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Magdeburg, den 17.12.2004

Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky zum "Leitbild für die Integration von Migrantinnen und Migranten"

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 206/04 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 206/04 Magdeburg, den 17. Dezember 2004 Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky zum "Leitbild für die Integration von Migrantinnen und Migranten" Anrede, parallel zur Bildung der Zuwanderungskommission und zur Erarbeitung des Zuwanderungsgesetzes wurde bereits im Jahr 2001 von der (damaligen) Landesregierung der Beschluss gefasst, ein Leitbild zur Entwicklung der Zuwanderung und Integration in Sachsen-Anhalt zu konzipieren. Zu diesem Zweck wurde eine für alle Ressorts offene Arbeitsgruppe unter Federführung des Ministeriums des Innern eingerichtet. Die Verabschiedung des Leitbildes wurde zunächst im Hinblick auf das in den Jahren 2003/2004 laufende Vermittlungsverfahren zum Zuwanderungsgesetz zurückgestellt, um die erstmalige Kodifizierung der Integration von Zuwanderern in Deutschland mit zu berücksichtigen. Im Juni dieses Jahres habe ich hierüber den Innenausschuss unterrichtet. Anrede, ich kann Ihnen mitteilen, dass zwischenzeitlich ein an das neue Zuwanderungsgesetz angepasster Entwurf eines Leitbildes zur Entwicklung der Zuwanderung und Integration in Sachsen-Anhalt erarbeitet wurde. Dieser Entwurf befindet sich zurzeit in der Ressortabstimmung. Nach deren Abschluss werde ich dem Kabinett den Entwurf zur Freigabe der Anhörung der betroffenen Institutionen und Verbände vorlegen. Anrede, mit dem Leitbild verbinden sich mehrere Ziele. Zum einen sollen, ausgehend von einer Bestandsaufnahme der Situation von Zuwanderern in Sachsen-Anhalt, Handlungsfelder auf dem Gebiet der Integration aufgezeigt werden. Des Weiteren soll die Rolle der Zuwanderung nach Sachsen-Anhalt im Hinblick auf den Bevölkerungsrückgang im Land beleuchtet werden. Ich möchte mich hier auf den Bereich der Integration beschränken, denn eine ausführliche Erörterung der sehr komplexen Thematik der demographischen Entwicklung des Landes würde sicherlich den Rahmen dieser Debatte sprengen. Allerdings ist der Bevölkerungsrückgang im Land so erheblich, dass er sich durch eine die Integrationsfähigkeit der Gesellschaft berücksichtigende Zuwanderung offensichtlich nicht kompensieren lässt. Anrede, die Zuwanderungssituation in Sachsen-Anhalt unterscheidet sich deutlich von der in den alten Bundesländern. So liegt der Anteil der Zuwanderer, dies sind neben der ausländischen Bevölkerung auch die Spätaussiedler aus der früheren Sowjetunion, nur bei etwa 3 %, während er in den alten Bundesländern bei etwa 14 % liegt ¿ in den Ballungsräumen ist der Anteil natürlich noch höher. Aus dieser unterschiedlichen Ausgangslage folgen auch andere Problemstellungen. Selbst wenn es in einigen Bereichen im Land durchaus eine Konzentration von Spätaussiedlern gibt, so sind aber Stadtviertel, in denen einheimische Deutsche eine Minderheit bilden, im Land unbekannt. Schulen mit über 80 % Migrantenkindern, wie es sie beispielsweise in Hessen gibt, existieren hier nicht. Allerdings bedeutet die relativ geringe Zahl der Migranten nicht, dass die Integration von Zuwanderern in Sachsen-Anhalt problemlos verläuft. So liegt z. B. die Arbeitslosenquote bei Ausländern in Sachsen-Anhalt zwischen vierzig und fünfzig Prozent und ist damit mehr als doppelt so hoch wie bei Deutschen. Auch wenn die Zahl der Zuwanderer geringer ist, so bestehen doch offensichtlich Integrationsdefizite. Anrede, grundsätzlich ist anzumerken, dass nicht für alle Zuwanderer Integrationsmaßnahmen bereitgestellt werden sollen. Vielmehr sollen diese Maßnahmen ausschließlich denjenigen Zuwanderern vorbehalten bleiben, die einen auf Dauer ausgerichteten gesicherten Aufenthaltsstatus haben. Eine Schlüsselstellung im Bereich der Integration kommt dem Beherrschen der deutschen Sprache zu. Mit dem Zuwanderungsgesetz ist durch die Einführung verbindlicher Sprachkurse für Zuwanderer erstmals die Aufgabe der Integration gesetzlich geregelt worden. Bei der Sprachintegration von erwachsenen Zuwanderern handelt es sich aber nur um einen Teilaspekt der Sprachintegration. Während für erwachsene Neuzuwanderer eine Zuständigkeit des Bundes gegeben ist, obliegt die Spracherziehung der Kinder und Jugendlichen den Kindertagesstätten und Schulen des Landes. Insbesondere müssen die Integrationsbemühungen in der Schule fortgesetzt werden. Die Pisa-Studie und andere Untersuchungen haben deutlich gemacht, dass die sprachlichen Fähigkeiten ausländischer Kinder und Jugendlicher im Vergleich zu denen ihrer deutschen Altersgenossen erheblich schlechter sind. So zeigen die jüngst bekannt gewordenen Ergebnisse der PISA II Studie, dass Kinder mit Migrationshintergrund nur sehr unbefriedigende Leistungen erbringen. Danach erreichen teilweise über 50 % der Migrantenkinder und immerhin 30 % der Kinder von Spätaussiedlern nur Fähigkeiten, die über das unterste Maß, das kaum zur Teilnahme am Alltagsleben befähigt, nicht hinausgehen. Dies führt letztlich dazu, dass diese Gruppe auch deutlich niedrigere Schulabschlüsse aufweist. Ein Ziel ist daher, u. a. die Bildungschancen von Migrantenkindern zu erhöhen. Wenn dies nicht gelingt, wird es zahlreiche Menschen geben, die sich im beruflichen Leben nicht ausreichend behaupten können und letztlich hilfebedürftig werden. Die PISA II Studie hat aber auch gezeigt, dass die Ursachen für das schlechte Abschneiden von Migrantenkindern nicht alleine in der Schule zu finden sind, sondern dass entscheidendes Kriterium für den Bildungserfolg ausländischer Jugendlicher die häusliche Umgangssprache ist. Dies unterstreicht zum einen die Notwendigkeit der sog. nachholenden Sprachintegration für schon länger hier lebende Ausländer. Zum anderen wird aber auch deutlich, dass Integration nicht bei der Sprachförderung stehen bleiben kann. Eltern werden mit ihren Kindern nur dann auch Deutsch sprechen, wenn sie selber in Gesellschaft und Arbeitsmarkt integriert sind. Daher darf die gesellschaftliche Integration, also das heimisch werden in der örtlichen Gemeinschaft, nicht aus den Augen verloren werden. Denn Integration vollzieht sich im Gemeindeleben, in der Nachbarschaft und am Arbeitsplatz. Die Landesregierung wird im nächsten Jahr auf diesem Feld entsprechend der jüngst in Kraft getretenen Richtlinie zur Förderung der Integration von Spätaussiedlern und Ausländern entsprechende Maßnahmen unterstützen. Anrede, die durch das Leitbild durchgeführte Bestandsaufnahme hat gezeigt, dass schon zahlreiche Integrationsangebote des Bundes, des Landes und der Kommunen existieren. Auch kirchliche Einrichtungen, Vereine, Wohlfahrtsverbände und ehrenamtlich Tätige widmen sich der Aufgabe. Ziel muss es daher sein, alle Maßnahmen und Programme auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen und insbesondere überschneidungen zu vermeiden. Die Programme sind somit aufeinander abzustimmen, um die Effizienz der Integrationsmaßnahmen zu verstärken. Das ist nur möglich, wenn alle Akteure koordiniert zusammenarbeiten. Die Tätigkeit der Arbeitsgruppe Zuwanderung und das Leitbild Zuwanderung und Integration ist daher ein Schritt zur Verankerung der Integration als Querschnittsaufgabe der Landespolitik. Das Feld der Integration reicht beispielsweise von den Tageseinrichtungen für Kinder über die verschiedenen Schularten bis zu den Hochschulen, betrifft die Wirtschaft ebenso wie die Kultur und den Sport und nicht zuletzt Fragen der inneren Sicherheit. Anrede, unterbleibt die Integration, entstehen neue Konflikte, wie z. B. im schlimmsten Fall die Bildung von Parallelgesellschaften mit den damit einhergehenden ernsthaften und tiefgreifenden gesellschaftlichen Problemen. Auch mit Blick auf die Kosten, die dadurch für die Gesellschaft entstehen, sind Mittel für die Integration von Migranten gut angelegt, denn sie dienen dazu, bestimmte soziale Schieflagen zu beseitigen bzw. zu mildern. Die relativ geringe Anzahl von Migranten in Sachsen-Anhalt sollte auch als Chance zur Vermeidung von Fehlentwicklungen, wie sie anderswo zu beobachten sind, wahrgenommen werden. Anrede, ich hoffe, dass durch das Leitbild Zuwanderung und Integration ein erster Einstieg in eine systematische Integrationsförderung für Zuwanderer in Sachsen-Anhalt erfolgt. Die Arbeit an dem Leitbild ist auf gutem Wege. Selbstverständlich bin ich bereit, das fertiggestellte Leitbild im Innenausschuss vorzustellen. Impressum: Verantwortlich: Dr. Matthias Schuppe Pressestelle Halberstädter Straße 1-2 39112 Magdeburg Tel: (0391) 567-5516/5517 Fax: (0391) 567-5519 Mail: pressestelle@mi.lsa-net.de

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