"Kinderschutz ist Verfassungsauftrag"
Ministerium für Gesundheit und Soziales - - Pressemitteilung Nr.: 169/08 Ministerium für Gesundheit und Soziales - Pressemitteilung Nr.: 169/08 Magdeburg, den 11. Dezember 2008 "Kinderschutz ist Verfassungsauftrag" Rede der Ministerin für Gesundheit und Soziales, Dr. Gerlinde Kuppe, im Landtag am 11. Dezember 2008 zur zweiten Beratung zum Gesetzentwurf zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung (TOP 8, Drs. 5/1331 und 5/1644) Es gilt das gesprochene Wort. Wir werden heute nur über einen Teil des von der Landesregierung im Juni 2008 dem Landtag vorgelegten Gesetzentwurfes zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung beraten und abstimmen können. Der Teil des Gesetzes, der die Förderung der frühkindlichen Bildung betrifft, wurde herausgelöst und steht heute in zweiter Lesung zur Beratung an. Der Teil des Gesetzes, der sich mit einem verpflichtenden Einladungswesen zu den Vorsorgeuntersuchungen soll hingegen in den Ausschüssen weiter beraten werden. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages hatte im November verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelungen des Zentralen Einladungswesens zu den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder erhoben. Ich nehme diese Bedenken ernst. Alternative Regelungen zum Kinderschutz werden nunmehr geprüft. Ich werbe im Interesse der Kinder in Sachsen-Anhalt dafür, gemeinsam eine Lösung zu finden. Und ich sehe gute Chancen, dass wir dann in einer der nächsten Landtagssitzungen ein Gesetz verabschieden werden. Denn in der Zielbeschreibung, den Kinderschutz in Sachsen-Anhalt zu stärken, liegen wir nicht auseinander. Es geht um den Weg. Da das Ziel aber klar ist, werden wir auch den richtigen Weg finden. Bereits im Jahr 2006 forderte der Bundesrat mit insgesamt drei Entschließungen die Bundesregierung auf, eine bundesrechtliche Regelung für einen verbesserten Kinderschutz einzuführen. Die Bundesregierung verneinte eine Regelungskompetenz auf Bundesebene. Die Ministerpräsidentenkonferenz vereinbarte daraufhin in ihrer Sitzung am 18./19. Dezember 2007, dass es in den Ländern wegen der Zuständigkeit für den Gesundheitsschutz ein Einladungssystem zu den Vorsorgeuntersuchungen für Kinder geben soll. Mittlerweile haben bereits 9 Länder Gesetze über derartige Maßnahmen zur Verbesserung des Kindeswohls und des Gesundheitsschutzes verabschiedet. In weiteren Ländern laufen die Vorbereitungen. Kernpunkte aller dieser Gesetze sind unter anderem Einlade-, Rückmelde- und Erinnerungssysteme zu den Früherkennungsuntersuchungen ¿ bin hin zur verpflichtenden Teilnahme. Unser Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung enthält als einen Bestandteil die Einführung eines Einladewesens für Früherkennungsuntersuchungen. Ein solches Einladewesen berührt unstreitig das durch das Grundgesetz geschützte Recht der Informationellen Selbstbestimmung. Diesem Recht stehen jedoch das Recht des Kindes auf den Schutz seiner Würde nach Artikel 1 und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Artikel 2 des Grundgesetzes gegenüber. Und in der Landesverfassung Sachsen-Anhalt steht im Artikel 24: ¿Kinder genießen den besonderen Schutz des Landes vor körperlicher und seelischer Misshandlung und Vernachlässigung.¿ Es muss hier also eine Abwägung der einzelnen Rechtsgüter erfolgen. Ich habe die betroffenen Rechtsgüter sorgfältig abgewogen. Doch darf der Schutz der Kinder vor Vernachlässigung, körperlicher und seelischer Misshandlung und Missbrauch dahinter nicht zurückstehen. Kinderschutz ist Verfassungsauftrag. Ich bin daher davon überzeugt, dass wir bei dem Abwägungsprozess eine tragfähige Lösung finden werden. Bei den weiteren Beratungen kann dann auch der Gesetzentwurf des Bundes zum Kinderschutz, die seit kurzem als Referentenentwurf vorliegt, einbezogen und so verhindert werden, dass die Regelungen des Landes mit denen des Bundes in Konflikt treten. Es geht in diesem Entwurf aus dem Bundesfamilienministerium unter anderem um Regelungen zur Schweige- und Geheimhaltungspflicht von Berufsgeheimnisträgern. Zudem sollen Regelungen zu Hausbesuchen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Jugendämtern dahingehend erweitert werden, dass bei Wohnortwechsel von ¿gefährdeten¿ Familien das bis dahin zuständige Jugendamt zur Unterrichtung und Weitergabe der erforderlichen Informationen an das Jugendamt des neuen Wohnortes verpflichtet ist. Der Ihnen heute zur Abstimmung vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Frühkindlichen Bildung enthält zwei Schwerpunkte, die sich aus dem Artikel 6 und 8 des Regierungsentwurfes ableiten. Dies ist zum einen die Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung und zum anderen die Finanzierung von Vor- und Nachbereitungsstunden in Kindertageseinrichtungen zur Profilierung der frühkindlichen Bildung. Ab dem Kindergartenjahr 2009/2010 soll für alle Kinder eine Sprachstandsfeststellung mit gegebenenfalls notwendiger anschließender Sprachförderung (im vorletzten Jahr vor der Einschulung) eingeführt werden. Ziel ist es, zu verhindern, dass eine zu geringe Sprachkompetenz die gesamte Bildungsbiographie und damit die soziale Integration eines Kindes beeinträchtigt. Damit stärken wir die frühkindliche Bildung und setzen unseren Kurs zur inhaltlichen Profilierung der Kinderbetreuung und Frühförderung fort. Zum Gesetz: Es wird ein Sprachstandsfeststellungsverfahren eingeführt, an dem die Teilnahme als ausgelagerter Bestandteil der Schuleingangsuntersuchungen für alle Kinder verpflichtend ist. Soweit es bei einem Kind erforderlich ist, hat es im letzten Jahr vor der Einschulung an einer pädagogischen Sprachförderung teilzunehmen. Diese Verpflichtung zur Teilnahme wird im Schulgesetz verankert. Mit der Durchführung der Sprachstandsfeststellung und der Sprachförderung werden die Kindertageseinrichtungen beauftragt. Die Vertrautheit mit der Umgebung und mit den Erzieherinnen und Erziehern für die Mehrzahl der Kinder sowie deren Qualifikation bieten eine verlässliche Basis für eine erfolgreiche Durchführung. Mit der Sprachstandsfeststellung und der Sprachförderung ist ein jährliches Finanzvolumen von etwa 2,4 Millionen Euro verbunden. Für die Anschaffung der Materialien und die Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher werden im nächsten Jahr zusätzlich 300.000 Euro veranschlagt. Dieses sind Investitionen in die Zukunft unseres Landes. Die Sprachförderung wird zu einer Verringerung des Anteils sprachauffälliger Kinder führen und ihre Chancen auf eine positive schulische und berufliche Entwicklung verbessern. Daneben werden als Bestandteil des allgemeinen Bildungsauftrags von Kindertagesstätten alle Kinder des letzten Kindergartenjahres besser auf die Schule vorbereitet werden. Seit September dieses Jahres werden bereits allen Kindertageseinrichtungen zusätzliche Stundenkontingente für Vor- und Nachbereitungsstunden (durchschnittlich zwei Stunden pro Einrichtung und Woche) zur Verfügung gestellt. Für dieses Jahr erfolgte dieses auf der Grundlage von Zuwendungsverträgen. Mit dem Gesetz werden dann Mittel in Höhe von 2,94 Millionen Euro jährlich mit der Landeszuweisung ausgereicht. Dieses dient der Verwaltungsvereinfachung und schafft Rechts- und Planungssicherheit für die Träger. Beide Regelungsinhalte haben in den Ausschüssen eine breite Zustimmung erfahren. Ich hoffe, dass dieses auch bei der heutigen Abstimmung der Fall sein wird. Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf zur Förderung der frühkindlichen Bildung zuzustimmen, damit das Gesetz zum Jahresbeginn 2009 in Kraft treten kann. Impressum: Ministerium für Gesundheit und Soziales Pressestelle Turmschanzenstraße 25 39114 Magdeburg Tel: (0391) 567-4607 Fax: (0391) 567-4622 Mail: ms-presse@ms.sachsen-anhalt.de
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