Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky zum Antrag der PDS: Parlamentarische Verantwortung im Reformprozess wahrnehmen (Lt-Drs: 4/1378), Änderungsantrag der SPD (Lt-Drs: 4/1407)
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 040/04 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 040/04 Magdeburg, den 5. März 2004 Es gilt das gesprochene Wort! Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky zum Antrag der PDS: Parlamentarische Verantwortung im Reformprozess wahrnehmen (Lt-Drs: 4/1378), änderungsantrag der SPD (Lt-Drs: 4/1407) TOP 8 der Landtagssitzung am 04./05. März 2004 Anrede, die PDS und SPD fordern Sie, die Abgeordneten des Landtages von Sachsen-Anhalt, auf, Ihre parlamentarische Verantwortung in Bezug auf die Kreisgebietsreform und die Stadt-Umlandproblematik wahrzunehmen. Schaut man sich die beiden Anträge der PDS und SPD näher an, so kommt man zu dem gewohnten Ergebnis. Die Oppositionsparteien kommen wieder einmal aus ihren alten Gleisen nicht heraus. Die Stadt-Umland-Problematik wird seit Jahren diskutiert. Hier soll alter Wein in neuen Schläuchen verkauft werden. Das Stichwort "Stadt-Umland-Problematik" ist doch längst nicht mehr neu. Es war sogar ein Lieblingsthema der Vorgängerregierung. Und stellen wir es doch einmal schlicht fest, die Vorgängerregierung und die sie tragenden Fraktionen der letzten Legislaturperiode haben dieses Problem vor sich hergetragen, ohne die wirklich brennenden Frage der Verwaltungsmodernisierung auch nur im Ansatz zu lösen. Die Vorgängerregierung hat es nicht geschafft, in dem Bereich der Verwaltungsmodernisierung Fakten zu setzen und die notwendigen zukunftsfähigen Verwaltungsstrukturen im Land zu schaffen. Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie an die Verantwortung des Parlaments hinsichtlich der Verwaltungsmodernisierung appellieren, sind Sie reichlich zwei Jahre zu spät aufgewacht. Die neue Landesregierung hat sich des Themas Verwaltungsreform angenommen und zwar systematisch, konsequent und zupackend. Das spüren auch die Bürger vor Ort. Häufig wird mir, wenn ich Gespräche mit Kommunalpolitikern aller Couleur führe, bestätigt, dass man nunmehr das erste mal nach 1994 auch vor Ort die Gewissheit verspürt, dass nicht nur lamentiert, sondern gehandelt wird. Dass Sie - sehr geehrte Kollegen der Opposition ¿ diese Entwicklung ungern sehen, ist menschlich nachvollziehbar. Das Problem der Neugestaltung der Verwaltungsstrukturen im Land lag während Ihrer Regierungszeit wie ein Berg vor Ihnen und Sie haben lange Jahre heftig diskutiert und Arbeitsgruppen eingesetzt - und mit der Zeit wurden die Probleme nur noch größer. Aber durch "bloßes Diskutieren oder Besprechen" lösen Sie diese Probleme nicht. Erst wir ¿ die neue Landesregierung mit den sie tragenden Fraktionen - sind daran gegangen, den angehäuften Problemberg abzutragen. Und wir haben erste Erfolge erzielt. Sehr geehrte Abgeordnete der Opposition, Sie halten es für falsch ¿ oder besser gesagt: gemein -, dass wir das Problem der Schaffung neuer leistungsfähiger Verwaltungsstrukturen Schritt für Schritt angehen und lösen. Das hätte Ihnen ja auch während Ihrer Regierungszeit einfallen können. Ist es aber nicht! Sie möchten ganz gern, dass wir den Berg nicht nach und nach abtragen, sondern versuchen, den Berg mit einmal zu heben und beiseite zu schaffen. Daran sind Sie schon vor dem ersten Versuch gescheitert ¿ und Sie hoffen, dass auch wir unsere liebe Not damit haben werden. Wir werden Ihnen aber nicht diesen Gefallen tun. Es liegt doch auf der Hand, dass man nicht alle Verwaltungsebenen gleichzeitig reformieren kann, wenn die Verwaltung insgesamt auch während der Zeit der Umsetzung der Reform arbeitsfähig sein soll. Indem wir die Neugestaltung der Landesverwaltung und der Verwaltung der Verwaltungsgemeinschaften parallel angingen, haben wir schon hohe Belastungen geschultert. Aber auch das ist deutlich: die Reform der Kreisebene haben wir dabei nicht aus den Augen verloren. Im Gegenteil, auch hier steht der Fahrplan. Auch hier werden wir "Nägel mit Köpfen" machen und nicht nur lamentieren. Anrede, der Koalitionsausschuss hat im Dezember letzten Jahres einen Zeitplan für die Kreisgebietsreform beschlossen. Danach soll bis zum zweiten Halbjahr 2004 ein Konzept zur künftigen Kreisstruktur erarbeitet werden. Nach Abschluss der Neuordnung der Verwaltungsgemeinschaften auf der Grundlage des Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit soll ab 2006 mit der Umsetzung einer Kreisgebietsreform begonnen werden. Die Kreisgebietsreform soll bis zum Jahre 2008 abgeschlossen werden. Damit halten wir an der Linie der zeitlich gestaffelten Reform fest. Wir haben zunächst die Reform auf allen Ebenen der Landesverwaltung einschließlich der Schaffung des Landesverwaltungsamts zum Beginn des Jahres begonnen. Als nächstes wird jetzt die Reform der Verwaltungsgemeinschaften auf der Grundlage des Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit zum 31.12.2004 abgeschlossen. Im Ergebnis der Verwaltungs- und Funktionalreform sollen zum 01.01.2005 weitere Aufgaben auf die kommunale Ebene übergehen. Anrede, an diesem klar gegliederten und zeitlich gestaffeltem Ablauf der Reformvorhaben werden wir festhalten. Dabei werden wir ¿ wie bei der Reform der Ebene der Verwaltungsgemeinschaften - die Betroffenen in den Reformprozess einbeziehen. Die PDS hat nun schon fertige Karten gezeichnet ¿ typisch PDS: von oben herab, will sie das Land ordnen, ohne die Bürger vor Ort auch nur einmal gefragt zu haben. Selbstverwaltung und Freiwilligkeit sind hier offensichtlich keine beachtenswerten Größen. Sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, hier unterscheiden wir uns von Ihnen. Anrede, die PDS sieht ein Stadt-Umland-Problem als Teil der anerkannten Notwendigkeit, die Kreise im Land neu zu ordnen. Hier widerspreche ich! Einigkeit besteht, dass die Ebene der Kreisverwaltungen im Land neu ausgerichtet werden muss, um ihre dauerhafte Leistungsfähigkeit sicherzustellen. Allein die Bevölkerungswanderungen, Geburtendefizite und wirtschaftlichen Umwälzungen der letzten 10 Jahre machen deutlich, dass die Verwaltungsstrukturen diesen neuen Tatsachen angepasst werden müssen. Bevor aber überhaupt festgestellt ist, inwieweit und welcher Handlungsbedarf hinsichtlich einer Stadt-Umland-Problematik besteht, macht es doch keinen Sinn, "politische Verantwortung im Reformprozess" ¿ so die PDS - geltend zu machen. Lassen Sie uns doch zunächst einmal den Sachstand ermitteln und ausloten. Die Fakten, die die Reform auf Kreisebene schlagend belegen, nämlich die Bevölkerungsverluste und Verluste an produzierende Unternehmen, sprechen noch nicht für das Vorliegen eines Stadt-Umland-Problems. Im Gegenteil! Es müssten sich die entsprechenden Probleme - soweit es um die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung und dem Flächenbedarf der Unternehmen handelt - aufgrund der uns allen bekannten Entwicklung der Bevölkerungszahlen und Unternehmensstruktur eher entspannt haben. Womit soll denn ein weiterer Flächenbedarf der Großstädte begründet werden? Es geht doch auch nicht wirklich um die gebietliche Ausdehnung der Großstädte. Es geht im Kern doch nur darum, dass die Großstädte mehr Geld für sich reklamieren. Lassen Sie mich daher an dieser Stelle feststellen: Dass insbesondere die Stadt Halle über finanzielle Sorgen klagt, belegt noch kein Stadt-Umland-Probleme in diesem Bereich. Allein der Wunsch einer Großgemeinde, die Steuerquellen der Nachbargemeinden abzuschöpfen, reicht wohl nicht aus. Das soll nicht bedeuten, dass ich ausschließe, dass Stadt-Umland-Probleme auch in Halle bestehen können und wir im Ergebnis zu einem gesetzgeberischen Handlungsbedarf gelangen werden. Lassen Sie uns doch erst einmal unaufgeregt und sachlich eine Bestandsaufnahme machen und die Beteiligten befragen, um zu sehen, ob wir insoweit als Land überhaupt einen Reformbedarf gegenüber den beteiligten Kommunen geltend machen können. Anrede, die PDS will mal wieder den zweiten vor dem ersten Schritt machen und vermengt dabei noch die Problemkreise ¿ damit sind Sie doch schon öfter gescheitert. Es wird dieser Landesregierung nicht ergehen wie der SPD: nach 8 Jahren mit leeren Händen dazustehen und ¿ wie im änderungsantrag ¿ nur auf Vorstellungen einer anderen Fraktion verweisen zu können. Wir werden diesem Beispiel nicht folgen. 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