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Magdeburg, den 25.03.2010

Staatssekretär Erben beim 3. Lichtenburg-Symposium in der Landesvertretung in Berlin: In Prettin wird eine Gedenkstätte nach modernen Ansprüchen und wissenschaftlichen Erkenntnissen entstehen

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 036/10 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 036/10 Magdeburg, den 25. März 2010 Staatssekretär Erben beim 3. Lichtenburg-Symposium in der Landesvertretung in Berlin: In Prettin wird eine Gedenkstätte nach modernen Ansprüchen und wissenschaftlichen Erkenntnissen entstehen Bei der heutigen Vorstellung zweier neuer Sammelbände zum Konzentrationslager Lichtenburg beim 3. Lichtenburg-Symposium in der Landesvertretung in Berlin erklärt Innenstaatssekretär Rüdiger Erben (SPD), Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt: ¿Mehr als 75 Jahre ist es nun her, dass die Nazis im Schloss Lichtenburg in Prettin eines der ersten Konzentrationslager einrichteten. Zuvor hatte der ehemalige Witwensitz der sächsischen Kurfürsten seit 1812 als preußische ¿Straf- und Besserungsanstalt¿ gedient. 1928 wurde die Anstalt unter anderem aufgrund des schlechten baulichen Zustands und untragbarer sanitärer Bedingungen geschlossen. Es ist bezeichnend, dass die NS-Machthaber trotz dieser baulichen und hygienischen Missstände das ehemalige Zuchthaus als ¿Sammellager¿ für 800 so genannte ¿Schutzhäftlinge¿ herrichten ließen. Im Juni 1933 wurden die ersten Häftlinge in das KZ eingeliefert. Binnen weniger Monate war es bereits überfüllt. Bei den ersten Gefangenen handelte es sich fast ausschließlich um erklärte Regimegegner: vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und prominente Persönlichkeiten des politischen und kulturellen Lebens der Weimarer Republik, von denen viele jüdischer Herkunft waren. Es hat mich persönlich sehr berührt, als ich erfuhr, dass mein Vor-Vorgänger als Unterbezirksvorsitzender der SPD Weißenfels, Franz Engel, ebenfalls zu den ersten Häftlingen gehörte. In der Folgezeit kamen weitere Gruppen hinzu, die aufgrund ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer Lebensweise aus der von den Nationalsozialisten angestrebten ¿Volksgemeinschaft¿ ausgegrenzt wurden: insbesondere Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Homosexuelle sowie Menschen, die aus Sicht des Regimes als ¿Asoziale¿ oder ¿Gewohnheitsverbrecher¿ galten. Das KZ Lichtenburg hat vor allem in der Frühphase aufgrund seiner Nutzung als zentrales "Schutzhaftlager" für Preußen und als "Muster- und Ausbildungs-KZ" bei der Entwicklung sowie bei der Reorganisation und Institutionalisierung des Konzentrationslagersystems 1934/35 eine herausragende historische Bedeutung. Neben dem KZ Dachau war das KZ Lichtenburg das einzige frühe Lager, das über mehrere Jahre existiert hat. Bis 1937 saßen ausschließlich Männer in der Lichtenburg ein. Nach der Errichtung der Konzentrationslager Sachsenhausen und Buchenwald wurde die Lichtenburg in das einzige Frauen-KZ des Deutschen Reiches umgewandelt, das bis zur Gründung des Lagers Ravensbrück 1939 bestand. In der Zeit von 1941 bis 1945 beherbergte das Schloss Prettin unter anderem ein Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Nicht nur in der Frühphase, sondern während der gesamten Zeitdauer der Nazidiktatur war die Lichtenburg ein Ort tausendfachen Leidens, an dem Menschen aufgrund ihrer politischen Überzeugung, ihres Glaubens oder ihrer ¿Rasse¿ eingesperrt, gepeinigt, gedemütigt und in einigen Fällen auch ermordet wurden. Am 8. Mai 1965 wurde die Gedenkstätte Lichtenburg eingeweiht, die an das Leiden der Opfer erinnerte, wenngleich sie in ihrem geschichtspolitischen Ansatz natürlich auf das SED-Verständnis von Verfolgung und Widerstand verengt war. Dennoch wurde so bis zur Schließung durch den Landkreis 2004 Erinnerungsarbeit geleistet, was wir vor allem der Stadt Prettin und den Freiwilligen vor Ort verdanken. Das Land Sachsen-Anhalt ist sich seiner besonderen Verantwortung für diesen Erinnerungsort bewusst. Es hat aber lange, und für viele Überlebende und Hinterbliebene sicher schmerzlich lange gedauert, bis sich diese Verantwortung in konkreten Planungen für eine neue Gedenkstätte niederschlug. Erst als sich eine Verständigung mit dem Bund über die Eigentumsverhältnisse abzeichnete, wurden der ehemalige ¿Bunker¿ und das Werkstattgebäude in Landesträgerschaft übernommen und in die 2007 gegründete Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt überführt. Basierend auf einem wissenschaftlichen Gutachten von Frau Prof. Endlich aus dem Jahre 2001 wird nach Jahren der Stagnation und des Verfalls eine neue KZ-Gedenkstätte entstehen, die modernen Ansprüchen und wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Dazu wird eine Baumaßnahme im Gesamtumfang von 1,3 Million Euro realisiert, die sich der Bund und das Land zu jeweils 50 Prozent teilen. Die Eröffnung ist für 2011 vorgesehen. Mit einem modernen Besucherzentrum, das unter anderem ein Archiv, eine Bibliothek und Seminarräume umfasst, erhalten die Besucherinnen und Besucher der Gedenkstätte die Möglichkeit, sich mit den pädagogisch aufbereiteten Forschungsergebnissen zur Geschichte des historischen Ortes vertraut zu machen. Kernstück der Einrichtung wird eine multimedial ausgestattete Dauerausstellung sein, die ihren Fokus vor allem auf die frühe Phase der Konzentrationslager richten wird. Schwerpunktmäßig behandelt werden vor allem die Häftlingsgesellschaft der Lichtenburg, der Haftalltag und die Haftbedingungen. Daneben soll anhand biografischer Lebensläufe von SS-Männern auch der Frage nachgegangen werden, wie scheinbar ¿liebevolle Familienväter¿ zu brutalen Tätern wurden. Schließlich soll die Exposition auch die bisher weitgehend vernachlässigte Geschichte des Frauen-KZ Lichtenburg dokumentieren.¿ Impressum: Verantwortlich: Martin Krems Pressestelle Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni 39112  Magdeburg Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517 Fax: (0391) 567-5520 Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de

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