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Magdeburg, den 09.07.2006

Familienfreundlichkeit in Landesverwaltung voran bringen / Hauptziel bleibt aber mehr Familienfreundlichkeit in Privatwirtschaft

Ministerium für Gesundheit und Soziales - - Pressemitteilung Nr.: 95/06 Ministerium für Gesundheit und Soziales - Pressemitteilung Nr.: 95/06 Magdeburg, den 10. Juli 2006 Familienfreundlichkeit in Landesverwaltung voran bringen / Hauptziel bleibt aber mehr Familienfreundlichkeit in Privatwirtschaft Rede der Ministerin für Gesundheit und Soziales, Dr. Gerlinde Kuppe auf der Landtagssitzung am 06. Juli 2006 Antrag der FDP-Fraktion: Familienaudit in der Landesverwaltung Sperrfrist: Redebeginn gegen 16:45 Uhr Es gilt das gesprochene Wort!!! Ministerin Gerlinde Kuppe will Familienfreundlichkeit in Landesverwaltung voran bringen / Hauptziel bleibt aber mehr Familienfreundlichkeit in Privatwirtschaft Es ist schon erstaunlich, dass die FDP-Fraktion diesen Antrag jetzt stellt, also zu einem Zeitpunkt, wo sie - gerade eben - keine Regierungsverantwortung mehr trägt. Der damalige Sozialminister Gerry Kley hätte seit Beginn des Auditierungsprozesses im Ministerium für Gesundheit und Soziales oder auch schon vorher genügend Zeit gehabt, der damaligen Landesregierung eine Gesamtauditierung vorzuschlagen. Dies hat er jedoch nicht getan bzw. nicht erreichen können. Warum dies nicht veranlasst wurde oder nicht geklappt hat, kann Herr Kley der FDP-Fraktion sicher direkt beantworten. Ich darf Ihnen versichern, dass die neue Landesregierung in Umsetzung der Koalitionsvereinbarung alle möglichen Maßnahmen prüfen wird, die zu mehr Familienfreundlichkeit in Landesverwaltung und Privatwirtschaft und zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie beitragen können. Dazu gehört  unter anderem auch eine Auditierung der Landesverwaltung.  Ich betone: unter anderem! Denn viele weitere Maßnahmen sind erforderlich.  Eigentlich müssten Sie wissen, dass die formale Zertifizierung eines oder aller Ministerien allenfalls einen kleinen zusätzlichen Anstoß für die privatwirtschaftlichen Unternehmen in Sachsen-Anhalt bedeuten dürfte, sich ebenfalls diesem Prozess zu unterziehen. ¿Einen wesentlichen Beitrag zur Familienfreundlichkeit des Landes¿ , wie in Ihrem Antrag insinuiert, würde  dies nun wirklich nicht darstellen. Das ist einfach zu kurz gesprungen, meine Damen und Herren von der Opposition. Um zu beurteilen, was wirklich notwendig wäre, müssen wir zum Kern des Problems vordringen: Bei diesem Audit ¿ welches übrigens korrekt ¿Audit Beruf und Familie¿ (und nicht: ¿Familienaudit¿) heißt, geht es in erster Linie darum, Unternehmen vor dem Hintergrund sinkender Geburtenraten zu einer familienbewussten Personalpolitik zu motivieren. Denn eine sinkende Bevölkerungszahl bedeutet weniger Fachkräfte für die Wirtschaft und eine potentielle Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Deshalb wird eine familienbewusste Personalpolitik ein immer mehr an Bedeutung gewinnender Bestandteil moderner Unternehmenspolitik werden müssen. Wenn man vor diesem Hintergrund erreichen möchte, dass Männer und Frauen wieder mehr Kinder in die Welt setzen und gleichzeitig für die Wirtschaft ausreichend qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung stehen, dann muss nur ein Prinzip (insbesondere in Unternehmen) Akzeptanz finden und das lautet ganz einfach: Arbeitende Frauen sollen auch Kinder haben dürfen. Natürlich geht es auch darum, dass arbeitende Männer Kinder haben dürfen, aber diesen gereichte die Vaterschaft in der Regel ja bislang nicht zu Nachteilen in Beruf und Karriere ¿ wohl aber für Frauen. Um diesem Prinzip zum Durchbruch zu verhelfen, genügt es allerdings nicht, nur einen Parameter in der Politik zu verändern, also z.B. ein Elterngeld einzuführen. Die Skandinavier haben uns vorgemacht, wie es gehen könnte: sie haben sich zum großen Ziel gesetzt, eine Gesellschaft zu schaffen, die auf Gleichberechtigung beruht. Ihr primäres Ziel war nicht, die Geburtenrate zu erhöhen, dies war sozusagen lediglich ein wesentlicher positiver Nebeneffekt der skandinavischen Wohlfahrtsstaaten. ¿Hört endlich mit dieser offensichtlichen Diskriminierung der Frauen auf¿, rät der aus Norwegen stammende Direktor des Max-Planck-Instituts für demographische Entwicklung in Rostock, Jan Hoem, und meint damit das vorzugsweise im Westen vorherrschende altbackene Familienleitbild vom männlichen Alleinernährer. Dieses Leitbild durchzieht bekanntlich eine Vielzahl staatlicher Regelungen und die Sozialversicherungssysteme, wenn auch an verschiedenen Stellen inzwischen eine positive Umsteuerung stattgefunden hat. Dieses Leitbild ist aber auch in den Köpfen der Unternehmerschaft nach wie vor fest verankert. Auch die Unternehmen gehen in der Regel immer noch vom vollzeitbeschäftigten (männlichen) Normalarbeitnehmer aus. Dieser ist idealerweise vollkommen frei gestellt von Familien- , Erziehungs- oder häuslichen Pflichten jeglicher Art und damit bei Bedarf 24 Stunden verfügbar und hochflexibel. Im Zeitalter der Global Players trifft man diesen Idealtypus der Arbeitnehmer vorzugsweise auf Flughäfen und in Hotels an, immer im Einsatz für sein Unternehmen, mit lediglich  kurzen Zwischenstopps in der heimatlichen Wohnung. Zugegeben, das ist etwas überzeichnet, macht aber die Herausforderung für eine familienbewusste betriebliche Personalpolitik klar:  Wenn Familie und Kinder unter solchen Arbeitsbedingungen noch ¿Platz haben sollen¿, müssen Unternehmen ein anderes betriebliches Leitbild für den männlichen Erwerbstätigen und Erwerbstätige generell verinnerlichen. Ein anderes Leitbild, welches auch die Übernahme von Sorgeverantwortung durch männliche Arbeitnehmer mit einkalkuliert und in Folge dessen auch eine andere Arbeits- und Arbeitszeitkultur. Ein Leitbild auch, welches die Arbeitswelt auf der einen Seite und die Lebenswelt beziehungsweise Familie und Kinder auf der anderen Seite gleichermaßen zu ihrem Recht kommen lässt. Oder zumindest ¿Zeitfenster¿  für letztere eröffnet. Dabei ist es nicht damit getan, dass es die Arbeitszeiten flexibilisiert werden. Das heißt vielmehr: ¿Zeit zur richtigen Zeit¿ für die Familie und die Kinder zu haben und vieles andere mehr. Die Wirklichkeit in den Betrieben in Sachsen-Anhalt sieht aber häufig ganz anders aus. Arbeitszeiten von Verkäuferinnen, die häufig auch noch pendeln müssen,  gehen bis 20.00 Uhr. Einkaufszentren planen Öffnungszeiten gar bis 22.00 Uhr.  Zunehmend wird Frauen, die gerade Mütter geworden sind,  in kleinen Unternehmen nach Ablauf des Kündigungsschutzes gekündigt oder schon vorher vermittelt, dass sie eigentlich nicht mehr einsatzfähig sind usw. Das heißt bezogen auf die Förderung der Familienfreundlichkeit im Land, dass wir die Stellschrauben betätigen müssen, die der großen Mehrheit der Beschäftigten in der Privatwirtschaft eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie erlaubt. Der öffentliche Dienst steht im Vergleich dazu schon ganz gut da. Die Festlegungen im Koalitionsvertrag weisen genau in diese Richtung (Privatwirtschaft), z.B. ¿eine Landesinitiative für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu starten...., die auch Fachkräfte in die Wirtschaft reintegrieren soll¿ sowie das Vorhaben, in ¿Unternehmen einen Bewusstseinswandel hin zu einer größeren Wertschätzung junger Frauen, von Frauen mit Kindern und erworbener Familienkompetenz zu erreichen¿. Auf der Verbesserung der Familienfreundlichkeit in der Privatwirtschaft muss also der Fokus der Aktivitäten liegen. Hier sind ¿dicke Bretter¿ zu bohren. Andererseits gibt es auch über die EU-Strukturfondsförderung hinlänglich Möglichkeiten, Anreize für Unternehmen zu einer familienbewussten Personalpolitik zu schaffen. In diesem Zusammenhang sind wir auch für jegliche Vorschläge der FDP-Fraktion dankbar. Im Zuge der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung werden  wir dazu Ideen und Vorschläge entwickeln. 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