Einbringungsrede zum Nachtragshaushalt 2004 von Finanzminister Karl-Heinz Paqué (zu TOP 3 der Sitzung des Landtages vom 7. Mai 2004 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2004)
Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 21/04 Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 21/04 Magdeburg, den 7. Mai 2004 Einbringungsrede zum Nachtragshaushalt 2004 von Finanzminister Karl-Heinz Paqué (zu TOP 3 der Sitzung des Landtages vom 7. Mai 2004 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2004) Es gilt das gesprochene Wort! Anrede, die Landesregierung legt Ihnen heute den Planentwurf für einen Nachtragshaushalt vor. Mit diesem Entwurf wird der Haushaltsplan 2004 in einigen wesentlichen Punkten geändert. Mit diesen Änderungen reagieren wir, die Landesregierung, auf die aktuellen Entwicklungen der wirtschaftlichen und fiskalischen Rahmenbedingungen. Und diese Entwicklungen sind schlecht. Deutschland befindet sich in einer tiefgreifenden Konjunktur- und Wachstumskrise. Im Jahr 2003 schrumpfte die deutsche Wirtschaft um 0,1 %, und dies nach Wachstumsraten nahe null in den beiden Vorjahren: 0,8 % im Jahr 2001 und 0,2 % im Jahr 2002. Sachsen-Anhalt hat sich natürlich dieser Entwicklung nicht entziehen können. Im Jahr 2003 gab es hierzulande zwar ein positives Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, aber es fiel mit 0,3% relativ bescheiden aus, vor allem weil die durchaus beachtliche Expansion im Verarbeitenden Gewerbe von einer fortgesetzten Schrumpfung der Bauwirtschaft begleitet war. Auch die Arbeitslosigkeit nimmt in Deutschland zu und die Zahl der Erwerbstätigen geht zurück. Im Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute wird darauf hingewiesen, dass rund 600.000 Vollzeit- und Teilzeitstellen zum Jahresende 2003 im Vorjahresvergleich weggefallen sind. Für die neuen Länder wird ein Minus von 100.000 Erwerbstätigen festgestellt. Auch in diesem Jahr ist keine durchgreifende Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zu erwarten. Die Arbeitslosigkeit wird weiter zunehmen, und die Zahl der Beschäftigten wird weiter sinken. Die Arbeitslosenquote hat sich in Deutschland von 9% in 2001 auf 10,3% in 2003 erhöht. In Sachsen-Anhalt gibt es zwar strukturell einige Lichtblicke; so konnte der Abstand zu den anderen Ländern im Durchschnitt verringert werden, und die rote Laterne wandert vermutlich in diesem Jahr endgültig nach Mecklenburg-Vorpommern. Eine grundlegende konjunkturelle Belebung des Arbeitsmarkts ist aber auch hierzulande ausgeblieben. Was sich am Arbeitsmarkt widerspiegelt, ist auch für die Kapazitätsauslastung der Wirtschaft zu beobachten. Wir haben es mit einer deutlichen konjunkturellen Unterauslastung des Produktionspotentials zu tun, die nun schon seit drei Jahren andauert. Alle Indikatoren deuten darauf hin, dass sich die Wirtschaft Deutschlands und die Wirtschaft Sachsen-Anhalts in einem ausgeprägten Ungleichgewicht befinden. Anrede, mit der Vorlage des Nachtragshaushalts mussten wir die haushaltswirtschaftlichen Konsequenzen aus drei Jahren Stagnation ziehen. Denn wirtschaftliche Stagnation heißt vor allem auch: Wegbrechen von Steuereinnahmen. Niemals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ¿ sei es in den alten Ländern seit 1949, sei es im vereinten Deutschland seit 1990 ¿ hat es auch nur annähernd vergleichbare Steuerausfälle gegeben. Was sich seit 2002 in Deutschland auf der Seite der Steuereinnahmen abgespielt hat, ist für die Verwalter öffentlicher Kassen ein Albtraum. Und ich sage ganz deutlich: Es ist bitter, dass wir mit diesem Nachtragshaushalt die Nettokreditaufnahme um 368 Mio. Euro erhöhen müssen. Aber ich sage auch: Wir tun dies, ohne auch nur einen Euro mehr für freiwillige Leistungen gleich welcher Art auszugeben; und wir tun dies, ohne unseren Konsolidierungskurs mit harten Sparauflagen in allen Bereichen auch nur an irgendeiner Stelle zu verlassen. Lassen Sie mich kurz darlegen, welches die Gründe sind, die uns gezwungen haben, einen Nachtragshaushalt aufzustellen. Kassendefizit 2003 Das Haushaltsjahr 2003 schloss mit einem Defizit in Höhe von 354 Millionen ¿ ab. Nach dem geltenden Haushaltsrecht (§ 25 LHO) ist ein Fehlbetrag spätestens in den Haushaltsplan des zweitnächsten Jahres einzustellen. Die Landesregierung hat sich entschlossen, den Fehlbetrag mit dem Nachtragshaushalt zu aktivieren, da bei einer derartigen Größenordnung eine Erwirtschaftung im Vollzug des kommenden Haushaltsjahres nicht möglich ist. Betrachten wir rückblickend die Situation im Jahr 2003. Das Land hatte Steuerausfälle von rund 352 Mio. ¿ zu verkraften. Dies zeigt im übrigen, dass der Fehlbetrag im Wesentlichen auf exogene Faktoren zurückzuführen ist, die von der Landesregierung nicht zu vertreten und auch nicht zu beeinflussen waren. Mit der Haushaltssperre des letzten Jahres konnten zwar alle anderen Mehrbelastungen aufgefangen werden, so u.a. überplanmäßige Ausgaben für Sozialhilfe von fast 40 Mio. Euro und Überzahlungen an die Kommunen in einer Größenordnung von 70 Mio. Euro. Immerhin gelang es, über die Globale Minderausgabe hinaus noch fast 100 Mio. Euro im Vollzug einzusparen. Einem zusätzlichen Einnahmeausfall in einer Größenordnung von über 350 Mio. Euro ist ein Land jedoch weitgehend machtlos ausgeliefert. Klar ist: Das Defizit 2003 war in seiner vollen Höhe nicht durch Einsparungen im konsumtiven Ausgabenbereich aufzufangen. Ich hatte eine Haushaltssperre verhängt, von der blieben aber die Investitionen weitgehend ausgenommen, zumindest soweit sie mit EU- und mit Bundesmitteln kofinanziert waren. Nur durch tiefe Einschnitte bei den Investitionen hätten wir die Höhe des Defizits nennenswert verringern können. Und dies in einer gesamtwirtschaftlichen Lage, die den erhofften Aufschwung vermissen ließ und immer mehr den Charakter einer schweren Rezession annahm. Die wirtschaftliche Lage in Sachsen-Anhalt und im Bundesgebiet war im letzten Jahr bedrohlich genug, um die Ausnahme der Investitionen von der Sperre zu rechtfertigen. Denn die Folgen einer solchen Sperre wären gewesen: keine öffentlichen Aufträge für die mittelständische Wirtschaft vor Ort, kein zusätzliches Geld aus Berlin und Brüssel im Wirtschaftskreislauf unserer Region und damit im Ergebnis Vertiefung der Rezession. Es war eine Situation, in der man als Finanzminister zwischen zwei Übeln wählen muss. Die Kritiker haben es dann später leicht, mit dem Vorteil des besseren Wissens im nachhinein Schwächen in der Feinabstimmung nachzuweisen. Freimütig bekenne ich, dass man über die Einzelheiten der Feinabstimmung in der Tat trefflich streiten kann. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass bei der Höhe der Steuerausfälle ein Haushaltsausgleich im Vollzug nicht möglich war. Steuerausfälle 2004 Es zeichnet sich deutlich ab, dass auf das Land auch in diesem Jahr Steuerausfälle zukommen. Diese ergeben sich zum größeren Teil aus dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses vom Dezember letzten Jahres und zu einem kleineren Teil aus anderen Steuerrechtsänderungen. Wir haben diese Steuerausfälle zunächst mit 80 Mio. Euro veranschlagt und gehen davon aus, dass dieser Betrag hinreichen wird, um die Steuerausfälle abzubilden, die uns die Steuerschätzung in einer Woche präsentieren wird. Aufgrund der Ist-Entwicklung des bisherigen Steueraufkommens sind wir moderat zuversichtlich, aber es bleiben Risiken. Das exakte Ergebnis der Steuerschätzung kann dann im parlamentarischen Verfahren in den Nachtragshaushalt eingespeist werden. Operationelles Programm der EU Der Nachtragshaushalt ist auch notwendig, um die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um Gelder des Operationellen Programms der EU für die Periode 2000 ¿ 2006 bestmöglich einsetzen zu können. Im Rahmen der Halbzeitevaluierung des Operationellen Programms hat Sachsen-Anhalt einen Änderungsantrag bei der EU eingereicht. Über diesen ist noch nicht entschieden. Wir gehen aber davon aus, dass die EU in den nächsten Monaten dazu eine Entscheidung treffen wird. Außerdem hat die EU die sogenannte Leistungsreserve des Operationellen Programms für Sachsen-Anhalt freigegeben. Für beide Maßnahmen bedarf es einer haushalterischen Ermächtigung, um mit den geänderten neuen Ansätzen schon in diesem Haushaltsjahr arbeiten zu können. Anrede, die Landesregierung setzt mit diesem Nachtragshaushalt 2004 ihren Konsolidierungskurs konsequent fort. Wer mit Blick auf die unerfreulich hohe Nettokreditaufnahme etwas anderes behauptet, der verkennt die zusätzlichen Einsparungen, die bei der Aufstellung des Hauhalts geleistet wurden. Die im Haushaltsplan 2004 veranschlagten Globalen Minderausgaben von knapp 100 Mio. ¿ wurden mit dem Nachtrag weitgehend aufgelöst ¿ lediglich drei Ressorts müssen im weiteren Haushaltsvollzug einen kleinen Anteil der Globalen Minderausgaben noch mit Einsparungen untersetzen. Dazu habe ich ihnen bis zum 30.09. des Jahres eine Frist gesetzt. Mit der Vertitelung der globalen Minderausgaben ist nun die Voraussetzung für deren Erwirtschaftung im Haushaltsvollzug sichergestellt worden. Darüber hinaus wurden weitere Einsparungen von 50 Mio. ¿ umgesetzt. Dies ist eine beachtliche Kraftanstrengung, für die ich mich bei meinen Kollegen noch einmal ausdrücklich bedanke. Denn ich weiß, dass bereits der Grundhaushalt 2004 erhebliche Einschnitte mit sich gebracht hatte. Im Ergebnis führt dies alles dazu, dass in 2004 das Ausgabevolumen ¿ abzüglich des etatisierten Jahresfehlbetrags von 2003 ¿ gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsplan 2004 nochmals um 0,55 % gesenkt wurde. Dies bedeutet gegenüber dem Grundhaushalt 2003 eine Ausgabensenkung von fast 3 %. Damit gehört Sachsen-Anhalt im Jahr 2004 wie schon im Jahr zuvor eindeutig zu den Ländern in Deutschland mit der restriktivsten Ausgabenpolitik. Die stabilitätspolitische Vorgabe des Finanzplanungsrats, die eine maximale nominale Ausgabensteigerung um 1 % pro Jahr vorschreibt, wird also mit breiter Marge von 4 Prozentpunkten unterschritten. Dies macht klar: Das fiskalische Problem Sachsen-Anhalts liegt eindeutig und allein auf der Einnahmenseite. Anrede, ich komme zur Höhe der Kreditaufnahme des Landes und zu ihrer verfassungsrechtlichen Problematik. Die Nettokreditaufnahme des Landes beläuft sich im Entwurf des Nachtragshaushaltes auf 1,317 Mrd. ¿. Sie liegt damit rund 400 Mio. ¿ über dem Niveau der eigenfinanzierten Investitionen. Nach Artikel 99 Absatz 2 der Landesverfassung dürfen die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan für Investitionen veranschlagten Ausgaben nicht übersteigen. Ausnahmsweise darf die Kreditaufnahme die eigenfinanzierten Investitionen übersteigen, um eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes abzuwehren. Ich habe zu Beginn dargestellt, dass in Deutschland und auch in Sachsen-Anhalt seit drei Jahren eine massive Wachstumsschwäche bei hoher konjunktureller Arbeitslosigkeit und Unterauslastung des Produktionspotentials herrscht. Die Landesregierung ist in dieser Lage berechtigt, die Kreditgrenze des Art. 99 Absatz 2 zu überschreiten. Der Verfassungsgeber hat des weiteren in Satz 2 des Artikels 99 Absatz 3 die sogenannte Finalität der erhöhten Kreditaufnahme zum Ausdruck gebracht. Danach muss die Kreditaufnahme nach Umfang und Verwendung bestimmt und geeignet sein, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzuwenden. Tatsache ist nun, dass die verfassungsmäßige Grenze nur einzuhalten wäre, wenn es zu weiteren drastischen Kürzungen im konsumtiven Bereich käme. Diese würden aber an rechtliche Grenzen stoßen oder sie hätten schwerwiegende Konsequenzen für die Funktionsfähigkeit der Verwaltung sowie insbesondere negative Beschäftigungswirkungen in unserer Region. Personalausgaben Was die Personalausgaben betrifft, so haben wir diese bereits im Nachtragshaushalt in Höhe von rund 11 Mio. ¿ reduziert. Eine weitere Reduzierung ist angesichts des ganz eng geschnürten Personalabbaukonzeptes der Landesregierung nicht möglich. Wir hätten alle bestehenden Tarifverträge, die im übrigen durch die Teilzeitregelungen erhebliche Ausgaben einsparen, kündigen müssen und mindestens im deutlich vierstelligen Bereich Mitarbeitern entlassen müssen. Die sozialen Folgen brauche ich Ihnen wohl nicht darstellen, von dem konjunkturellen Nachfrageausfall durch sinkende Einkommen ganz zu schweigen. Sächliche Verwaltungsausgaben Bei den sächlichen Verwaltungsausgaben wird die Landesregierung erneut einsparen. Damit liegt Sachsen-Anhalt mit 147 Euro pro Kopf bereits deutlich günstiger als Sachsen mit 162 Euro pro Kopf, in absoluten Zahlen im Vergleich der Nachbarländer immerhin eine Einsparung von rd. 35 Mio. ¿ an sächlichen Verwaltungsausgaben. Ein ähnliches Bild ergibt ein Vergleich mit den westdeutschen Flächenländern. Eine weitere Einsparung ist kaum zu leisten, ohne die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben zu gefährden. Zudem tritt das Land auch hier als Nachfrager auf dem Markt auf. Damit könnte eine weitere Reduzierung dieser Ausgaben ebenfalls zu negativen Wachstums- und Beschäftigungswirkungen führen. Nicht-investive Zuweisungen und Zuschüsse Bei den nicht-investiven Zuweisungen und Zuschüssen haben wir bereits in der Vergangenheit massiv gekürzt ¿ ich erinnere nur an das Kinderförderungsgesetz. Auch im Grundhaushalt 2004 und im Nachtrag werden zusätzliche Kürzungen bei der institutionellen Förderung vorgenommen. Eine weitere Reduzierung hätte in diesen Bereichen zusätzliche negative Beschäftigungswirkungen zur Folge. Zuweisungen an die Kommunen Die Kommunen befinden sich zur Zeit in einer ähnlichen finanziellen Misere wie das Land. Erhebliche Kürzungen im Finanzausgleichsgesetz würden die finanzielle Lage unserer Kommunen zusätzlich verschärfen. Wir würden damit lediglich das Problem auf die kommunale Eben verschieben, aber in der gemeinsamen Betrachtung von Land und Kommunen insgesamt keine Verbesserung erzielen. Die Landesregierung hält es nicht für sachgerecht, durch erneute Einschnitte die Investitionstätigkeit der Kommunen weiter einzuengen. Kürzungen in diesem Bereich hätten ebenfalls unmittelbar negative Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung. Anrede, mit Blick auf die Verfassungsmäßigkeit des Haushalts lautet deshalb das Fazit: In einer Situation des gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichts mit hoher Unterauslastung des Kapitalstocks und mit großer Unterbeschäftigung würde eine weitere Beschränkung der Konsumausgaben ¿ soweit überhaupt rechtlich möglich ¿ die Funktionsfähigkeit der Landesverwaltung in Frage stellen und dem volkswirtschaftlichen Kreislauf im Lande Sachsen-Anhalt wesentliche Nachfrageimpulse entziehen. Insofern können wir nicht das einnahmebedingte etatisierte Defizit aus 2003 durch eine noch weitergehende drakonische Einschränkung der Konsumausgaben in 2004 gegenfinanzieren. Der zwingende Verzicht auf diese Ausgabenkürzung bei einem etatisierten Einnahmenausfall ist damit bei sachgerechter Betrachtung genau so zu interpretieren wie eine gezielte Ausgabenerhöhung bei konstanten Einnahmen, und zwar als geeigneter stabilitätspolitischer Beitrag, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beseitigen. Damit werden wir in schwieriger Lage unserer Verantwortung für das Land gerecht. Anrede, in dem Nachtragshaushalt, der Ihnen vorliegt, haben wir wie im Jahr zuvor die Investitionsausgaben möglichst von Kürzungen ausgenommen. Trotz der enormen Einnahmeverluste liegt die Investitionsquote ¿ ohne die Fluthilfeausgaben - bei rd. 18,4 %. Weitere Kürzungen bei den Investitionen in diesem Jahr würden die wirtschaftliche Lage in Sachsen-Anhalt in nicht hinnehmbarer Weise zusätzlich gefährden. Was für die Konsumausgaben gilt, trifft natürliche a fortiori für die Investitionen zu. Mit Blick auf den Doppelhaushalt 2005/2006 werden wir allerdings eine umfassende Überprüfung unserer Förder- und Investitionspolitik vornehmen ¿ auch auf der Grundlage eines Subventionsberichts, der gerade in meinem Hause erstellt wird. Auch bei den Investitionen werden künftig ¿ noch stärker als bisher ¿ Prioritäten gesetzt werden müssen. Anrede, Sachsen-Anhalt befindet sich durchaus nicht allein in einer extrem schwierigen Situation. Im Jahr 2003 haben acht von 16 Ländern eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts geltend gemacht. Weitere vier sind im Ist über die verfassungsrechtliche Regelgrenze gerutscht. Im Jahr 2004 haben bereits, so ist der gegenwärtige Zwischenstand, neben Sachsen-Anhalt weitere fünf Länder sowie Berlin mit ihrer geplanten Nettokreditaufnahme in der Sollplanung die eigenfinanzierten Investitionen überstiegen. Und nach der Steuerschätzung, so steht jedenfalls zu befürchten, dürften weitere hinzukommen. Der Bund hat eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes seit 2002 erklärt. Damit hat die Bundesregierung ihre ¿Vorbildfunktion¿ schon seit längerem aufgegeben. Nach neuesten Verlautbarungen wird sich daran unter dieser Bundesregierung auch in Zukunft nichts ändern. Im Gegenteil, während wir im Lande unter schwierigsten Bedingungen unsere Hausaufgaben machen, wird in der rot-grünen Berliner Koalition darüber sinniert, ob man Schluss machen sollte mit der Sparpolitik. Anrede, wir in Sachsen-Anhalt werden nicht Schluss machen mit der Haushaltskonsolidierung, denn sie ist der einzige Weg, dieses Land zukunftsfähig zu machen. Es gibt dazu keine Alternative. Wir werden weitermachen. Wir lassen uns nicht entmutigen von den katastrophalen Einnahmeausfällen, die wir in den ersten beiden Jahren unserer Regierungszeit haben hinnehmen müssen. Ich darf daran erinnern: Bei unserem Regierungsantritt im Jahr 2002 hatten wir eine Finanzplanung vorgefunden, die aufgrund der damals aktuellen Steuerschätzung völlig überholt war. Danach hätten wir beispielsweise im Jahr 2003 ein Steueraufkommen einschließlich Länderfinanzausgleich und Fehlbetrags-Bundesergänzungszuweisungen von 6,0 Mrd. ¿ erwarten dürfen. Tatsächlich eingenommen haben wir aber nur 4,9 Mrd. ¿, mithin eine Differenz von 1,1 Mrd. ¿. Dies sind über 10 v.H. des Haushaltsvolumens. Wir haben seinerzeit reagiert und eine ¿ nach damaligen Erkenntnissen ¿ realistische Mittelfristige Finanzplanung vorgelegt, die die jährlichen Ansätze jeweils um rund 400 bis 500 Mio. ¿ reduzierte. Heute wissen wir, dass selbst diese starken Korrekturen nach unten nicht ausreichend waren. In der Mittelfristigen Finanzplanung 2002 bis 2006, die die Landesregierung unmittelbar nach ihrem Amtsantritt auf Grundlage der Steuerschätzung vom Mai 2002 vorgelegt hatte, wurden für das Land Sachsen-Anhalt noch Steuereinnahmen in Höhe von 5,5 Mrd. ¿ für das Jahr 2003 prognostiziert. Tatsächlich eingenommen wurden nur rund 4,9 Mrd. ¿. Für das Jahr 2004 eine ähnliche Situation: 5,8 Mrd. ¿ wurden noch im Mai 2002 prognostiziert. Vorbehaltlich der neuen Steuerschätzung in der kommenden Woche werden es voraussichtlich jedoch nur etwa 5,1 Mrd. ¿ sein. Das bedeutet: Wir, die Landesregierung, mussten und müssen Einnahmeausfälle von jährlich jeweils etwa 600 bis 700 Mio. ¿ schultern und zwar zusätzlich zu den vorgefundenen Konsolidierungserfordernissen, die uns die Vorgängerregierung hinterlassen hat und die im Gutachten von Prof. Seitz ihren Ausdruck fanden. Ich darf Sie bitten, sehr geehrte Opposition, dies konstruktiv zur Kenntnis zu nehmen. Von Ihrer Seite wird immer wieder gesagt, Steuerausfälle seien doch etwas ganz Normales und gehörten zum finanzpolitischen Alltagsgeschäft. Sie übersehen dabei, dass das, was Sie in Ihrer Regierungszeit als Steuermindereinnahmen hinnehmen mussten, in überhaupt keinem Verhältnis steht zu dem, was sich seit 2002 abspielt. Im Jahr 2001, dem letzten Jahr Ihrer Regierungszeit, lag das tatsächliche Steueraufkommen bei 5,7 Mrd. Euro, gut 400 Mio. Euro höher als 1995, dem ersten Jahr nach der Integration der neuen Länder in den Finanzausgleich; und es lag immerhin noch 150 Mio. Euro über dem Niveau von 1998, dem Beginn Ihrer zweiten und letzten Regierungszeit. Zwischen 2001 und 2003 dagegen sackte das Steueraufkommen förmlich in sich zusammen ¿ von 5,7 auf 4,9 Mrd. Euro. Sehr geehrte Opposition, bleiben Sie bitte redlich und erkennen Sie an, dass diese CDU/FDP-Regierung die ungleich schwierigere fiskalische Aufgabe hat, als es Ihre eigene Aufgabe seinerzeit jemals war. Sie konnten damals mit dem Strom steigender Einnahmen oder zumindest im ruhigen Gewässer konstanter Einnahmen arbeiten ¿ und Sie haben dabei nicht viel an Konsolidierung zustandegebracht, wie das Gutachten von Prof. Seitz im Ländervergleich eindrucksvoll belegt. Wir dagegen mussten bisher gegen eine stärker werdende Strömung anschwimmen ¿ eine Strömung, in der Sie längst weit flussabwärts getrieben wären, während wir uns wenigstens auf der Stelle halten konnten. Und, sehr geehrte Opposition, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir bereits mit dem Haushalte 2003 und dem Grundhaushalt 2004 schwierige Kürzungen und Reformen durchgesetzt haben, zu denen Ihnen jahrelang der politische Mut fehlte: Wir haben im Kampf mit den Personalkosten ernst gemacht ¿ durch Einstellungsstopp und durch Personalbewirtschaftung im Landesdienst, durch Lohnverzicht von Beamten und Angestellten, sei es über die Kürzung von Sonderzuwendungen oder durch tarifliche Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich. Wir haben Leistungsgesetze verändert, allen voran die Kinderbetreuung, wo mehr elterliche Selbstverantwortung auch aus grundsätzlichen Erwägungen angebracht ist. Wir sparen damit jährlich 45 Mio. Euro, die sonst an anderer Stelle aufzubringen wären. Und wir haben damit noch immer die beste und umfassendste Kinderbetreuung in ganz Deutschland einschließlich der anderen neuen Länder. Wir haben einen Konsolidierungsplan für die Hochschulen entwickelt, und dieser Plan greift und wird von den Hochschulen akzeptiert. Schließlich haben wir in angemessenem Umfang auch die Kommunen an der Bürde der steuerlichen Mindereinnahmen beteiligen müssen. Anrede, damit wir uns nicht missverstehen, ich sage klar: Wir haben unsere Ziele noch lange nicht erreicht, aber wir haben doch wenigstens verantwortungsvoll die Weichen gestellt, um unsere Ziele zu erreichen, wenn dies auch vielleicht erst später als ursprünglich geplant sein kann. Allerdings setzt auch dies voraus, dass die gesamtwirtschaftliche Wetterlage in Deutschland besser wird, und dafür sind nicht wir, sondern in erster Linie die rot-grüne Bundesregierung verantwortlich. Impressum: Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Editharing 40 39108 Magdeburg Tel: (0391) 567-1105 Fax: (0391) 567-1390 Mail: thiel@mf.lsa-net.de
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