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Magdeburg, den 05.03.2004

Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky zum Antrag der Fraktion der SPD, Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften (LT-Drs. 4/1365)

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 041/04 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 041/04 Magdeburg, den 5. März 2004 Es gilt das gesprochene Wort! Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky zum Antrag der Fraktion der SPD, Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften (LT-Drs. 4/1365) TOP 9 der Landtagssitzung am 4./5. März 2004 Anrede, ich sehe keine Veranlassung die Funktionsfähigkeit von Verwaltungsgemeinschaften mit im Einzelfall mehr als 30 Mitgliedsgemeinden derzeit zu diskutieren. Wie Sie wissen, ist ein wesentliches Leitmotiv der Landesregierung bei der gemeindlichen Verwaltungsebene der Aspekt der kommunalen Selbstverwaltung. Diese achten wir. Der Antrag der SPD-Fraktion fußt offensichtlich auf der Annahme, Kommunen seien nicht zur Organisation ihrer Angelegenheiten in der Lage. Vor Ort wird dies offensichtlich nicht als Problem angesehen. Sollten die betroffenen Gemeinden vor Ort aber selbst einschätzen, dass aus ihrer Sicht eine bessere Funktionsfähigkeit dadurch erreicht wird, dass sich Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften freiwillig zu größeren Gemeinden zusammenschließen wird das Ministerium des Innern diesen Prozeß unterstützen. Die Gemeindeordnung eröffnet in § 17 die Möglichkeit, Gebietsänderungen durch Vertrag vorzunehmen. Sollte diese Möglichkeit vor Ort nicht genutzt werden, geht mein Ministerium davon aus, dass die Vorteile des Erhaltes der kommunalen Selbstverwaltung angebliche Nachteile einer großen Leitungsspanne überwiegen. Natürlich besteht nach der Landesverfassung die Möglichkeit zur Eingemeindung durch den Gesetzgeber. Aber ¿ und das hat der Ministerpräsident gestern Abend ja ausdrücklich hervorgehoben ¿ nur wenn Gründe des Gemeinwohls dies im konkreten Einzelfall gebieten. Anrede, die Frage der SPD geht doch in Wirklichkeit auf Folgendes: Die SPD glaubt nämlich, eine kommunale Zwangsreform durch die Hintertür diskutieren zu können, dann soll sie doch ehrlich sagen, dass ihr die kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden nicht so viel bedeutet und sie flächendeckend Zwangseingemeindungen will. In der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP heißt es dagegen ganz klar: "Die Koalitionspartner wollen keine kommunale Zwangsreform. Sinnvolle freiwillige Zusammenschlüsse werden unterstützt, aber nicht finanziell gefördert." Diese Aussage ist klar. Diese Aussage gilt. Anrede, es ist aus meiner Sicht konsequent, wenn auch einzelne Mitgliedsgemeinden Aufgaben des eigenen Wirkungskreises auf die Verwaltungsgemeinschaften übertragen können. Dies wirkt sich nicht nachteilig auf die Funktionsfähigkeit der Verwaltungsgemeinschaften aus. Diese Frage wurde bereits ausführlich im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften diskutiert. In der Zwischenzeit haben sich keine Erkenntnisse ergeben, die zu einer neuen Sachlage geführt haben. Zur Klarstellung verweise ich auf das in diesem Hause beschlossene Gesetz. Den zeitlichen Fahrplan können Sie dort unschwer entnehmen. Wir befinden uns danach in einer Anhörung zu einer beabsichtigten Zuordnung. Anrede, mein Haus hat das im SPD-Antrag angesprochene Gutachten der Arbeitsgemeinschaft Turowski und Greiving vom Dezember 2001 bei dieser Anhörung zur beabsichtigten Zuordnung von Gemeinden im Umfeld der Ober- und Mittelzentren nicht berücksichtigt. Grundsätzlich sehen wir das Gutachten, jedenfalls was das konkrete Ergebnis betrifft, als nicht brauchbar an. Das Gutachten sollte, getreu dem Prüfauftrag des Auftraggebers, die Notwendigkeit von Eingemeindungen begründen und damit die Legitimation für die kommunale Zwangsreform der Vorgängerregierung liefern. Es wurde jedoch festgestellt, "dass Eingemeindungen großen Stils nicht als geeignetes Mittel zur Bewältigung der negativen Auswirkungen der Suburbanisierungsprozesse zu werten sind." Beachtlich und besonders bemerkenswert ist, dass diese Aussage zu den Mittelzentren ausdrücklich auch auf die untersuchten Oberzentren bezogen wird. Insoweit stellen die Gutachter auf Seite 161 des Gutachtens ihre zuvor zu Magdeburg, Halle und Dessau getroffenen Aussagen selbst in Frage. Etwas kleinlaut äußern die Gutachter auf Seite 161 des Gutachtens: "Dies bedeutet jedoch nicht, dass Eingemeindungen in die Oberzentren von vornherein auszuschließen sind." Ich fasse zusammen: Grundsätzlich sehen die Gutachter in Eingemeindungen nicht die Lösung der Probleme. Aber das Gutachten gibt dann nichts Tragfähiges her: Die vorgeschlagen Lösungen sind wegen Verletzung der Systemtreue innerhalb des Untersuchungsgegenstandes unbrauchbar. Und selbst die Gutachter sehen, trotz der offenbar vom gewünschten Ergebnis des Auftraggebers vorbestimmten Untersuchung, Eingemeindungen nur als letztes Mittel. Fazit: Viel Geld für wenig Ergebnis. Anrede, neben den Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit des Gutachtens insgesamt muss man feststellen, dass das Gutachten bei den drei betrachteten Oberzentren bei gleicher Fragestellung zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen gekommen ist: Im Falle der Landeshauptstadt Magdeburg sollen Eingemeindungen erfolgen. Die Stadt-Umland-Beziehungen zwischen der Stadt Halle und dem Umland sollten durch einen Regionalkreis gelöst werden. Im Fall der Stadt Dessau, wo selbst die Gutachten trotz intensiver Suche keine hinreichenden Verflechtungsbeziehungen feststellen konnten, wurde ein raumordnerischer Vertrag nach § 13 Satz 5 Raumordnungsgesetz vorgeschlagen, obwohl damit landes- und bundesweit bislang keine bzw. nicht ausreichende Erfahrungen gemacht wurden. Eine logische Nachvollziehbarkeit des Gutachtens ist hier nicht gegeben. Ein weiterer wesentliche Mangel des Gutachten ist, dass Verflechtungsbeziehungen der Umlandgemeinden untereinander erst gar nicht untersucht wurden. Wenig konkretes bietet das Gutachten auch in Bezug auf die Mittelzentren. Untersuchungen zu den Mittelzentren selbst wurden von den Gutachtern nicht durchgeführt. Eine Verallgemeinerung der Ergebnisse für die Oberzentren auch für Mittelzentren wurde im Gutachten zwar angenommen, eine nachvollziehbare Begründung fehlt jedoch. Darüber hinaus schlagen die bereits beschriebenen Mängel des Gutachtens aber auch auf diese Feststellung durch und lassen eine Verallgemeinerung für Mittelzentren erst recht fraglich erscheinen. Anrede, im übrigen, dies sei an dieser Stelle angemerkt, sind die Koalitionspartner in ihrer Koalitionsvereinbarung wie die Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass Eingemeindungen großen Stils nicht als geeignetes Mittel zur Bewältigung der negativen Auswirkungen der Suburbanisierungsprozesse zu werden sind. Dort heißt es: "Die Koalitionspartner wollen keine kommunale Zwangsreform. ... Die Koalitionspartner sehen Regelungsbedarf allenfalls zwischen den drei kreisfreien Städten, die in ihrer Funktion als Oberzentrum gestärkt werden sollen, und ihren Umlandgemeinden. Falls eine interkommunale Zusammenarbeit nicht gewährleistet ist, wird nach Ablauf von zwei Jahren geprüft, ob weiterer Handlungsbedarf besteht." Entsprechend diesem Zeitplan erfolgt jetzt eine Prüfung der interkommunalen Zusammenarbeit. Die Landesregierung wird in Kürze eine entsprechende Abfrage an die kreisfreien Städte und die angrenzenden Landkreise versenden. Nach Auswertung der Stellungnahmen werden wir prüfen, ob weiterer Handlungsbedarf besteht. Anrede, selbstverständlich bin ich dann bereit im Innenausschuss über die Ergebnisse zu berichten. Dafür brauchen wir jedoch nicht den vorliegenden Antrag, der aus meiner Sicht aus den dargelegten Gründen nur abgelehnt werden kann. Impressum: Verantwortlich: Dr. Matthias Schuppe Pressestelle Halberstädter Straße 1-2 39112 Magdeburg Tel: (0391) 567-5516/5517 Fax: (0391) 567-5519 Mail: pressestelle@mi.lsa-net.de

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