besuch des Forts. Wie ein Bollwerk lag dieses Fort in den Fels gehauen vor uns. Viele Schießscharten, Kanonentürme und verschanzte öffnungen wurden deutlich. Es wurde als Verteidigungsanlage in den Jahren 1885 bis 1913 erbaut und sollte 800 Männern Platz bieten. Doch zu Zeiten der Kampfhandlungen lebten hier bis zu 3500 Soldaten. Dieses Fort wurde durch deutsche Soldaten am 25. Februar 1916 eingenommen. Während ihres Aufenthaltes kam es zu einer Katastrophe. In der Nacht vom 07. zum 08. Mai 1916 explodierte das Munitionslager des Forts. Dabei kamen 679 deutsche Soldaten ums Leben. Ihnen wurde innerhalb dieses Forts ein Soldatenfriedhof eingerichtet. Als wir diesen Friedhof besuchten wurde uns einmal mehr deutlich, das Deutsche wie auch Franzosen eine gemeinsame Geschichtsbewältigung vorantreiben und nun als befreundete Staaten im vereinten Europa einen gemeinsamen Beitrag zur Friedenserhaltung leisten. Der abschließende Besuch des Beinhauses zeigte uns erneut auf, wie viele Menschen durch die Kämpfe im Ersten Weltkrieg ihr Leben lassen mussten. Tausende von Kreuzen und Namen im Beinhaus erinnerten an sie. Beeindruckt fuhren wir in unsere Unterkunft und ließen diesen Tag noch einmal Revue passieren. Der Abschied aus Frankreich ist nicht allen leicht gefallen. Wir haben erneut Freunde gefunden und bereits bestehende Freundschaften vertieft. Die Delegation unter Leitung des Rektors der Fachhochschule der Polizei, Herrn Vagedes, bedankte sich bei den französischen Kolleginnen und Kollegen für die herzliche Aufnahme in der Ecole Nationale de Police Montbéliard und auch bei Frau Reckers. Sie stand uns als gebürtige Französin jeden Tag freundlich zur Seite um zu übersetzen. Alle waren sich darin einig, die Beziehung zu unseren französischen Freunden weiter zu vertiefen. Martin Zimmermann Impressum: Fachhochschule der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Schmidtmannstraße 86 06449 Aschersleben Tel: 03473-960-684/319 Fax: 03473-960305 Mail: pressestelle@fhs.pol.lsa-net.de

Impressum:Fachhochschule Polizei Sachsen-AnhaltPressestelle Schmidtmannstr. 8606449 AscherslebenTel: (03473) 960-670 Fax: (03473) 960-410 Mail: presse.fhs@polizei.sachsen-anhalt.de

Anhänge zur Pressemitteilung