Kabinett verabschiedet Pandemierahmenplan
Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 173/06 Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 173/06 Magdeburg, den 21. März 2006 Kabinett verabschiedet Pandemierahmenplan Sachsen-Anhalts Landesregierung hat am heutigen Dienstag den Landes-Pandemierahmenplan verabschiedet. Der Plan enthält notwendige Maßnahmen für den Fall einer Pandemie (weltweite Grippe-Epidemie). Hauptgrundlage sind das Infektionsschutzgesetz (IfSG) und das Gesundheitsdienstgesetz (GDG). Gesundheitsminister Gerry Kley sagte nach der Kabinettssitzung in Magdeburg: ¿Mit diesem Plan hat das Land einen weiteren wichtigen Schritt zur Vorbereitung auf eine Pandemie getan. Allerdings sind die Auswirkungen einer Pandemie nur schwer abschätzbar, so dass mit diesem Plan nur ein Rahmen vorgegeben werden kann, der kontinuierlich an neue Erkenntnisse und Möglichkeiten angepasst wird. Die erforderlichen Vorsorgemaßnahmen müssen dann in jedem Fall den aktuellen Bedingungen entsprechend auf die jeweilige Pandemiephase abgestimmt werden.¿ Kley betonte, dass das Land alle möglichen Schutzmaßnahmen von der Krisen-Planung über die Beschaffung antiviraler Medikamente bis hin zur wirkungsvollsten Maßnahme, der Impfung, vorbereite. ¿Wir sind im Ländervergleich gut aufgestellt¿, so Kley, ¿dennoch bleibt eine Pandemie ein weltweites Ereignis, vor dem es keinen hundertprozentigen Schutz gibt.¿ Kley erinnerte daran, dass jährlich rund 10.000 Menschen in Deutschland an einer normalen Influenza sterben, obwohl für jede Bürgerin und für jeden Bürger eine Grippeschutzimpfung zur Verfügung stehe. Als die sechs entscheidenden Kernbereiche des Plans nannte Minister Kley · die Risikobewertung, · die Kommunikation, · die Sicherung der ambulanten Versorgung, · die Schaffung von Krankenhauskapazitäten, · die Bereitstellung antiviraler Medikamente zur Therapie · und die Impfversorgung zum Schutz vor Erkrankungen. Die Planungen für diese sechs Kernbereiche zielten darauf ab, so Kley, die Versorgung Erkrankter sicher zu stellen, die kritische Infrastruktur aufrecht zu erhalten und Sterbefälle zu vermeiden. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Ärztekammer, der Apothekerkammer, der Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Vereinigung, des Landesamtes für Verbraucherschutz, des Landesverwaltungsamtes und des Verbandes der Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst begleitete die Erarbeitung des Plans. Auf dieser Grundlage können nun das Landesverwaltungsamt, die Landkreise und kreisfreien Städte sowie der ambulante und stationäre Gesundheitssektor ihre konkreten Einsatzpläne erarbeiten. Parallel wird es Arbeitsanweisungen und Checklisten unter Beachtung der Hinweise des Robert Koch-Instituts geben. Basis des Plans ist die Phaseneinteilung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Pandemie . Derzeit befinden wir uns weltweit in der Warnphase (Phase 3). In dieser Phase werden Pandemiepläne zur Vorbereitung auf eine mögliche weltweite Grippe-Epidemie erstellt. In der WHO-Phase 4 tritt auf Landesebene der Pandemie-Krisenstab zusammen und koordiniert das weitere Vorgehen. In dieser Phase, in der räumlich eng begrenzt erste Erkrankungen auftreten, stehen die strikte Absonderung der Erkrankten und die Einhaltung aller denkbaren Arbeitsschutzmaßnahmen im Vordergrund. Hier werden insbesondere Maßnahmen zur Entwicklung des Impfstoffs forciert. In Phase 5 , in der sich das Virus ausbreitet, aber immer noch lokalisierbar ist, wird anstatt der Absonderung zunehmend die medizinische Versorgung zum Dreh- und Angelpunkt. Durch antivirale Medikamente sollen Erkrankte zeitnah therapiert werden, um Sterbefälle zu vermeiden und die Zeit der Virenausscheidung zu verkürzen. Parallel dazu sind alle notwendigen Maßnahmen (Veranstaltungsverbote, Schließung von Schulen, Universitäten und sonstigen öffentlichen Einrichtungen, die nicht essentiell der Versorgung der Bevölkerung dienen, Besucherverbote für Krankenhäuser und Heime, Reiseeinschränkungen) zu ergreifen, um eine fortschreitende Ansteckung und damit Ausbreitung zu verhindern. Diese Maßnahmen gelten auch für die Phase 6, der eigentlichen pandemischen Phase. Spätestens in dieser Phase wird nach Expertenschätzungen ein Impfstoff zum Schutz der Bevölkerung zur Verfügung stehen, mit dem die Influenza-Pandemie wirkungsvoll bekämpft werden kann. Im Falle einer Pandemie, die in Wellen verläuft, gehen Experten von einer Erkrankungsrate in Deutschland für die gesamte Pandemiezeit (ca. 2 Jahre) von 15 bis 50 % der Bevölkerung aus. Damit verbunden wären u. a. zusätzliche Arztbesuche und Krankenhauseinweisungen. Bei einer angenommenen Erkrankungsrate von 15 Prozent wären beispielsweise allein in Sachsen-Anhalt in der ersten Welle von ca. 180.000 zusätzlichen Arztbesuchen und ca. 5.500 zusätzlichen Krankenhauseinweisungen auszugehen. Die sechs Kernbereiche im Überblick: Risikobewertung Um in Sachsen-Anhalt gezielte Maßnahmen zur Verhinderung oder zum Eindämmen einer Pandemie ergreifen zu können, ist eine solide Datenbasis zur Risikobewertung erforderlich. Neben den regulären Meldungen nach dem Infektionsschutzgesetz wird dazu die virologische Überwachung im Landesamt für Verbraucherschutz (LAV) ausgebaut. Durch eine gezielte Diagnostik kann so ein neuer Subtyp schnell ermittelt werden. Außerdem wurde seit Januar dieses Jahres eine neue epidemiologische Überwachung etabliert (ARE-Surveillance). Hierzu wird auf freiwilliger Basis die durch akute Atemwegserkrankungen bedingte Fehlquote von Kindern in KiTas erfasst. Da Kinder ein sehr sensibler Indikator für virologische Erkrankungen sind, können Erkrankungsausbrüche somit frühzeitig erkannt werden. Darüber hinaus liefern das Robert-Koch-Institut und die WHO täglich Basisdaten zur Influenza-Situation. Kommunikation Kommunikation beinhaltet zum einen das reibungslose Funktionieren der Melde- und Informationsketten, um alle relevanten Maßnahmen auch in der Praxis umsetzen zu können. Zum anderen hat Öffentlichkeitsarbeit eine wesentliche Bedeutung bei der Eindämmung von Influenzaerkrankungen. Bei einer gezielten und umfassenden Information wird die Bevölkerung einschränkende Maßnahmen akzeptieren und durch ihr Verhalten dazu beitragen, die Influenzaviren-Zirkulation einzudämmen. Hierzu werden in Abstimmung mit Bund und Ländern adressatenspezifisch Handzettel und Informationsblätter erarbeitet. Ambulante Versorgung Grundsätzlich gilt: Influenza-Erkrankte sollten so lange wie möglich ambulant, also zu Hause, versorgt werden. Gleiches gilt z.B. auch für die Altenpflege und Kinderheime. Der Hausarzt entscheidet ggf. über die Aufnahme in ein Krankenhaus. Inwieweit die niedergelassenen Ärzte ihre Sprechstundenzeiten erweitern oder Sondersprechstunden einrichten, werden die Kassenärztliche Vereinigung und die Ärzteschaft in gesonderten Planungen und Konzepten festlegen. Um möglichst lange eine ambulante Versorgung von Erkrankten absichern zu können, sind weitere Unterstützungsstrukturen erforderlich. Insbesondere die zahlreichen Einzelhaushalte, Haushalte mit Kindern und die Belange sozial Benachteiligter und Menschen mit Behinderungen müssen hier berücksichtigt werden. Dazu wird angeregt, dass die kommunalen Verwaltungen im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements Hilfsteams initiieren. Krankenhausversorgung In Sachsen-Anhalt stehen bei Bedarf ab Pandemie-Phase 4 alle Krankenhäuser mit internistischen Fachabteilungen für Influenza-Patienten zu Verfügung. In Landkreisen, die mehrere Kliniken haben, können Krankenhäuser der Erstversorgung festgelegt werden. Gegebenenfalls muss ab einer bestimmten Stufe überlegt werden, ob Spezial- oder Reha-Kliniken in die Versorgung einbezogen werden. Insgesamt liegt im Land dann die Kapazität bei ca. 20.000 Klinik-Betten. Auf Grund der umfangreichen Investitionen in die Krankenhäuser des Landes ist der größte Teil der akut stationären Betten mit zusätzlichen Sauerstoffanschlüssen (ca. 10.000 Betten) versehen. Ca. 500 Intensivbeatmungsplätze stehen zusätzlich zur Verfügung. Zur Vorbereitung auf den Pandemiefall gibt es für die Krankenhäuser eine Checkliste mit Management-Hinweisen, Hinweisen zu Handlungsabläufen und Schulungsmaßnahmen für medizinisches Personal. Auf dieser Grundlage sind die Hygienepläne der Kliniken auf Pandemietauglichkeit zu überprüfen. So müssen beispielsweise getrennte Wegführung für Infektions- und andere Patienten festgelegt sowie Isolationsmöglichkeiten und der Schutz für das medizinische Personal abgesichert sein. Bereitstellung antiviraler Medikamente zur Therapie Das Land Sachsen-Anhalt beschafft für 20 Prozent der Bevölkerung antivirale Medikamente als Staatsreserve und stellt dafür für rund 8 Millionen Euro bereit. Diese Neuraminidasehemmer (Tamiflu, Relenza und Oseltamivir) stehen zu den auf dem Markt verfügbaren Medikamenten zusätzlich zur Verfügung und werden den Apotheken und dem Großhandel zum Abfangen von zeitweisen Engpässen zur Verfügung gestellt. Mit diesen Medikamenten soll zudem die Phase bis zum Vorhandensein eines Impfstoffs überbrückt werden. Impfversorgung zum Schutz vor Erkrankungen Es ist unbestritten, dass die wirksamste und kosteneffektivste Maßnahme zur Bewältigung einer Pandemie die Impfung ist. Dazu muss das Virus identifiziert und ein geeignetes Saatvirus hergestellt werden, um einen Impfstoff produzieren zu können. Hierfür werden nach Expertenmeinungen mindestens 3 Monate benötigt. Es wird derzeit davon ausgegangen, dass eine zweimalige Impfung innerhalb von drei bis sechs Wochen notwendig sein wird, um einen ausreichenden Impfschutz aufzubauen. Die Impfung wird der gesamten Bevölkerung zur Verfügung stehen. Es ist in Sachsen-Anhalt vorgesehen, dass die niedergelassenen Ärzte zusammen mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst und arbeitsmedizinischen Dienst diese Impfungen planen. Hintergrund Pandemie: Im 20. Jahrhundert sind drei Pandemien bekannt: 1918 ¿Spanische Grippe¿ verursacht durch das Influenzavirus A H1N1, 1957 ¿Asiatische Grippe¿ verursacht durch das Influenzavirus A H2N2 und 1968 ¿Hongkonggrippe¿ verursacht durch das Influenzavirus A H3N2. Pandemien treten in unregelmäßigen Abständen auf, so dass eine Vorhersage schwer möglich ist. Experten der WHO warnen aber schon seit Jahren vor dem Auftreten einer neuen Influenzapandemie. Derzeit wird vermutet, dass das auch in Deutschland nachgewiesene Virus der Geflügelpest (Influenza A H5N1) sich mit einem menschlichen Virus verbinden und zu einem neuen, für den Menschen gefährlichen Virus mutieren könnte. Dieses Virus wäre dann leicht von Mensch zu Mensch übertragbar, so dass es zu einer Pandemie kommen könnte. Die WHO hat den Verlauf einer Influenza-Pandemie in Phasen eingeteilt: Phase 1/2: kein Nachweis neuer Influenza-Subtypen bei Menschen, Vorbereitungen auf eine Influenza-Pandemie laufen an Phase 3: Warnphase, keine Ausbreitung von Mensch zu Mensch bei Infektionen des Menschen mit neuen Subtypen, Erarbeitung eines Pandemieplans Phase 4: Auftreten eines von Mensch zu Mensch übertragbaren Virus, räumlich eng begrenzt, Entwicklung eines Impfstoffes läuft auf Hochtouren Phase 5: weitere Ausbreitung des Virus, aber noch lokalisierbar, Phase 6: pandemische Phase, anhaltende Übertragung in der Bevölkerung. Impressum: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt Pressestelle Hegelstraße 42 39104 Magdeburg Tel: (0391) 567-6666 Fax: (0391) 567-6667 Mail: staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de
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