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Magdeburg, den 25.02.2008

Innenminister Hövelmann stellt Entwicklung in Sachsen-Anhalt vor / Angaben zum 1. Halbjahr 2007 korrigiert

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 038/08 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 038/08 Magdeburg, den 25. Februar 2008 Innenminister Hövelmann stellt Entwicklung in Sachsen-Anhalt vor / Angaben zum 1. Halbjahr 2007 korrigiert - Politisch motivierte Kriminalität geht insgesamt zurück - Rechtsextreme Gewalttaten gehen zurück, Propagandadelikte nehmen zu Bei der Vorstellung der Jahresstatistik der politisch motivierten Kriminalität in Sachsen-Anhalt 2007 erklärte Innenminister Holger Hövelmann (SPD) heute vor der Presse in Magdeburg: ¿Es ist klar, dass dies keine gewöhnliche Bilanz-Presse­konferenz ist. Am 25. Juli 2007 habe ich Ihnen eine Halb­jahresstatistik zur politisch motivierten Kriminalität für das erste Halbjahr 2007 vorgestellt, die eine positive Entwicklung im Bereich rechtsextrem motivierter Delikte auswies. Seinerzeit habe ich zwar darauf hingewiesen, dass es sich um eine erste Bewertung der Lage anhand vorläufiger Zahlen handelte, die eine endgültige Aussage zur Entwicklung politisch motivierter Straftaten nicht zuließen, und wir insbesondere bei der Bekämpfung rechts motivierter Straftaten noch einen anstrengenden und langwierigen Weg vor uns haben. Ich habe aber zugleich über Interpretationsansätze für diese positive Entwicklung gesprochen, das heißt, ich habe diese Zahlen ebenso ernst genommen wie Sie. Am 12. November 2007 habe ich Sie in einer Pressemitteilung darüber informiert, ¿ dass in der bis dahin geführten Statistik für 2007 ¿ abweichend von den Vorjahren ¿ eine große Zahl von Delikten als ,Staatsschutzdelikte ohne explizite politische Motivation¿ (STOEPM) ausgewiesen wurden, ¿ dass dies dazu führte, dass die Halbjahressstatistik und die Zahlen für die folgenden Monate nicht mit den Vorjahres­zahlen vergleichbar waren, ¿ dass ich eine Rückkehr zur vorher geübten Zählweise veranlasst hatte und ¿ dass eine umfassende Überprüfung der Zuordnung von Delikten zu den verschiedenen Kategorien politisch motivierter Kriminalität erfolgen und mit der Erstellung der Jahresstatistik 2007 abgeschlossen werde. Zwei Wochen später wurde diese Pressemitteilung erstmals in der Medienbericht­erstattung aufgegriffen. Heute liegen nunmehr belastbare Zahlen zur Entwicklung der politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2007 vor, und diese Pressekonferenz dient sowohl der Vor­stellung der Gesamtbilanz des Jahres als auch dazu, die damalige Darstellung endgültig gerade zu rücken. Ich beginne mit letzterem. Der Erlass des Innenministeriums an das Landeskriminalamt, ¿ von Unbekannt verübte rechte Propagandadelikte immer in den Phänomen­bereich ,rechts¿ aufzunehmen, wenn keine gegenteiligen Tatsachen zur Tätermotivation vorliegen, und ¿ von der Polizei erfasste Fälle nur dann den ,Straftaten ohne explizite politische Motivation¿ zuzuordnen, wenn im Einzelfall das Nichtvorliegen einer politischen Motivation festgestellt werden kann, erging am 9. November 2007. Bis zum Vormonat, bis zum Stichtag 31. Oktober 2007, waren 288 Straftaten als ,Staatsschutzdelikte ohne explizite politische Motivation¿ (STOEPM) eingestuft worden. Zum Vergleich: Für das gesamte Jahr 2006 weist die Statistik nur 190 so genannte STOEPM aus. Die detaillierte Über­prüfung aller einzelnen Sachverhalte weist nunmehr für das gesamte Jahr 2007 noch 45 Delikte aus, die als STOEPM einzustufen sind. Die wichtigsten Gründe, warum Taten vor dieser Überprüfung als STOEPM eingestuft wurden, waren ¿ in dieser Reihenfolge ¿: ¿ dass der Täter unbekannt war; ¿ dass bei den Beschuldigtenvernehmungen keine politische Motivation erkennbar war; ¿ dass die Tat in der Verwendung des alten Thor-Steinar-Logos bestand. Da es in diesem Zusammenhang teilweise Missverständnisse gegeben hat, möchte ich nochmals klarstellen: Straftaten, die der ,Staatsschutzkriminalität ohne explizite politische Motivation¿ zugeordnet wurden, sind in der Vergangenheit im polizeilichen Staatsschutz ebenso bearbeitet worden wie politisch motivierte Straftaten anderer Phänomenbereiche. Sie sind also selbstverständlich verfolgt worden und auch in den Lagebildern der Polizei zur politisch motivierten Kriminalität abgebildet worden. Sie sehen an den Zahlen, dass wir nach den schlechten Erfahrungen des vergangenen Jahres jetzt einen sehr strengen Maßstab angelegt haben und nur noch wenige Taten als ,Staatsschutzdelikte ohne explizite politische Motivation¿ ausweisen, deutlich weniger auch als in den Vorjahren. Das hat entsprechende Auswirkungen auf die anderen Kategorien und auf die Gesamtbilanz, zu der ich jetzt komme. Den vorliegenden Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität sind positive, aber auch weniger positive Aspekte zu entnehmen. Der mit der jetzt vorliegenden Statistik sichtbare, erneute Anstieg rechts motivierter Straftaten um 110 Delikte auf 1.350 Straftaten (plus 8,9 Prozent gegenüber 2006) erfüllt mich mit Sorge, zeigt er doch die Gefahr, die auch weiterhin von rechts motivierter Kriminalität ausgeht. Das wird auch nicht dadurch relativiert, dass wir wissen, dass die Statistik von den nunmehr angelegten, noch strengeren Maßstab für STOEPM beeinflusst wird. Positiv ist der deutliche Rückgang bei den politisch motivierten Gewaltdelikten um 70 Fälle auf 131 Gewaltstraftaten (minus 34,8 Prozent). Dies ist um so erfreulicher, als in der allgemeinen polizeilichen Kriminalstatistik ein Anstieg der Gewaltstraftaten zu verzeichnen war, hier also ein gegenläufiger Trend festzustellen ist. Die rückläufi­gen Zahlen bei den Gewaltstraftaten sind sowohl bei den rechts motivierten Taten mit minus 23 Fällen als auch bei den links motivierten Gewaltdelikten mit minus 38 Fällen zu verzeichnen. Die Gesamtzahl der politisch motivierten Straftaten, inklusive der Staatsschutz­delikte ohne explizite politische Motivation, ist im Vergleich zum Jahr 2006 um 10,6 Prozent auf 1.653 Delikte zurückgegangen (minus 197 Fälle). Trotz dieses Rück­gangs befinden sie sich weiterhin auf einem viel zu hohem Niveau. Nach wie vor dominieren die rechts motivierten Straftaten mit einem Anteil von 81,7 Prozent den Bereich der politisch motivierten Kriminalität sehr deutlich. Dabei nehmen Propagandadelikte mit 1.030 Fällen einen Anteil von 76,3 Prozent an den rechts motivierten Straftaten ein. Es hat einen Anstieg dieser Fälle um 145 Delikte gegeben (plus 16,4 Prozent), was mit dem deutlichen Rückgang der STOEPM korreliert. In der Zahl der Propagandadelikte sind 117 Fälle enthalten, die das alte Thor-Steinar-Logo betreffen, dies sind 16 Fälle mehr als noch im Jahr 2006. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden, das eine Strafbarkeit verneint hat, steht für Sachsen-Anhalt nunmehr noch eine Entscheidung des OLG Naumburg an. Bei den links motivierten Straftaten ist ein Rückgang um 80 auf 211 Fälle zu verzeichnen (minus 27,5 Prozent). Die politisch motivierte Kriminalität von Ausländern ist um ein Delikt auf sechs Straftaten gestiegen. Im Jahr 2007 wurden insgesamt 1.044 Tatverdächtige ermittelt, davon waren über 93 Prozent männlich. Von den Tatverdächtigen sind 840 dem rechten und 151 dem linken Bereich zuzuordnen. 53,9 Prozent der Tatverdächtigen waren unter 21 Jahre alt, dies ist gegenüber dem Anteil der Jungtatverdächtigen von 26 Prozent an der allgemeinen Kriminalität ein doppelt so hoher Anteil. Das ist keine Relativierung, im Gegenteil: Es zeigt uns, dass besonders junge Menschen durch rechtes Gedanken­gut gefährdet werden und an dieser Stelle die Prävention ansetzen muss. Die Gegenstrategien der Landesregierung werden auch weiterhin vom Grundsatz ,Hingucken und Einmischen!¿ geprägt sein. In diesem Zusammenhang möchte ich auf unsere für den 27. März 2008 geplante Veranstaltung mit dem Motto,Verant­wortung übernehmen! ¿ Gesellschaftliches Handeln gegen Rechtsextremismus in Sachsen-Anhalt¿ hinweisen. Ich möchte daran erinnern, dass wir b ereits vor Inkrafttreten der neuen Polizei­struktur am 1. Januar 2008 damit begonnen hatten, die Einrichtung von Sach­gebieten ,Staatsschutz¿ in den Polizeirevieren einzuleiten. Mit der neuen Polizei­struktur sind im Bereich der drei Polizeidirektionen insgesamt etwa 180 Beamte im Bereich Staatsschutz tätig. Zugleich wurden die polizeilichen Aktivitäten durch den schwerpunktmäßigen Einsatz der Landesbereitschaftspolizei intensiviert, die wir ¿ auch unter Zurückstellung anderer Aufgaben ¿ gezielt zur Bekämpfung des Rechts­extremismus an örtlichen Brennpunkten eingesetzt haben. Im September 2007 haben wir gemeinsam mit dem Justizministerium die ,Richtlinie über die Verfolgung politisch motivierter Straftäter¿ herausgegeben, um E rmittlungs­verfahren in Fällen von politisch motivierter Kriminalität in Sachsen-Anhalt zügig erledigen zu können. Künftig werden wir auch den Verfolgungsdruck auf rechtsextremistische Vertriebs­szenen durch koordinierte Maßnahmen aller Behörden und Einrichtungen, in deren Aufgabenbereich die Überwachung der Tätigkeit von Vertriebsunternehmen fällt, kontinuierlich erhöhen . Bei der Erfassung und Aufklärung rechter Straftaten setzen wir auch auf die Nutzung von Hinweisen der Opferberatung und verstärken unsere Zusammenarbeit. Zudem haben wir ¿ und damit komme ich abschließend noch einmal auf das Thema der statistischen Zuordnung zu sprechen ¿ im Interesse einer besseren Vergleich­barkeit statistischer Zahlen auf Bundesebene eine Initiative zur Optimierung des Definitionssystems politisch motivierter Kriminalität auf den Weg gebracht.¿ Politisch motivierte Kriminalität, Vergleich der Jahre 2003 bis 2007 Motivation 2003 2004 2005 2006 2007 + / - Politisch motivierte Straftaten ¿rechts¿ davon Þ fremdenfeindliche Straftaten Þ antisemitische Straftaten 571 112 25 758 115 51 1130 136 74 1240 163 54 1350 111 46 + 110 - 52 -  8 Politisch motivierte Straftaten ¿links¿ 75 86 222 291 211 - 80 Politisch motivierte Ausländerkriminalität  2  12  20  5  6  +  1 Unklar 5 45    122 124 41

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