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Magdeburg, den 16.09.2004

Einbringungsrede von Finanzminister Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué zum Doppelhaushaltsplanentwurf 2005/2006

Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 36/04 Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 36/04 Magdeburg, den 17. September 2004 Einbringungsrede von Finanzminister Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué zum Doppelhaushaltsplanentwurf 2005/2006 ES GILT DAS GESPROCHENE WORT! Anrede, vor Ihnen liegt der Entwurf der Landesregierung für den Doppelhaushalt 2005/2006 sowie die Mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2004 bis 2008. Erstmals legen wir, die Landesregierung, einen Doppelhaushalt für die beiden kommenden Jahre vor. Wir schaffen damit mehr Planungssicherheit ¿ für die Ressorts, aber noch mehr für die Empfänger von Leistungen des Landes, besonders für die Kommunen und für viele Einrichtungen im Sozial- und Kulturbereich. Natürlich sind wir uns der Risiken bewusst, die ein längerer Planungszeitraum grundsätzlich mit sich bringt. Wir sind aber der Meinung, dass diese Risiken in der derzeitigen konjunkturellen Lage begrenzt sind. Die jüngste Entwicklung der Konjunkturdaten und der Steuereinnahmen sprechen eindeutig dafür, dass massive Einnahmeeinbrüche wie in der jüngsten Vergangenheit sich im Planungszeitraum nicht wiederholen werden. Doppelhaushalte sind im übrigen keine exotische Idee der Regierung Sachsen-Anhalts. Sie sind in der Praxis der Länderfinanzen längst die Regel und nicht die Ausnahme.  13 von 16 Ländern in Deutschland arbeiten mit Doppelhaushalten ¿ die Ausnahmen sind Hamburg, Niedersachsen und das Saarland. Dabei schieben einige Länder wie beispielsweise Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz aufgrund ihrer fünfjährigen Legislaturperioden im Einzelfall auch einen einjährigen Haushalt dazwischen. Aber dies ändert nichts an der Tatsache, dass sie im Regelfall Doppelhaushalte aufstellen. Es hat sich eben die Erkenntnis durchgesetzt, dass mehr Planungssicherheit ein hoher Wert ist und die etwas geringere Flexibilität, die damit verbunden ist, durchaus in Kauf genommen werden kann. Anrede, der Entwurf des Doppelhaushaltes für die beiden kommenden Jahre ist Grundlage und Ausweis für die Finanzpolitik im zweiten Teil der aktuellen Legislaturperiode. Der Regierungsentwurf ist die Fortsetzung des Konsolidierungskurses, der mit dem Antritt der CDU/FDP-Regierung im Jahr 2002 eingeleitet und mit den Haushalten 2003, 2004 und dem Nachtrag 2004 umgesetzt wurde. Die weitere Fortführung des Kurses über die beiden Planungsjahre 2005 und 2006 hinaus ist in der Mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahr 2008 dargestellt. Ich möchte heute um Ihre Unterstützung für diesen Kurs in den bevorstehenden parlamentarischen Plenar- und Ausschussberatungen werben. Ich werde in dieser Einbringungsrede die zentralen Gesichtspunkte des Regierungsentwurfs erläutern. Im Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt ist für das Jahr 2005 eine Nettoneuverschuldung von 893,7 Mio. ¿ und für das Jahr 2006 von 797,0 Mio. ¿ vorgesehen. Die Landesregierung legt damit für beide Jahre einen Planentwurf vor, der den verfassungsrechtlichen Anforderungen nachkommt ¿ die eigenfinanzierten Investitionen liegen in 2005 bei 939,1 Mio. ¿ und in 2006 bei 898,8 Mio. ¿. Eigentlich sollte das Einhalten der Verfassungsgrenze für die Nettokreditaufnahme eine Selbstverständlichkeit sein, aber die deutschlandweit katastrophale Finanzentwicklung der letzten Jahre hat uns gelehrt, dass dies nicht so ist. Andere Länder und der Bund haben größte Mühe, verfassungsmäßige Haushalt vorzulegen; und auch wir in Sachsen-Anhalt mussten mit dem Nachtrag 2004 aufgrund der Veranschlagung des Kassendefizits aus 2003 eine Überschreitung der Verfassungsgrenze hinnehmen. Unter diesen Umständen wird das, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, zu einem Erfolg. Die Ausgaben werden auf unter 10 Mrd. ¿ sinken, erstmals seit das Land Sachsen-Anhalt eigene Haushalte aufstellt. Im Jahr 2005 sind Ausgaben von rund 9,94 Mrd. ¿ vorgesehen; 2006 werden diese nochmals leicht auf 9,91 Mrd. ¿ zurückgeführt. Das heißt: Gegenüber dem Nachtrag 2004 bleibt das Haushaltsvolumen in etwa konstant, wenn man um die wichtigsten Sonderbelastungen des Jahres 2004 bereinigt ¿ es handelt sich um die Lehrerarbeitszeitkonten, Hochwassermittel und den etatisierten Jahresfehlbetrag des Jahres 2003.  Der Haushalt erfüllt damit die Vorgaben des Finanzplanungsrats, der im Rahmen des natio­nalen Stabilitätspakts eine Zunahme des Haushaltvolumens der Länder um maximal 1 v.H. vorschreibt. Sachsen-Anhalt liegt 2005 und 2006 deutlich darunter ¿ in beiden Jahren bei 0 Prozent Ausgabenwachstum. Und dies nachdem bereits die Jahre 2003 und 2004 Einschnitte bei den Ausgaben brachten, zuletzt im Nachtrag 2004 um 3,7 v. H., wenn man um einmalige Sondereffekte korrigiert. Unter diesen Umständen die Ausgaben konstant zu halten ist Ausweis der enormen Sparanstrengungen, die bei Aufstellung des Regierungsentwurfs gemacht wurden. Alle zwangsläufigen Ausgabenzuwächse ¿ etwa durch Tarifsteigerungen, Mehrausgaben bei der Sozialhilfe und gestiegene Zinsausgaben ¿ konnten vollständig kompensiert werden. Anrede, dass trotz dieser Anstrengungen auf der Ausgabenseite die Nettokreditaufnahme noch immer bei knapp 900 Mio. ¿ in 2005 und 800 Mio. ¿ in 2006 liegen wird, das ist auch für uns eine bittere Wahrheit. Und ich sage ganz klar: Mit diesem Ergebnis können wir nicht zufrieden sein und sind wir nicht zufrieden, denn wir wissen, dass wir damit noch immer einen langen Weg vor uns haben bis zu dem Punkt, an dem wir beginnen können, in diesem Land Schulden zu tilgen. Gleichwohl muss deutlich gesagt werden, dass wir seit dem Regierungsantritt 2002 unseren konsequenten Sparkurs zu keinem Zeitpunkt verlassen haben und in der Planung bis 2006 auch nicht verlassen werden. Ein paar einfache Zahlen machen dies deutlich: In der mittelfristigen Finanzplanung 2002-2006, die wir im Sommer 2002 vorlegten, haben wir für das Jahr 2006, das letzte Jahr des Planungszeitraums, ein Ausgabenvolumen von 9,899 Mrd. ¿ angestrebt. Im Haushaltsplanentwurf 2006 stehen jetzt 9,908 Mrd. ¿. Dies ist eine Punktlandung auf der Ausgabenseite. Und ich weise darauf hin, dass unsere damalige Ausgabenplanung als außerordentlich ehrgeizig angesehen wurde. Es waren Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, die die damals angestrebte stufenweise Ausgabensenkung von über 6 % von 2002 auf 2006 für unmöglich hielten, weil sie uns nicht zutrauten, einen Konsolidierungskurs konsequent durchzuhalten. Aber wir haben diesen Kurs durchgehalten. Unsere konsequente Politik auf der Ausgabenseite konnte leider nicht die in 2002 erhofften Früchte tragen in Form einer Nettokreditaufnahme von nur mehr knapp 100 Mio. Euro im Jahr 2006 und null in 2007, wie sie die mittelfristige Finanzplanung im Sommer 2002 vorsah. Der einfache Grund: Wie in allen Ländern und im Bund erwiesen sich die Prognosen der Steuereinnahmen als zu hoch, weil die Konjunktur deutschlandweit einbrach und die rot-grüne Steuerreform ein übriges tat. Gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung aus 2002 fehlen im Jahr 2005 fast 900 Mio. Euro an Steuereinnahmen (einschließlich der Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich und den Fehlbetrags-Bundesergänzungs­zuweisungen), im Jahr 2006 sind es fast 1 Mrd. ¿. Es sind genau diese 900 Mio. ¿ an Mindereinnahmen, die uns 2005 zu einem ausgeglichenen Haushalt fehlen. Mit 1 Mrd. ¿ mehr in den Kassen würde ab 2006 sogar schon die Schuldentilgung beginnen. Beträge dieser Größenordnung auszugleichen ist auf kurze Sicht praktisch nicht möglich ¿ es sei denn, man streicht praktisch alle Investitionen und beendet alle freiwilligen Aufgaben des Landes. Dies hieße: Schließung von Universitäten, Fachhochschulen, Theatern, Museen etc. Anrede, ich weiß natürlich, dass in der Politik das zählt, was ist und nicht das, was sein könnte. Trotzdem zeigen diese Überlegungen zweierlei: Der 2002 vorgefundene Konsolidierungsbedarf ist mehr als abgearbeitet worden. Aber: Die Einnahmeausfälle haben einen neuen Konsolidierungsbedarf geschaffen. Die Einnahmeeinbrüche konnten zum Teil, aber eben nur zum Teil abgefangen werden. Der Konsolidierungsdruck bleibt deshalb auch in der mittleren Frist bestehen. Der Weg zum Ende der Nettoneuverschuldung hat sich entsprechend verlängert. Anrede, dass die Einbrüche der Einnahmen nicht voll kompensiert werden können, leuchtet jedem ein, der sich die Dimension des Problems klarmacht. Wir haben in Deutschland in den letzten drei Jahren eine beispiellose Zeit der wirtschaftlichen Stagnation und sogar zeitweise der Rezession erlebt - auch dank der jahrelangen Reformverschleppung der Bundesregierung. Erst in diesem Jahr zeigen sich zaghafte Anzeichen einer konjunkturellen Erholung, deren Stabilität und Dauerhaftigkeit jedoch noch keineswegs gesichert ist. Konjunkturbedingt hatten alle Gebietskörperschaften Einnahmeausfälle in bisher nicht gekannter Größenordnung zu verkraften. Folge davon war, dass Sachsen-Anhalt in dieser Legislaturperiode bei den eigenen Steuereinnahmen und den Zuweisungen im Rahmen der bundesweiten Steueraufteilung und des Finanzausgleichs in jedem Jahr ¿ also in 2002, 2003 und in den Planjahren 2004, 2005 und 2006 - unter das Niveau des Jahres 1995 zurückfiel. In keinem dieser Jahre konnte und wird der Höhe nach das Steueraufkommen des Jahres 1995 erreicht werden. Anders ausgedrückt: In absoluten Zahlen liegt die Finanzausstattung des Landes derzeit unter dem Niveau von vor 10 Jahren. Gleichzeitig mussten seither auf der Ausgabenseite schwere zusätzliche Belastungen hingenommen werden: So hat es seit 1995 kräftige Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst gegebenen, und zwar in einer Größenordnung von insgesamt mehr als 25 %, das sind bei der heutigen Personalstärke ¿ und die liegt deutlich niedriger als 1995 ¿ mindestens 600 Mio. Euro mehr an Belastung. So hat sich die Zinslast mehr als verdoppelt - von rund 420 Mio. Euro im Jahr 1995 auf über 1 Mrd. Euro in der Planung für das Jahr 2006. Hinzu kommen die Belastungen aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen - sie lagen 1995 bei gut 200 Mio. Euro, sie liegen jetzt und in Zukunft deutlich über 400 Mio. Euro. Und nicht zu vergessen: die Kreditaufnahme lag 1995 bei 1,8 Milliarden Euro, im Entwurf des Doppelhaushaltes wird sie 2006 mit rund 800 Mio. Euro um eine Milliarde niedriger liegen. Diese Zahlen machen deutlich, wie katastrophal die Entwicklung in den letzten Jahre gewesen ist. Richtig ist, dass die Zeit der Einbrüche bei den Einnahmen wohl dem Ende zugeht und die Einnahmeseite damit an Berechenbarkeit zurückgewinnt. Eben dies rechtfertigt ja auch die Vorlage eines Doppelhaushalts mit einem Planungszeitraum von zwei Jahren. Dennoch hat sich das Bild im Vergleich zu der letzten Phase wirtschaftlicher Prosperität in Deutschland in den Jahren 1999 bis 2001 grundlegend geändert. Stabilität der Steuereinnahmen heißt heute: Stabilität auf dem Niveau von vor 10 Jahren, und dies liegt gut eine halbe Mrd. Euro unter dem Niveau der Jahre 1999 bis 2001, den letzten beiden Jahren der Vorgängerregierung. Anrede, diese Landesregierung ist im Jahr 2002 mit dem Ziel angetreten, die Landesfinanzen zu konsolidieren. Diese Zielsetzung galt, und sie gilt weiterhin. Sie gilt auch unter den erheblich erschwerten Bedingungen, die wir durch die Einnahmeeinbrüche hinnehmen mussten. Wir stehen zu unseren Zielen. Wir wollen Sachsen-Anhalt aus einem Teufelskreis befreien, nämlich dem Teufelskreis von immer höher ansteigender Verschuldung und immer erdrückenderen Zinslasten. Wir wollen die Nettoneuverschuldung Schritt für Schritt auf Null zurückführen, auch wenn wir durch die Entwicklung der Einnahmen einige Jahre zurückgeworfen wurden: nur so lässt sich die Grundlage für eine finanziell gesunde Entwicklung des Landes schaffen, nur so können wir politischen Handlungsspielraum zurückgewinnen, nur so können wir künftige Generationen vor ungebührlichen Belastungen bewahren. Anrede, welche Maßnahmen wird die Landesregierung in den kommenden zwei Jahren ergreifen, um die Neuverschuldung zurückzuführen? Personalkosten Zu aller erst ist hier die Fortführung des Personalabbaus zu nennen. Die Personalausgaben stellen den bedeutendsten konsumtiven Ausgabenblock dar. Hier die Weichen richtig zu stellen ist und bleibt für die künftige Finanzsituation des Landes von überragender Bedeutung. Dies ist in den letzten beiden Jahren geschehen: u. a. durch eine konsequente Personalbewirtschaftung, die auch über die Landesgrenzen hinweg Beachtung findet. Diese Bewirtschaftung funktioniert, der Personalabbau kommt rasch voran. Der Stellen- und Personalabbau wird ergänzt durch die umfangreiche Umstrukturierung in der Landesverwaltung ¿ Stichwort Landesverwaltungsamt. Diese hat die Landesregierung eingeleitet, und sie wird in den nächsten Jahren Früchte tragen ¿ in Form von mehr Effizienz und weniger Ausgaben. Weitere Einsparungen wird die Senkung der Sonderzuwendungen für die Beamten des Landes erbringen. Im November letzten Jahres hat der Landtag das Beamtenrechtliche Sonderzahlungsgesetz beschlossen. Mit diesem Gesetz wurde die Sonderzuwendung, das sogenannte Weihnachtsgeld für Beamtinnen und für Beamte, erstmalig gekürzt und das Urlaubsgeld wurde gestrichen. Die damals beschlossene Regelung galt

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