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Magdeburg, den 30.03.2005

Landesregierung klagt vor dem Bundesverfassungsgericht Rehberger: Emissionsrechtehandel benachteiligt Sachsen-Anhalts Unternehmen

Ministerium für Wirtschaft und Arbeit - Pressemitteilung Nr.: 037/05 Ministerium für Wirtschaft und Arbeit - Pressemitteilung Nr.: 037/05 Magdeburg, den 23. März 2005 Landesregierung klagt vor dem Bundesverfassungsgericht Rehberger: Emissionsrechtehandel benachteiligt Sachsen-Anhalts Unternehmen Sachsen-Anhalt leitet in diesen Tagen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein Normenkontrollverfahren gegen das Gesetz über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen (TEGH) ein. Das hat die Landesregierung in ihrer gestrigen Sitzung beschlossen. Mit der Normenkontrollklage will die Landesregierung Wettbewerbsnachteile unterbinden, die sich für eine Vielzahl von Firmen ganz überwiegend in Sachsen-Anhalt und anderen Teilen Ostdeutschlands ergeben. Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Dr. Horst Rehberger stellte heute dazu in Magdeburg die Einzelheiten der Antragsschrift vor. Seit diesem Jahr gilt EU-weit ein System für den Handel mit Treibhausgasen (Kohlendioxid). Dazu ist auf nationaler Ebene Mitte 2004 ein Gesetz über den nationalen Zuteilungsplan verabschiedet worden. Nach Ansicht der Landesregierung Sachsen-Anhalts werden damit Unternehmen benachteiligt, die durch Modernisierungsmaßnahmen in den neunziger Jahren bereits frühzeitig zur Minderung von Treibhaus-Emissionen beigetragen haben. Deren Vorleistungen werden entweder gar nicht (bei Modernisierung bis 1994), oder nur zu einem geringen Maß (bei Modernisierung bis einschließlich 2002) anerkannt. Im Vergleich mit Unternehmen, die in der Vergangenheit keinerlei Emissionsreduktion herbeigeführt haben, werden diese Unternehmen, die am längsten und umfangreichsten zur Minderung des Kohlendioxid-Ausstoßes beigetragen haben, bei der handelbaren Emissionsmenge stark benachteiligt. ¿Diese Ungleichbehandlung ist vollkommen willkürlich und verstößt damit gegen das Grundgesetz¿, sagte Rehberger. ¿Den betroffenen Unternehmen entstehen hier, vor allem wenn sie ihre Produktion ausbauen wollen, nicht gerechtfertigte, wettbewerbsverzerrende Nachteile¿, so der Minister. Nach den weitgehend erfolglosen Bemühungen um eine angemessene Berücksichtigung von frühzeitigen Modernisierungen bei der Erstvergabe von Emissionszertifikaten im politischen Prozess auf Bundes- und europäischer Ebene stellt die abstrakte Normenkontrollklage die letzte Möglichkeit der Einflussnahme dar. Die Landesregierung stützt sich bei ihrem Vorgehen auf ein Rechtsgutachten des Verfassungsrechtlers Prof. Dr. Winfried Kluth, Dekan der Juristischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Prof. Kluth vertritt das Land auch vor dem Bundesverfassungsgericht. Mit dem Emissionsrechtehandel will die EU die Verpflichtungen aus dem internationalen Klimaabkommen von Kyoto erfüllen. Alle Unternehmen, die beispielsweise Kraftwerke, Raffinerien, Zementöfen, Stahlschmelzen oder Papierfabriken mit großer Leistung (Energieverbrauch) betreiben, erhalten Verschmutzungsrechte, die zum Ausstoß exakt bestimmter Mengen Kohlendioxid berechtigen. Wer mehr CO2 ausstößt als im nationalen Verteilungsplan erlaubt, muss Zertifikate zukaufen. Wer hingegen umweltfreundlicher produziert und weniger Schadstoffe erzeugt, kann Zertifikate verkaufen und Gewinne erzielen. Allen Unternehmen werden aufgrund von Erhebungen zur aktuellen Schadstoffmenge Emissionsrechte mit einer gewissen Laufzeit zugeteilt. Demnach ist vorgesehen, dass Unternehmen mit heute hohen Schadstoffwerten viele Rechte zugeteilt bekommen. Unternehmen, die schon modernisiert sind, bekommen trotz Umweltvorteilen weniger. Bei Modernisierungen werden Betriebe, die jetzt noch alte Anlagen betreiben, dann wieder bevorteilt, indem sie frei werdende Zertifikate gewinnbringend verkaufen können. Im Gegensatz dazu muss ein schon moderner, umweltfreundlicher Betrieb, wenn er seine Produktion weiter ausbaut und so auch seine Emissionen erhöht, Zertifikate hinzukaufen. Mit dem Kyoto-Protokoll hat sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, im Zeitraum von 1990 bis 2012 eine Reduktion der CO2- Emissionen um 21 Prozent vorzunehmen. Bereits im Zeitraum von 1990 bis 2001 wurde eine Minderung um 152,7 Mio. Tonnen oder 15,1 Prozent, erzielt. Mehr als 67 Prozent der Reduktion wurden durch die neuen Bundesländer erzielt, fast ein Viertel davon durch Unternehmen in Sachsen-Anhalt. Ein Großteil der Modernisierungsmaßnahmen in den neuen Ländern wurde in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung vorgenommen und war bis Ende 1993 bereits abgeschlossen. Anhang Aus der Zusammenfassung zur Antragsschrift: Die in zweifacher Hinsicht stärkere Grundrechtsbetroffenheit der Betreiber modernisierter Anlagen bei der Einführung des Emissionshandelns muss der Gesetzgeber im Rahmen seiner planerischen Abwägung bei der Regelung der Erstvergabe der Emissionsberechtigungen in die Abwägung einstellen und gewichtend berücksichtigen. Diesen Anforderungen ist der Gesetzgeber bei Erlass des ZuG 2007 nicht gerecht geworden. Es ist weder ersichtlich, dass er die konkreten Umstände der unterschiedlichen Betroffenheit der Betreiber modernisierter und nicht modernisierter Anlagen erkannt, noch dass er sich bei der Abwägung ausreichend gewichtet hat, obwohl ihm die entsprechenden Auswirkungen auf Grund der Ende 2003 vorgenommenen Datenerhebung zugänglich gewesen waren. Darüber hinaus verletzt die in § 12 ZuG 2007 getroffene Regelung auch in mehrfacher Hinsicht den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, der hier in seiner Variante als Willkürverbot zur Anwendung kommt. Insbesondere ist der vollständige Ausschluss der im Zeitraum 1990 bis 1993 vorgenommenen und beendeten Modernisierungsmaßnahmen sachlich nicht gerechtfertigt und verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Nichtberücksichtigung der Vorleistungen im Zeitraum 1990 bis 1993 sowie die zu geringere Honorierung der von 1994 bis 2002 durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen bewirkt zudem einen mit Art. 20a GG nicht vereinbaren Anreiz, bei anderen Treibhausgasen keine freiwilligen Modernisierungen vorzunehmen. § 12 ZuG 2004 ist auf Grund dieser Verfassungsverletzungen verfassungswidrig und der Bundesgesetzgeber zu einer Neuregelung zu verpflichten. Impressum: Ministerium für Wirtschaft und Arbeit Pressestelle Hasselbachstr. 4 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567 - 43 16 Fax: (0391) 567 - 44 43 Mail: pressestelle@mw.lsa-net.de

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