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Magdeburg, den 11.05.2009

Innenminister berichtet über Frauen in der rechtsextremen Szene Sachsen-Anhalts Hövelmann: ?Rechtsextremismus ist kein reines Männerphänomen mehr, aber immer noch von Männern dominiert?

Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 263/09 Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 263/09 Magdeburg, den 12. Mai 2009 Innenminister berichtet über Frauen in der rechtsextremen Szene Sachsen-Anhalts Hövelmann: ¿Rechtsextremismus ist kein reines Männerphänomen mehr, aber immer noch von Männern dominiert¿ Innenminister hat im Rahmen der monatlichen Berichterstattung im Kabinett zur Entwicklung des Rechtsextremismus über Frauen in der sachsen-anhaltischen Szene informiert. ¿Rechtsextremismus ist heute kein reines Männerphänomen mehr, wird aber immer noch von Männern dominiert¿, sagte Hövelmann. ¿Frauen spielen als Akteurinnen im rechtsextremen Feld noch eine untergeordnete Rolle. In Sachsen-Anhalt ist ihre Zahl sehr gering. Allerdings werden Frauen bundesweit von rechtsextremen Parteien und Organisationen zunehmend als Zielgruppe ¿ potentielle Wählerinnen und Mitglieder ¿ erkannt. Deshalb werden wir diese Entwicklung aufmerksam verfolgen.¿ Schwerpunkte aus dem Bericht: Rechtsextremismus wird von der Öffentlichkeit in der Regel als Männerphänomen wahrgenommen. Das Bild vom gewalttätigen Skinhead hat sich wohl in den meisten Köpfen eingeprägt. Auch in der Parteienszene sind die Namen der männlichen Führungskräfte medial präsenter als die der Frauen. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Unter bestimmten Umständen können sich Frauen sogar in rechtsextremistischen Führungspositionen etablieren und zumindest zeitweilig behaupten. Hierzu gibt es auch Beispiele aus Sachsen-Anhalt. Generell gilt: Innerhalb des Phänomenbereichs Rechtsextremismus spielen Frauen eine deutlich untergeordnete Rolle. In rechtsextremistischen Denkmustern wird die Frau - insbesondere durch die das Meinungsbild prägenden männlichen Szeneangehörigen - auf die Rolle als Mutter und Hausfrau reduziert - dies offenbar auch, um nicht die eigene Vorherrschaft aufs Spiel zu setzen. Frauen sind aber innerhalb der Szene vorhanden und nehmen verschiedenste Aufgaben bis hin zu Führungsfunktionen wahr. Vorrangig agieren Frauen jedoch als Unterstützerinnen ihrer jeweils in der Szene eingebundenen Partner. Parteien und parteinahe Organisationen NPD Der Landesverband Sachsen-Anhalt der ¿Nationaldemokratischen Partei Deutschlands¿ (NPD) mit seinen zirka 250 Mitgliedern wurde bis zu ihrem Rücktritt im September 2008 von Carola Holz (Bitterfeld-Wolfen) als Landesvorsitzende geführt. Nunmehr ist die Führung des Landesverbandes jedoch wieder in männlicher Hand. Der Landesverband wird durch Matthias Heyder (Elbingerode) geführt. Im neuen achtköpfigen Landesvorstand ist mit Heidrun Walde (Schneidlingen) nun auch nur noch eine Frau vertreten. Als weitere Frau in einer Führungsfunktion fungiert Judith Rothe (Sotterhausen) als Vorsitzende des Kreisverbandes Mansfeld-Südharz. Gleichzeitig hat sie auch eine Führungsfunktion im ¿Ring Nationaler Frauen" (RNF) inne. Der Frauenanteil im NPD-Landesverband wird auf unter 20 Prozent geschätzt. DVU Der Landesverband der ¿Deutschen Volksunion¿ (DVU) besteht ausschließlich aus männlichen Mitgliedern. JN Bei den ¿Jungen Nationaldemokraten¿ (JN), der Jugendorganisation der NPD, liegt der Anteil weiblicher Mitglieder unter zehn Prozent. Die JN wird durch die männlichen Mitglieder dominiert. Frauen sind in den Vorständen der JN nicht vertreten. RNF/Jeanne D. Der am 16. September 2006 gegründete ¿Ring Nationaler Frauen¿ (RNF) hat bislang nur geringe öffentliche Aktivitäten entwickelt. Die Aktivitäten des RNF beschränken sich auf regionale und bundesweite Treffen und die gelegentliche Teilnahme an Demonstrationen. Mit einer eigenen Homepage, Flugblättern und der Teilnahme an Infoständen der NPD versucht die Organisation auf sich aufmerksam zu machen. Der RNF sieht sich als Sprachrohr und Ansprechpartner für ¿Nationale Frauen¿. Durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit sollen ¿Nationale Frauen¿ in die politische Arbeit einbezogen werden. Zum Ende des Jahres 2007 soll der RNF bundesweit eigenen Angaben zufolge über rund 150 in 13 Regionalgruppen organisierte Mitglieder verfügt haben. Diese Entwicklung dürfte derzeit stark rückläufig sein und den Mitgliederbestand auf weit unter 100 Personen beschränken. Nachdem im Jahr 2007 noch fünf Regionalgruppen mit 25 Mitgliedern in Sachsen-Anhalt existierten, wird die Mitgliederzahl aktuell auf unter zehn Personen geschätzt. Der Landesverband Sachsen-Anhalt des RNF entfaltete im Jahr 2008 keinerlei öffentlichkeitswirksame Aktivitäten. Judith Rothe wurde auf dem jährlichen RNF-Landeskongress in ihrer Funktion als Landessprecherin des RNF Sachsen-Anhalt bestätigt. Die Funktion der stellvertretenden Landessprecherin nimmt künftig Marita Schäfer (Etgersleben), ehemals Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen-Anhalt der ¿Deutschen Partei¿, wahr. Nach derzeitigem Stand treten 76 Kandidaten für die NPD/JN zu den Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt an. Darunter sind zwölf Frauen, was 15,8 Prozent der Bewerberzahl ausmacht. Auf der NPD-Liste zur Bundestagswahl befinden sich zehn Kandidaten, darunter Judith Rothe, Kreisverbandsvorsitzende Mansfeld-Südharz, als einzige Frau. Am 27. September 2008 führte der RNF in Berlin seinen zweiten Bundeskongress durch. Gitta Schüssler (Sachsen) wurde in ihrem Amt als Bundessprecherin bestätigt. Als Stellvertreterinnen wählte der Kongress erneut Judith Rothe und Stella Hähnel (Berlin). Neu im Bundesvorstand vertreten ist Heidrun Walde als Beisitzerin mit der Funktion einer Schatzmeisterin. In einer Internetmeldung stellt die Bundessprecherin Schüssler ein Flugblatt mit dem Thema ¿Gender Mainstreaming¿ vor. Nach Aussage von Schüssler versteht der RNF ¿Gender Mainstreaming¿ als ein gigantisches Umerziehungsprojekt, das Frauen und Männer ihre natürliche angeborene Geschlechtsidentität aberziehen will. Man will den ¿neuen Menschen¿ schaffen, mit beliebigem geschlechtlichen Verhalten, demzufolge bindungs- und verantwortungslos. Das Flugblatt entspricht inhaltlich der bekannten Position des RNF zu frauenpolitischen Themen. Vorstandsmitglied Hähnel nannte als zentrale Ziele des RNF unter anderem eine Steigerung der Geburtenrate, das ¿gesunde Aufwachsen unserer Kinder¿ und deren Erziehung. Einer weiteren Internetmeldung des RNF ist zu entnehmen, dass unter der Rubrik ¿Frauen die sich trauen¿, die Selbsthilfegruppe ¿Jeanne D.¿ für ¿politisch verfolgte Frauen in Zeiten der BRD¿ gegründet wurde. Die Selbsthilfegruppe ¿Jeanne D.¿ (Jeanne Deutschland) versteht sich als Unterstützer der Deutschen, ¿die sich national oder patriotisch in BRDeutschland für ihre Heimat engagieren¿ und mit ¿Lügen und Falschdarstellungen öffentlich diffamiert¿ wurden. Auch diese Selbsthilfegruppe präsentiert sich mit einer eigenen Homepage im Internet. Neonazistische Kameradschaftsszene Das Alter des überwiegenden Teils der Kameradschaftsangehörigen liegt - wie in der JN - zwischen 18 und 30 Jahren. Überwiegend handelt es sich um männliche Szeneangehörige; der Anteil weiblicher Kameradschaftsmitglieder beträgt rund zehn Prozent. Die wenigen weiblichen Szeneangehörigen haben keinen Einfluss auf die rechtsextremistischen Aktivitäten dieser Personenzusammenschlüsse. Wenn Frauen an den wöchentlichen Treffen bzw. an Demonstrationen und sonstigen Aktivitäten teilnehmen, so ist dies vorrangig auf bestehende Freundschaften zurückzuführen. Subkulturell geprägte, gewaltbereite rechtsextremistische Szene In der subkulturellen, gewaltbereiten Jugendszene sind mehrheitlich Männer vertreten, da Frauen in dieser Szene sozialisierungsbedingt allenfalls Mitläuferinnen oder Partnerinnen sind. Frauen nehmen als Ordnerinnen an Versammlungen und Aufzügen teil, agieren im Internet und passen sich zum Teil dem männlichen Outfit an. Vom weiblichen Engagement erwartet man eine Verfestigung der subkulturellen Szene. Frauen tragen und verbreiten rechte Ideologie mit, indem sie das Image der Rechtsextremisten als bloße ¿Stiefelnazis¿ in der öffentlichen Wahrnehmung positiv verändern. Der Frauenanteil beträgt in der subkulturellen Szene weniger als zehn Prozent, ist jedoch gegenüber den Vorjahren leicht angestiegen. Frauen als Täterinnen bei rechtsextremistisch motivierten Straf- und Gewalttaten Rechtsextremistisch motivierte Straftaten werden in der Regel von männlichen Tätern begangen. Weibliche Täter spielen - analog zur personellen Zusammensetzung der subkulturell geprägten Szene - eine nur untergeordnete Rolle. Im Jahr 2008 wurden 3,4 Prozent aller rechtsextremistisch motivierten Straftaten weiblichen Tatverdächtigen zugeordnet. Zwar ist die absolute Anzahl der von Frauen begangenen politisch motivierten Straftaten gestiegen, jedoch ist ihr prozentualer Anteil gemessen an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen in den vergangenen Jahren leicht rückläufig. Politisch motivierte Kriminalität -Rechts-* P M K -Rechts- 2004 2005 2006 2007 2008 TV gesamt [1] 609 1125 1019 902 910 davon weibliche TV 45 85 76 59 61 Anteil weibliche TV an den Gesamt-TV 7,4% 7,6% 7,5% 6,5% 6,7% Straftaten PMK -Rechts- gesamt 758 1130 1240 1350 1761 von Frauen begangene Straftaten -Rechts- 36 58 75 50 60 Anteil an den Gesamtstraftaten 4,7% 5,1% 6,0% 3,7% 3,4% PMK-rechts / Deliktsbereiche 2004 2005 2006 2007 2008 Propaganda 532 796 885 1030 1289 Gewaltstraftaten 73 116 122 99 121 Übrige PMK 153 218 233 221 351 Gesamt 758 1130 1240 1350 1761 Tatbeteiligung (weibliche TV) in den Deliktsbereichen [2] 2004 2005 2006 2007 2008 Propaganda 20 33 36 24 31 Gewaltstraftaten 4 11 16 6 13 Übrige PMK 12 14 23 20

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