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Magdeburg, den 26.06.2008

Landtag diskutiert neues Versammlungsrecht / Hövelmann: Bundesverwaltungsgericht stützt harten Kurs gegen rechte Provokationen

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 157/08 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 157/08 Magdeburg, den 27. Juni 2008 Landtag diskutiert neues Versammlungsrecht / Hövelmann: Bundesverwaltungsgericht stützt harten Kurs gegen rechte Provokationen Innenminister Holger Hövelmann (SPD) sieht sich in seinem harten Kurs gegen provokative Aufmärsche rechtsextremer Gruppierungen durch die jüngste Entscheidung des Bundes­verwaltungsgerichts bestätigt. Das Gericht hatte gestern das Verbot eines Neonazi-Aufmarsches zur Erinnerung an den Nazi-Kriegsverbrecher Rudolf Heß im bayerischen Wunsiedel für rechtmäßig erklärt. Hövelmann: ¿In Sachsen-Anhalt werden wir wie im vergangenen Jahr alle Veranstaltungen zu Ehren von Heß verbieten.¿ Der Innenminister äußerte sich im Landtag anlässlich der Einbringung des Entwurfs für ein Landesversammlungsgesetz. Aus seiner Einbringungsrede: ¿ Die schleichende Konsensfähigkeit rechten Gedankenguts, der Kampf um die Köpfe, wie die Rechten dies nennen, führt auch zu einer Enttabuisierung von Themen wie dem Holocaust, der Verantwortung für den 2. Weltkrieg und der Stellung auslän­discher Mitbürger in unserer Gesellschaft bis hin zu einer offenen Verachtung unserer Zivilgesellschaft. Dort, wo ihnen kein Widerspruch entgegengesetzt  wird, ist eine schleichende Gesellschaftsfähigkeit verfassungsfeindlicher und menschen­verachtender Auffassungen zu befürchten. Das wachsende Selbstbewusstsein der rechten Szene hat sich in den letzten Jahren auch im Bereich des Versammlungsrechts gezeigt. Es wurde und wird versucht, politische Auseinander­setzungen zunehmend an Orten und Tagen mit hohem Symbolgehalt zu führen. Dies betrifft Tage und Orte, die der Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Gewalt­herrschaft dienen oder die zur Zeit des Nationalsozialismus eine besondere Bedeutung erhalten haben. Man scheut sich im rechten Spektrum nicht mehr, diese Orte und Tage für eigene Geschichtsklitterung zu benutzen, um damit Geschichte zumindest versuchsweise umzudefinieren und die eigenen politischen Anschauungen zu legitimieren und mehrheitsfähig zu machen. Nicht zuletzt gehen die Bilder dieser Versammlungen und Aufmärsche um die ganze Welt und beschädigen das Ansehen unseres Landes. Aber es geht nicht nur um das Ansehen unseres Landes; möglicherweise muss eine Demokratie auch das aushalten. Das Demonstrationsgeschehen verletzt vielmehr die Würde der Opfer von Krieg und Verfolgung. Die Würde derjenigen also, die unseren besonderen Schutz verdienen und derer wir an bestimmten Orten und an bestimm­ten Tagen gedenken. Damit verletzt es im Ergebnis uns alle. Der Gesetzentwurf soll es den Versammlungsbehörden ermöglichen, öffentliche Versammlungen und Aufzüge an bestimmten Orten und bestimmten Tagen einzuschränken, soweit diese in besonderer Weise mit dem Gedenken an die Opfer von Kriegen und nationalsozialistischer Gewaltherrschaft oder mit dem Gedenken an schwere Menschenrechtsverletzungen zu Zeiten der sowjetischen Besatzung und der SED-Diktatur verbunden sind. An dieser Stelle will ich die Kritik der Linken, der Gesetzentwurf setze den Hitler­faschismus und die SED-Herrschaft gleich, nicht unwidersprochen lassen. Solche Gleichsetzungen sind ebenso zurückzuweisen wie jeder andere Versuch, die historische Einzigartigkeit der Naziverbrechen, des von Deutschland geführten Angriffskrieges und des Völkermords an den europäischen Juden zu relativieren. Die Nicht-Gleichsetzung ändert aber nichts daran, dass die Bewahrung des Ansehens von Opfern der SED-Diktatur ebenfalls ein schützenswertes Rechtsgut ist.¿ Zum Hintergrund: Möglich wird ein eigenes Landesversammlungsgesetz durch die Föderalismusreform von 2006, mit der die Zuständigkeit für das Versammlungsrecht vom Bund auf die Länder überging. Der Entwurf sieht die Möglichkeit des Verbots von Versammlungen unter freiem Himmel an folgenden Orten vor, wenn Anlass zur Sorge besteht, dass die Würde der Opfer verletzt wird: · Konzentrationslager-Gedenkstätte Lichtenburg, Prettin · Gedenkstätte für Opfer der NS-¿Euthanasie¿, Bernburg · Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge · Gedenkstätte ¿Roter Ochse¿, Halle (S.) · Mahnmal für ermordete Häftlinge des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora, Dolle · Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe, Gardelegen · Gedenkstätte Wernigerode · Gedenkstätte Moritzplatz, Magdeburg · Gedenkstätte Deutsche Teilung, Marienborn · Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft Die Tage, an denen unter derselben Voraussetzung ein Versammlungsverbot ermöglicht werden soll, sind: · 27. Januar: Nationaler Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee · 30. Januar: Jahrestag der Berufung Hitlers zum Reichskanzler und des Beginns der Nazi-Diktatur · 20. April: Hitlers Geburtstag · 8. Mai: Tag der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft · 20. Juli: Jahrestag des Attentats auf Hitler · 1. September: Jahrestag des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf Polen, mit dem der Zweite Weltkrieg begann · 9. November mit mehrfacher geschichtlicher Bedeutung für Deutschland: Jahrestag der Novemberrevolution, des nationalsozialistischen Putschversuchs, der Reichspogromnacht und der Öffnung der Berliner Mauer Impressum: Verantwortlich: Martin Krems Pressestelle Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni 39112  Magdeburg Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517 Fax: (0391) 567-5520 Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de

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