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Halle (Saale), den 06.07.2015

Natura 2000 Sommer - Ferien - Einladung zum Wandern und Radeln durch das Naturschutzgebiet ?Bere und Mosebach südwestlich Stieg

?Warum in die Ferne schweifen, sieh, das Gute liegt so nah!?, wusste schon Johann Wolfgang Goethe und warb damit für das Erkunden von Naturschätzen vor der eigenen Haustür. Diesen Gedanken möchte das Landesverwaltungsamt als Obere Naturschutzbehörde aufgreifen und den Bürgerinnen und Bürgern die Natura 2000 ? Schutzgebiete Sachsen-Anhalts näher bekannt machen. ?Wichtig ist uns, dass die Bürgerinnen und Bürger vertraut gemacht werden mit den Naturschätzen, die uns umgeben, die teilweise bedroht sind und geschützt werden müssen. Denn man kann nur mit den Dingen sorgsam umgehen oder für deren Schutz kämpfen, wenn man diese kennt.?, erklärt der Leiter der Oberen Naturschutzbehörde im Landesverwaltungsamt, Dr. Uwe Thalmann, selbst Pflanzenexperte und passionierter Wanderer.  In ganz Sachsen-Anhalt finden wir grüne Oasen naturnaher Landschaften, die uns zum Verweilen einladen. Heute stellen wir das FFH-Gebiet ?Bere und Mosebach südwestlich Stiege? vor. Folgen Sie uns auf eine Reise entlang der beiden Bäche Bere und Mosebach.Das FFH-Gebiet im Unterharz besteht aus zwei naturnahen Bachläufen und den angrenzenden Flächen. Im Süden fließt die Bere, welche noch heute teilweise die Grenze zu Thüringen bildet. Im Norden entspringt der Mosebach, eingebettet zwischen Erlen und Bergwiesen. Das Gebiet ist keiner Belastung durch Landwirtschaft ausgesetzt und kann sich naturnah entwickeln. Die sommerkühlen Gewässer weisen durch die Beschattung des Waldes relativ wenig Vegetation auf. Zu der dort vorkommenden Vegetation gehören die weißblütige Berle (Berula erecta), der filigran anmutende Sumpf-Wasserstern (Callitriche palustris agg.) und der blau blühende Bach-Ehrenpreis (Veronica beccabunga). Dies sind für diesen Lebensraum typische Arten.An einigen Stellen werden die Bäche von zahlreichen Stauden begleitet. Hierzu zählen unter anderem die aromatische Wasser-Minze (Mentha aquatica), der violett blühende Wald-Ziest (Stachys sylvatica) sowie der Schlangen-Knöterich (Polygonum bistorta). In den naturnahen Fließgewässern kommen das Bachneunauge (Lameptra planeri) und die Westgroppe (Cottus gobio) vor. Beides sind typische Arten der Mittelgebirgsflüsse. Das Bachneunauge verdankt seinen Namen den 7 Kiemenöffnungen, welche längs zu beiden Seiten des aalähnlichen Fisches verlaufen und wie Augen aussehen.     In Gewässernähe brüten Gebirgsstelze (Motacilla cinerea) und Wasseramsel (Cinclus cinclus). Letztere lebt nur an klaren und strömungsreichen Gewässern. Von dort bezieht sie ihre Nahrung. Entweder indem sie pfeilartig in das Wasser eintaucht oder indem sie ihre Flügel nutzt und durch die Strömung an den Grund des Gewässers gedrückt wird, um dort auf der Suche nach Nahrung entlang zu laufen.Die Borstgrasrasen und Berg-Mähwiesen bieten einer Vielzahl von schönen, nützlichen und seltenen Pflanzen Lebensraum. Das FFH-Gebiet gehört zu den wenigen Gebieten im Harz, in dem die als Heilpflanze bekannte Arnika (Arnica montana) wächst. Aufgrund ihrer entzündungshemmenden und anti-septischen Wirkung nutzt man sie noch heute beispielsweise bei äußeren Verletzungen oder zur Linderung von rheumatischen Schmerzen. Besonders schön anzusehen sind die Blüten der beiden Orchideenarten Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) und Fuchs? Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii). Das Fuchs´ Knabenkraut verdankt seinen Namen dem Medizinprofessor Leonhart Fuchs, welcher es bereits im 16. Jahrhundert in einem seiner Werke bildhaft darstellte.Einige Flächen in Bachnähe sind im Laufe der Zeit versumpft, wodurch sich Arten wie Sumpf-Bachauge (Potentilla palustris) und der sehr empfindliche Teufelsabbiss (Succisa pratensis) angesiedelt haben. Letzterer ist sehr wichtig, denn er dient den Raupen des Goldenen Scheckenfalters (Euphydryas aurinia) als ausschließliche Nahrungsquelle. Diese seltene und empfindliche Schmetterlingsart ist in den Wiesen rund um den Quellbereich des Mosebachs zu finden. Derzeit läuft ein vom Landschaftspflegeverband Harz initiiertes Projekt, welches sich mit dem Schutz und der Pflege von Habitaten des Goldenen Scheckenfalters im Harz beschäftigt. Der umgebende Wald und die naturnahen Fließgewässer bilden ein geeignetes Habitat für den Schwarzstorch (Ciconia nigra). Mit etwas Glück kann man diese seltene und scheue Art zwischen den Baumwipfeln oder an den Flussläufen entdecken. Der Schwarzstorch ist gut an seinem größtenteils schwarzen Gefieder zu erkennen.Die naturnahe Landschaft, die seltenen Naturschutzschätze und die Abgeschiedenheit verleihen dem Gebiet ?Bere und Mosebach südwestlich Stiege? eine besondere Bedeutung für den Schutz von Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensräumen und machen es zu einem interessanten Ausflugsziel. FFH-GebietBere und Mosebach südwestlich Stiege InfoboxCharakteristische Mittelgebirgstäler mit naturnahen Fließgewässern.Gebietsnummer:     FFH0095LSA    Größe des Gebietes: 35 haAusgewählte Lebensraumtypen:- Flüsse mit Wasservegetation (3260)- Borstgrasrasen (6230*)- Feuchte Hochstaudenflur (6430)- Berg-Mähwiesen (6520)- Erlen-Eschenwälder (91E0*)    Ausgewählte Arten:- Goldener Scheckenfalter- Westgroppe- Bachneunauge    - Wasseramsel- Schwarzstorch- GebirgsstelzeHintergrundWarum Naturschutz, warum Natura 2000?Warum verwenden wir weltweit viel Kraft, Emotionen und auch Geld, um unsere Natur zu schützen? Weil der Naturschutz nicht selbstverständlich ist. Natürlich zerstört niemand mutwillig seine Umwelt, dennoch unterliegen wir oftmals Entscheidungszwängen und auch -notwendigkeiten, die dazu beitragen, dass unsere Umwelt sich verändert ? auch zum Negativen. Wir brauchen Industrieansiedlungen, wir wollen ein modernes Straßennetz, um unsere Flexibilität zu gewährleisten, wir brauchen Arbeitsplätze ? all das sind nachvollziehbare und richtige Willensbekundungen, aus deren Umsetzung sich oftmals heftige Naturschutzkonflikte ergeben. Im Ringen um die Schaffung von Arbeitsplätzen o. ä. sind wir dann schnell bereit, auf Kosten der Natur Kompromisse einzugehen, zumal sich die negativen Auswirkungen erst viele Jahre später zeigen. Deshalb braucht es gewisse Regularien, gesetzliche Vorschriften und Richtlinien, die auch in Zukunft eine Artenvielfalt und Schutz der Umwelt mit Augenmaß gewährleisten. Nicht zuletzt ist der Mensch abhängig von funktionierenden Ökosystemen, der Naturschutz dient dadurch unmittelbar der Sicherung unserer Existenz auf diesem Planeten.Natura 2000 schützt Arten und LebensräumeVor diesem Hintergrund haben sich alle europäischen Länder zusammengetan und ein Netz an Schutzgebieten geschaffen, das sich durch ganz Europa zieht und die Schönheit und Vielfalt unserer Natur sichert. Das Projekt trägt den Namen ?Natura 2000? und kann als  bisher weltweit einmalig bezeichnet werden. Dabei haben sich alle Länder darauf verständigt, eine bestimmte Anzahl von Gebieten, die besondere Biotope darstellen oder besonders schützenswerten Arten eine Heimat bieten, als Natura 2000-Gebiete zu melden und auszuweisen. In diesen Gebieten besteht das so genannte ?Verschlechterungsverbot?. Das heißt, der gegenwärtige Zustand des Gebietes ist zu erhalten und darf sich nicht verschlechtern. Das Betreiben von Landwirtschaft, Fischerei oder Forstwirtschaft bleibt selbstverständlich weiterhin möglich. Grundlage für die Entscheidung, welche Gebiete als Natura 2000-Gebiete ausgewiesen werden, sind die Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz: FFH-Richtlinie), die schützenswerte Lebensraumtypen und die darin enthaltenen Tiere und Pflanzen bezeichnet. Auch Sachsen-Anhalt ist in dieses Netzwerk eingebunden und hat bisher 32 Vogelschutzgebiete und 266 FFH-Gebiete als Natura 2000-Gebiete gemeldet. Derzeit sind 8 Vogelschutzgebiete und 45 FFH-Gebiete vollständig sichergestellt. Das Ausweisungsverfahren für die bislang noch nicht nationalrechtlich gesicherten Natura 2000-Gebiete mittels einer landesweit gültigen Verordnung ist derzeit in Arbeit.Das AusweisungsverfahrenRechtliche Grundlage bilden die EU-Richtlinie über die Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, kurz: FFH-RL) und die EU-Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie, kurz: VS-RL). Aus den Anforderungen dieser Richtlinien ergibt sich die unmittelbare Verpflichtung der Mitgliedsstaaten der EU, Natura 2000-Gebiete als besondere Schutzgebiete nationalrechtlich hinreichend zu sichern.Durch einen Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt wurde das Landesverwaltungsamt aufgefordert, bis Ende 2018 ein Ausweisungsverfahren für die bisher noch nicht nationalrechtlich gesicherten Natura 2000-Gebiete durchzuführen. Derzeit erfolgt eine dem eigentlichen öffentlichen Beteiligungsverfahren vorgelagerte Einbeziehung von Verbänden der Nutzergruppen, Eigentümervertretern und Landkreisen sowie Kommunen. Weitere Informationen zu Schutzgebieten sowie zu Natura 2000 und dem Ausweisungsverfahren finden Sie unter:www.lvwa.sachsen-anhalt.de/projekte/natura-2000oder bei facebook: www.facebook.com/natura2000lsa

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