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Magdeburg, den 06.04.2005

Beratung der mitteldeutschen Ministerpräsidenten in Erfurt

Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 124/05 Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 124/05 Magdeburg, den 7. April 2005 Beratung der mitteldeutschen Ministerpräsidenten in Erfurt Bei ihrem heutigen Treffen in Erfurt im Rahmen der ¿Initiative Mitteldeutschland¿ haben die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, Prof. Dr. Georg Milbradt und Dieter Althaus, folgende Beschlüsse gefasst: 1. Erklärung zum demografischen Wandel Der demografische Wandel hat gravierende Auswirkungen auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in Deutschland. Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung wirken sich vor allem auf die Sozialsysteme, die wirtschaftliche Entwicklung, die Staatsfinanzen, den Arbeitsmarkt, die Infrastruktur sowie den Wissenschafts- und Bildungsbereich aus. Die ostdeutschen Länder sind wegen des gravierenden Geburtenrückgangs nach der Wende und der regional weiter anhaltenden Abwanderung von jüngeren Menschen doppelt vom demografischen Wandel betroffen. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen weisen vergleichbare Strukturen auf, die räumlich sowohl von städtischen als auch in weiten Teilen kleinteilig ländlichen Regionen geprägt sind. Die Regierungschefs der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sehen daher eine gemeinsame politische Aufgabe darin, die aus der demografischen Entwicklung erforderlichen Maßnahmen abzustimmen und die unvermeidbaren Veränderungen und Einschnitte vorzunehmen. Zugleich gilt es, eine Trendumkehr in der demografischen Entwicklung einzuleiten. Sie sprechen sich deshalb für eine enge Abstimmung der Aktivitäten ihrer Länder zur Bewältigung der Folgen des demografischen Wandels für die kommunalen Strukturen, den ländlichen Raum und die Infrastruktur aus. In der Bevölkerung bestehen ernste Sorgen wegen der voraussehbaren Überforderung der sozialen Sicherungssysteme in Folge des demografischen Wandels. Die Regierungschefs fordern deshalb die Bundesregierung auf, die überfälligen Reformen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Sozialsysteme endlich anzupacken. Sie werden jeden diesbezüglichen Schritt in die richtige Richtung unterstützen. Die Regierungschefs sehen in einer geburtenfördernden Familienpolitik eine langfristige Antwort auf die demografischen Herausforderungen. Kinder dürfen nicht länger ein Armutsrisiko sein. Die Regierungschefs setzen sich deshalb für eine gerechtere Besteuerung von Familien und einen angemessenen Familienleistungsausgleich ein. Die gesellschaftliche Akzeptanz von Familien muss verbessert werden. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf leistet hierzu einen unverzichtbaren Beitrag. Mit dem im Vergleich zu anderen Regionen überdurchschnittlich gut ausgebauten Angebot an Kindertagesstätten und Betreuungsangeboten bieten sich in den drei mitteldeutschen Ländern hierfür gute Ansatzpunkte. Der mittelfristig zu erwartende Rückgang der Erwerbstätigen führt zu einem Wachstumshemmnis. Die Regierungschefs fordern deshalb eine Verbesserung der bundesgesetzlichen Voraussetzungen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer und deren Aus- und Weiterbildung. 2. Metropolregion Mitteldeutschland Die Regierungschefs der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sehen in dem Konzept der Metropolregionen für Mitteldeutschland eine besondere Chance, sich im europäischen Wirtschaftsraum zu positionieren. Eine positive wirtschaftliche Entwicklung der mitteldeutschen Metropolregion Halle/Leipzig-Sachsendreieck wird auf den gesamten mitteldeutschen Wirtschaftsraum ausstrahlen. Daraus folgt auch, dass andere mitteldeutsche Oberzentren, insbesondere die ¿Thüringer Städtereihe¿ und die Oberzentren des Landes Sachsen-Anhalt in die Entwicklung der Metropolregion Halle/Leipzig-Sachsendreieck einbezogen werden. Der Beschlussvorschlag des Hauptausschusses der MKRO vom 10./11.03.05, der die wichtige Funktion dieser Metropolregion für ganz Mitteldeutschland betont, wird ausdrücklich begrüßt. Die für Raumordnung zuständigen Minister werden gebeten, das Anliegen bei der Bestimmung der europäischen Metropolregionen umzusetzen. 3. Positionsbestimmung zu den EU-Strukturfonds Die Regierungschefs der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen halten eine Verständigung der mitteldeutschen Länder über die nächsten Schritte zur Vorbereitung der neuen Strukturfonds-Förderperiode für erforderlich. Diese betreffen u.a.: · Die Aufteilung der den ostdeutschen Ländern im Rahmen des Ziels ¿Konvergenz¿ zufließenden Europäischen Strukturfondsmittel auf die einzelnen Länder einerseits für die Regionen, deren BIP/Kopf unter 75% des EU-Durchschnitts liegt, und andererseits für die Regionen, die unter die Sonderregelung zum sog. statistischen Effekt fallen; · Die Abstimmung mit dem Bund zur Programmierung der Operationellen Programme einschließlich des nationalen strategischen Rahmenplans mit dem Ziel der Erhaltung der Flexibilität der Strukturfonds-Verordnungen hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten der Strukturfondsmittel; · Die Kofinanzierung der Strukturfondsmittel unter Berücksichtigung der finanzpolitischen Spielräume der Länder Sie bitten die Chefs der Staatskanzleien, im Benehmen mit den zuständigen Ressorts hierzu die Abstimmung mit allen ostdeutschen Ländern vorzubereiten. 4. Länderübergreifende Infrastrukturvorhaben Die Regierungschefs der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen verständigen sich auf die Entwicklung Mitteldeutschlands zu einer führenden Verkehrs- und Logistikkompetenzregion. 1. Die Einbindung Mitteldeutschlands in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz ist überfällig. Deutschland ist vertraglich in das transeuropäische Hochgeschwindigkeitsnetz eingebunden. Die Bundesregierung und die Deutsche Bahn AG werden aufgefordert, die Arbeiten an der begonnenen ICE-Trasse Nürnberg ¿ Erfurt ¿ Halle/Leipzig ¿ Berlin einschließlich der Anbindung an den Lehrter Bahnhof umgehend fortzusetzen und zügig abzuschließen. Für die geplante nächste Ausbaustufe der Mitte-Deutschland-Verbindung ist der Abschluss der ausstehenden Finanzierungsvereinbarung dringend erforderlich. Im Bereich der Fernstraßen sind die Autobahnen Halle-Göttingen und die ¿Mitteldeutsche Schleife¿ bei der dringend notwendigen Fertigstellung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit von besonderer Bedeutung. Ein Konjunkturprogramm zur Finanzierung zusätzlicher Infrastrukturmaßnahmen kann nur dann optimal wirken, wenn die Mittel gezielt dort eingesetzt werden, wo besondere Bedarfe bestehen. Dabei darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass in Mitteldeutschland nach der EU-Osterweiterung in erheblichem Umfang mit zusätzlichem Verkehrsaufkommen zu rechnen ist, der im Bundesverkehrswegeplan bisher noch nicht angemessen berücksichtigt ist. 2. Das ¿Luftverkehrskonzept für Mitteldeutschland¿ wird als Standortbestimmung und Koordinierungsrahmen für die weitere Entwicklung zur Kenntnis genommen. Die Verkehrsminister der Länder werden gebeten, die erforderlichen länderübergreifenden Präzisierungen im Weiteren abzustimmen. 3. Die zuständigen Ressorts werden gebeten, Maßnahmen zur Begleitung der DHL-Ansiedlung, des Mitteldeutschen Verkehrsverbunds und zur Umsetzung des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens MOSAIQUE+ im Rahmen der Forschungsinitiative des BMBF ¿Verkehrsmanagement 2010¿ abzustimmen sowie die vorhandenen Kooperationsbeziehungen der Länder beim Ausbau des mitteldeutschen Wirtschaftsraumes zu verstärken und weiter zu entwickeln. 4. Zur Entwicklung einer Verkehrskompetenzregion Mitteldeutschland ist ein angemessenes Verkehrsplanungsrecht unverzichtbar. Der mitteldeutsche Raum weist nach wie vor teilungsbedingte Defizite auf, die es in den nächsten Jahren konsequent zu beseitigen gilt. Eine Verlängerung des Verkehrswegebeschleunigungsgesetzes bis Ende 2008 ist daher zwingend erforderlich. 5. Demokraten gegen Extremismus 1. Die Regierungschefs der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sehen im Blick auf den bevorstehenden 60. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager und dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine wichtige gemeinsame Aufgabe in der Stärkung der Demokratie und in der Bekämpfung der Wurzeln und Ursachen aller Formen von Extremismus. 2. Sie bitten die Innenminister, den bewährten, präventiv erfolgreichen Informationsaustausch über verfassungsfeindliche Bestrebungen lückenlos fortzuführen und schwerpunktbezogen zu vertiefen. 3. Sie bitten die Kultusminister, die Auseinandersetzung mit den historischen Folgen extremistischer Bestrebungen im Unterricht zu verstärken, Schülerinnen und Schülern ¿ bspw. durch die Vermittlung von Zeitzeugen über Ländergrenzen hinweg ¿ Diktaturerfahrungen nahe zu bringen und einen intensiven Erfahrungsaustausch zwischen den Lehrerinnen und Lehrern in Mitteldeutschland anzustoßen. 4. Sie bitten die Landeszentralen für politische Bildung, ihre Aufklärungsarbeit zu koordinieren und durch gemeinsame Publikationen und ggf. auch Veranstaltungen Synergieeffekte zu nutzen. 5. Im Rahmen der Initiative Mitteldeutschland lädt Thüringen zur Beteiligung an der Fortbildungsveranstaltung ¿Justiz und Geschichte¿ ein. 6. Erklärung zur Bewerbung der Stadt Görlitz als ¿Kulturhauptstadt Europa 2010¿ Die Ministerpräsidenten von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen unterstützen die Bewerbung der Stadt Görlitz als ¿Kulturhauptstadt Europa 2010¿. Der Vorschlag der von der Kultusministerkonferenz eingesetzten Jury, zusammen mit Essen die Stadt Görlitz vorzuschlagen, wurde von den Ministerpräsidenten einhellig begrüßt. Obwohl die Stadt Görlitz mit Problemen zu kämpfen hat, verfügt sie auch über enorme Potenziale, die weiter entwickelt werden können. Insofern ähnelt sie vielen Städten und Regionen in Mitteldeutschland. Allein schon die Kulturhauptstadt-Bewerbung hat hier zusätzliche Kräfte mobilisiert. Die Stadt Görlitz hat jetzt gute Chancen, im Jahr 2006 ¿ gemeinsam mit einer ungarischen Stadt ¿ vom Ministerrat zu einer der beiden europäischen Kulturhauptstädte des Jahres 2010 bestimmt zu werden. In dem weiteren Auswahlverfahren wird die Stadt sich noch zusätzlich profilieren können: Als Stadt mit Tradition, als Stadt im Umbruch, als Stadt an der Grenze zu Polen und damit zu den neuen mittelosteuropäischen EU-Partnern. Die Görlitzer Bewerbung steht auch für das Zusammenwachsen Europas, das den mitteldeutschen Raum wieder ins Zentrum Europas rückt. Görlitz bringt also wichtige Voraussetzungen mit, um Deutschland würdig als Kulturhauptstadt 2010 zu vertreten. Die Regierungen der mitteldeutschen Länder werden ihre Bewerbung nach Kräften unterstützen. Impressum: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Domplatz 4 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-6666 Fax: (0391) 567-6667 Mail: staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de

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