Innenminister Hövelmann stellt Polizeiliche Kriminalstatistik 2008 vor
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 034/09 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 034/09 Magdeburg, den 18. Februar 2009 Innenminister Hövelmann stellt Polizeiliche Kriminalstatistik 2008 vor · Rückgang der Straftaten · leicht gesunkene Aufklärungsquote · niedrigste Kriminalitätsbelastung seit 1994 Innenminister Holger Hövelmann (SPD) stellte am heutigen Mittwoch vor der Presse in Magdeburg die Polizeiliche Kriminalstatistik 2008 für Sachsen-Anhalt vor. ¿Bei einem Rückgang der Straftaten um 4,6 Prozent und einer um 3,4 Prozent gesunkenen Aufklärungsquote haben wir im vergangenen Jahr mit 8.567 Straftaten auf 100.000 Einwohner die niedrigste Kriminalitätsbelastung seit 1994 zu verzeichnen¿, fasste der Minister die Ergebnisse zusammen. ¿Auswirkungen der Polizeistrukturreform auf die Ermittlungsarbeit waren zwar in der ersten Jahreshälfte 2008 zu beobachten, insgesamt aber zeigen die Zahlen die Leistungsfähigkeit unserer Polizei im Einsatz gegen das Verbrechen.¿ Weiter führte Hövelmann aus: ¿Die mir vorliegenden Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik betrachte ich in verschiedenen Deliktsbereichen nach wie vor mit Sorge, wenn auch die vorliegenden Zahlen für Rückgänge in einigen Kriminalitätsfeldern sprechen und damit positiver als in den Vorjahren sind. Entwarnung kann aber keinesfalls gegeben werden. Der langfristig vorhandene Trend sinkender Kriminalitätsbelastung scheint sich zwar fortzusetzen, aber im Bundesvergleich der Flächenländer ist die Kriminalitätsbelastung in Sachsen-Anhalt noch immer höher als in anderen Ländern. Welches sind die wesentlichen Aussagen für das Jahr 2008? 206.669 Straftaten wurden im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt insgesamt polizeilich registriert, 4,6 Prozent (minus 10.035 Delikte) weniger als im Vorjahr. Dieser Rückgang der Straftaten ist zwar erfreulich, dennoch liegen wir bei der Kriminalitätsbelastung ¿ Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner ¿ nach wie vor noch auf einem zu hohem Niveau. Den weit überwiegenden Anteil der Taten machen mit über 43 Prozent die Diebstahlsdelikte aus. Deutliche Rückgänge sind besonders beim Diebstahl, den Vermögensdelikten (zum Beispiel Abrechnungs- und Leistungsbetrug), der Körperverletzung, bei Widerstand gegen die Staatsgewalt, Straftaten gegen die Umwelt, bei Rauschgiftdelikten und bei Verstößen gegen das Aufenthalts- und Asylverfahrensgesetz zu verzeichnen. Ein Anstieg der Fälle ist bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung festzustellen; Steigerungen haben wir zudem bei den Straftaten gegen das Leben zu verzeichnen. Die Rückgänge gehen damit ganz überwiegend auf Kriminalitätsbereiche zurück, bei denen das polizeiliche Bekanntwerden nicht oder kaum auf die Ermittlungstätigkeit der Polizei selbst zurückzuführen ist. Weder Fahrraddiebstahl noch Hausfriedensbruch, um nur zwei Beispiel zu nennen, werden durch polizeiliche Aufklärungstätigkeit bekannt, sondern vielmehr durch Anzeigen aus der Bevölkerung. Anders sieht es zum Beispiel bei Betäubungsmitteldelikten aus. Im Zehnjahresvergleich sehen wir deutlich den kontinuierlichen Rückgang der Straftaten in Sachsen-Anhalt. Auch bei geringfügigen Abweichungen nach oben und unten ist der lang anhaltende Trend unverkennbar. Das gilt auch, wenn wir die Straftaten ins Verhältnis zur Entwicklung der Einwohnerzahlen setzen. Bei der Aufklärungsquote ist zwar mit 54,2 Prozent ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 3,4 Prozent zu beobachten, dennoch dürften wir in 2008 damit annähernd am Bundesdurchschnitt liegen. Ich gehe davon aus, dass wir 2009 die Aufklärungsquote steigern werden. Der Rückgang der Aufklärungsquote kann unter anderem auf die statistische Besonderheit des Rückgangs beim einfachen Diebstahl und dem Betrug, hier insbesondere dem Abrechnungsbetrug oder dem Erschleichen von Leistungen zurückgeführt werden. So ist die Aufdeckung von Ladendiebstahl zum Beispiel abhängig von Kontrollen durch (Haus-)Detektive in den jeweiligen Geschäftshäusern. Wird weniger kontrolliert, fallen weniger Diebstähle auf. Das Anzeigenniveau sinkt. Wird ein Ladendieb bei der Tat angetroffen und angezeigt, ist der Täter also bekannt, dann wird die Tat als aufgeklärt statistisch erfasst. Eine erneute bemerkenswerte Entwicklung ist bei der Kriminalität von sogenannten Jungtatverdächtigen (Tatverdächtige unter 21 Jahre) zu registrieren. 19.310 Jungtatverdächtige wurden registriert, dabei sind, wie im Vorjahr, in allen Altersgruppen Rückgänge bei der Anzahl der Jungtatverdächtigen zu verzeichnen. Sind es 2007 im Vergleich zu 2006 bereits insgesamt 1.358 Jungtatverdächtige weniger gewesen, so sind es nun, in 2008 im Vergleich zu 2007 nochmals 2.073 Jungtatverdächtige weniger. Bei mittelfristiger Betrachtung (fünf Jahre, seit 2004) ist ein Rückgang bei der Anzahl der Jungtatverdächtigen um 9.013 oder um 31,8 Prozent, bei langfristiger Betrachtung (zehn Jahre, seit 1999) sogar um 15.383 oder um 44,3 Prozent zu verzeichnen. Parallel ist auch ihr Anteil an allen Tatverdächtigen gesunken, auf nunmehr 25,4 Prozent. Ach der Anteil junger Intensivtäter (mit mehr als neun Straftaten im Kalenderjahr) an allen Jungtatverdächtigen ist zurück gegangen. Dieser betrug im Jahr 2008 in Sachsen-Anhalt 3,0 Prozent (zuvor 3,2 Prozent). Über 1.000 Straftaten weniger sind durch Intensivtäter begangen worden, dennoch beträgt ihr Anteil an allen von Jungtatverdächtigen begangenen Delikte weiterhin nahezu ein Drittel (28,8 Prozent). Wir haben in der Vergangenheit bei der Zurückdrängung der Jugenddelinquenz und der Bekämpfung von jugendlichen Intensivtätern einen Schwerpunkt bei der polizeilichen Arbeit gesetzt, der nicht nur repressive Maßnahmen, sondern auch eine Vielzahl präventiver Maßnahmen beinhaltet hat. Auch mit der neuen Polizeistruktur und der Einrichtung von Sachgebieten mit dem Aufgabenbereich ¿Jugendkriminalität¿ in allen Polizeirevieren und den Sachbereichen ¿Jugendkriminalität¿ in den Revierkommissariaten messen wir dem Thema weiterhin besondere Bedeutung bei. Die ¿Jugendberatung bei der Polizei¿ (JuBP) mit ihren Sozialarbeitern wird zudem, trotz angespannter Personallage, fester Bestandteil des Konzeptes zur Bekämpfung der Jugendkriminalität sein. Allerdings sehe ich im Kriminalitätsfeld der sogenannten ¿Jugendkriminalität¿ noch weitergehenden Handlungsbedarf, da sich zum Beispiel der Anteil von Jungtatverdächtigen im Bereich der Gewaltkriminalität weiterhin auf hohem Niveau, bei über 40 Prozent, befindet. Bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist wie im Jahr 2007 (da waren es 49 Fälle mehr) ein neuerlicher Anstieg um 102 Fälle (+ 6,5 Prozent) zu verzeichnen. Ursächlich hierfür ist ebenfalls wie im Vorjahr (mit 81 Fällen mehr) eine deutliche Zunahme bei den Straftaten durch das ¿Verbreiten pornografischer Schriften¿ um 138 Delikte (+ 40,8 Prozent) und ein Anstieg beim sexuellen Missbrauch von Kindern um 30 Straftaten (+ 7,8 Prozent). Das engagierte und nicht nachlassende Vorgehen der Polizei zeigt, dass hier weiterer Handlungsbedarf besteht, denn das Dunkelfeld ist groß. Ich betrachte diese Kriminalitätsformen gerade deshalb auch weiterhin mit besonderer Sorge. Hier gilt es künftig, trotz einiger Erfolge, den Verfolgungsdruck auf hohem Niveau zu halten, um Täter, die die Unerfahrenheit gerade von Kindern und Jugendlichen in verächtlicher Form ausnutzen, möglichst frühzeitig erkennen zu können und ihrem schädlichen Handeln Einhalt zu gebieten. Diese Delikte sind keine Bagatelldelikte und werden konsequent geahndet. Dem folgend haben wir deshalb die technische Ausstattung des Landeskriminalamtes weiter verbessert. Zusätzlich zu den schon vorhandenen Auswerteplätzen haben wir sechs weitere Auswerteplätze eingerichtet, so dass insgesamt nunmehr zehn Auswerteplätze zur Verfügung stehen. Diese Plätze sind mit der neuesten Analysesoftware ausgestattet worden, die es dem Sachbearbeiter nicht nur ermöglicht, wesentlich schneller auszuwerten, sondern auch versteckte Kinderpornografie sicher zu erkennen. In Sachsen-Anhalt ist damit eine der modernst eingerichteten Bekämpfungsstellen für Kinderpornografie in Deutschland vorhanden Die Zahl der erfassten Rauschgiftdelikte ist stark von polizeilichen Aktivitäten und dem Anzeigeverhalten der Bevölkerung abhängig. 4.776 Straftaten wurden verzeichnet, 920 weniger als noch im Vorjahr. Das Verhalten der Dealer wird auf Grund polizeilichen Verfolgungsdrucks immer arbeitsteiliger und konspirativer. Einhergehend damit verlagern sich die Aktivitäten vom öffentlichen in den privaten Bereich, was die Arbeit der Polizei zusätzlich erschwert. Neuere Entwicklungen deuten darauf hin, dass der Konsumentenhandel mit Betäubungsmitteln zunehmend in öffentlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel im regionalen Bahnverkehr, stattfindet. Ein Grund dafür dürfte darin zu sehen sein, dass die Beobachtung möglicher Tatverdächtiger sich so wesentlich schwieriger gestaltet. Die Überregionalität dieses illegalen Drogenhandels insbesondere im Bereich von Landesgrenzen nimmt zu. Wir haben angesichts dieses Phänomens reagiert und in Gesprächen mit der Bundespolizei gemeinsame Konzepte erarbeitet, die der Bekämpfung des Handels mit Betäubungsmitteln im ¿Öffentlichen Raum¿ effektiver entgegen wirken sollen. Bei der Bekämpfung der Rauschgiftdelikte in Sachsen-Anhalt steht nach wie vor nicht allein die Bekämpfung der Kleinkonsumenten, sondern die Bekämpfung der mittleren und oberen Händlerebene im Mittelpunkt der Tätigkeit. Im Rahmen von Ermittlungen konnte dabei festgestellt werden, dass sich Sachsen-Anhalt zunehmend auch zum Herstellerland von Betäubungsmitteln entwickelt. So wurden im vergangenen Jahr in 15 Fällen sogenannte ¿Indooraufzuchtanlagen ¿ in Sachsen-Anhalt festgestellt. In Sachsen-Anhalt sind 2008 insgesamt Rauschgiftmengen im Wert von über einer Millionen Euro sichergestellt worden. 2008 starben vier Personen in Folge des Konsums illegaler Drogen in Sachsen-Anhalt. Seit 1994 sind es insgesamt 83 Personen gewesen. Wir werden unser Augenmerk auch künftig verstärkt auf folgende Bereiche richten: Ø die weitere konsequente Umsetzung der Polizeistrukturreform mit dem Schwerpunkt der Bekämpfung der Kriminalität und ihrer Ursachen vor Ort sowie einer Spezialisierung bei den Zentralstellen, wo nötig. Der Generalstaatsanwalt hat in seiner Anhörung vor dem Innenausschuss des Landtages dazu im Übrigen ausdrücklich erklärt, dass sich die Kritik der Staatsanwaltschaften nicht gegen die Polizeistrukturreform richtet, sondern gegen Mängel in Einzelfällen der Sachbearbeitung. E s gab und gibt für die Polizeistrukturreform nach meiner Überzeugung keine Alternative. So zwingen uns zum Beispiel auch eine immer schneller fortschreitende Technisierung, sich ändernde demographische Faktoren und eine Verschiebung der Kriminalitätsfelder zur Weiterentwicklung in der Polizei. U nd den steigenden Anforderungen in den Spezialbereichen, z.B. in den Aufgabenfeldern der Kapitaldelikte, der Bekämpfung der Internetkriminalität, insbesondere im Zusammenhang mit der Kinderpornografie, der Betäubungsmittelkriminalität sowie der Jugend- und Gewaltkriminalität, ist ebenfalls Rechnung zu tragen Ø die Intensivierung der Bemühungen zur Bekämpfung der Jugend- und Gewaltkriminalität Ø der Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität, zu der ich noch gesondert berichten werde Ø das andere Standbein der konzeptionellen Überlegungen zur Gewährleistung der inneren Sicherheit ist und bleibt die Fortführung der Polizeilichen Prävention. Auch hier haben wir im Übrigen mit der Schaffung von Präventionsbeauftragten in allen Polizeirevieren, den Dezernaten Prävention in den Zentralen Dienststellen und im Landeskriminalamt dafür gesorgt, dass wir, wie ich meine, gut aufgestellt sind. Weitere Aufschlüsse erwarte ich von wissenschaftlichen Untersuchungen, deren Ergebnisse im Laufe des Jahres erwartet werden und zwar eine Dunkelfeldstudie zu Jugendlichen als Opfer und Täter von Gewalt, eine Studie zu Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Kriminalitätsentwicklung sowie die Arbeit von Polizei, Justiz, Strafvollzug und Bewährungshilfe und eine Studie zur modernen Drogen- und Suchtprävention Impressum: Verantwortlich: Martin Krems Pressestelle Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni 39112 Magdeburg Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517 Fax: (0391) 567-5520 Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de
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