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Magdeburg, den 24.11.2010

?Polizei in der Diktatur ? Polizei im demokratischen Rechtsstaat ? ? Rede des Innenministers Holger Hövelmann während der Veranstaltung am 24. November 2010:

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 175/10 Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 175/10 Magdeburg, den 24. November 2010 ¿Polizei in der Diktatur ¿ Polizei im demokratischen Rechtsstaat ¿ ¿ Rede des Innenministers Holger Hövelmann während der Veranstaltung am 24. November 2010:  ¿Zur heutigen Veranstaltung mit dem Namen ¿Polizei in der Diktatur ¿ Polizei im demokratischen Rechtsstaat¿ begrüße ich Sie alle sehr herzlich. Besonders heiße ich die Vertreter der Opferorganisationen willkommen, die den entscheidenden Anstoß für einen Forschungsprozess gegeben haben, dessen Abschluss wir mit dieser Veranstaltung begehen. Denn im Sommer 2008 wurde aus Anlass des 55. Jahrestages der Ereignisse vom 17. Juni 1953 ¿ die gerade hier, vor diesem Haus, blutig verliefen ¿ der Vorschlag an mich herangetragen, mit einer Gedenktafel im heutigen Innenministerium der Menschen zu gedenken, die in diesem Gebäude Opfer der SED-Herrschaft wurden, als es noch Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei war, zu der auch ein Polizeigefängnis gehörte. Ich habe diesen Gedanken spontan begrüßt, aber den Opferverbänden zugleich vorgeschlagen, ihn nicht spontan umzusetzen, sondern gründliche Vorarbeiten zu leisten. Mir waren zwei Dinge wichtig: Wir wollten so genau wie möglich wissen, was in diesem Gebäude geschah. Und: Wir wollen in der Aufarbeitung und Darstellung der Geschichte und im Gedenken allen Opfern gleichermaßen gerecht werden. Ich bin froh, dass alle Opferverbände gleichermaßen diesen Ansatz mitgetragen haben und die Umsetzung konstruktiv unterstützt haben. Wie Sie sicher verfolgt haben, erschien vor einigen Wochen eine vielbeachtete Publikation zur Geschichte des Auswärtigen Amtes. Die mit den Forschungen beauftragten Historiker kamen unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Bediensteten des Amtes in wesentlich stärkerem Maße in die einzigartigen Menschenrechtsverletzungen der Nationalsozialisten eingebunden waren, als bisher bekannt war. Das Auswärtige Amt hat diese Mitverantwortung lange Zeit erfolgreich vertuschen und den Mythos eines ¿sauberen¿ diplomatischen Dienstes pflegen können. Eine solche Form von unkritischer Geschichtsschreibung ist keine Besonderheit des Auswärtigen Amtes, sondern war über Jahrzehnte symptomatisch für viele Unternehmen, Institutionen und Behörden. Die Polizei können wir davon nicht ausnehmen. Bis zum heutigen Tage war die Umsetzung der verbrecherischen Befehle der NS-Führung durch die Bediensteten des Magdeburger Polizeipräsidiums bisher nur unzureichend ¿ um nicht zu sagen: gar nicht ¿ erforscht. Dies war für mich überraschend, denn ich bin in einem Staat aufgewachsen, der für sich in Anspruch nahm, die NS-Täter abgeurteilt und die Lehren aus der Geschichte gezogen zu haben und damit im moralischen Sinne das bessere Deutschland zu repräsentieren. Doch wie sich zeigt, war das Wegschauen vor der konkreten Verantwortung der handelnden Personen eine Form von Verdrängung, die in beiden deutschen Staaten vorkam. Auch die Tätigkeit des Volkspolizeipräsidiums und der Bezirksdirektion der Deutschen Volkspolizei Magdeburg zwischen 1945 bis 1989 ist völlig unzureichend erforscht. Leider fand sich in den Jahren seit 1990 kein Wissenschaftler, der sich dieses Themas angenommen hätte. Dieses führte dazu, dass wir bisher nur über sehr geringe Kenntnisse verfügten, welche konkreten Menschenrechtsverletzungen in diesem Gebäudekomplex zwischen 1933 und 1945 einerseits und von 1945 bis 1989 andererseits verübt worden sind. Angesichts dieses Forschungsstandes ¿ oder Nicht-Forschungsstandes ¿ haben wir uns entschieden, zunächst eine Arbeitsgruppe von Historikern einzusetzen, die im Auftrag des Innenministeriums über zwei Jahre untersuchte, welchen Menschen in diesem Gebäudekomplex aus politischen Gründen Unrecht widerfahren ist. Dafür wurden vielfältige Originaldokumente analysiert und Zeitzeugen befragt. Die Ergebnisse der Bemühungen liegen nun vor, und wir wollen sie heute der Öffentlichkeit auf zweierlei Weise vorstellen. Erstens ist im Foyer dieses Hauses seit heute eine kleine Ausstellung zu seiner Geschichte zu sehen. Sie soll die Besucher und selbstverständlich auch die Beschäftigten des Ministeriums über die wechselvolle Geschichte dieses Gebäudekomplexes ¿ vor allem über die Opfer der hier verübten Menschenrechtsverletzungen ¿ informieren. Zweitens erscheint heute eine ausführliche Publikation mit den Forschungsergebnissen, die zugleich auch einen Beitrag zur Magdeburger Stadtgeschichte darstellen. Herr Dr. Miehe wird uns die Ergebnisse nachher im Überblick vorstellen. Ich darf an dieser Stelle den Mitgliedern der Arbeitsgruppe für ihr Engagement ganz herzlich danken. Mir ist nicht verborgen geblieben, dass Sie insbesondere in den letzten Tagen und Wochen außerordentlich intensiv daran gearbeitet haben, dass dieser heutige Termin eingehalten werden konnte. Die von der Arbeitsgruppe vorgelegten Ergebnisse ermöglichen es, dem Anliegen der Opferverbände zu entsprechen und heute im Anschluss an diese Veranstaltung eine Gedenktafel für die Opfer der hier verübten politischen Verbrechen anzubringen. Ich bin den Vertretern der Opferverbände sehr dankbar, dass wir im letzten Jahr eine Übereinkunft darüber erzielt haben, eine gemeinsame Gedenktafel sowohl für die Opfer des NS-Regimes als auch für die der SED-Diktatur zu installieren. Wir haben uns auf folgenden Wortlaut der Inschrift verständigt: ¿Den unschuldigen Opfern, die in diesem Polizeigebäude ihrer Freiheit beraubt und unmenschlich behandelt wurden¿. Die Tafel sollte die Jahreszahlen 1933 bis 1945 und 1945 bis 1989 ausweisen, zugleich aber so gestaltet sein, dass eine Gleichsetzung der verschiedenen diktatorischen Regime ausgeschlossen ist. Wir haben im Anschluss an diese Übereinkunft einen Wettbewerb durchgeführt. Diesen Wettbewerb hat Herr Jörg-Tilmann Hinz aus Domnitz bei Halle gewonnen. Auch Sie, Herr Hinz, darf ich heute herzlich zu dieser Veranstaltung willkommen heißen. Sie haben die Ihnen gestellte Aufgabe in besonders gelungener Weise gelöst, indem Sie die Form eines Triptychons gewählt haben. Die Gedenktafel haben Sie unterhalb des Treppenaufgangs persönlich angebracht. Damit befindet sie sich, was mir persönlich sehr wichtig war, an einem zentralen Ort des Gebäudes und steht im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zu jenen Diensträumen, in denen schweres Unrecht an Menschen verübt wurde. Niemand kann heute ermitteln, welches einzelne Schicksal sich in diesen Räumen vollzogen hat. Niemand kann sagen, welche Gefühle die Menschen hatten, die ihren Peinigern hier schutzlos ausgeliefert waren. Ich finde es deshalb außerordentlich sinnvoll ¿ ja notwendig ¿, dass wir endlich einen Ort des Gedenkens für jene Menschen gefunden haben, denen in diesem Gebäudekomplex aus politischen Gründen schweres Leid zugefügt wurde. Das sind wir ihnen schuldig.¿ Impressum: Verantwortlich: Martin Krems Pressestelle Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni 39112  Magdeburg Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517 Fax: (0391) 567-5520 Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de

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