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Magdeburg, den 22.03.2013

Europäisch und weltoffen ? Schwerpunkte der Europapolitik des Landes Sachsen-Anhalt-Regierungserklärung von Europaminister Rainer Robra

Herr Präsident, sehr geehrte Mitglieder des Landtages, meine Damen und Herren, derzeit durchlebt die Europäische Union mit der Wirtschafts- und Finanzkrise die größte Herausforderung ihrer Geschichte. Trotz einer gewissen Beruhigung an den Finanzmärkten zeigt uns das Beispiel Zypern, dass noch längst keine Entwarnung gegeben werden kann. Niemand weiß zum gegenwärtigen Zeitpunkt, welche Auswirkungen das Tauziehen um die Hilfsmaßnahmen aus dem ESM und vom IWF in Höhe von 10 Mrd. ? haben wird. Betrachten wir die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den südlichen Mitgliedstaaten insgesamt, können wir nicht so tun, als ginge uns das nichts an, denn eine Nord-Süd-Spaltung der EU ist für uns keine Alternative. Die Bundeskanzlerin hat am 21. Februar 2013 mit Recht festgestellt, dass ?? Deutschland eine besondere Verantwortung für eine gute Zukunft der Europäischen Union hat. ?, dass unsere gute Zukunft mit der Zukunft der Europäischen Union insgesamt eng verknüpft ist, und ?, dass Europa nur so in der globalen Welt auch in Zukunft seine Werte und seine Interessen behaupten kann.? Ein Blick auf den Arbeitsmarkt und die soziale Situation (Einkommen der Haushalte, Armuts- und Ausgrenzungsrisiko) in Europa zeigt, dass sich ? wie in dem von Kommissar Andor am 8. Januar 2013 vorgestellten ?Sozial- und Beschäftigungsberichts 2012? heißt - ?eine neue Schere auf(tut) zwischen Ländern, die in einer Abwärtsspirale aus sinkender Produktivität, rasant steigender Arbeitslosigkeit und schrumpfendem verfügbarem Einkommen der Haushalte gefangen zu sein scheinen, und Ländern, die der Krise bisher gut standgehalten oder wenigstens eine gewisse Widerstandsfähigkeit gezeigt haben.? Und Andor fügte hinzu: ?Letztere weisen in der Regel effizientere Arbeitsmärkte und stabilere Sozialfürsorgesysteme auf.? Die Ursachen der Krise liegen in erster Linie in der übermäßigen Verschuldung und fehlenden Wettbewerbsfähigkeit einzelner EU-Mitgliedstaaten. Eine unzureichende Finanzmarktregulierung und Spekulationsgeschäfte haben diese Entwicklung verstärkt. Um die weitreichenden Auswirkungen der Schuldenkrise auf die gesamte Eurozone und die Europäische Union einzudämmen, wurden verschiedene, bislang auch erfolgreiche Maßnahmen zur ?Euro-Rettung? eingeleitet: -          Seit Mai 2010 bekam Griechenland Kreditzusagen der Euro-Staaten und des Internationalen Währungsfonds im Umfang von insgesamt 219 Mrd. Euro. -          Seit 2011 müssen die Euro-Staaten ihre Haushaltsentwürfe der EU-Kommission zur Kommentierung vorlegen. Erst danach können sie an die nationalen Parlamente zur Beschlussfassung weitergeleitet werden (?Europäisches Semester?). -          Um den Stabilitäts- und Wachstumspakt effizienter und früher wirksam zu machen, wurden die Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten verschärft (?Euro-Plus-Pakt?). -          Der befristete Rettungsschirm EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) bestand seit Frühjahr 2010 und wurde über die gesamte Euro-Zone gespannt, um Staaten in finanziellen Schwierigkeiten dabei zu unterstützen, ihre Wirtschafts- und Finanzsysteme zu sanieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen. -          Mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ist zwischenzeitlich ein dauerhafter Rettungsschirm geschaffen worden, der den EFSF abgelöst hat. Er kann 500 Mrd. Euro Kredithilfen zur Verfügung stellen.   Um die Ausweitung der Staatsschuldenkrise in Europa zu verhindern und ihre Ursachen zu bewältigen, sind grundlegende strukturelle Änderungen notwendig. Dies betrifft die Europäische Union als Ganzes, die einzelnen Mitgliedstaaten und insbesondere auch die bessere Kontrolle der Finanzmärkte. Niemand soll glauben, dass die Maßnahmen zur Euro-Rettung nicht auch im deutschen Interesse liegen. Vergessen wir nicht, dass Deutschland als Exportnation von allen EU-Mitgliedstaaten am meisten vom Europäischen Binnenmarkt profitiert: Fast zwei Drittel der deutschen Exporte gehen in andere EU-Staaten und unser Überschuss ist beträchtlich. Das sichert Arbeitsplätze und Wohlstand in Deutschland. Und diese Wirtschaftskraft zahlt sich auch in höheren Steuereinnahmen aus, die unsere Nettozahlungen an den EU-Haushalt um ein Vielfaches übersteigen. Für Sachsen-Anhalt ergibt sich ein ähnliches Bild: Auch bei uns gehen 57,7 % unserer gesamten Exporte in EU-Mitgliedstaaten mit einem einen Exportüberschuss von fast 1,4 Mrd. ?. Nicht nur aus europäischer Solidarität, sondern auch aus einem wohlverstandenen Eigeninteresse heraus setzen wir uns daher für eine starke, zukunftsgerichtete EU ein. In Deutschland haben Bundestag und Bundesrat dem Gesetzespaket zur Ratifikation von ESM und Fiskalvertrag im Juni 2012 zugestimmt. Die Ergebnisse der Verhandlungen mit der Bundeskanzlerin in Gestalt des sog. Eckpunktepapiers waren dabei hilfreich. Die Bundesregierung sicherte zu, mögliche Strafzahlungen an die EU bis 2020 zu übernehmen, die sonst zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden. Der Fiskalpakt soll die Länder zudem nicht stärker in die Pflicht nehmen als die Schuldenbremse des Grundgesetzes. Mit Blick auf die innerstaatliche Umsetzung des Fiskalpaktes rückt damit der Abbau der strukturellen Defizite in den öffentlichen Haushalten noch stärker in den Mittelpunkt. Deshalb erwarten wir von der Bundesregierung auch eine Erfüllung ihrer Zusage zu den Entflechtungsmitteln. Insgesamt gewinnen unsere Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung auf Landes- und kommunaler Ebene somit eine europäische Dimension und sind ? im wahrsten Sinne des Wortes ? alternativlos, weil sie in einen für uns verbindlichen Rechtsrahmen eingebunden sind. Die Haushaltsautonomie des Parlaments umfasst unter diesen Bedingungen nicht mehr das Recht, in beliebiger Höhe Schulden zu machen. So bitter das auch klingen mag, ist es doch die einzige Möglichkeit, die Staatsfinanzen dauerhafte auf eine solide Grundlage zu stellen und die Gestaltungsräume aller staatlichen Ebenen zu sichern. Anrede, nach mehr als 50 Jahren europäischer Integration kommt es nicht mehr darauf an, den Gesamtprozess immer wieder neu zu begründen oder die Union gar neu zu gründen. Die Europäische Union ist längst Teil unserer politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Realität, unserer Staatsraison geworden ? genauso wie es die Nationalstaaten, Regionen und Kommunen sind. Ich bin mir sicher, dass uns auch unsere Vision von Europa wieder deutlicher wird, wenn unser europäischer Alltag nicht mehr so intensiv von der Krisenbewältigung geprägt ist, wie dies gegenwärtig der Fall ist. Eine Chance in der Krise beispielsweise ist die Vertiefung der Wirtschaftsunion, ihre Weiterentwicklung zur Finanzunion, die gemeinsame Vertretung Europas auf dem Felde der Außen- und die Abstimmung in der Verteidigungspolitik. All das macht Europa stärker, Deutschland europäischer. Europa ohne Grenzen, mit einem entwickelten Binnenmarkt, das ist unsere Antwort auf die Globalisierung und die wirtschaftliche Dynamik in vielen anderen Ländern der Welt. Deutschland wäre auf Dauer ohne ein vereintes Europa fast bedeutungslos, Sachsen-Anhalt ohne Europa nicht handlungsfähig. Es ist deswegen eine Pflichtaufgabe jeglicher Politik ? auch der Landespolitik ? die europäischen Bezüge in den eigenen Zuständigkeiten zu erkennen und aktiv wahrzunehmen, und natürlich auch bürokratische Auswüchse zu bekämpfen ? auf welcher Ebene sie auch vorkommen mögen, auch wir sind nicht frei davon. Wir nähern uns der Halbzeit unserer Legislaturperiode im Herbst dieses Jahres, die Legislaturperiode des Europäischen Parlaments endet im nächsten Jahr. Aus Sicht des ?parlamentarischen Kalenders? ist es daher ein guter Zeitpunkt, um eine Standortbestimmung für die Europapolitik des Landes vorzunehmen und sich zu fragen: (1) Was will Sachsen-Anhalt in der jetzigen Legislatur bis 2016 erreichen? (2) Wo stehen wir? (3) Wie gehen wir die Herausforderungen an?   (1)   Was wollen wir in dieser Legislatur erreichen? Wie Sie wissen, haben sich die Koalitionspartner in ihrer Vereinbarung für die laufende Legislaturperiode für ein starkes Sachsen-Anhalt in einem handlungsfähigen, starken, wettbewerbsfähigen, demokratischen und sozialen Europa ausgesprochen. Weil die Europäische Union einen großen Beitrag für die erfolgreiche Entwicklung unseres Landes leistet, gelte es, die Vorteile des europäischen Integrationsprozesses und die Unterstützung der EU gezielt für den weiteren Aufbau Sachsen-Anhalts zu nutzen. Auf dieser Grundlage hat die Landesregierung am 10. Januar 2012 erstmalig in der Geschichte unseres Landes eine Internationalisierungs- und Europastrategie beschlossen, die die Grundlage für entsprechende Aktivitäten in der gesamten Legislaturperiode bildet. Für die verstärkte internationale und europäische Ausrichtung werden neben ressortübergreifenden Schwerpunkten Kernziele für die einzelnen Politikbereiche vorgeschlagen. Dadurch haben wir den Zusammenhang von Europapolitik und Landespolitik deutlicher gemacht als früher. Gleichzeitig wird die Strategie konkreter. Auch das ist ein Novum für die Europapolitik unseres Landes: Mit dieser Strategie steht die Europapolitik unseres Landes auf einer transparenten Grundlage und zugleich sind Zielstellungen formuliert, an denen sich alle Ressorts in ihren europäischen und internationalen Aktivitäten messen lassen wollen. Die Umsetzung dieser Strategie ist keine Aufgabe der Staatskanzlei allein, sondern eine gemeinsame Aufgabe der gesamten Landesregierung, denn nach der Landesverfassung ist jedes Ressort für seinen Politikbereich selbst verantwortlich. Die Einzelheiten beschreibt der jährliche vorausschauende Bericht, den wir interministeriell mit allen Ressorts erarbeiten und dem Landtag übermitteln. Den Bericht für 2012 haben wir in den Ausschüssen und teilweise auch hier im Plenum behandelt, der Bericht für 2013 liegt Ihnen vor und ist Gegenstand der Ausschussberatungen. Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen sowie der für uns bedeutsamen Schwerpunkte der Legislativ- und Arbeitsprogramme der Europäischen Kommission und des Rates beinhaltet der Bericht die Maßnahmen zur Umsetzung der ressortübergreifenden Schwerpunkte der internationalen Zusammenarbeit, der ressortübergreifenden europapolitischen Schwerpunkte sowie der ressortspezifischen Kernziele. Mit diesem Vorgehen möchte die Landesregierung dem Landtag und der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, sich verstärkt in die Europapolitik des Landes einzubringen. Deshalb haben wir auch unsere Unterrichtungspraxis über wichtige EU-Vorhaben erweitert. Sie erhalten seit September 2012 Berichtsbögen zu allen EU-Vorlagen, die in der Anlage zum LIV-Bericht aufgeführt sind. Das waren seither 11 zusätzliche Unterrichtungen, zu Themen wie Online-Glücksspiel, die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten, den Blueprint für den Schutz der Wasserressourcen oder das Vorschlagspaket für alternative Kraftstoffe.   (2)   Wo stehen wir heute? Da wäre zunächst die Umsetzung der Strategie EUROPA 2020, die selbstverständlich auch für Sachsen-Anhalt ein Schwerpunkt ist. Die fünf europäischen Kernziele bis 2020 und die Bezugsgrößen für Sachsen-Anhalt haben wir Ihnen im Europabericht 2013 dargestellt. Nach dem Beschäftigungsziel sollen mindestens 75 % der Menschen im Alter von 20 und 64 Jahren in Arbeit stehen. Wir haben dieses europäische Ziel erreicht. Nach dem FuE-Ziel sollen auf nationaler Ebene mindestens 3 % des BIP der EU  in Forschung und Entwicklung (FuE) investiert werden. Für Zielfestlegungen auf regionaler Ebene sind die Bedingungen zu unterschiedlich. National lag Deutschland zuletzt nur knapp unter 3 %. Auch wenn wir im Land die 3 % vor allem wegen der Forschungsschwäche der Wirtschaft rein objektiv nicht erreichen können, bleibt für uns viel zu tun. Das Klimaschutz- und Energieziel,  auch bekannt als "20-20-20-Ziele", ist von uns überwiegend erfüllt. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch lag 2010 in Sachsen-Anhalt mit 41,9 % weit über den europäischen Zielwerten. Sachsen-Anhalt hat seinen Primärenergieverbrauch im Zeitraum 1990 bis 2010 um ca. 27,54 % vermindert und damit auch das Energieeffizienz-Ziel der EU übertroffen. Ein Problem haben wir noch bei den Treibhausgasemissionen. Ich nehme allerdings mit Interesse zur Kenntnis, dass auch die Kommission die Erreichbarkeit der 20-20-20-Ziele mittlerweile kritisch sieht und im neuen Grünbuch zu Klima und Energie, das die Kommissare Hedegard und Oettinger gemeinsam Ende März veröffentlichen werden, eine Roadmap für 2050 mit neuen Zwischenzielen für 2030 auflegen will. Das Bildungsziel strebt an, den Anteil der Schulabbrecher auf unter 10 % zu reduzieren und 40 % der jungen Menschen für eine Hochschulausbildung zu gewinnen. Die Abbrecherquote für Sachsen-Anhalt konnte bis 2012 auf 11,3 % (vorläufige Angabe) gesenkt werden. Die Studienberechtigtenquote lag 2010 bei 35,1 %. Unter Berücksichtigung des Stellenwertes unserer Meisterausbildung sollten also noch etwas mehr Studienberechtigte für die Aufnahme eines Studiums ? nach Möglichkeit im Land selbst ? gewonnen werden. Nach dem Armutsbekämpfungsziel sollen europaweit 20 Mio. Menschen weniger als bisher von Armut betroffen sein. Unsere sog. Mindestsicherungsquote liegt mit 13,9 % weiter leicht über dem Durchschnitt der östlichen Bundesländer einschl. Berlin. Es besteht also noch Handlungsbedarf. Auch wenn wir insgesamt nicht schlecht dastehen, müssen wir also noch erhebliche Anstrengungen unternehmen, um die Kernziele von Europa 2020 auf allen Gebieten zu erreichen. Als weiteres Beispiel für die Standortbestimmung möchte ich die Nutzung der EU-Förderprogramme außerhalb der Zielgebietsförderung der Strukturfonds anführen. Hierbei handelt es sich um Programme wie beispielsweise INTERREG, LIFE+, Lebenslanges Lernen oder die des Forschungsrahmenprogramms, für die die Mittel in zentralen Wettbewerbsverfahren nach europaweiter Ausschreibung vergeben werden. Das ist nicht trivial, sondern stellt Interessenten vor große Herausforderungen. Die Landesregierung hat schon in der vergangenen Legislaturperiode damit begonnen, die Inanspruchnahme dieser Programme durch Träger aus Sachsen-Anhalt jährlich zu analysieren und zu verbessern. Das setzen wir fort. Vor allem haben wir das Beratungs- und Unterstützungsangebot für die Projektträger ausgebaut. Die Stichworte ?EU-Serviceagentur? bei der Investitionsbank, ?EU-Hochschulnetzwerk? und ?GoEurope ? Europäisches Jugendkompetenzzentrum Sachsen-Anhalt? sollen hier genügen. Inzwischen hat sich die Inanspruchnahme von EU-Programmen außerhalb der Strukturfonds durch Träger aus Sachsen-Anhalt verbessert. Beispielsweise wurden im Rahmen des Programms INTERREG IV C für 7 interregionale Projekte EU-Mittel in Höhe von insgesamt 2,4 Mio. ? eingeworben. Für die Bildungsprogramme, so beispielsweise für COMENIUS (Schulbildung), ERASMUS (Hochschulbildung), LEONARDO DA VINCI (Berufsausbildung) ergibt sich ? abgesehen von den normalen Schwankungen im Programmverlauf - eine relative Konstanz der Ergebnisse. Auch bei der Nutzung der Programme im 7. Forschungsrahmenprogramm konnten Fortschritte erzielt werden, wenn auch unsere Beteiligungsintensität und Erfolgsquote immer noch deutlich unterdurchschnittlich ist. HORIZON 2020, das Forschungsrahmenprogramm der nächsten Finanzperiode, wird mit insgesamt ca. 80 Mrd. ? besser denn je ausgestattet sein. Unsere Universitäten und Forschungsinstitute sollten den Ehrgeiz haben, daran angemessen zu partizipieren. Andere Programme werden weiterhin nicht oder nur sporadisch genutzt, darunter die Programme, die sich überwiegend an Unternehmen richten. Die hierfür geltend gemachten Gründe sind vielfältig und reichen von günstigeren Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen der Strukturfonds über fehlende Kofinanzierungsmittel, den hohen Aufwand bei der Antragstellung bei gleichzeitig geringer Erfolgsquote bis hin zu fehlenden Informationen. Die Projektträger weisen uns natürlich auch auf das Erfordernis geeigneter Rahmenbedingungen hin. Deshalb werden wir erneut prüfen, wie künftig eine Inanspruchnahme der EU-Förderprogramme verbessert werden kann, insbesondere durch Bereitstellung von Vor- oder Zwischenfinanzierungsmitteln für genehmigte Projekte, z. B. über die IB des Landes. Für die nächste Zeit wird die Landesregierung gemeinsam mit den Beratungseinrichtungen über die neue Programmgeneration für die Förderperiode 2014 ? 2020 informieren, Interessenten sensibilisieren und potentielle Projektträger noch gezielter unterstützen. Parallel dazu werden wir die Synergieeffekte zwischen dem Einsatz der Strukturfonds im Land und der Teilnahme an anderen EU-Förderprogrammen erhöhen. Das betrifft insbesondere HORIZON 2020.   Lassen Sie mich ergänzend und ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Beispiele aus den Ressorts zur Umsetzung der für die verschiedenen Politikbereiche beschlossenen Kernziele hervorheben: Im Abschnitt Wirtschaftspolitik finden Sie das Kernziel       Vertretung industriepolitischer Zielstellungen des Landes auf europäische Ebene:   Das tun wir u. a. mit dem Europäischen Chemieregionen Netzwerk ? ECRN   In diesem Rahmen ist es aktuell u. a. gelungen, das Thema ?stoffliche Verwertung von Kohle? im Programmentwurf für HORIZON 2020 zu verankern. 2012 hat das ECRN an der ?Analyse regionaler Politikansätze zur Unterstützung der Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie? im Auftrag der Europäischen Kommission aktiv mitgewirkt. Das wird langfristig Früchte tragen.   Zur Umsetzung des Kernziels       Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Forschungsregion Sachsen-Anhalt steigern   ist die Teilnahme am EU-Forschungsrahmenprogramm unabdingbar. Hierzu stellt das federführende MW fest: Bis Oktober 2012 waren Einrichtungen und Unternehmen des Landes an rd. 150 europäischen Verbundprojekten des 7. Forschungsrahmenprogramms  beteiligt. Sie haben dadurch mehr als 40 Mio. Euro EU-Fördermittel eingeworben. Weitere Projekte befinden sich in der Bewilligungsphase.   Zum Kernziel       Tourismus: Sachsen-Anhalt für ausländische Besucher attraktiver gestalten   weist das federführende MW darauf hin: Im Jahr 2012 konnte Sachsen-Anhalt eine erfreuliche Entwicklung bei den Ankünften und Übernachtungen verzeichnen. Besonders positiv sind die Zuwächse aus dem Ausland mit +9,3% bei den Ankünften und +16,6% bei den Übernachtungen. Das zeigt, dass die in den letzten beiden Jahren verstärkten Bemühungen um die Gästewerbung im Ausland Erfolg gehabt haben.   Zum Kernziel     Jugendliche verstärkt an europäischer Politik beteiligen verweisen MK, MS und Staatskanzlei auf das Europa-Camp für Kids in Güntersberge, das Jugendevent ?Europa geht weiter?, das Modellprojekt ?Lernerfahrung durch grenzüberschreitende Mobilität für Jugendliche? sowie das Eurocamp des Landes Sachsen-Anhalt, das vom 28. Juli bis 18. August 2013 in Magdeburg stattfindet. Ein über das EU-Programm ?Jugend in Aktion? gefördertes Demokratieprojekt des Theaters Magdeburg mit Partnern in Le Havre hat Premiere am 26. April 2013 in Magdeburg. Es ist offizieller Beitrag zu den Jubiläumsfeierlichkeiten ?50 Jahre Élysée-Vertrag?, in deren Rahmen zahlreiche weitere Veranstaltungen stattfinden.   Zum Kernziel     Durchführung von Maßnahmen zur Senkung der Schulabbrecherquote verweist MK auf das ESF-finanzierte Programm ?Projekte zur Vermeidung von Schulversagen und zur Senkung des vorzeitigen Schulabbruchs?. Pro Schuljahr werden ca. 200 Vorhaben der bedarfsorientierten Schulsozialarbeit sowie  130 bildungsbezogene Angebote gefördert. Eine weitere Maßnahme zur Verringerung der Zahl der Schulabbrecher ist die mit EU-Mitteln geförderte Maßnahme ?Produktives Lernen in Schule und Betrieb?, das bereits von 703 vormals akut abschlussgefährdeten Schülerinnen und Schülern mit einem Hauptschulabschluss beendet wurde. Im Schuljahr 2012/2013 halten landesweit  22 Schulen dieses Angebot vor. Zu den Kernzielen     Europäische Ziviljustiz und Ausbau der Kooperationen in der Justiz verweist MJ darauf, dass Sachsen-Anhalt 2012 ausrichtendes Bundesland der zentralen deutschen Veranstaltung des Europäischen Tages der Ziviljustiz war. Ein gemeinsames Projekt zum Thema ?mobbing? soll zum Anlass genommen werden, eine Gerichtspartnerschaft zwischen den beiden Partnerregionen Centre und Sachsen-Anhalt aufzubauen.   Zur Umsetzung des Kernziels     Einbringung von Landesinteressen im Zusammenhang mit Europol und der EU-Strategie der inneren Sicherheit stellt MI seit Jahren den Vertreter des Bundesrats in der Ratsarbeitsgruppe ?Rechtsdurchsetzung? (Themenbereich ?EUROPOL?) und im Europol-Verwaltungsrat.   Lassen Sie mich betonen, dass es bei all diesen Projekten nicht nur ums Geld geht. Die internationalen Verflechtungen Sachsen-Anhalts werden seit Jahren stetig intensiver ? und sie sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die weitere Entwicklung unseres Landes. Dies gilt gleichermaßen für die beiden Regionalpartnerschaften mit Masowien (Polen) und Centre (Frankreich) wie für die Einbindung in europäische Netzwerke, die fachspezifischen internationalen und interregionalen Kooperationen, die Entwicklung von internationalen Partnerschaften von Kommunen und Schulen, die Kontakte von Kultureinrichtungen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie die außenwirtschaftlichen Aktivitäten der Unternehmen des Landes. Partnerschaftliche Beziehungen zu anderen europäischen Regionen, Mitarbeit in europäischen Netzwerken und Dialoge mit internationalen Gesprächspartnern haben nicht nur aus ökonomischen Gründen Bedeutung. Der kulturelle und wirtschaftliche Austausch mit anderen Regionen in Europa, die gemeinsame Interessenvertretung, die Durchführung internationaler Begegnungen und Erfahrungsaustausche auf allen Ebenen sind für die Entwicklung unseres Landes, für seine Weltoffenheit und Internationalität in allen Bereichen unverzichtbar. Sachsen-Anhalt hat seine Beziehungen zu anderen Regionen in der EU in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut. Die Regionalpartnerschaften, insbesondere die mit Masowien, deren zehnjähriges Bestehen wir in diesem Jahr begehen, haben sich weiter intensiviert. Mit unseren polnischen Partnern sind wir im engen Gespräch über gemeinsame Schwerpunkte für transnationale Projekte, die im Rahmen der Strukturfonds in der nächsten Förderperiode realisiert werden könnten. Nennen möchte ich auch den Austausch mit der Autonomen Region Valencia, der mit den Besuchen von Minister Bischoff im April 2012 in Spanien, von Präsident Fabra im September in Sachsen-Anhalt und von Ministerpräsident Dr. Haseloff im November in Valencia an Schwung gewonnen hat. Ein erfolgversprechender Schwerpunkt ist die Zusammenarbeit beim Thema Fachkräftesicherung. In diese Kooperation ist u. a. das Ministerium für Arbeit und Soziales eng eingebunden. Seitens des Ministeriums wird auch der internationale Jugendaustausch gefördert, der ganz konkret der jungen Generation praktizierte  Weltoffenheit und Toleranz vermittelt. Die Kooperationen des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt - vor allem mit Partnern in den baltischen Staaten und in Polen - haben zur Festigung der Beziehungen zwischen Sachsen-Anhalt und diesen Ländern einen wichtigen Beitrag geleistet. Das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft unterstützt die Internationalisierung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Sachsen-Anhalt sowie die außenwirtschaftlichen Aktivitäten der Unternehmen unseres Landes, die interregionale Wirtschaftskooperation und die Entwicklungszusammenarbeit. Der über längere Sicht beständige Anstieg des Außenhandelsvolumens legt Zeugnis ab von der wachsenden internationalen Verflechtung unserer Wirtschaft. Neben dem Wirtschaftsministerium ist das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr für die Verwaltung von INTERREG-Mitteln zuständig. Im Bereich INTERREG IV B wurden in dieser Förderperiode EU-Mittel in Hohe von ca. 9,5 Mio. ? eingeworben. Partner aus Sachsen-Anhalt waren und sind damit in  9 Projekten aktiv. Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch die erfolgreiche Arbeit des Kultusministeriums bei der Förderung internationaler Schulpartnerschaften oder (im Auftrag der Kultusministerkonferenz seit 1996) bei der Kooperation mit Armenien in den Bereichen Bildung und Kultur. Das festigt Sachsen-Anhalts Ruf als verlässlicher Partner. Für den Bereich des Ministeriums für Inneres und Sport verweise ich auf die Beteiligung von Polizeibeamten aus Sachsen-Anhalt an wichtigen internationalen Polizeimissionen unter dem Dach der UNO, der EU oder OSZE, etwa im Kosovo, Bosnien und Herzegowina oder Afghanistan. Gerade diese Beamtinnen und Beamten im Auslandseinsatz verdienen wie unsere Soldatinnen und Soldaten, die in internationalen Missionen Dienst leisten, unseren besonderen Dank und unsere Anerkennung. Und auch die Ressorts, bei denen man vielleicht auf den ersten Blick keine nennenswerten Kontakte ins Ausland vermuten würde, leisten auf ihre Weise einen Beitrag zur weiteren Internationalisierung Sachsen-Anhalts, wie etwa das Ministerium der Finanzen, das beständig im Ausland aktiv ist, um Anleger für sachsen-anhaltische Anleihen und beste Kreditbedingungen zu finden ? und das mit großem Erfolg. Sie sehen also, dass die Staatskanzlei und die Ministerien ihren Teil dazu beitragen, damit Sachsen-Anhalt internationaler wird. Sie betrachten ihre internationalen Aktivitäten nicht als überflüssiges Beiwerk, sondern als elementaren Bestandteil der beständigen Arbeit an der Zukunft Sachsen-Anhalts und setzen dies auch weiterhin und verstärkt um. Klar ist aber auch, dass ohne die Mitwirkung Vieler  im Lande internationale Kontakte nicht möglich wären. Daher möchte ich an dieser Stelle den Verbänden, Vereinen, Kammern, Schulen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und nicht zuletzt den unzähligen Menschen, die sich ehrenamtlich einbringen, einen herzlichen Dank sagen.   (3)   Wie gehen wir unsere Ziele inhaltlich an? Das große Thema für die Europapolitik des Landes ist derzeit selbstverständlich die Vorbereitung der neuen Strukturfondsperiode 2014 ? 2020. Wie Sie wissen, vertritt Sachsen-Anhalt seit Jahren die ostdeutschen Länder in diesem Bereich. Als Berichterstatter in Europaministerkonferenz, MPK-Ost, MPK, Bundesrat und Ausschuss der Regionen haben wir maßgeblich die Positionsbestimmung im Länderkreis sowie gegenüber dem Bund und der EU-Kommission mitbestimmt und unsere Interessen aktiv eingebracht. Mit der Einigung der Staats- und Regierungschefs zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU für 2014 ? 2020 liegt nunmehr ein Verhandlungsergebnis vor, an dem wir den Erfolg unserer Bemühungen messen können. Vorbehaltlich der Einigung des Rates mit dem Europäischen Parlament stehen die Rahmenbedingungen für die Strukturfonds fest. Alle ostdeutschen Länder werden in der Förderperiode 2014 ? 2020 erwartungsgemäß aus der EU-Höchstförderung ? dem sog. Ziel Konvergenz ? ausscheiden. Das ist eine gute Nachricht, denn es ist Folge unserer positiven wirtschaftlichen Entwicklung, und wir haben die EU-Strukturfonds immer als eine temporäre Hilfe zur Selbsthilfe verstanden. Gleichwohl war für die nächste Förderperiode eine angemessene Übergangsregelung nötig, weil ein zu schnelles Wegbrechen der Förderung das Erreichte gefährdet hätte. Daher haben wir gemeinsam mit den anderen ostdeutschen Ländern nachdrücklich die Forderung nach einem Zwei-Drittel-Sicherheitsnetz erhoben. Nach den Ergebnissen des Europäischen Rates vom 7./8. Februar 2013 haben wir unsere wichtigsten Ziele erreicht: -          Das Sicherheitsnetz liegt bei 64% der Mittelausstattung der Förderperiode 2007 ? 2013 für EFRE und ESF; das sind rd. 8,4 Mrd. ? für Ostdeutschland (Preisbasis 2011) -          Das Land wird als Übergangsregion ein einheitliches Fördergebiet bilden; -          Die Mehrwertsteuer wird förderfähig sein. -          Der EU-Kofinanzierungshöchstsatz wird für EFRE und ESF 80 % betragen, für den ELER 75%; -          Vorbehaltlich der Neuauflage evtl. Bundesprogramme und der innerstaalichen Verhandlungen können wir mit bis zu 2 Mrd. ? für EFRE und ESF rechnen, zur Aufteilung der ELER-Mittel (ca. 8,25 Mrd. ? für Gesamtdeutschland) stehen noch komplizierte innerstaatliche Verhandlungen an. Das ist ein gutes Verhandlungsergebnis für unser Land und für Ostdeutschland insgesamt. Parallel dazu läuft der Programmierungsprozess zur Vorbereitung der neuen Förderperiode auf Hochtouren. Die EU-Kommission hat ihre Vorschläge für die EU-Fonds-Verordnungen vorgelegt; für uns relevant sind vor allem EFRE, ESF und ELER, die sich alle an den Zielen der Europa 2020-Strategie für intelligentes, nach­haltiges und integratives Wachstum orientieren. Zudem erwartet die EU-Kommission zu Recht eine thematische Konzentration auf die für das Land prioritären Förderbereiche, sowie - für uns keine Neuheit - eine fondsübergreifende Herangehens­weise an die Herausforderungen und eine Einbeziehung der betroffenen Akteure in allen Phasen der Programmierung und Umsetzung der EU-Fonds. Daher musste im ersten Schritt der Programmierung ein unabhängiger Evaluator die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Landes Sachsen-Anhalt analysieren, und es war ein eigenes Förderprofil zu entwickeln. Die sozioökonomische Analyse wurde dem Landtag am 7. September 2012 übermittelt. Auf dieser Basis haben wir den Dialogprozess innerhalb des Landes zu den Schwerpunkten der EU-Förderung in der nächsten Förderperiode durchgeführt. Der Landtag wird darüber hinaus laufend über die jeweiligen Bearbeitungsstände informiert: Die wesentlichen Dokumente, die die Landesregierung im Programmierungsprozess beschließt, werden dem Landtag übermittelt, in den Fachausschüssen stehen Vertreter der Landesregierung dazu Rede und Antwort. Am 12. Februar 2013 hat die Landesregierung die bisherigen Erkenntnisse in Strategischen Eckpunkten zusammengefasst, die nun weiter zu konkretisieren sind; auch die Eckpunkte und die Beschlusslage der Landesregierung dazu sind dem Landtag übermittelt worden und auf den Europaseiten des Landes im Internet veröffentlicht. Oberziele des Landes sind nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung und Innovation, Quer­schnittsziele und -themen sind Gleichstellung der Geschlechter, Nichtdiskriminierung, Bewältigung demographischer Entwicklungen, nachhaltiger Umwelt- und Naturschutz sowie Internationalität. Mit den Strategischen Eckpunkte ist die Prioritätensetzung des Landes über die elf von der EU vorgegebenen ?Thematischen Ziele? verbunden. Wegen der noch nicht verabschiedeten EU-Verordnungen und der noch offene Mittelverteilung für die einzelnen Fonds können sich noch Änderungen im Detail ergeben. Die Unterstützung von Wissenschaft, Forschung, Entwicklung und Innovation wird einen breiten Schwerpunkt im Rahmen des Einsatzes aller EU-Fonds einnehmen. Diese hohe Priorität ist ange­messen angesichts der unterdurchschnittlichen Ausgaben im Land Sach­sen-Anhalt für Forschung, Entwicklung und Innovation. Es darf hier allerdings nicht nur darum gehen, viel Geld in die Hand zu nehmen, sondern es gilt, auf unseren eigenen Stärken aufzubauen, anstatt sich in gerade ?angesagten? Forschungsfeldern zu verzetteln, bei denen wir keinen Startvorteil gegenüber anderen Regionen aufweisen. Die EU-Kommission hat dafür den Begriff der intelligenten Spezialisierung geprägt. Die Landesregierung erstellt hierzu derzeit eine ?Regionale Innovationsstrategie? (RIS) auf der Basis einer Konsultation aller relevanten Akteure. Weil bei uns im Gegensatz zu anderen Ländern die öffentliche Hand mit Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen einen deutlich höheren Anteil an den Forschungsausgaben als die Unternehmen hat, müssen wir den Wissenstransfers noch stär­ker in den Blick nehmen und die innovationswilligen und ?fähigen Unternehmen des Landes in ihrer For­schungs- und Umsetzungsfähigkeit weiter fördern, damit aus Forschung noch häufiger markt- und exportfähige Produkte werden. Innovation muss zukünftig stärker als bisher von den Unternehmen, und in Sachsen-Anhalt sind das vor allem kleine und mittlere Unternehmen, getragen und umgesetzt werden. Nicht zuletzt deshalb nimmt die KMU-Förderung die zweithöchste Priorität der EFRE-Förderung ein; hinzu kommt eine ergänzende Förderung im Rahmen der einschlägigen ELER-Förderbereiche. Insbesondere für die KMU-Förderung im EFRE wollen wir - wie in der laufenden Förderperiode - auch revolvierende Finanzierungs­instru­mente nutzen, wenn uns die Kommission daran nicht noch hindern sollte. In einer Marktwirtschaft ist es vorrangig eine staatliche Aufgabe, die öffentli­che Infrastruktur für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung bereitzustellen. In der Wissensgesellschaft wird die IKT- und speziell die Breitband-Infrastruktur immer wichtiger, bei der Sachsen-Anhalt im ländlichen wie im städtischen Bereich noch deutlichen Nachholbedarf hat. Insofern planen wir eine Förderung der IKT-Strukturen des Landes mit je rund 10 % der EFRE- und der ELER-Mittel. Für das thematische Ziel der Verringerung von CO2-Emissionen  sind im EFRE 22 % der Mittel eingeplant. Ein Schwerpunkt ist die Fortführung des STARK III-Programms, zu dem auch wieder der ELER beitragen soll. Vorbildliche Energieeffizienz in öffentlichen Gebäuden strahlt nach den Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten auf die privaten Haushalte aus, entfaltet also eine Sogwirkung. Hinzu kommen im EFRE Förderaktivitäten für energieeffizientere Produktion in Unternehmen, energetische integrierte Stadtentwicklungskonzepte sowie die Förderung nachhaltigerer Formen des Verkehrs. Dem Themenkomplex Nachhaltige Stadtentwicklung sowie Schutz und Erhalt des Natur­raums werden wir eine eigene Prioritätsachse im EFRE widmen. Nach dem EFRE-Verordnungsentwurf sind für nachhaltige Stadtentwicklung mindestens 5 % der EFRE-Mittel vorzusehen. Durch die Bündelung von sachverwandten Handlungs­feldern können wir die Vielfalt von Faktoren, die zur regio­nalen Entwicklung beitragen, besser abbilden: z.B. Stadtumbau und städtische Mobilität, Umweltschutz, Quartiersmanagement, bürgerschaftliches Engagement und Kul­turerbe. Hierfür ist insgesamt ein Mittelvolumen von 13 % vorgesehen. Sachsen-Anhalt ist in jedweder Hinsicht durch einen vergleichsweise hohen Anteil des ländlichen Raums geprägt. Seine Förderung einschließlich der Land- und Forstwirtschaft ist vor allem Aufgabe des ELER, bei dem fast die Hälfte der EU-Mittel für die Förderung der sozialen Eingliederung und der wirtschaftlichen Ent­wicklung ländlicher Gebiete verwendet werden soll. Der methodische Ansatz der LEADER-Förderung, deren Umsetzung in Sachsen-Anhalt das Prädikat ?best practice? verdient, wird dabei weiter verfolgt. Den zweithöchsten Anteil im ELER - ge­messen an den sechs EU-Prioritäten für den ländlichen Raum - wird der Schutz der Öko­systeme einnehmen, z.B. zur Verbesserung der Biodiversität sowie im Rahmen von Natura 2000; hierzu soll im Sinne der fondsübergreifenden Strategie auch der EFRE ergänzend beitragen. Wichtig sind auch die Maßnahmen gegen Hochwasser und Vernässung aus EFRE und ELER. Im ESF steht das Thema Bildung im Vordergrund. In Sachsen-Anhalt beginnt Bildung schon seit langem spätestens im Kindergarten, und sie en­det nicht mit dem Eintritt in den Beruf. Bildung trägt zur Mobilisierung des Fachkräftepotenti­als ebenso bei wie zur Inklusion und Armutsbekämpfung; die Förderung der Bildung ist komplementär zu den anderen Förderbereichen ausgerichtet, nicht zuletzt zur Innovationsförderung, z.B. durch Maßnahmen zur Berufsorientierung und zur Erhöhung der Arbeitsmarktrelevanz, auch im Hochschulbereich. Mit Blick auf die demografischen Herausforderungen muss Bildung zur Ausschöpfung aller individuellen Potentiale beitragen, auch in der beruflichen Bildung und Weiterbildung. Zu Inklusion und Armutsbekämpfung werden vor allem die Maßnahmen zur Vermeidung  von Schulversagen beitragen, daher wird dieser Förderbereich in den Strategischen Eck­punkten als einer von vier ESF-Vorrangzielen genannt. Zudem wird das Land die Alphabeti­sierung funktionaler Analphabeten weiter fördern. Trotz der deutlichen Verbesserungen am Arbeits- und Ausbildungsmarkt besteht nach wie vor Bedarf an Maßnahmen, um Familien aus der Armutsfalle zu befreien. Deshalb werden wir das vor kurzem gestartete Programm ?Fami­lien stärken ? Perspektiven eröffnen? in der nächsten Förderperiode weiterführen. Das strategische Profil des Landes beim Einsatz von EFRE, ESF und ELER in der Förderperiode 2014 - 2020 wird demnach geprägt durch die fünf Begriffe: Innovation ? Energie ? Bildung ? Demographie  und - im Ergebnis-  Lebensqualität. Trotz der guten Fortschritte im Programmierungsprozess bleibt bis zur Fertigstellung der EU-Programme noch viel zu tun. Die fortbe­stehenden Unsicherheiten er­fordern aber ein hohes Maß an Flexibilität und Parallelarbeit. Dem tragen wir bei den Zu­lieferungen an den Bund zur Partnerschaftsvereinbarung sowie bei der Einbeziehung des Landtages und der Wirtschafts- und Sozialpartner Rechnung. Wir werden deshalb an dem partnerschaftlichen Dialog auch im weiteren Programmierungsprozess festhalten. Wenn wir unsere Ziele erreichen wollen, ist es eine zentrale Aufgabe, die Europafähigkeit unseres Landes weiter zu stärken. Die Beschäftigung mit europäischen und internationalen Themen ist eine Pflichtaufgabe der Verwaltung und muss noch selbstverständlicher werden. Wer sich mit aktuellen Fragestellungen und Lösungsansätzen für Problemlagen in Sachsen-Anhalt befasst, muss dabei immer auch europäisch und international denken. Daher müssen wir das Bewusstsein für die Bedeutung europäischer und internationaler Zusammenhänge umfassend stärken. In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Maßnahmen zur Entwicklung der Europafähigkeit der Landesverwaltung erfolgreich durchgeführt. Schwerpunkt war die Qualifikation von Landespersonal durch europabezogene Studiengänge, Fortbildungen und Vermittlung von Fremdsprachenkenntnissen sowie die Entsendung von Bediensteten in die Vertretung des Landes in Brüssel oder andere EU-Institutionen. Ziel der Landesregierung bleibt es, die Sprach- und Europakompetenz der Landesverwaltung durch geeignete Qualifizierungsmaßnahmen, aber auch durch gezielte Personalentwicklung weiter zu verbessern. Auch die Bildung und Pflege von Netzwerken aus EU-qualifizierten Landesbediensteten ist für die Landesverwaltung nützlich. Solche Bedienstete sind adäquat im Landesdienst und befristet in EU-Institutionen einzusetzen, um ihre fachlichen Potenziale und persönlichen Netzwerke zu nutzen und weiter auszubauen. Zur nachhaltigen Entwicklung der Europakompetenz werden im Rahmen des qualitativen Personalmanagements die bestehenden Maßnahmen aufeinander abgestimmt, neue Maßnahmen entwickelt und in einem ressortübergreifenden Konzept zusammengeführt. Aktuell wird den Ressorts durch die Staatskanzlei ein neues Modul zur europabezogenen Führungskräftequalifizierung angeboten. Auf diesem Wege werden wir weiter daran arbeiten, die Vorteile der europäischen Integration für unser Land zu nutzen. Voraussichtlich im Juli dieses Jahres wird Kroatien das 28. Mitglied der Europäischen Union werden. Seit seiner Unabhängigkeit hat Kroatien weitreichende politische, soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen durchlaufen, um den Anforderungen an eine Mitgliedschaft vollauf gerecht zu werden. Daher sind wir zuversichtlich, dass der für Ende März angekündigte Monitoringbericht der Kommission insgesamt positiv ausfallen wird. Bundestag und Bundesrat werden dann voraussichtlich im Mai abschließend über die Ratifikation des Beitrittsvertrages entscheiden. Der Beitritt Kroatiens zur EU ist auch ein Signal an die übrigen Staaten des Westbalkans, denen eine europäische Perspektive eingeräumt wurde. Abzuwarten bleibt, wie sich die Verhandlungen mit Island im Anschluss an die dort im April stattfindenden Wahlen entwickeln und wie es mit der Türkei weitergeht.   Die Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit haben uns gezeigt, dass eine strenge Kontrolle der Einhaltung der Beitrittskriterien wichtig für die Akzeptanz der Erweiterung ist. Wir begrüßen daher die im vergangenen Jahr vom Europäischen Rat beschlossene veränderte Herangehensweise für künftige Beitrittsverhandlungen in den Bereichen Justiz, Grundrechte, Freiheit und Sicherheit. Auch in Fragen von Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit erfolgt künftig eine genauere Prüfung, ob die Beitrittskandidaten den Anforderungen an eine EU-Mitgliedschaft genügen, bevor Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden.  Auch das dient der Akzeptanz von Europa in der Bevölkerung. Ob und wie es uns gelingt, die Vorteile der europäischen Integration zu nutzen und wie wir dies den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes deutlich machen ? davon wird auch die Beteiligung an den Europawahlen 2014 in Sachsen-Anhalt abhängen. Der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest. Das Europäische Parlament hat im November 2012 den Europäischen Rat aufgefordert, die Europawahl auf Ende Mai vorzuziehen. Bei uns wird sie voraussichtlich gemeinsam mit den Kommunalwahlen stattfinden. Sachsen-Anhalt hat allen Anlass, sich mehr als andere für Europa zu engagieren. Die Öffentlichkeit fragt sich immer öfter, ob wir eine neue europäische Erzählung brauchen, oder ? von Habermas anspruchsvoller formuliert ? ein neues ?Narrativ? wider die Skepsis und für die Integration. Europa als Friedensprojekt, das sei fast 70 Jahre nach Kriegsende doch ganz selbstverständlich, und Europa als Wirtschaftsgemeinschaft reiße junge Menschen auch nicht vom Hocker. Das vereinte Europa der Nationalstaaten und Regionen mit einem starken Europäischen Parlament und einer handlungsfähigen Exekutive ist zweifellos die Zukunft unseres Kontinents. Es zu verwirklichen ist die große Herausforderung der Gegenwart. Europa ist aber gerade in Sachsen-Anhalt auch ein faszinierender Aspekt unserer Vergangenheit. Seit 1990 ist in verschiedenen Projekten, namentlich den Europaratsausstellungen in Magdeburg, die europäische Dimension des unter unseren Ottonischen Kaisern begründeten Heiligen Römischen Reiches herausgearbeitet worden. Europäisch im besten Sinne sind aber auch das Magdeburger Recht, die Universität Halle-Wittenberg, unser reformatorisches Erbe, unsere Komponisten vom Barock bis zu Weill, Winckelmann als Begründer der europäischen Archäologie und Kunstgeschichte, unser Wörlitzer Gartenreich als Europa im Kleinen, das Bauhaus und europäisch sind auch die von hier ausgehenden Beziehungen über Katharina aus Zerbst nach Russland, über die Blankenburger Welfen nach England, über Anhalt in die Niederlande und über das Haus Wettin zu allen heute noch aktiven Regenten in Europa. Für uns in Sachsen-Anhalt ist ? das will ich damit sagen ? Europa kein Kunstprodukt, an das wir uns erst gewöhnen müssen, sondern unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart und unsere Zukunft ? so selbstverständlich wie unsere Einbindung in den deutschen Bund der Länder, die Bundesrepublik Deutschland. Vor diesem Hintergrund sollten wir schon heute deutlich machen, dass die Wahlbeteiligung zur Europawahl ein Ausdruck der Vitalität europäischer und nationaler Demokratie ist. Alle sind es sich schuldig, ihr Wahlrecht auch bei europäischen Wahlen auszuüben. Nicht wer gewählt wird, sondern dass gewählt wird ? sollte uns allen ein gemeinsames Anliegen sein. Die Landesregierung wird ihre europapolitische Öffentlichkeitsarbeit im Jahr 2014 darauf ausrichten, für eine hohe Wahlbeteiligung bei den Europawahlen zu werben. Ich möchte Sie schon heute bitten, sich ebenfalls dafür einzusetzen. Bundespräsident Gauck hat kürzlich gefordert, Europa brauche Bannerträger, keine Bedenkenträger, keine Zauderer, sondern Zupackende. Ergreifen wir also das europäische Banner und packen wir zu! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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