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Magdeburg, den 05.10.2005

Regierungserklärung des Ministers der Finanzen ?Aufbau Ost als finanzpolitische Herausforderung?

Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 58/05 Ministerium der Finanzen - Pressemitteilung Nr.: 58/05 Magdeburg, den 6. Oktober 2005 Regierungserklärung des Ministers der Finanzen ¿Aufbau Ost als finanzpolitische Herausforderung¿ Anrede, die Finanzpolitik in Deutschland stand und steht vor großen Herausforderungen. Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte hat den finanziellen Handlungsspielraum von Bund und Ländern auf ein Niveau gesenkt, das nicht akzeptabel ist. Das Ausmaß an jährlicher Neuverschuldung setzt die öffentlichen Haushalte einem Konsolidierungsdruck aus, der zu einer spürbaren Verringerung der öffentlichen Ausgaben insgesamt führen muss. Für Sachsen-Anhalt hat die Landesregierung diese Herausforderung angenommen. Die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen war und ist erklärtes Ziel dieser Landesregierung. Hierbei wurden in den zurückliegenden drei Jahren erhebliche Erfolge erzielt. Diese Erfolge waren allerdings überschattet von Steuerausfällen in bisher ungekannten Dimensionen. Rückblick Lassen Sie mich die vergangenen fast dreieinhalb Jahre dieser Legislaturperiode noch einmal Revue passieren. Im Jahr 2002, dem Jahr der Amtsaufnahme der jetzigen Landesregierung, war die Situation des Landeshaushaltes von schwierigsten Rahmenbedingungen gekennzeichnet. Im Vergleich der neuen Länder hatte Sachsen-Anhalt die zweithöchsten Pro-Kopf-Ausgaben für Personal, die höchsten Zinslasten und - wie die Ist-Entwicklung im Jahr 2002 bestätigt hat - die höchste Neuverschuldung aller neuen Länder. Es kündigten sich erhebliche Steuerausfälle für das laufende Jahr an. Mit der Amtsaufnahme musste die Landesregierung daher zunächst einen Nach­trags­haushalt vorlegen, um den Fehlbetrag des Jahres 2001 und weitere Risiken aus dem Jahr 2002 auszu­gleichen. Gleichzeitig wurde von der Landesregierung ein Fahrplan erarbeitet, der Sachsen-Anhalt mittelfristig aus dem tiefen Tal der Neuverschuldung herausführen sollte. Geplant war damals, im Jahr 2006 letztmalig eine Nettokreditaufnahme vorzunehmen. Aber die Steuerausfälle, die danach im halbjährlichen Takt der Steuerschätzungen über uns und auch die anderen Länder, den Bund und die Gemeinden hereinbrachen, machten jede mittelfristige Planung zunichte. Übrigens war das nicht nur bei uns so. Es gibt kein Land, das nicht seine Planungen drastisch revidieren musste, vom Bund ganz schweigen. Unter diesen schwierigsten Umständen ist es uns gelungen, den eingeschlagenen Sparkurs konsequent durchzuhalten. Die Ausgaben des Landeshaushaltes wurden nicht nur konstant gehalten, sondern absolut gesenkt. Dies stellt einen enormen Kraftakt dar und ist Beleg für die Sparanstrengungen dieser Landesregierung. Die bereinigten Ausgaben betrugen im Ist 2002 10,29 Mrd. Euro. Der Haushaltsplan für 2006 weist nur noch Ausgaben von 9,92 Mrd. Euro auf, bereinigt um die Fluthilfemittel und Bundesmittel für Hartz IV sogar nur 9,76 Mrd. Euro. In vier Jahren konnten also die Ausgaben Schritt für Schritt um insgesamt 4 % vermindert werden. Dies ist angesichts von Ausgabesteigerungen beispielsweise im Personalbereich durch Tarifabschlüsse und die Anpassung an das Westgehaltsniveau, bei der Sozialhilfe, den Zinsen oder auch der allgemeinen Preissteigerung eine bemerkens­werte Leistung. Üblich sind in den alten Bundesländern Ausgabenzu­wächse in der Größenordnung von mindestens einem Prozent pro Jahr. Und im nationalen Stabilitätspakt wurde 1 v.H. Ausgabenwachstum pro Jahr als Zielgröße der Stabilität festgelegt, also in vier Jahren gut 4 v.H. Zuwachs. Sachsen-Anhalt hatte dagegen in den letzten vier Jahren eine Abnahme von 4 v.H., ein klarer Beleg für eine äußerst restriktive Ausgabenpolitik. Den Erfolgen auf der Ausgabenseite standen allerdings seit 2002 auf der Einnahmeseite Einbrüche bei den Steuern gegenüber, die in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig sind. Während im Jahr  2001 bei Steuern und steuerinduzierten Einnahmen noch 5,69 Mrd. Euro aufkamen, sackte das Aufkommen 2002 mit nur noch 5,03 Mrd. Euro um rund 660 Mio. Euro förmlich in sich zusammen. Von diesem Rückschlag hat sich das Steueraufkommen bis heute nicht erholt. Seit 2002 ist das Steueraufkommen mit Ausnahme des vergangenen Jahres weiter rückläufig. Erst 2006 werden wir wieder das Niveau von 2002 erreichen und erst 2009 soll nach der aktuellen Steuerschätzung vom Mai diesen Jahres das Volumen von 1995 wieder erreicht werden - dem Jahr, in dem die neuen Länder in den gesamtdeutschen Länderfinanzausgleich integriert wurden. Anrede, trotz unserer Anstrengungen auf der Ausgabenseite wird deshalb die Nettokreditaufnahme im Jahr 2006 noch immer bei knapp 800 Mio. ¿ liegen. Dieses Ergebnis ist gemessen an dem, was diese Landesregierung sich 2002 bei Amtsantritt vorgenommen hat, zweifellos nicht zufriedenstellend. Aber der Steuergesetzgebung des Bundes und der wirtschaftlichen Entwicklung in Gesamtdeutschland ist die Regierung eines kleinen Landes wie Sachsen-Anhalt mehr oder weniger wehrlos ausgeliefert. Und diese Entwicklung war schlecht. Unter der Wirtschafts- und Finanzpolitik der rot-grünen Bundesregierung ist Deutschland zum kranken Mann Europas geworden. Volkswirtschaftliche Stagnation statt Wachstum und misslungene Steuerreformen haben auch die Finanzkraft unseres Landes Sachsen-Anhalt auf der Einnahmeseite ausgehöhlt. Anrede, man sollte in der Politik den Konjunktiv nicht überstrapazieren. Aber es ist schon wichtig zu wissen, dass die Entwicklung der Landesausgaben ziemlich genau unserer ersten mittelfristigen Finanzplanung aus dem Jahr 2002 entsprochen hat. Oder anders formuliert: Wäre das Steueraufkommen laut Steuerschätzung vom Mai 2002, also zum Amtsantritt der CDU/FDP-Regierung, tatsächlich aufgekommen, dann hätten wir unser Ziel erreicht, nämlich keine Nettokreditaufnahme im nächsten Haushalt vorzunehmen. Die Steuerausfälle des Jahres 2006 gegenüber der damaligen Schätzung betragen nämlich fast 1 Mrd. Euro. Das ist deutlich mehr, als wir 2006 an Nettokreditaufnahme vorgesehen haben.  So wie die Einnahmeentwicklung in den letzten Jahren verlaufen ist, hat sich der Weg bis zum Zeitpunkt der Schuldentilgung zwar verlängert, aber ich kann ihnen versichern, dass diese Landesregierung diesen Weg in Richtung Schuldenabbau, den sie bei Amtsantritt eingeschlagen hat, auch in der nächsten Legislaturperiode konsequent weitergehen wird. Gestatten Sie mir in der Elbestadt Magdeburg einen Vergleich mit einem Schwimmer, der sich bemüht, flussaufwärts vorwärts zu kommen. Er hat seit 2002 kräftig gekrault, aber die Gegenströmung wurde so gewaltig, dass er nur mühsam von der Stelle kam. Ohne die gewaltige Gegenströmung hätte er sein Ziel erreicht, ohne das kräftige Kraulen wäre er hoffungslos flussabwärts getrieben. Die Anstrengungen waren keineswegs vergebens. Und das Ziel ist nicht aus den Augen verloren. Und ermüdet ist der Schwimmer nicht. Er schwimmt weiter. Anrede, die Konsolidierung des Landeshaushaltes soll vorrangig durch eine Reduzierung jener Ausgaben erfolgen, die als konsumtiv gelten. Ein hohe Investitionsniveau soll auch weiter gewährleistet sein. Diese Forderung, die auch von den Wirtschaftsforschungsinstituten immer wieder aufgestellt wird, ist grundsätzlich richtig. Sie im Rahmen des Möglichen und Sinnvollen umzusetzen, sie liegt schon im Eigeninteresse jedes Landes. Allerdings müssen wir mehr denn je zu einer realistischen Einschätzung kommen, was möglich und sinnvoll ist. Entsprechend der Haushaltssystematik sind  alle regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben des Landes als konsumtiv zu betrachten . Solche laufenden Ausgaben sind z.B. Personalausgaben, Bewirtschaftungskosten und Zinsen, Mieten und Sozialleistungen. Aber auch Zuschüsse für den Betrieb von Forschungseinrichtungen und Hochschulen gehören dazu. Es gibt also durchaus auch konsumtive Ausgaben mit eindeutig investivem Charakter, denn es ist kein schnöder Konsum, wenn im Land Sachsen-Anhalt Forschungspersonal aus den laufenden Globalhaushalten finanziert wird. Aus haushaltssystematischen Einordnungen Schlussfolgerungen für die Standortpolitik zu ziehen nach dem Motto: Investitionen sind gut, Konsum ist böse, das wird unserer Lage nicht gerecht ¿ ich werde noch darauf zurückkommen. Personalkosten Einen wesentlichen Anteil der konsumtiven Ausgaben machen die Personalausgaben (Hauptgruppe 4 der Haushaltssystematik) aus. Die Landesregierung hat hier mit ihrem Personalabbaukonzept vom August 2002 bereits spürbare Erfolge vorzuweisen. Aber der Personalabbau ist ein auf lange Frist angelegtes Projekt. Kurzfristige Erfolge sind kaum realisierbar, da wegen der faktischen Unmöglichkeit von Massenkündigungen schnelle Stellenreduzierungen nicht möglich sind. Hier sieht die Landesregierung daher auch in den kommenden Jahren weiteren Handlungsbedarf. Unser Ziel wird es bleiben, den Personalbestand des Landes zunächst mindestens auf das Niveau in den alten Bundesländern zurückzuführen - auch in der kommenden Legislaturperiode. Von 2002 bis 2004 wurden mit Hilfe des Personalabbaukonzepts bereits knapp 4200 (genau: 4166) Stellen abgebaut. Bis 2006 werden ¿ dies ist im Doppelhaushalt nachzulesen -  weitere rund 4300 (genau: 4265) Stellen abgebaut. Hinzu kommen rund 5.800 (genau 5815) Stellen in der sogenannten Titelgruppe 96. Diese Stellen sind bereits als nicht mehr notwendig identifiziert, sie können aber erst in Abgang gestellt werden, wenn entsprechend Personal aus dem Landesdienst ausgeschieden ist. Wir schätzen zur Zeit, dass dies bis 2006 in einer Größenordnung von mindestens 2100 Stellen erfolgen wird. Als Bilanz am Jahresende 2006 wird also ein Stellenabbau von rund 10.600 Stellen stehen, sowie weitere bereits jetzt identifizierte rund 3700 Stellen in der Titelgruppe 96, die abgebaut werden können, wenn das entsprechende Personal ausscheidet. Legt man die durchschnittlichen Personalkosten von 35.000 Euro je Stelle zugrunde, dann hat die Landesregierung beim Personal ein Einsparvolumen von jährlich einer halben Milliarde Euro (spitz: 498,6 Mio. Euro) auf den Weg gebracht. Erreicht wurde dieser Abbau vor allem dadurch, dass Personal , das altersbedingt oder aus anderen Gründen aus dem Landesdienst ausschied, nicht wieder ersetzt wurde. Die Landesregierung hat in der Zeit vom Januar 2003 bis August 2005, also in mehr als zweieinhalb Jahren, insgesamt nur rund 800 Neueinstellungen vorgenommen. Darunter waren etwa 460 Lehrkräfte und 240 Polizisten. Die übrigen Einstellungen erfolgten bei Spezialausbildungen, wie zum Beispiel bei einem Apotheker, die aus vorhandenem Personal nicht ersetzt werden konnten. Das heißt, es herrscht im Land ein fast vollständiger Einstellungsstop. Nur dort, wo es absolut nicht anders ging, wurde Personal eingestellt ¿ mit Sondergenehmigung des Ministerpräsidenten auf Vorschlag des Ministers der Finanzen. Diese Bewirtschaftung ist in ihrer Konsequenz und Dauer in Deutschland einmalig. Sie wird auch in den nächsten Jahren fortgeführt werden müssen, da ein anderer Weg des Personalabbaus aufgrund der rechtlichen Rahmenmöglichkeiten weitgehend ausscheidet. Dies ist für die Altersstruktur der Beschäftigten in der Landesverwaltung sicherlich nicht unproblematisch. Aber der Aufbau einer gleichmäßigen Alterspyramide ist uns durch die Versäumnisse beim Personalabbau durch die Vorgängerregierungen versperrt. Anrede, auch im Bereich der Gehälter haben wir konsequent die Möglichkeiten der Einsparung genutzt. Gespart wurden in der Summe etwa 100 Mio. Euro durch verschiedene Formen des Lohnverzichts. Die Sonderzuwendungen für Beamte sind ab diesem Jahr völlig entfallen ¿ bis auf eine soziale Komponente beim Weihnachtsgeld für Beamte in den niedrigsten Besoldungsgruppen. Im Tarifbereich wurde die Arbeitszeit und damit die Vergütung der Arbeiter und Angestellten um bis zu 7,5 Prozent reduziert. Wie Sie sehen, haben die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung geleistet ¿ und dafür gebührt ihnen auch unser Dank. Dies darf nicht übersehen werden, wenn in der Öffentlichkeit von zu hohen Personalausgaben in Sachsen-Anhalt die Rede ist. Andere neue Länder wie zum Beispiel Sachsen und Thüringen haben keine derartigen Einschnitte gemacht. Dies zeigt, wie ernst es dieser Landesregierung mit ihrem Konsolidierungskonzept ist. Ich sage dies ganz deutlich auch an die Adresse derjenigen Beobachter unseres Landes, die sich nicht scheuen, unser Land wegen zu hoher konsumtiver Ausgaben an den Pranger zu stellen. Wenn z. B. Professor Seitz von der Technischen Universität Dresden uns vorwirft, dass wir in Sachsen-Anhalt zu hohe konsumtive Ausgaben hätten, dann muss man ihn daran er erinnern, dass er und seine Assistenten in Dresden weiterhin Sonderzuwendungen erhalten, die Kollegen in Magdeburg und Halle aber nicht. Anrede, Personalabbau und Gehaltsverzicht waren nötig und haben uns weiter gebracht. Sie haben bis 2006 ¿ alles zusammengenommen ¿ den Haushalt um mehr gut 600 Mio. Euro entlastet das ist rund 6 v.H. des Haushaltsvolumens. Im Vergleich der neuen Länder konnte sich die Landesregierung im Benchmarking der Personalausgaben deutlich verbessern. Gleichwohl gilt: Die Maßnahmen haben den weiteren Anstieg der Personalausgaben durch Tariferhöhungen und steigende Versorgungslasten kräftig abgebremst, mehr aber auch nicht. Wir werden die Ausgaben je Beschäftigten auch zukünftig bestenfalls konstant halten können. Dies allein schon ist im Vergleich zu den Zeiten vor 2002 ein enormer Fortschritt. Sonstige Konsumausgaben Nicht nur bei der Begrenzung der Personalausgaben waren wir erfolgreich. Auch der laufende Sachaufwand wurde auf ein Niveau beschränkt, das im Ländervergleich vorbildlich ist. Die Ausgaben für die Erhaltung des Betriebs der Verwaltung, z. B. Mieten, Geschäftsbedarf, Dienstleistungen Dritter, Unterhaltung von Grundstücken etc., liegen in Sachsen-Anhalt 2005 um rd. 17 Prozent unter dem Durchschnitt der neuen Länder und immer noch rund 6 Prozent unter dem Durchschnitt der alten Flächenländer. Auch bei den sog. Übertragungsausgaben wurde der angespannten Haushaltslage Rechnung getragen. Rein quantitativ sind die Übertragungsausgaben von größter Bedeutung ¿ sie machen rund 45 Prozent der Landesausgaben aus. Allein ein Drittel oder rund 1,5 Mrd. Euro der Übertragungsausgaben fließen in den kommunalen Finanzausgleich. Weitere rund 22 Prozent oder 1 Mrd. Euro der Übertragungsausgaben beruhen auf Bundesgesetzen oder Landesgesetzen. Dazu zählen BAFöG, Wohngeld, Soziale Leistungen und auch die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR, die uns zu jährlichen Ausgaben in Höhe von über 400 Mio. Euro zwingen. All diese Ausgaben sind Einsparmaßnahmen nicht oder nur begrenzt zugänglich, weil einerseits das Land keinen Eingriff in Bundesgesetze vornehmen kann, andererseits in bestimmten Bereichen eine gewisse Mindest­sicherung erforderlich ist. Gleichwohl hat die Landesregierung bereits schmerzhafte Einschnitte zum Beispiel im Bereich der Kommunalfinanzen vorgenommen. Und die grundlegende Reform der Kinderbetreuung durch das Kinderförderungsgesetz brachte neben zielgerichteterer Betreuung und einem besseren Bildungsangebot auch Einsparungen für das Land von rund ein Viertel der Kosten, das sind fast 50 Mio. Euro. Für die notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen verbleibt also im Wesentlichen der Bereich der Zuschüsse und Zuwendungen sowie sonstiger vertraglicher Leistungen an Dritte. Hier ist zunächst zu beachten, dass ein nicht unbedeutender Teil dieser Ausgaben aus Einnahmen von Dritten resultiert, wie z. B. die Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds. Weitgehend landesfinanzierte Ausgaben finden sich im Wesentlichen im Bereich der Universitäten und Hochschulen sowie bei der Förderung von Forschungseinrichtungen sowie im Kulturbereich. Auch hier hat die Landesregierung bereits Einschnitte vorgenommen. Im Rahmen der derzeit durchgeführten Evaluierung von Förderprogrammen sollen künftig weitere Einsparungen erreicht werden. Gerade hier hat das Zurückfahren staatlicher Leistungen allerdings auch Grenzen. Dies betrifft insbesondere die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung, die haushaltssystematisch als konsumtiv gelten, aber einen ganz wichtigen Beitrag zur Zukunft des Landes leisten. Ohne eine gesicherte Finanzierung von Wissenschaft, Forschung und auch Kultur wäre Sachsen-Anhalt weder als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort attraktiv noch als Wohnsitz begehrt. Das dürfen und werden wir nicht zulassen. Zusammengefasst bleibt festzustellen, dass die Einsparungsmöglichkeiten im konsumtiven Bereich eines Landeshaushaltes an Grenzen stoßen, die aufgrund von vor allem bundesgesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen kurzfristig nicht überwindbar sind, sondern mittel- und langfristig angegangen werden müssen. Dazu gehören Verwaltungsreformen, die allerdings erst mit Verzögerung finanzielle Erträge bringen. Die Landesregierung hat maßgebliche Verwaltungsreformen auf den Weg gebracht. Ich erinnere an die Fusion der drei Regierungspräsidien zu einem funktional gegliederten Landesverwaltungsamt, an die Gründung des Landesbetriebs Bau und des Landesbetriebs LIMSA zum effizienteren Bau- und Gebäudemanagements, an den Aufbau der Sozialagentur, die Neuorganisation und Zentralisierung der Vermessungs- und Katasterverwaltung und die anstehende Reform der Landesforstverwaltung. Anrede, um in einem Bild aus dem Zuständigkeitsbereich meiner geschätzten Kollegin Petra Wernicke zu bleiben. Die Landesregierung hat im Bereich der Verwaltungsreformen bereits vieles gesät, einiges steht schon in Blüte oder trägt erste Früchte, aber der wesentliche Teil der Ernte, nämlich die Einsparungen, werden erst in den kommenden Jahren eingefahren werden. Investitionen Anrede, der Aufbau Ost geht in Sachsen-Anhalt weiter. Sachsen-Anhalt hat weiterhin ein Investitionsniveau, das ¿ pro Kopf gerechnet ¿ etwa doppelt so hoch ist wie im Durchschnitt der alten Länder. Die Einnahmeausfälle und Konsolidierungszwänge haben aber in Sachsen-Anhalt wie auch in allen neuen Ländern in den letzten Jahren einen schrittweisen Rückgang bewirkt. In Sachsen-Anhalt wurde in den vergangenen Jahren - und wird mit dem Doppelhaushalt weiterhin - vor allem in jene Nachholbereiche investiert, die das DIW-Gutachten aus dem Jahr 2000 zu Recht als besonders wichtig festgestellt hat. Hier sind insbesondere die Hochschulen und die Forschung sowie die Verkehrsinfrastruktur zu nennen. Dies wird in den Fortschrittsberichten des Landes 2002, 2003 und 2004 ausführlich dargestellt, ich brauche hierauf an dieser Stelle nicht einzugehen. Der infrastrukturelle Aufholprozess in Sachsen-Anhalt wird weiter fortgeführt. Aber ‑ auch das muss an dieser Stelle gesagt werden - wir werden uns auch im investiven Bereich nicht mehr alles leisten können, was man theoretisch fördern könnte. Nur das, was das Land wirtschaftlich voranbringt und geeignet ist, die hohe Arbeitslosigkeit zu vermindern und mittelfristig zu beseitigen, wird in Zukunft noch gefördert werden können. Diese Messlatte, die wir bereits an die vergangenen Haushalte angelegt haben, die werden wir in Zukunft noch strikter handhaben müssen. Dies gilt um so mehr, weil durch die weiter zu erwartenden Einwohnerrückgänge die Einnahmesituation zusätzlich verschärft wird. Dabei ist nicht überall mit einer entsprechenden Reduzierung von Ausgabeerfordernissen zu rechnen, da bestimmte Leistungen unabhängig von der Einwohnerzahl vorgehalten werden müssen, wie zum Beispiel die Unterhaltung der Landesstraßen, die Wirtschaftsförderung oder die Wasser- und Abwasserinfrastruktur. Gleichzeitig setzt bis 2019 ein Rückgang der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für die neuen Länder ein, so dass sich selbst bei steigenden Steuereinnahmen das Einnahmeniveau nicht wesentlich erhöhen wird. Auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist eine Fortführung der Diskussion zur weiteren Gestaltung staatlicher Leistungen unerlässlich. Dies ist im übrigen nicht nur ein Problem der neuen Länder. Die Diskussion insbesondere zu den bundesgesetzlichen Leistungen muss daher weiter auch länderübergreifend sowie mit dem Bund geführt werden. Im Ergebnis muss ein Subventionsabbau stehen. Und alle Möglichkeiten der Privatisierung staatlicher Leistungen müssen genutzt werden. Anrede, für die kommende Legislaturperiode werden in der Finanzpolitik neben der Weiterführung des Personalabbaus und der Fortsetzung der Verwaltungsreform verstärkt neue Schwerpunkte treten: Wir werden noch mehr Deregulierung im Gesetzes- und Richtlinienbereich brauchen, und zwar auf Bundes- und Landesebene. Wir werden neue Steuerungsinstrumente in der Haushaltsführung und ein zentrales Controlling beim Fördermitteleinsatz entwickeln und anwenden. Und wir werden ¿ vielleicht das wichtigste ‑ Förderprogramme umstellen von einer Zuschussvergabe zur Darlehensgewährung mit Unterstützung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt. Gerade was die Kreditversorgung des Mittelstands zu Markt- und zu Förderkonditionen betrifft, hat die Landesregierung in dieser Legislatur maßgebliche Weichen für die Zukunft gestellt. Aus dem Landesförderinstitut wurde die Investitionsbank als teilrechtsfähige Anstalt in der NORD/LB weiterentwickelt. Ziel der Landesregierung ist es, mit dieser Bank neue Förderwege zu erschließen und am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Trotz anfänglicher Kritik ¿ auch aus dem Bereich der Geschäftsbanken ¿ konnte sich die Investitionsbank als verlässlicher Partner am Markt etablieren. Ihre Rolle und Bedeutung wird in der Zukunft noch deutlich wachsen ¿ sie ist ja erst gerade mal 1 ½ Jahre auf dem Markt. Daneben hat sich Sachsen-Anhalt zusammen mit den Sparkassen des Landes aktiv an der Neuausrichtung und Kapitalerhöhung der NORD/LB beteiligt ¿ auch und gerade als Landesbank für Sachsen-Anhalt. Und auch die Sparkassen sind gut aufgestellt und werden im Rahmen der Kreisgebietsreform zukunftsfähige Größenstrukturen erhalten. Die regionale Verankerung unserer Sparkassen ist ein wichtiger Bestandteil der Kreditversorgung in Sachsen-Anhalt. Anrede, Sie sehen, diese Landesregierung hat die Weichen gestellt für Veränderungen, die den Landeshaushalt entlasten. Und dabei haben wir in den allermeisten Bereichen keine Unterstützung von der Opposition gehabt ¿ ich erinnere nur an die Diskussion um das Kinderfördergesetz, die Privatisierungen, die Verwaltungsreform und an viele hitzige Debatten um Etatkürzungen, die fast durchweg von der Opposition abgelehnt wurden. Ich sage trotzdem ganz klar und deutlich: Alle Maßnahmen werden nicht ausreichend sein, um den Landeshaushalt dauerhaft ohne Verschuldung zu finanzieren, wenn wir nicht in Deutschland insgesamt bessere Rahmenbedingungen bekommen. Die Bundesregierung - die neue, wie sie auch immer aussieht - wird in der Pflicht sein, durch mutige Reformen das Wirtschaftswachstum bundesweit zu verbessern, damit das Steueraufkommen spürbar steigt und zwar ohne schädliche Erhöhung der Steuersätze, die Belastungen des Landeshaushaltes aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften abzubauen und auf Bundesebene Reformen auf dem Arbeitsmarkt durchzuführen, die das Land und letztendlich auch seine Kommunen entlasten. Dann und nur dann werden unsere Anstrengungen Erfolg haben, eine Gesundung der Landesfinanzen auch dauerhaft und nachhaltig zustande zu bringen. Anrede, die Landesregierung hat in der letzten Woche den Fortschrittsbericht 2004 des Landes Sachsen-Anhalt vorgelegt. Wie in jedem Jahr, so wurde auch dieses Mal vom Bund und einigen Anderen der Vorwurf erhoben, die neuen Länder und hier insbesondere auch Sachsen-Anhalt würden die Solidarpaktmittel, die ihnen zur Verfügung stehen, nicht ordnungsgemäß einsetzen, sondern für Personalausgaben und andere konsumtive Ausgaben verschwenden. Ich habe mich bereits, wie sie der Presse entnehmen konnten, öffentlich gegen diesen Vorwurf verwahrt. Ich möchte aber auch an dieser Stelle die Gelegenheit wahrnehmen und die dringend erforderliche Klarheit in diese für die neuen Länder zentrale Debatte bringen. Zunächst einmal ist zwischen den erreichten Fortschritten beim Aufbau Ost und dem rein mechanischen, rechnerischen Verwendungsnachweis für die Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen klar zu unterscheiden. Die SOBEZ ¿ bitte gestatten sie mir im folgenden den Begriff abgekürzt zu verwenden, denn ¿Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen¿ ist ein scheußliches Wortungetüm ¿ die SOBEZ also werden grundsätzlich als allgemeine Deckungsmittel den Ländern zur Verfügung gestellt, ähnlich wie die Mittel aus dem Länderfinanzausgleich, und dies war auch vom Bund immer so beabsichtigt, als das vorher zweckgebunden orientierte Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost sogar vorzeitig beendet wurde. Um trotzdem einen Überblick über den Mitteleinsatz zu erhalten, forderte der Bund, eine Verwendungsrechnung im Nachhinein zu konstruieren. Im Ergebnis ist das bekannte und oft fehlinterpretierte Rechenmodell entstanden. Bei der Berechnung des Bundes wird zunächst von den nicht aus Drittmitteln finanzierten Investitionen des Landes und der Kommunen die Neuverschuldung abgezogen, die laut Verfassung zur Finanzierung der Investitionen dient. Die verbleibende Differenz, die im übrigen bei einer hohen Neuverschuldung auch negativ sein kann, wird für die Berechnung der ordnungsgemäßen Verwendung der SOBEZ herangezogen. Hinzu kommt noch ein Betrag zum Ausgleich der unterdurchschnittlichen kommunalen Finanzkraft. Das Ergebnis wird ins Verhältnis zu den empfangenen SOBEZ gesetzt. Die daraus resultierende Aussage ist höchst fragwürdig. Eine Anerkennung teilungsbedingter Lasten, die der Gesetzestext des Solidarpaktfortführungsgesetzes ausdrücklich vorsieht, wird bei dieser Methodik überdies völlig vernachlässigt, wie zum Beispiel die 400 Mio. Euro jährlich für die Zusatz- und Sonderversorgung der DDR oder die von den Ländern übernommenen Verpflichtungen für die Altschulden der kommunalen Einrichtungen der DDR nach dem Altschuldenregelungsgesetz. Das sind aber enorme Ausgaben, die unser Land belasten, und darum dürfen wir darüber auch reden. Wie anfällig der rechnerische Nachweis für methodische Fragen ist, zeigt sich bei der begründeten Anrechnung dieser Lasten einerseits und einer periodengenauen Abgrenzung der Zahlen andererseits. So ergibt sich nach unseren Berechnungen anhand der Bundesmethode ein Nachweis von rund 58,5 Prozent. Die Einzelheiten können Sie im gerade erschienenen Fortschrittsbericht 2004 nachlesen, weshalb ich hier auf weitere Ausführungen verzichte.

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