Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky zum Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung der ?Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt? (Gedenkstättenstiftungsgesetz ? GedenkStiftG LSA), LT-Drs.: 4/2552
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 035/06 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 035/06 Magdeburg, den 16. Februar 2006 Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky zum Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung der ¿Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt¿ (Gedenkstättenstiftungsgesetz ¿ GedenkStiftG LSA), LT-Drs.: 4/2552 - TOP 8 der Landtagssitzung am 16./17. Febr. 2006 Anrede, die gut vor einem Jahr erklärte Absicht der Landesregierung, alle landeseigenen Gedenkstätten in eine öffentlich-rechtliche Stiftung zu überführen war bereits früh auf positive Resonanz aller Parteien gestoßen. Als ich den Gesetzentwurf zur Errichtung der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt vor wenigen Wochen in den Landtag eingebracht habe, haben in der Aussprache sodann auch alle im Parlament vertretenen Parteien ihr großes Interesse verdeutlicht, dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Ich darf Ihnen heute mitteilen, dass es gelungen ist, im Ausschuss für Inneres eine Beschlussemfehlung zu erarbeiten, die von allen im Landtag vertretenen Parteien getragen wird. Basis für dieses außerordentlich positive Ergebnis war das Bemühen aller Seiten, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der auf möglichst breite Akzeptanz stößt. Der Ausschuss für Inneres hat mehr als 30 Opferorganisationen, Verbände, Vereine, Kommunen und gesellschaftliche Organisationen zur Anhörung geladen. Die Anhörung war durch ein sehr hohes Maß an Sachlichkeit geprägt. Bei der außerordentlich schwierigen Thematik, die immer wieder zu heftigen Emotionen Anlass bietet, war dies nicht unbedingt zu erwarten. Etwa 15 verschiedene Stellungnahmen wurden vor dem Ausschuss abgegeben. In Auswertung des Anhörungsergebnisses wurden am ursprünglichen Gesetzentwurf folgende Änderungen vorgenommen: 1. Der Stiftungszweck wurde insofern sprachlich neu gefasst, als nun in wesentlich stärkerer Form die Unterschiede der verschiedenen Diktaturen deutlich werden, indem von den ¿einzigartigen Verbrechen während der nationalsozialistischen Diktatur¿ und den ¿schweren Menschenrechtsverletzungen während der Zeiten der sowjetischen Besatzung und der SED-Diktatur¿ gesprochen wird. 2. Eine weitere Veränderung betrifft die Gedenkstätte Lichtenburg in Prettin. Die Landesregierung hatte Ihnen bereits vor längerem mitgeteilt, dass sie beabsichtige, die Gedenkstätte zu übernehmen. Allerdings sind ¿ wie ich hier bereits mehrmals vorgetragen habe ¿ die Verhandlungen mit der Bundesimmobiliengesellschaft, die die Liegenschaft im Auftrag des Bundes betreut, noch nicht abgeschlossen. Deshalb hatte die Landesregierung im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen, die Gedenkstätte noch nicht ausdrücklich unter jene Einrichtungen einzureihen, die mit In-Kraft-Treten des Gesetzes Teil der Stiftung werden sollen. Allerdings war in § 2 Absatz 3 des Entwurfs bereits die Möglichkeit geschaffen worden, weitere Einrichtungen in die Stiftung zu übernehmen. In der Begründung zum Gesetzentwurf war die Gedenkstätte Lichtenburg namentlich als Anwendungsfall dieser Option genannt worden. Der Innenausschuss hat sich nun darauf verständigt, die Gedenkstätte Lichtenburg bereits jetzt explizit in die Liste derjenigen Gedenkstätten aufzunehmen, die der Stiftung angehören werden. Die gegenwärtigen Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Liegenschaft machten es aber notwendig, in § 23 Abs. 2 einen Vorbehalt hinsichtlich des In-Kraft-Tretens dieser Bestimmung auszubringen. Voraussetzung dafür ist die Übernahme der Gedenkstätte Lichtenburg in Landesträgerschaft. In den letzten Tagen hat der Bund ein Vertragsformulierung vorgelegt, die m. E. den Interessen des Landes an einer dauerhaft gesicherten Nutzung der vorgesehenen Teile des Schlosses Lichtenburg als Gedenkstätte hinreichend Rechnung trägt. Eine weitere wesentliche Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfs betrifft die Besetzung des Stiftungsrates. Um die Geschicke der Stiftung politisch begleiten zu können, wurde allen im Landtag vertretenen Fraktionen im höchstem Gremium der Stiftung, dem Stiftungsrat, Sitz und Stimme gegeben. Der Ihnen nun vorliegende Gesetzentwurf sieht deshalb vor, so viele weitere Mitglieder in den Stiftungsrat aufzunehmen, wie Fraktionen im jeweiligen Landtag vorhanden sind. Anrede, die nun gefundene Gesetzesfassung bildet aus Sicht der Landesregierung eine solide Grundlage für eine erfolgreiche Arbeit der Stiftung. Ich weiß, dass die unterschiedlichen Ansichten zur neueren deutschen Geschichte nicht per Gesetz beseitigt werden können. Aus meiner Sicht ist dies aber nicht der entscheidende Punkt. Entscheidend für den Erfolg der Gedenkstättenstiftung wird vielmehr sein, dass alle Beteiligten die Arbeit mit der Zielsetzung beginnen, im sachlichen Dialog die bestehenden Schwierigkeiten und Herausforderungen zu meistern. Mit dem Ziel der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der deutschen Erinnerungskultur zu haben, möchte ich alle Opferorganisationen und ¿verbände zur Bereitschaft aufrufen, auf der Basis der demokratischen Wertegemeinschaft und des antitotalitären Konsenses, auch das Leid der jeweils anderen Seite anzuerkennen. Dabei müssen wir selbstverständlich davon ausgehen, dass die Verbrechen der Nationalsozialisten einzigartig sind und mit den Taten nach 1945 nicht gleichgesetzt werden dürfen. Diese Erkenntnis bedeutet aber keine Negierung oder Bagatellisierung des nach 1945 begangenen Unrechts an unschuldigen Opfern. Wir sollten gemeinsam darum ringen, ¿konkurrierende Vergangenheiten¿ zu verhindern. Es ist schlimm genug, wenn nach dem Zusammenbruch des Hitler-Regimes die Menschenrechtsverletzungen auf dem Boden der SBZ nicht aufhörten. Wir können die Geschichte nicht ändern, aber wir können einen gemeinsamen Beitrag dazu leisten, dass sich derartige Entwicklungen nicht wiederholen. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass am gestrigen Tage die neue Dauerausstellung in der Gedenkstätte ¿Roter Ochse¿ Halle eröffnet worden ist. Genauer gesagt handelt es sich um zwei Ausstellungen unter einem Dach. Nach Etagen getrennt, werden im ¿Roten Ochsen¿ die NS-Verbrechen ebenso gezeigt wie die Menschenrechtsverletzungen nach 1945. Wer die Ausstellung zum ersten Mal sieht, wird betroffen sein von dem Schicksal jener Menschen, denen an dieser Stelle Unrecht widerfahren ist. Die Ausstellung zeigt aber auch anschaulich, dass es möglich ist, trotz unterschiedlicher Sichtweisen eine gemeinsame Lösung zu finden. Ausdrücklich hat der Sprecher des Interessenverbandes der Verfolgten und Hinterbliebenen der Nazidiktatur, Herr Gerats, bereits während der Anhörung des Innenausschusses die konstruktive Zusammenarbeit in Vorbereitung der Ausstellung hervorgehoben und gelobt. Anrede, ich möchte an dieser Stelle allen, die an der Erarbeitung des Gesetzentwurfs in der Ihnen nun vorliegenden Fassung mitgewirkt haben, für ihre außerordentlich konstruktiven Beiträge danken. Ich denke es ist gelungen, gemeinsam einen tragfähigen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der die Interessen aller Betroffenen widerspiegelt. Die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf in der Ihnen nun vorliegenden Fassung ist ein wichtiges Signal und ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung. Impressum: Verantwortlich: Dr. Matthias Schuppe Pressestelle Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni 39112 Magdeburg Tel: (0391) 567-5516/5517 Fax: (0391) 567-5519 Mail: Pressestelle@mi.lsa-net.de
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