Innenminister Hövelmann zum FAG: Die zweite große Reform in dieser Legislaturperiode
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 244/09 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 244/09 Magdeburg, den 10. Dezember 2009 Sperrfrist: heute, 10.12.2009, 11.00 Uhr Innenminister Hövelmann zum FAG: Die zweite große Reform in dieser Legislaturperiode Der Landtag berät am heutigen Donnerstag abschließend über den Entwurf eines neuen Finanzausgleichsgesetzes (FAG). In der Debatte erklärt Innenminister Holger Hövelmann (SPD): ¿Gestatten Sie mir, dass ich, bevor ich zum heute debattierten Finanzausgleichsgesetz überleite, mich besonders an die vierzehn Damen und Herren Abgeordnete wende, die diesem Landtag bereits in der 1. Wahlperiode angehörten. In der Zeit vor Weihnachten 1990, also vor nunmehr 19 Jahren, begann mit dem Gesetzentwurf der damaligen Landesregierung vom 11. Dezember die Diskussion um die Finanzausstattung der Kommunen. Die Zuweisungen des Landes an die Gemeinden und Landkreise der Jahre 1991, 1992 und 1993/1994 regelten noch Jahresgesetze. Das jeweilige Gemeindefinanzierungsgesetz stellte aus dem Steueraufkommen des Landes sowie aus dem Landesanteil am Fonds ,Deutsche Einheit` allgemeine Zuweisungen, vorverteilt auf die kreisangehörigen Städte und Gemeinden, die kreisfreien Städte und die Landkreise, in der Binnenverteilung nach Einwohnerzahlen gewichtet, zur Verfügung. In der zweiten Legislaturperiode begann eine neue Ära der Gesetzgebung: Auf der Grundlage des Gesetzentwurfs von SPD und Bündnis 90/Grüne vom 26. Oktober 1994 über den Finanzausgleich, dabei liegt die Betonung auf ,Ausgleich`, wurde die einfach strukturierte Regelung der Gemeindefinanzierungsgesetzes durch die Einbeziehung der gemeindlichen Steuerkraft in die Ausgleichsregelung ersetzt. Der Finanzausgleich wurde von da an den Anforderungen der Landesverfassung und der Gemeindeordnung eher gerecht. In den Jahren von 1996 bis heute wurde das Finanzausgleichsgesetz 18mal, zuletzt durch das Zweite Funktionalreformgesetz vom 5. November diesen Jahres, geändert. Mit dem heute zu beschließenden Gesetzentwurf steht der kommunale Finanzausgleich vor einer entscheidenden Fortentwicklung: In Abkehr von der bisherigen Berechnung der Finanzausgleichsmasse über die Festsetzung einer Verbundquote ist zentrales Ziel dieses Gesetzentwurfs, den Finanzausgleich auf eine aufgabenbezogene, am Bedarf ausgerichtete und damit von der Leistungskraft des Landes unabhängige Ermittlung der Finanzausgleichsmasse umzustellen. Damit bleibt es dem Gesetzgeber der Fünften Legislaturperiode vorbehalten, eine weitere, entscheidende Weiche zu einem für die Kommunen verlässlichen Finanzausgleich zu stellen. Ich möchte an dieser Stelle den Regierungsfraktionen meinen ausdrücklichen Dank für die intensive Beratung - quasi bis zur letzten Minute - des Gesetzentwurfes sagen. Sie haben das Gesetz besser gemacht, und im Ergebnis wird den Kommunen noch mehr Geld zu Verfügung gestellt. Dieses freut mich als Kommunalminister natürlich besonders. Auch wenn der Weg manchmal holprig und auch vermeintlich löchrig war - ich erinnere nur an das ebenso schnell entstandene wie wieder verschwundene vermeintliche 270-Millionen-Loch -, ich denke, ihn gemeinsam zu gehen, hat sich gelohnt. Denn um es ganz deutlich zu sagen: Würde das FAG nicht novelliert werden, würde die alte Rechtslage fort gelten, wonach abhängig von den Einnahmen des Landes die Kommunen anteilig Zuweisungen erhalten. Dieses hätte zur Folge, dass die Kommunen im kommenden Jahr - berücksichtigt man die allerjüngsten Schätzungen zur Entwicklung der Einnahmen des Landes, nicht zuletzt aufgrund der Entscheidungen des Bundes - ca. 150 Millionen Euro weniger erhalten würden. Aus Sicht des Landeshaushaltes wäre das Festhalten am alten Recht also durchaus eine erwägenswerte Option gewesen. Aber genau dieses wird das Land nicht tun und bekennt sich damit zu seiner besonderen Verantwortung gegenüber den Kommunen. Angesichts der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise ist es auch nicht so, dass sich die Einnahmen des Staates innerhalb eines Jahres erholen werden. Für den Bundeshaushalt ist bei der Verabschiedung des zweiten Nachtragshaushaltes 2009 davon ausgegangen worden, dass sich im erst im Jahr 2013 die Einnahmen des Staates wieder dem Niveau von 2009 annähern. Und bei dieser Prognose waren die Steuerpläne der neuen Bundesregierung noch gar nicht mit einberechnet. Berücksichtigt man die Absenkung der Solidarpaktmittel dürfte die Einnahmeentwicklung unseres Landes sich noch kritischer darstellen. Ich stelle jedenfalls hier fest: Das neue FAG ist ein großer Gewinn für die kommunale Familie, und zwar für alle Angehörigen der kommunalen Familie. Ich kann den Ruf nach mehr Zuweisungen, insbesondere von Seiten der kreisfreien Städte und der Gemeinden im kreisangehörigen Raum, nachvollziehen. Aber Land und Kommunen sitzen in einem Boot - und ein noch mehr an Zuweisungen wäre in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftkrise für das Land fiskalpolitisch nicht zu vertreten. Fakt ist: Schon dieses FAG ist ein großer Kraftakt des Landes und verdient Anerkennung. Insbesondere von der FDP, deren Finanzpolitik im Bund uns hier völlig die Beine wegzuschlagen droht, verbitte ich mir jegliche Kritik. Zurück zur Genese des heute behandelten Gesetzentwurfs: Bereits die Wegstrecke vom Referentenentwurf zum Gesetzentwurf, also zur Einbringung der Drucksache 5/2018 vom 10. Juni 2009 in den Landtag, hat dazu beigetragen, dass die Frage der Anrechnung eigener Einnahmen (d.h. der Kreisumlage, bzw. eigener Steuereinnahmen) auf die Ausgaben für die Wahrnehmung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises problematisiert wurde. Im Ergebnis werden die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises (nach Abzug direkt zurechenbarer Einnahmen aus Verwaltungsgebühren und sonstiger Erstattungen), nunmehr vollständig und unabhängig von der Finanzkraft der einzelnen Kommune vom Land finanziert. Die anschließende Diskussion der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres in den Fachausschüssen, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Empfehlungen aus der Vorlage 24, dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, hat dazu beigetragen, fachpolitische Schwerpunkte zu setzen. Zum Beispiel wird unter Nr. 2 der ,9-Punkte-Empfehlung` angeregt, dass das Gesetz wieder mehr besondere Ergänzungszuweisungen ausweisen sollte: · So ist der Diskussion um das Zweite Funktionalreformgesetzes die Übernahme der Finanzierung für die Suchtberatungsstellen zu verdanken, · die, mit der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, zusätzlich zur Jugendpauschale wieder Eingang in das Finanzausgleichsgesetz gefunden hat. · Darüber hinaus wird mit § 11 eine weitere Besondere Ergänzungszuweisung für die Wahrnehmung der Aufgaben der Hilfe zur Erziehung aufgenommen. · Zudem ist den allgemeinen Zuweisungen der Landkreise und der kreisfreien Städte ein aufgabenbezogen ermittelter Betrag entnommen, der im Verhältnis der Länge der Kreisstraßen verteilt wird. Umgesetzt wird auch der unter Nr. 6 der Empfehlungen formulierte Prüfauftrag, wonach die Gemeinden innerhalb des Finanzausgleichs ihre eigene Steuerkraft ab 2011 mit 90 v.H. und ab 2012 mit 100 v.H. einzubringen haben. Mit der besonderen Regelung zur Einwohnergewichtung werden die Verbandsgemeinden den Einheitsgemeinden gleichgestellt und mit der Umsetzung des Prüfauftrags Nr. 8 wird die Investitionspauschale in Abhängigkeit der Steuerkraft gewährt. Für den erfolgreichen Abschluss der Diskussion als besonders wichtig stellte sich schließlich der Auftrag heraus, zu überprüfen, ob den Kommunen garantiert werden kann, dass ihre Finanzausstattung in der Übergangszeit bis 2012 nicht unter ein noch zu bestimmendes Maß absinken. Diese Forderung setzt der neu aufgenommene § 29 um: Zum Ausgleich von Härten, die mit Einnahmeverlusten, die durch das Inkrafttreten des Finanzausgleichs entstehen, verbunden sind, stellt das Land den kreisangehörigen Gemeinden für die Haushaltsjahre 2010 und 2011 jeweils einen Gesamtbetrag von 1,157 Mio. ¿ zur Verfügung. Dazu hat der Innenausschuss die zugrundeliegende Modellberechnung zum Protokoll genommen und den Haushaltsgesetzgeber gebeten, eine entsprechende Erläuterung im Einzelplan 13 auszubringen. Diese Erläuterungen werden dem Finanzausschuss für seine Beratungen zum Einzelplan 13 vorgelegt. Gestatten Sie mir noch ein Wort zu den mit den Interessensvertretern der Kommunen, mit Bürgermeistern und Landräten geführten Diskussionen: Nicht ohne ausführliche Diskussion, aber doch aus unterschiedlichen Gründen wurde nicht allen Forderungen der Spitzenverbände, der Oberbürgermeister und der Landräte auf dem Weg zur Ermittlung der Finanzausgleichsmasse Rechnung getragen. Das ist auch das Ergebnis unterschiedlicher Wertungen von Sachverhalten sowie eines politischen Abwägungsprozesses. Dennoch behaupte ich, und meine persönliche Erinnerung an die in Stendal stattgefundene Landkreisversammlung bestätigt mich: Die Landräte, versammelt im Landkreistag Sachsen-Anhalt, sind nach wie vor der Auffassung, dass die stark aufgabenbezogene Ausrichtung des neuen kommunalen Finanzausgleichs die Planungssicherheit für die Kommunen erhöht und die konkrete Kostenbeteiligung des Landes an den einzelnen kommunalen Aufgaben verdeutlichte. Im Rahmen der Stendaler Thesen wird an der Umstellung des Finanzausgleichssystems festgehalten. Auch der Städte- und Gemeindbund begrüßt nach wie vor, dass der Gesetzentwurf einem an der Aufgabenwahrnehmung der Kommunen orientierten Berechnungsmodus für die Ermittlung der angemessenen Finanzausgleichsmasse folgt. Dadurch wird ein stärkerer Zusammenhang zwischen der Festsetzung von Aufgabenstandards und den daraus resultierenden Kosten für die Kommunen hergestellt. Zusammenfassend kann ich heute feststellen, dass der vorgelegte Entwurf die Grundforderung nach einer nachvollziehbaren, belastbaren Ermittlung der aufgabenangemessenen Finanzausstattung umsetzt und die steuerkraftunabhängige Finanzierung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises durch das Land Sachsen-Anhalt sichert. Der vorliegende Gesetzentwurf schreibt die Finanzausgleichsmasse für das Jahr 2010 auf rd. 1,595 Mrd. Euro und für das Jahr 2011 auf rd. 1,590 Mrd. Euro fest (einschl. der Investitionszuweisungen und der Bedarfszuweisungen). Der zunehmenden Diskussion zur Verteilungsgerechtigkeit entsprechend werden besondere Ergänzungszuweisungen nach aufgabenbezogenen Kriterien zur Verfügung gestellt, das bedeutet natürlich auch, dass das Finanzierungsvolumen, das aufgabenbezogen, aber steuer- bzw. umlagekraftabhängig zur Auszahlung gelangen soll als allgemeinen Zuweisungen verringert wurde. Damit ist meines Erachtens der Einstieg in ein eine Finanzausgleichssystem gelungen, das die Finanzausgleichsmasse aufgabenbezogen ermittelt und zur Verfügung stellt. Auf diese Grundlage kann die Revision der Finanzausgleichsjahre 2012 ff. aufsetzen um - in einem weiteren Schritt der Umsetzung des ,9-Punkte-Kalatogs` - den weiteren Weg in die aufgabenbezogene Auszahlung der Zuweisungen fortzusetzen. Neben der Gemeindegebietsreform ist der Einstieg in ein aufgabenbezogenes FAG die zweite große Reform, die der Landesgesetzgeber in dieser Legislatur durchführt. Darauf können wir stolz sein. Wir schaffen leistungsfähige Strukturen, die die ihnen zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel bestmöglich für Ihre Einwohnerinnen und Einwohner umsetzen können.¿ Impressum: Verantwortlich: Martin Krems Pressestelle Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni 39112 Magdeburg Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517 Fax: (0391) 567-5520 Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de
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