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Magdeburg, den 14.07.2004

Rede von Finanzminister Karl-Heinz Paqué zur zweiten Lesung des Nachtragshaushaltes 2004

Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 29/04 Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 29/04 Magdeburg, den 8. Juli 2004 Rede von Finanzminister Karl-Heinz Paqué zur zweiten Lesung des Nachtragshaushaltes 2004 Anrede, heute beraten wir in zweiter Lesung den Nachtragshaushaltsplan 2004. Mit diesem Nachtragshaushalt wird das Haushaltsgesetz für das Jahr 2004 in einigen wesentlichen Punkten geändert. Die Beweggründe der Landesregierung, für das Haushaltsjahr 2004 einen Nachtragshaushaltsplan vorzulegen, hatte ich bereits während der ersten Lesung im Mai ausführlich dargestellt. Ich möchte mich daher heute darauf beschränken, noch einmal einzelne Aspekte dieses Nachtragshaushaltplans zu erläutern, die mir besonders wichtig erscheinen. Dabei werde ich vor allem auf die Änderungen eingehen, die nach der Einbringung des Gesetzentwurfs im Rahmen der Beratungen im Finanzausschuss eingearbeitet wurden. Lassen Sie mich die drei Gründe zusammenfassen, welche entscheidend dafür waren, dass die Landesregierung einen Nachtragshaushaltsplan für das Jahr 2004 bereits in der ersten Jahreshälfte erarbeitet hat: · Zunächst wird mit dem Nachtrag der Ausgleich des Fehlbetrags aus dem Haushaltsjahr 2003 vorgenommen. Die Landeshaushaltsordnung schreibt den Ausgleich eines Fehlbetrages im nächsten oder spätestens im übernächsten Jahr vor, d. h. für das Jahr 2003 entweder im Jahr 2004 oder spätestens 2005. · Der zweite wichtige Grund für den Nachtrag sind die Folgen des Vermittlungsausschuss-Ergebnisses vom Dezember des vergangenen Jahres, und zwar insbesondere die Einigung über das teilweise Vorziehen der Steuerreform sowie über die sogenannten Hartz-Gesetze, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Arbeitsmarkt-Reformen der Bundesregierung stehen. Die Steuerrechtsänderungen und weitere Einnahmeausfälle, die konjunkturell bedingt sind, führen in der Summe zu Mindereinnahmen für das Land und für die Kommunen von knapp 90 Mio. Euro. Dies ist eine Größenordnung, die ohne Korrekturen am Haushaltsplan allein im Vollzug nicht aufgefangen werden kann. · Dritter wesentlicher Grund war die Umgestaltung der haushalterischen Abbildung der EU-Förderpolitik. Sachsen-Anhalt hat im Rahmen der Halbzeitevaluierung des Operationellen Programms einen Änderungsantrag bei der EU eingereicht. Über diesen ist noch nicht entschieden. Daneben hat die EU die sog. Leistungsreserve des Operationellen Programms für Sachsen-Anhalt freigegeben. Für beide Maßnahmen bedarf es einer haushalterischen Ermächtigung, um mit den geänderten Ansätzen schon in diesem Haushaltsjahr arbeiten zu können. Diese drei Beweggründe wurden kombiniert mit einer weitgehenden Auflösung der Globalen Minderausgabe und weiteren Einsparungen, die noch über die Globale Minderausgabe hinausgehen. Wir, die Landesregierung, haben damit im Grunde nur den Haushaltsplan 2004 an die veränderten politischen Rahmenbedingungen angepasst. Dabei war ¿ und dies ist bitter - eine Erhöhung der Neuverschuldung unvermeidbar. Die im Haushaltsplan 2004 vorgesehene Kreditaufnahme wurde um 387 Mio. Euro aufgestockt, so dass die Neuverschuldung nun 1,336 Milliarden Euro beträgt. Neben der schon angesprochenen Abdeckung des Fehlbetrages und den Mindereinnahmen bei den Steuern mussten wir zusätzlich erhebliche Mehrausgaben für die Grundsicherung berücksichtigen. Das Grundsicherungsgesetz wurde im letzten Jahr neu eingeführt. Belastbare Angaben über die Kosten in diesem Bereich lagen daher erstmals im Frühjahr 2004 vor ¿ d. h. nach der Abrechnung über die letztjährigen Leistungen. Gegenüber den Kommunen hat das Land Wort gehalten: Die zusätzlichen Kosten durch die Grundsicherung wurde aufgefangen. Für das Land bedeutet dies allerdings eine zusätzliche Belastung und eine höhere Nettokreditaufnahme. Es wurden daneben umfangreiche Kürzungen vorgenommen, auf die ich noch konkreter eingehen werde. Soweit, meine Damen und Herren, zum Grundgerüst des Nachtragshaushaltsplans. Zwei Problembereiche möchte ich herausgreifen und ausführlicher betrachten: den Jahresabschluss 2003 und den Jahresfehlbetrag. Sie sind die wichtigsten Ursachen für die Erhöhung der Neuverschuldung. Zum ersten Punkt: Als der Entwurf des Nachtragshaushaltsplans 2004 von der Landesregierung verabschiedet wurde, zeichnete sich ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 354 Mio. Euro ab, der ziemlich genau den Steuermindereinnahmen entspricht. Wie bereits in den Vorjahren, so waren auch in diesem Jahr die üblichen Jahresabschlussarbeiten zu diesem Zeitpunkt weitgehend beendet. Die einzigen noch offenen Positionen waren Erstattungszahlungen der Europäischen Kommission. Im Einzelnen handelte es sich um Abschlusszahlungen für die zurückliegende Förderperiode der Jahre 1994 bis 1999. Offen war ein Betrag von rund 87 Mio. ¿. Erfahrungsgemäß ist es bei Erstattungen der Europäischen Union immer schwierig, deren genauen Eingang vorherzusagen, zumal die EU bei Abschlusszahlungen leider an keinerlei Fristen gebunden ist. Da der größte Teil dieser Abschlusszahlungen längst fällig war, bin ich im März dieses Jahres nach Brüssel gereist, um auf hoher politischer Ebene sicherzustellen, dass die Abschlusszahlungen alsbald erfolgen. Tatsächlich ist mir in Brüssel zugesagt worden, dass die Erstattungsanträge kurzfristig bearbeitet würden. Die Generaldirektion Regionalpolitik, die für die Abwicklung des EFRE-Programm zuständig ist, hat mir eine Auszahlung noch in der ersten Jahreshälfte zugesichert, und zwar des gesamten Betrages von 65 Mio. Euro aus dem EFRE-Programm. Weiterhin hat mir die Generaldirektion Regionalpolitik nachdrückliche Unterstützung zugesagt für die baldige Auszahlung der noch fehlenden Mittel aus dem EAGFL-Programm in Höhe von rund 10 Mio. Euro und dem ESF-Programm in Höhe von rund 12 Mio. Euro ¿ Programme, bei denen die Prüfung mittlerweile längst abgeschlossen war. Diese Zusage war Grundlage für die Kalkulation des Jahresfehlbetrags 2003 im Nachtragshaushalt 2004. Insofern, meine Damen und Herren, geht jeder Vorwurf ins Leere, in dem behauptet wird, die Haushaltsplanung der Landesregierung sei unseriös und klammere sich an ¿irgendwelche Strohhalme unsicherer Einnahmen¿. Die EU-Kommission hat allerdings ihre Zusage nicht eingehalten. Sie hat dies getan, ohne ihr Vorgehen stichhaltig zu begründen. Die Auszahlung eines Teils der Außenstände wird sich daher verzögern ¿ dies bedeutet, dass von der Gesamtsumme von 87 Mio. ein Teilbetrag von 36 Mio. ¿ voraussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte eingehen wird. 51 Mio. Euro sind inzwischen bei der Bundeskasse eingetroffen. Die Zuweisung an das Land Sachsen-Anhalt wird zur Zeit veranlasst. Besonders ärgerlich sind die Verzögerungen beim ESF und beim EAGFL, bei denen die Prüfungen der sachgerechten Mittelverwendung bereits längst abgeschlossen sind. Beim ESF seit Anfang 2003, beim EAGFL seit Dezember 2003. Lassen Sie mich dies anhand eines Beispiels darstellen. Hinsichtlich eines Teilbetrags von knapp 10 Mio. ¿ bedarf es noch einer Korrektur aufgrund von Währungsumrechnungsdifferenzen ¿ die Fördermittel wurden noch zu Zeiten des ECU und der DM gewährt und damals gab es noch Kursschwankungen. Bei diesem Betrag handelt es sich allenfalls um wenige Prozentpunkte der Gesamtsumme, das lässt sich mit einem Taschenrechner ermitteln. Dennoch ist ein solch geringer Betrag Anlass für die Europäische Union, die Auszahlung des Gesamtbetrages vorerst vollständig zurückzuhalten. Meine Damen und Herren, sie erkennen die Unwägbarkeiten, die im Bereich der EU-Mittel trotz der Zusage vom März bestehen. Verzögerte Auszahlungen bedeuten natürlich für den Landeshaushalt auch einen nicht unerheblichen Zinsverlust ¿ schließlich ist das Land bei der Finanzierung der geförderten Maßnahmen im Regelfall in Vorleistung gegangen. Während des parlamentarischen Verfahrens mussten wir die Konsequenzen aus diesen Vorgängen ziehen: Ich habe mich daher entschlossen, die Bücher für das Haushaltsjahr 2003 zu schließen, wenn die 51 Mio. Euro eingegangen sind. Der Jahresfehlbetrag 2003 fällt damit höher aus als bisher angenommen und beläuft sich auf knapp 390 Mio. Euro. Die noch ausstehenden EU-Einnahmen, mit deren Eingang nun innerhalb dieses Jahres zu rechnen ist, wurden nachveranschlagt. Die Neuverschuldung muss daher also nicht erhöht werden. Anrede, die Landesregierung hat zusätzliche Einsparungen in Höhe von 50 Mio. Euro vorgenommen. Damit nutzt sie die Aufstellung des Nachtragshaushaltes, um einen weiteren Beitrag zur Konsolidierung der Landesfinanzen zu leisten. Dies festzustellen ist mir besonders wichtig. Denn damit beweisen wir: Vom eingeschlagenen Sparkurs weicht die Landesregierung nicht ab. Zusätzlich war im Haushaltsplan 2004 eine Globale Minderausgabe von knapp 100 Mio. Euro veranschlagt. Im Rahmen der Aufstellung des Regierungsentwurfs für den Nachtragshaushalt wurde diese weitgehend aufgelöst. Meine Damen und Herren, der Veranschlagung von Globalen Minderausgaben liegt die bildhafte Theorie vom ¿Bodensatz¿ eines Haushalts zugrunde. Globale Minderausgaben sind  unspezifizierte Einsparverpflichtungen, die durch das Verbleiben eines Bodensatzes ¿ d. h. eines jeweils kleinen Restes bei einer Vielzahl von Ansätzen - erwirtschaftet werden müssen. Je enger ein Haushalt bemessen ist ¿ und der diesjährige Haushalt ist eng bemessen -, desto größer ist das Risiko, dass diese Einsparverpflichtung nicht durch Reste erwirtschaftet werden kann. Mit anderen Worten: Durch die Auflösung der Globalen Minderausgabe hat die Landesregierung ein erhebliches Risiko für den Haushaltsvollzug beseitigt. Allein der Blick auf die Entwicklung der Neuverschuldung lässt eine sachgerechte Bewertung des Nachtrags und der von der Regierungskoalition verfolgten finanzpolitischen Handlungslinie nicht zu ¿ dies sage ich vor allem in Richtung Opposition, die in ihrer Kritik einseitig geneigt ist, an den absoluten Zahlen anzuknüpfen. Vielmehr ist der Nachtrag Teil des einheitlichen und schlüssigen Gesamtkonzepts der sachsen-anhaltischen Landesregierung und er ist Teil der Fortsetzung des Konsolidierungskurses unter schwierigsten Bedingungen. Die Einsparungen und die Auflösung der Globalen Minderausgabe bedeuten in der Konsequenz unvermeidbare Einschnitte in die Finanzausstattung der betroffenen Aufgabenbereiche. Der Handlungsspielraum für den Haushalt ist eng. Und er wird zusätzlich verengt durch weitere, neue Globale Minderausgaben, die während des parlamentarischen Verfahrens auf besondere Initiative der Fraktionen ausgebracht wurden. In vergleichbarer Weise wird sich auswirken, dass  Sozialhilferückflüsse für Mehrausgaben verwendet werden - auch dies geschah auf Initiative der Fraktionen. Um auch die neuen Einsparverpflichtungen zu erfüllen, wird im Vollzug des Nachtragshaushalts 2004 sicherlich strengste Ausgabendisziplin notwendig sein. Dies sage ich nicht zuletzt auch gerichtet an die Regierungsfraktionen, die den Sparkurs der Landesregierung mittragen und unterstützen. Lassen Sie es mich an dieser Stelle daher klar und offen aussprechen: Sowohl der Haushaltsplan als auch der Nachtragshaushalt 2004 sind auf Kante genäht. Zur Verdeutlichung darf ich in diesem Zusammenhang den Präsidenten des Landesrechnungshofs zitieren. Er hat in seiner bildhaften Sprache festgestellt: ¿Der Haushalt hat keine Luft zum Atmen¿. Von Polstern, die vielleicht noch irgendwo zu entdecken wären, kann nicht die Rede sein. Meine Damen und Herren, in den Vorjahren lagen die größten Unsicherheiten und Risiken im Bereich der Steuereinnahmen. Im Vollzug des Haushaltes 2004 liegen sie eher auf der Ausgabenseite. Dies ist die Kehrseite der Ausgabenkürzungen. Sie liegen in vielen Punkten an der Grenze des Vertretbaren. Wir werden daher vor allem die Entwicklung der Ausgaben in den kommenden Wochen und Monaten genau beobachten müssen. Nur so können wir rechtzeitig auf eventuelle Fehlentwicklungen reagieren. Die Regelungen zur Haushaltsführung werden dies berücksichtigen müssen. Sie sind in einer Ergänzung zum Haushaltsführungserlass 2004 mit Verkündigung des Nachtragshaushalts zu präzisieren. Eines kann ich jedoch bereits zum jetzigen Zeitpunkt klar sagen: Auch nach Inkrafttreten des Nachtrags ist eine äußerste Ausgabendisziplin notwendig. Ein ordnungsgemäßer Haushaltsvollzug lässt sich anders nicht sicherstellen. Eine Lockerung der Ausgabendisziplin würde große Belastungen für den Vollzug mit sich bringen. Dies wäre angesichts der finanziellen Lage des Landes das völlig falsche Signal. Der Nachtrag ist eben kein ¿ordentlicher Schluck aus der Pulle¿, der ¿frisches Geld¿ ins Land bringt. Er ist vielmehr die zweifellos bittere Konsequenz aus den finanzwirtschaftlichen Entwicklungen des letzten (und dieses) Jahres. Anrede, ich möchte abschließend eine Gesamtbewertung dieses Nachtragshaushaltsplans 2004 vornehmen: Er ist das Ergebnis eines Haushaltsjahres 2003, das unter Einnahmegesichtspunkten als katastrophal bezeichnet werden muss. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur daran, dass wir im Jahr 2003 das niedrigste Steueraufkommen seit 1995, der Integration des Landes in den gesamtdeutschen Finanzausgleich, zu verzeichnen hatten (Höhe: 4,2 Mrd. Euro). Er ist zugleich die Umsetzung und Anpassung des Haushaltplans an die jüngsten Entscheidungen der Bundesregierung. Und er ist ¿ gemessen an den äußerst schwierigen Rahmenbedingungen - darüber hinaus eine Fortsetzung der bisherigen Sparpolitik der Landesregierung. Ich bitte Sie daher, dem Nachtragshaushaltsplan 2004 zuzustimmen. Vielen Dank!                                                                                                                                                   Eckdaten zum Haushaltsplan 2004 und Nachtragshaushalt für das Haushaltsjahr 2004 Haushalts- Nachtrag plan 2004 2004 (Mio. EUR) (Mio. EUR) Gesamtvolumen 10.415,0 10.768,6 Nettokreditaufnahme 948,6 1.336,2 Einnahmen (ohne Kredite) 9.466,4 9.432,4 darunter: Länderfinanzausgleich 536,0 525,0 Bundesergänzungszuweisungen 1.999,0 1.997,0 Steuern 4.412,0 4.336,0 Sonstige Einnahmen 2.519,4 2.574,4

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