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Magdeburg, den 31.01.2008

Verkehrsunfallbilanz 2007: Weniger Tote auf Sachsen-Anhalts Straßen / Hövelmann plädiert für Tempo 130 auf Autobahnen

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 019/08 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 019/08 Magdeburg, den 31. Januar 2008 Verkehrsunfallbilanz 2007: Weniger Tote auf Sachsen-Anhalts Straßen / Hövelmann plädiert für Tempo 130 auf Autobahnen ¿Sechs Unfalltote weniger im Jahr 2007 ¿ das ist ein weiterhin posi­tiver Trend, aber es kann uns nicht zufrieden stellen.¿ Das erklärte Innenminister Holger Hövelmann (SPD) heute in Magdeburg bei der Vorstellung der Verkehrsunfallbilanz 2007. Der Minister stellte eine ¿Verkehrsunfall-Uhr¿ für Sachsen-Anhalt vor: · ¿Alle 6,4 Minuten nahm die Polizei einen Verkehrsunfall auf. · Jede Stunde gab es einen Verkehrsunfall mit Personenschaden. · Jede Stunde verunglückte ein Verkehrsteilnehmer innerorts, · alle zwei Stunden außerorts. · Alle zehn Stunden gab es einen verunglückten Verkehrsteilnehmer auf der Autobahn. · Und jede Woche gab es vier tödlich verunglückte Verkehrsteilnehmer.¿ Insgesamt stellt sich die Bilanz für Sachsen-Anhalt sehr unterschied­lich dar. Hövelmann: ¿Entgegen dem sich abzeichnenden bundes­weiten Trend (Anstieg der Verkehrsunfälle in Deutschland um 2,2 Prozent auf 2,29 Millionen Unfälle) sind die Straßen Sachsen-Anhalts wieder etwas sicherer geworden. Mit 650 Unfällen weniger und sechs Getöteten weniger als 2006 liegen wir auf dem niedrigsten Stand seit 1991.¿ Die Verkehrssicherheitsarbeit zeige deutlich positive Wirkung, schätzte der Minister ein. Anderseits werden ein geringfügiger Anstieg bei Unfällen mit Personenschäden um 40 Unfälle (plus 0,4 Prozent) sowie Zuwächse bei den Schwerverletzten um 163 (plus sechs Prozent) und bei den Leichtverletzten um 147 (plus zwei Prozent) verzeichnet. Hövelmann erinnerte an den tragischen Busunfall auf der A 14 bei Könnern am 18. Juni 2007 mit 13 Toten und 37 Schwerverletzten. ¿Auch auf Autobahnen müssen wir mehr für Verkehrssicherheit tun¿, forderte der Innenminister und sprach sich für ein generelles Tempo­limit von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen aus: ¿Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um für mehr Verkehrssicherheit zu sorgen. Ein wirksames Mittel ist eine Entschleunigung des Verkehrs durch ein allgemeines Tempolimit. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Deutschland, anders als alle anderen Industriestaaten keine Ge-schwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen hat.¿ Die wichtigsten Ergebnisse der Verkehrsunfallbilanz 2007: · Positiver Trend 2007 in der Unfallsentwicklung hält an¿ Im Bundestrend in der Unfallentwicklung 2007 wird prognostiziert, dass die Gesamtzahl der Unfälle gegenüber dem Jahr 2006 um etwa 2,2 Prozent auf ca. 2,29 Millionen steigen wird. In Sachsen-Anhalt dagegen wird für das Jahr 2007 mit 81.674 Verkehrsunfällen ein leicht rückläufiger Trend verzeichnet (minus ein Prozent bzw. 650 Unfällen weniger). Damit setzte sich auch 2007 der positive Trend der vergangenen Jahre fort. · Verkehrsunfälle mit Personenschaden: weniger Getötete¿ Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden wird im Bundestrend voraussichtlich um etwas mehr als drei Prozent ansteigen. Im gleichen Umfang wird sich auch die Zahl der dabei verunglückten Personen erhöhen. In Sachsen-Anhalt verblieben die 2007 erfassten Unfälle mit Personenschaden annähernd auf dem Niveau des Jahres 2006, die Anzahl der dabei verunglückten Personen stieg um 3 Prozent. Es verunglückten mehr 18- bis unter 25jährige (plus 228 Verunglückte = plus sieben Prozent) und Senioren über 65 Jahre (plus 112 Verunglückte = plus acht Prozent). Insgesamt wird sich die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten im Bundestrend 2007 leicht verringern und unter dem Jahresergebnis 2006 von 5.091 Getöteten liegen. In Sachsen-Anhalt wurden 2007 bei insgesamt 213 Getöteten trotz des tragischen Busunglücks auf der A 14 (mit 13 Toten) sechs Tote weniger (minus drei Prozent) registriert. Zuwächse gab es bei den Schwerverletzten mit sechs Prozent und bei den Leichtverletzten mit zwei Prozent. · Verkehrsunfälle mit Sachschaden insgesamt rückläufig¿ Sachschadensunfälle verliefen 2007 in Sachsen-Anhalt leicht rückläufig (minus ein Prozent). Besonders erfreulich war der Rückgang von Verkehrsunfällen mit schwerwiegendem Sachschaden (minus 23 Prozent). Ein leichter Anstieg von Sachschadensunfällen war außerorts zu verzeichnen. Dies kann auf den etwa fünfprozentigen Anstieg der Verkehrsunfälle mit Wildbeteiligung zurückzuführen sein, da diese Verkehrsunfälle in der Regel mit deutlichen Sachschäden verbunden sind. · Problembereich Landstraße - fast 60 Prozent aller Getöteten¿ Der bundesweite prognostizierte Rückgang von Getöteten innerhalb von Ortschaften um etwa fünf Prozent, dem ein Anstieg der Getöteten außerorts um mehr als zwei Prozent gegenübersteht, stellte sich in Sachsen-Anhalt etwas differenzierter dar: Während der Rückgang der Getöteten innerorts um vier Prozent annähernd mit dem Bundestrend übereinstimmte, war auf den Landstraßen ein starker Rückgang von 9 Prozent bei den Getöteten festzustellen. Betrachtet man die Entwicklung von Unfällen in den Ortschaften und von Unfällen auf den Landstraßen genauer, stellte sich die Situation wie folgt dar: Innerorts: - 68 Prozent aller Unfälle, - 50 Prozent aller Unfälle mit schwerem Personenschaden, - 25 Prozent aller Getöteten und - 47 Prozent aller Schwerverletzten. An vorderer Stelle der Ursachen für schwere Personenschadensunfälle standen: - falsches Verhalten von Radfahrern (269 Unfälle), gefolgt von - Vorfahrt/ Vorrang ( 2007: 247 Unfälle) und - Geschwindigkeit (2007:226 Unfälle). Außerhalb geschlossener Ortschaften, auf Landstraßen: - 27 Prozent aller Unfälle, - 43 Prozent aller Unfälle mit schwerem Personenschaden, - 59 Prozent aller Getöteten und - 43 Prozent aller Schwerverletzten. Die Daten verdeutlichen: Auf den Landstraßen Sachsen-Anhalt passieren zwar weniger Unfälle, aber die Folgen der Unfälle sind umso dramatischer, da schwerwiegender. Unter anderem stehen dafür 472 schwere Personenschadensunfälle mit der Ursache Ge­schwindigkeit für das Jahr 2007 zu Buche. Deshalb wird auch 2007 die Aktion ¿Sichere Landstraßen¿ ein Schwerpunkt der Öffentlichkeitsarbeit und Verkehrsüberwachungsanstren­gungen der Polizei sein müssen. · Anstieg bei getöteten motorisierten Zweiradfahrern - aber weniger getötete Radfahrer¿ Bundesweit wird für 2007 ein Trend prognostiziert, demzufolge die Anzahl der getöteten Fußgänger, Moped/Mofa-Fahrer und Radfahrer zurückgehen, aber die der getöteten Pkw-Insassen leicht steigen wird. Im Land Sachsen-Anhalt stellte sich die Situation wie folgt dar: Die Zahl der getöteten Fußgänger blieb mit 25 auf dem Niveau des Jahres 2006. Bei den getöteten motorisierten Zweiradfahrern gab es einen deutlichen Anstieg um 19 Prozent, dies liegt über dem prognostizierten Bundsdurchschnitt von neun Prozent. Motorisierte Zweiradfahrer waren 2007 in Sachsen-Anhalt zwar nur an drei Prozent aller Unfälle beteiligt, stellten aber 15 Prozent aller Getöteten (2006: 26 Tote: 2007: 31 Tote). Einen deutlichen Rückgang von 20 Prozent gab es bei den getöteten Radfahrern (2006: 20 Tote, 2007: 16 Tote) · 25 Prozent weniger Tote in der Altersgruppe der 18 bis 25 jährigen¿ Während bundesweit ein leichter Anstieg bei den im Straßenverkehr Getöteten in der Altersgruppe der 18- bis 25jährigen zu registrieren war, werden für 2007 in Sachsen-Anhalt 25 Prozent weniger Tote in dieser Altersgruppe verzeichnet (2006: 60 Tote gegenüber 2007:45 Tote). Dies sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Altersgruppe an 23.690 Verkehrsunfällen beteiligt war. Umgerechnet bedeutet dies, dass fast jeder dritte Unfall unter Beteiligung der 18- bis 25jährigen erfolgte. Der Zuwachs von neun Prozent bei den Schwerverletzten (2006: 675 Schwerverletzte; 2007: 716 Schwerverletzte) relativiert das Ergebnis bei den Getöteten deutlich. 34 Tote und 496 Schwerverletzte als Fahrer/Mitfahrer im Pkw sowie sieben Tote und 80 Schwerverletzte als motorisierte Zweiradfahrer/Mitfahrer verdeutlichen, das für die Zielgruppe der jungen Fahrer nach wie vor das mit Abstand höchste Unfallrisiko besteht. · Unfallursachen Bis auf die Hauptunfallursache Wildbeteiligung (hier gab es 2007 einen Zuwachs von fünf Prozent) sind bei allen Hauptunfallursachen Rückgänge zu verzeichnen. Nach wie vor haben zehn Prozent aller Verkehrsunfälle ihre Ursache in der nicht angepassten oder überhöhten Geschwindigkeit, bei den Unfällen mit schwerem Personenschaden liegt die Unfallursache sogar bei 29 Prozent. Die Unfallursache Wildbeteiligung machte 2007 14 Prozent aller Unfallursachen aus, das hatte vor allem Auswirkungen auf die Sachschadensentwicklung. Der Anteil der Unfal­lursache Alkohol an allen Ursachen lag bei zwei Prozent. Alkoholunfälle machten aber neun Prozent aller Verkehrsunfälle mit schwerem Personenschaden aus. Argumente für ein Tempolimit auf Autobahnen · 213 Unfalltote und fast 3000 Schwerverletzte sind ein nicht zu akzeptierender hoher Preis für unsere Mobilität. · Bei allen erreichten Erfolgen in der Verkehrssicherheitsarbeit sterben allein in unserem Bundesland über 200 Menschen infolge von Verkehrsunfällen. Das entspricht dem Absturz eines mittleren Verkehrsflugzeuges und das jedes Jahr nur in unserem Land. · Bei den Unfallursachen belegt die Unfallstatistik eine traurige Kontinuität: · Nach wie vor steht die ¿überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit¿, also die Raserei, mit ca. 30 Prozent bei den Verkehrsunfällen mit schwerem Personenschaden an der Spitze. · Wer rast und wer zu dicht auffährt, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Rasen und aggressives Fahren sind keine Kavaliersdelikte, sondern streng zu ahndende Verstöße. Die Verkehrsüberwachung der Polizei wird sich auch künftig intensiv dieser Thematik widmen müssen. · Nach Berechnungen des Europäischen Verkehrssicherheitsrates (ETSC) würde eine Senkung der durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit auf Europas Straßen zwischen drei und fünf km/h jährlich bis zu 11.000 Menschenleben in den EU-Staaten retten. Ebenso könnten 120.000 bis 140.000 Unfälle vermieden und somit Kosten in Höhe von 20 Milliarden Euro eingespart werden. · Eine Metastudie des ETSC zeigte deutliche Beispiele auf, dass sich die Geschwindigkeitsreduzierung positiv und eine Erhöhung negativ auf die Verkehrssicherheit auswirken. So hat zum Beispiel die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen in der Schweiz von 130 auf 120 km/h zu einer Reduzierung der Durchschnittsgeschwindigkeit um fünf km/h und einem Rückgang der Getötetenzahl um zwölf Prozent geführt. Die Heraufsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf Interstate Highways in Teilen der USA führte zu einer Steigerung der Durchschnittsgeschwindigkeit um zwei bis vier Meilen pro Stunde und einem Anstieg der Getötetenzahl um 19 bis 34 Prozent. · Nach einer Studie aus Brandenburg vom Oktober 2007 geht die Zahl der Unfälle bei der Einführung eines Tempolimits um ca. 25 Prozent zurück. Besonders die Anzahl der schweren Unfälle ist rückläufig. Auch bei der Anzahl der Verletzten ist mit einem Rückgang von 20 Prozent zu rechnen. · Schon 2004 haben Universitätsprofessoren des Verkehrswesens aus ganz Deutschland einen Aufruf für ein allgemeines Tempolimit verfasst. Die Autoren stellen mit über drei Viertel eine breite Mehrheit aller aktiven Professoren des Straßenverkehrswesens an den deutschen Universitäten dar. · Die Bundesrepublik Deutschland hat sich bislang den Bestrebungen der EU-Kommission nach einem europaweiten Tempolimit widersetzt und ist somit das einzige Land der EU, das die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen nicht begrenzt, sondern lediglich eine Richtgeschwindigkeit empfiehlt. · Die Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf Bundesautobahnen ist ein kurzfristig realisierbarer Beitrag zu einem leistungsfähigen und sichereren Verkehrssystem in Deutschland. Die in den letzten Jahrzehnten durch bessere Technik und optimiertes Rettungswesen spürbar erhöhte Verkehrssicherheit kann mit einem allgemeinen Tempolimit wirksam gesteigert werden. · Ein allgemeines Tempolimit auf Bundesautobahnen ist bei einem steigenden Lkw-Anteil ein wichtiger Beitrag zur Harmonisierung der Verkehrsabwicklung und damit zur Reduktion der Verkehrsunfälle. · Ein allgemeines Tempolimit auf Bundesautobahnen baut aggressives Verhalten ab, unterstützt einen gleichmäßigeren Verkehrsfluss und ermöglicht stressfreieres Fahren für alle Verkehrsteilnehmer. Ein Tempolimit harmonisiert den Verkehrsfluss, da weniger Brems- bzw. Beschleunigungsvorgänge notwendig sind. · Exzessivgeschwindigkeiten und damit Geschwindigkeitsdifferenzen werden reduziert. · Ein Tempolimit hilft, Stausituationen zu vermeiden, indem es bei hohen Belastungen die Stabilität des Verkehrsablaufs erhöht und damit hilft, Stauungen auf Autobahnen zu vermeiden. · Das Verkehrsgeschehen wird insgesamt weniger hektisch und aggressiv. Gemäßigte Autofahrer ¿ die Mehrheit der Autobahnbenutzer ¿ werden vom Druck der aggressiv auffahrenden Schnellfahrer befreit. · Ein allgemeines Tempolimit auf Bundesautobahnen wird bei steigenden internationalen Verflechtungen als Angleichung der Verkehrsregelungen immer wichtiger. Deutschland hat große Bedeutung als Transitland innerhalb der EU. Ein Tempolimit trägt zur Harmonisierung der europaweiten Verkehrsverhältnisse bei. Kfz- Fahrer aus anderen EU-Mitgliedstaaten treffen derzeit in Deutschland auf für sie ungewohnte Verkehrsverhältnisse mit extremen Spitzengeschwindigkeiten. Dadurch ergeben sich erhebliche Verkehrsrisiken. · Ein allgemeines Tempolimit auf Bundesautobahnen setzt Impulse für eine verträglichere Fahrzeugtechnik und damit zu mehr Sicherheit und Umweltschutz. Ein Tempolimit wird den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen reduzieren. · Ein allgemeines Tempolimit auf Bundesautobahnen unterstützt bei einem zunehmenden Anteil älterer Autofahrer deren Teilnahme am Straßenverkehr und trägt so zur Mobilitätssicherung älterer Menschen bei. Die demografische Entwicklung in Deutschland wird erhebliche Auswirkungen auf die Verkehrsentwicklung haben. Im Jahr 2010 wird in Deutschland jeder Vierte älter als 65 Jahre sein, 2030 sogar jeder Dritte. Ein Tempolimit wäre ein wichtiger Beitrag zur Entschleunigung und somit zur Mobilitätssicherung älterer Verkehrsteilnehmer, da es sie bei ihrer Teilnahme am Straßenverkehr unterstützt. Impressum: Verantwortlich: Martin Krems Pressestelle Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni 39112  Magdeburg Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517 Fax: (0391) 567-5520 Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de

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