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Magdeburg, den 20.09.2010

Hövelmann zur Eröffnung der Interkulturellen Woche: Wer die Fähigkeiten von Migranten brachliegen lässt, schneidet sich ins eigene Fleisch

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 133/10 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 133/10 Magdeburg, den 21. September 2010 Hövelmann zur Eröffnung der Interkulturellen Woche: Wer die Fähigkeiten von Migranten brachliegen lässt, schneidet sich ins eigene Fleisch Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) hat dafür plädiert, die Fähigkeiten zugewanderter Arbeitnehmer besser zu nutzen und ihre im Herkunftsland erworbenen Abschlüsse anzuerkennen. Beim landesweiten Auftakt zur Interkulturellen Woche in Sachsen-Anhalt sagte Hövelmann in Magdeburg: ¿Dass Menschen mit hochwertigen akademischen oder beruflichen Abschlüssen zu ungelernten Tätigkeiten gezwungen sind, nur weil ihr Abschluss im Ausland erworben wurde ¿ das ist nicht nur eine Abwertung ihrer Leistungen, das ist vor allem auch eine Vergeudung menschlicher Potentiale und in einer globalisierten Wirtschaftswelt völlig überholt. Eine Mehrheitsgesellschaft, die systematisch zugewanderte Fähigkeiten brachliegen lässt, schneidet sich ins eigene Fleisch.¿ Hövelmann nahm zur aktuellen Integrationsdebatte Stellung und erklärte, er wolle einem Menschenbild widersprechen, das den ¿Wert¿ ganzer Bevölkerungsgruppen an ihrem volkswirtschaftlichen Ertrag misst. ¿Jeder Mensch ist gleich wertvoll, unabhängig von seiner Religion, seiner Kultur und seinem Beitrag zum Bruttosozialprodukt¿, so Hövelmann. ¿Und jede Art von Rassentheorie gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.¿ Bis vor wenigen Wochen habe er diese Klarstellungen noch für selbstverständlich gehalten. Der Beitrag des Innenministers im Wortlaut: ¿Einerseits begrüße ich es sehr, dass die landesweite Auftaktveranstaltung zur Interkulturellen Woche in Sachsen-Anhalt in diesem Jahr die Arbeitsmarktpotentiale von Zugewanderten zum Thema hat. Denn das ist eine große Chance, den Beitrag herauszustellen, den zugewanderte Arbeitnehmer, aber auch ausländische Investoren und Existenzgründer für den wirtschaftlichen Aufbau in Sachsen-Anhalt leisten. Und eine Chance, um deutlich zu sagen: Wir brauchen mehr Zuwanderung, um diese wirtschaftliche Entwicklung zu stärken. Andererseits ich unmissverständlich einem Menschenbild widersprechen, das den ,Wert` ganzer Bevölkerungsgruppen an ihrem volkswirtschaftlichen Ertrag misst. Deshalb will ich aus aktuellem Anlass zwei Dinge klarstellen, die ich bis vor wenigen Wochen noch für eine Selbstverständlichkeit gehalten hätte: Erstens: Jeder Mensch ist gleich wertvoll, unabhängig von seiner Religion, seiner Kultur und seinem Beitrag zum Bruttosozialprodukt. Und zweitens: Jede Art von Rassentheorie gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. Ausgrenzung hat viele Facetten, auch die Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt. Seit Jahren führen wir unter den Innenpolitikern die Auseinandersetzung darum, wie Menschen Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen können, die seit langem in Deutschland leben und häufig auch schon eine Familie gegründet haben, die rechtlich aber nur als ,geduldet` gelten. Hier ist zwar schon einiges in Bewegung geraten, aber wir brauchen sowohl im Interesse der Betroffenen als auch im Sinne der Arbeitsmarktentwicklung größere gesetzliche Spielräume sowohl für Geduldete als auch für Asylbewerber. Erst in jüngster Zeit wird jedoch einer breiteren Öffentlichkeit bewusst, dass auch viele erwerbstätige Menschen mit Migrationshintergrund ausgegrenzt sind ¿ sie sind ausgeschlossen von dem Beruf, den sie erlernt haben und in dem sie oft exzellente Qualifikationen erlangt haben. Dass Menschen mit hochwertigen akademischen oder beruflichen Abschlüssen zu ungelernten Tätigkeiten gezwungen sind, nur weil ihr Abschluss im Ausland erworben wurde ¿ das ist nicht nur eine Abwertung ihrer Leistungen, das ist vor allem auch eine Vergeudung menschlicher Potentiale und in einer globalisierten Wirtschaftswelt völlig überholt. Eine Mehrheitsgesellschaft, die systematisch zugewandertes Know-how brachliegen lässt, schneidet sich ins eigene Fleisch. Das Programm der heutigen Veranstaltung zeigt aber sehr anschaulich, wie viele Zugänge zum Thema Potentiale und Qualifikationen von Zugewanderten es gibt. Die Zeit ist also reif, das Problem der Anerkennung ausländischer Abschlüsse jetzt endlich zu lösen. Wenn wir über Arbeitsmarktpotentiale von Zugewanderten sprechen, dann geht es natürlich nicht nur um die Qualifikationen von Menschen im erwerbsfähigen Alter. Es geht insbesondere auch um die Qualifizierung ihrer Kinder und um deren Zugangschancen zum Arbeitsmarkt. Wenn heutzutage von sogenannten Integrationsdefiziten die Rede ist, dann steht zu Recht das Thema Bildung an erster Stelle. Aber das Bild, das in der gesellschaftlichen Debatte von jungen Migrantinnen und Migranten gezeichnet wird, ist allzu oft das Klischeebild vom schulschwänzenden jungen Mann und seiner kopftuchtragenden Schwester aus Berlin-Neukölln mit bildungsfernem anatolischen, muslimischen Elternhaus. Wir wissen, dass dieses Klischeebild schon im bundesweiten Maßstab nicht passt und im sachsen-anhaltischen noch viel weniger. Wir wissen, wie viele junge Migrantinnen und Migranten in unseren Schulen Spitzenleistungen erbringen. Leider gibt es tatsächlich viele junge Menschen, die Bildungsangebote nicht nutzen und dadurch von gesellschaftlicher Teilhabe schon frühzeitig ausgeschlossen sind. Es gibt sie unter jungen Migrantinnen und Migranten ebenso wie unter jungen Deutschen. Es sind soziale Faktoren, die ihnen den Zugang zu hochwertiger Bildung erschweren, allen voran die Bildungsabschlüsse und die berufliche Stellung ihrer Eltern. In den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts setzte sich in der ¿ damals westdeutschen ¿ Gesellschaft die Erkenntnis durch, dass das Bildungssystem soziale Hürden abbauen und Arbeiterkindern den Zugang zu höherer Bildung ermöglichen muss. (In Ostdeutschland fand dieser Prozess unter anderen Vorzeichen ebenfalls statt.) Dieser bildungspolitische Aufbruch war eine Erfolgsgeschichte. Wenn man sich einmal ausmalt, was passiert wäre, wenn man damals nicht nach sozialen Barrieren, sondern nach Religion und nach Genen gefragt hätte, dann wird schnell deutlich, was für seltsame Fragestellungen die aktuelle ,Integrations`-Debatte hat. Unser Bildungssystem ist heute wieder in hohem Maße sozial undurchlässig. Einkommen und Bildungshorizont des Elternhauses prägen allzu oft die Ausbildungswege und Zukunftschancen der Kinder. Wen kann es wundern, wenn das auch und gerade für Kinder aus Migrationsfamilien zutrifft? Damit können wir uns nicht abfinden, aber damit müssen wir uns auch nicht abfinden. Chancengleichheit ist machbar. Viele andere Länder in Europa machen es uns vor: mit einem Bildungssystem, das mehr jungen Menschen mehr Chancen gibt, durch intensivere Betreuung in Ganztagsschulen und durch ein längeres gemeinsames Lernen, damit sich persönliche Befähigungen besser entfalten können. Noch nie wurde der menschenfreundliche Ansatz der Interkulturellen Woche in Deutschland so sehr gebraucht wie in diesem Jahr. Ich wünsche uns allen, dass sie in Sachsen-Anhalt und überall ein unübersehbares Zeichen für Mitmenschlichkeit, Verständnis und Toleranz setzt.¿ Impressum: Verantwortlich: Martin Krems Pressestelle Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni 39112  Magdeburg Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517 Fax: (0391) 567-5520 Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de

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