Hövelmann bringt Entwurf für neues Finanzausgleichgesetz in den Landtag ein
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 147/09 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 147/09 Magdeburg, den 18. Juni 2009 Hövelmann bringt Entwurf für neues Finanzausgleichgesetz in den Landtag ein ¿Die kommunale Familie wird insgesamt weit besser gestellt als nach geltendem Recht¿ Bei der Einbringung des Regierungsentwurfs für eine neues Finanzausgleichsgesetz (FAG) erklärt Innenminister Holger Hövelmann (SPD) in der heutigen Landtagssitzung: Mit der Einbringung dieses Gesetzentwurfs zum kommunalen Finanzausgleich knüpft die Landesregierung an die Koalitionsvereinbarung und an die dort verankerten Ziele an. Vereinbart ist, dass das Land die Kommunen bei der Konsolidierung ihrer Haushalte durch den Abbau überflüssiger Regulierungen und Standards unterstützt. Dafür schließen das Land und die Kommunen eine Konsolidierungspartnerschaft. Vereinbart ist auch, dass der kommunale Finanzausgleich für eine verlässliche Grundlage der Leistungsfähigkeit der Kommunen sorgen wird. Denn, so der Koalitionsvertrag, als Grundlage für eine Neuausrichtung des Finanzausgleichsgesetzes soll eine objektive Ermittlung der tatsächlichen Kosten der Aufgabenerledigung dienen. Der heute vorgelegte Gesetzentwurf ist die logische Konsequenz aus dem in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebenen ersten Schritt zur Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes. Mit dem Gesetz vom 2. Dezember 2008 wurde eine stärkere Gewichtung zugunsten der Gemeinden eingeleitet, die zentralörtliche Funktionen inne haben. Das war, wie die dem heutigen Gesetz zugrundeliegenden Untersuchungen nachdrücklich belegen, der richtige Weg. Neben den Verfassungsgrundsätzen aus den Artikeln 88 und 87 gab die Rechtsprechung der Verfassungsgerichte anderer Bundesländer einen entscheidenden Impuls zur Diskussion über die Fortentwicklung des Finanzausgleichs ¿ insbesondere das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofes vom 21. Juni 2005, das den Gesetzgeber in Thüringen veranlasste, einen vollständigen Systemwechsel vom Steuerverbund zur Bedarfsorientierung mit der Folge zu vollziehen, dass die Kommunen für die Erledigung der Pflichtaufgaben im eigenen und übertragenen Wirkungskreise sowie für die Wahrnehmung eines Mindestmaßes freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben nunmehr eine finanzielle Mindestausstattung, die unabhängig von der Einnahmesituation des Landes ist, erhalten. Sie erhalten darüber hinaus, allerdings leistungskraftabhängig, einen Zuschlag für die angemessene Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben und ¿ zusätzlich zu dieser insgesamt angemessenen Finanzausstattung ¿ freiwillige Leistungen des Landes. Aus dem Hinweis des Gerichts, dass der Gesetzgeber bei der Durchführung des auf die allgemeine Finanzausstattung der Kommunen gerichteten Finanzausgleichs vor allem die kommunale Aufgaben- und Kostenbelastung insgesamt feststellen muss, leiteten die politisch Verantwortlichen in Thüringen das Gebot zur Erfassung aller Aufgaben und der daraus entstehenden Kosten ab. Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat jüngst entschieden, dass die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung eine angemessene Finanzausstattung umfasst, bei deren Ausgestaltung der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers seine verfassungsrechtlichen Grenzen grundsätzlich im Anspruch der Gemeinden und Gemeindeverbände auf eine finanzielle Mindestausstattung findet. Diese ist so zu bemessen, dass die Kommunen in die Lage versetzt werden, alle ihre Aufgaben, das heißt neben den Pflichtaufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises auch freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zu erfüllen. Nach Auffassung des Gerichts setzt die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung prozedurale Absicherungen in dem der Entscheidung des Gesetzgebers über den Finanzausgleich zugrunde liegenden Verfahrens voraus, deren Fehlen zur Unvereinbarkeit des Finanzausgleichsgesetzes mit dieser Verfassungsgarantie führen würde. Die aufkeimende parlamentarische Diskussion und der in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebene Wille, das Finanzausgleichsgesetz neu auszurichten, insbesondere aber die Beratungen der Finanzstrukturkommission, führten zur Bildung einer Arbeitsgruppe, die den Auftrag hatte zu prüfen, welche Statistiken und Erhebungen zur Verfügung stehen und in welcher Form diese für eine Aufgabenerfassung und Aufgabenbewertung geeignet und belastbar sind. Denn die Durchführung einer Vollerhebung, so die frühe Entscheidung der Finanzstrukturkommission, kam vor dem Hintergrund der Zeitschiene nicht in Frage. Der vorliegende Gesetzentwurf schreibt die Finanzausgleichsmasse für das Jahr 2010 auf rund 1,583 Milliarden Euro und für das Jahr 2011 auf rund 1,578 Milliarden Euro fest. Ich möchte an dieser Stelle auf die Schritte zur Ermittlung dieser Beträge nicht eingehen. Dafür, denke ich, bleibt in den Ausschussberatungen ausreichend Zeit. Zentrales Anliegen dieses Gesetzentwurfs ist, den Finanzausgleich ¿ in Abkehr von der bisherigen Berechnung der Finanzausgleichsmasse über die Festsetzung einer Verbundquote ¿ auf eine aufgabenbezogene, am Bedarf ausgerichtete und damit von der Leistungskraft des Landes unabhängigen Ermittlung der Finanzausgleichsmasse umzustellen. Deshalb habe ich die Kommunen auch bereits als Gewinner dieser Reform bezeichnet. In diesem Raum wird diese Bewertung vor dem Hintergrund der insgesamt zurückgehenden Einnahmen des Landes Sachsen-Anhalt niemand ernsthaft bezweifeln. Für die weitere politische Diskussion habe ich vergleichend die Alternative zur Neuregelung, also insbesondere der Entkoppelung der Höhe der Finanzausgleichsmasse von den Einnahmen des Landes, die darin besteht, dass das Finanzausgleichsgesetzes mit Abschmelzung der Verbundquote um 0,72 Prozentpunkte auf dann 21,58 Prozentpunkte weiter gilt, berechnet. Daraus ergeben sich nach dem alten FAG für 2010 überschlägig 51 Millionen Euro weniger als aus dem vorliegenden Gesetzentwurf. Bezogen auf die Gebietskörperschaftgruppen bedeutet dies: Der neue Gesetzentwurf verbessert die Finanzausstattung der kreisfreien Städte um rund 34 Millionen Euro, die der Landkreise um rund 35 Millionen Euro. Der kreisangehörige Raum finanziert dies mit einem Verlust von ¿ in Anführungszeichen - ¿nur¿ rund 18,5 Millionen Euro. Sonderzuweisungen, die bisher außerhalb der Finanzausgleichsmasse geleistet wurden, sind dabei berücksichtigt. Beispielhaft sei die Jugendpauschale erwähnt, die nunmehr über das Ausgabeverhalten in die Ermittlung der Finanzausgleichsmasse eingegangen und im Wege der Allgemeinen Zuweisungen zur Verfügung gestellt wird. Gelder für pflichtige sowie freiwillige Jugendarbeit fließen also weiterhin und sollen auch so verwendet werden. Aufs Ganze betrachtet gilt: Mit dem aufgabenbezogenen FAG ist die kommunale Familie finanziell insgesamt weit besser gestellt als bei Beibehaltung der gegenwärtigen Rechtslage. An dieser Stelle möchte ich nun auf Unterschiede zu dem ursprünglich zur Anhörung freigegebenen Gesetzentwurf eingehen. Dieses ist auch der Grund, warum die Finanzstrukturkommission in dieser Woche noch einmal getagt hat. Auf der Grundlage des zur Anhörung gebrachten Gesetzentwurfes angestellte Modellberechnungen zeigten, dass die kreisangehörigen Städte und Gemeinden deutlich weniger Zuweisungen aus dem Finanzausgleichssystem erhalten würden als bisher. Ursächlich hierfür ist das unterschiedliche ¿ unbewertete ¿ Ausgabeverhalten der drei kommunalen Gruppen, welches stark durch die Wahrnehmung pflichtiger Aufgaben des eigenen Wirkungskreises beeinflusst wird. So sind von den kreisfreien Städten und Landkreisen in weit höherem Umfang pflichtige Aufgaben des eigenen Wirkungskreises wahrzunehmen, die mit erheblichen Kosten verbunden sind ¿ zum Beispiel Sozialhilfe ¿, als vom kreisangehörigen Raum. Hinzu kommt, dass einige wenige, sehr steuerstarke Gemeinden bei der Gesamtbetrachtung der Einnahmen des kreisangehörigen Raumes das Bild verfälschen und der Finanzbedarf der kreisangehörigen Gemeinden dadurch verringert wird. Alles in allem hätten dem kreisangehörigen Raum dadurch rund 165 Millionen Euro weniger zur Verfügung gestanden. Die Finanzzuweisungen für den kreisangehörigen Raum würden zudem durch die ursprünglich angedachte Steuerkraftberechnung in einer Weise zu Lasten der steuerstärkeren Städte und Gemeinden verteilt, die kaum zu vermitteln und für die Betroffenen noch weniger zu verkraften wäre. Ursächlich hierfür ist in erster Linie die durch die Vorverteilung der FAG-Masse in Auftragskostenpauschale und besondere Ergänzungszuweisungen deutlich geringer gewordene Teilmasse der allgemeinen Zuweisungen. Erst mit einer inhaltlichen Änderung des Gesetzentwurfes ist es gelungen, die Verwerfungen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, das zudem durch die hierfür erhöhten Bedarfszuweisungsmittel weiter abgemildert werden kann. Im Landtag wird nun ein hinsichtlich der Anzahl der besonderen Zuweisungen für die Aufgabenerledigung im pflichtigen eigenen Wirkungskreis abgespeckter Entwurf beraten werden. Das heißt auch, dass das Finanzierungsvolumen, das aufgabenbezogen, aber steuer- bzw. umlagekraftunabhängig zur Auszahlung gelangen sollte, zugunsten der allgemeinen Zuweisungen verringert wurde. Im Ergebnis bedeutet dieses eine Umverteilung von nunmehr ¿ in Anführungsstrichen ¿ ¿nur¿ noch 30 Millionen Euro von kreisangehörigen Gemeinden an die Landkreise (21 Millionen Euro) sowie an die kreisfreien Städte (9 Millionen Euro). Zusammenfassend kann ich heute feststellen, dass der vorgelegte Entwurf die Grundforderung nach einer nachvollziehbaren, belastbaren Ermittlung der aufgabenangemessenen Finanzausstattung umsetzt und die steuerkraftunabhängige Finanzierung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises durch das Land Sachsen-Anhalt sichert. Zudem greift er die Beschlusslage zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vom 17. Januar 2007 auf, bei der unter anderem eine als Übergangsregelung gedachte Neubemessung und -verteilung der Teilmasse für Sozialhilfelasten aufgenommen wurde. Die durch das SGB II weitestgehend abgelöste klassische Sozialhilfe sowie Teilleistungen nach dem SGB XII sind im Rahmen der Finanzbedarfsermittlung konkretisiert worden und ersetzen jetzt diese Übergangsregelung. Damit ist der Einstieg in eine aufgabenangemessene Auszahlung der Finanzausgleichsmittel gelungen. Auf dieser Grundlage kann die Revision der Finanzausgleichsjahre 2012 ff. aufsetzen, um ¿ in einem weiteren Schritt ¿ den weiteren Weg in die aufgabenbezogene Auszahlung der Zuweisungen fortzusetzen. Ich wünsche dem Landtag eine glückliche Hand bei der Beratung des Gesetzes, damit das neue FAG zum 1. Januar 2010 das alte FAG ablösen kann. Impressum: Verantwortlich: Martin Krems Pressestelle Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni 39112 Magdeburg Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517 Fax: (0391) 567-5520 Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de
Impressum:Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-AnhaltVerantwortlich:Danilo WeiserPressesprecherHalberstädter Straße 2 / am "Platz des 17. Juni"39112 MagdeburgTel: (0391) 567-5504/-5514/-5516/-5517/-5377Fax: (0391) 567-5520Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de