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Halle (Saale), den 07.07.2015

Natura 2000 Sommer - Ferien - Einladung zum Wandern und Radeln durch das Naturschutzgebiet ?Aland-Elbe-Niederung nördlich Seehausen? ? auf den Spuren seltener und schützenswerter Pflanzen und Tiere

?Warum in die Ferne schweifen, sieh, das Gute liegt so nah!?, wusste schon Johann Wolfgang Goethe und warb damit für das Erkunden von Naturschätzen vor der eigenen Haustür. Diesen Gedanken möchte das Landesverwaltungsamt als Obere Naturschutzbehörde aufgreifen und den Bürgerinnen und Bürgern die Natura 2000 ? Schutzgebiete Sachsen-Anhalts näher bekannt machen.Um sich auf die Spur nach seltenen Tieren und Lebensraumtypen zu begeben, muss man nicht in exotische Gebiete reisen. Einen Schritt vor die Haustür und eine Wanderung ins nahe gelegene Schutzgebiet Aland-Elbe-Niederung nördlich Seehausen reicht aus, um sich eine Priese Urlaubsfeeling und Exotik zu holen.  Im äußersten Norden von Sachsen-Anhalt befindet sich ein besonderer Schatz für alle Naturliebhaber und Naturschützer: Das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (kurz FFH-Gebiet) ?Aland-Elbe-Niederung nördlich Seehausen?, welches aus einem vor allem für Wat- und Wasservögel bedeutendem Mosaik von Feuchtgrünland und -wald besteht und unter anderem einen der besterhaltenen Hartholzauenreste des Naturraumes Elbtalniederung umfasst.Insgesamt kommen in diesem FFH-Gebiet acht europaweit geschützte Lebensraumtypen vor, darunter große Altwässer, welche mit ihrer reichen Vegetation aus Wasserschweberpflanzen (z. B. Wasserlinsen (Lemna spec.)) und Schwimmblattpflanzen (z. B. Gelbe Teichrose (Nuphar lutea), Gemeiner Wasserhahnenfuß (Ranunculus aquatilis)) zu den natürlichen eutrophen Seen zählen. Auch die beiden Flüsse Elbe und Aland sind im Gebiet sehr naturnah ausgeprägt und weisen eine reiche Wasservegetation sowie einige in Sachsen-Anhalt stark gefährdete Fisch- und Rundmäulerarten auf. Zu diesen Arten zählen neben dem Flussneunauge (Lampetra fluviatilis) und dem Lachs (Salmo salar) auch der Bitterling (Rhodeus amarus), der Steinbeißer (Cobitis taenia) und der Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis). Zum Teil sind die Gewässer von ausgedehnten Schilfröhrichten umgeben, in denen die unscheinbaren, aber laut singenden Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoenobaenus) in bemerkenswert großer Zahl vorkommen.   Aland mit Uferröhricht (Foto: T. Pietsch)                     Schilfrohrsänger (Foto: Lutz Döring)Die Gewässer in der Aland-Elbe-Niederung werden auch von dem Biber (Castor fiber albicus) und dem Fischotter (Lutra lutra), zwei nachtaktiven Säugetieren, bewohnt, welche in Sachsen-Anhalt ebenfalls stark gefährdet bzw. vom Aussterben bedroht sind. In kleineren Tümpeln findet sich eine reiche Amphibien-Fauna aus Kammmolch (Triturus cristatus), Rotbauchunke (Bombina bombina), Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), Laubfrosch (Hyla arborea) und weiteren europaweit geschützten Arten.Bedeutend für das FFH-Gebiet sind auch die ausgedehnten Grünländer aus Brenndolden-Auenwiesen und mageren Flachland-Mähwiesen, die aufgrund der schonenden Bewirtschaftung sehr blütenreich sind und dem seltenen Kiebitz (Vanellus vanellus) ? ein etwa taubengroßer Vogel mit einer markanten Federnhaube am Kopf ? als Brutplatz dienen. Der für diese Landschaft charakteristische Weißstorch (Ciconia ciconia) sucht hier nach Fröschen und anderen Kleintieren im Gras. Die Auen-Wälder des Gebietes haben ebenfalls naturschutzfachliche Bedeutung ? besonders als Brutgebiet für Mittelspecht (Dendrocopos medius) und Schwarzmilan (Milvus migrans), welche auf derartige Lebensräume angewiesen sind ? und zählen zu den größten und besterhaltenen des Naturraumes.Da Feuchtgebiete, wie die naturnahen Stromtalauen der Elbe-Aland-Niederung, im letzten Jahrhundert zunehmend durch Trockenlegungen und Nährstoffeinträge beeinträchtigt und dezimiert wurden, stellen die erhalten gebliebenen Flächen heutzutage ein wichtiges Refugium für die daran angepasste Tier- und Pflanzenwelt dar. Dem hohen naturschutzfachlichen Wert der Elbe-Aland-Niederung wurde bereits im Jahr 2009 mit der Ausweisung als Naturschutzgebiet Rechnung getragen, wodurch ein hoher Schutz gewährleistet ist. ?Wir hoffen sie sind neugierig geworden, denn wir können hier einen Lebensraum mit seinem typischen Arteninventar erleben, wie er in Sachsen-Anhalt selten geworden ist. Also machen sie sich mit ihren Lieben auf und kommen sie vorbei zu einem erholsamen Spaziergang in diesem wunderbaren, spannenden Landstrich.?, erklärt der Leiter der Oberen Naturschutzbehörde im Landesverwaltungsamt, Dr. Uwe Thalmann, selbst Pflanzenexperte und passionierter Wanderer. ?Wichtig ist uns, dass die Bürgerinnen und Bürger vertraut gemacht werden mit den Naturschätzen, die uns umgeben, die teilweise bedroht sind und geschützt werden müssen. Denn man kann nur mit den Dingen sorgsam umgehen oder für deren Schutz kämpfen, wenn man diese kennt.?, so Thalmann weiter.  FFH-GebietAland-Elbe-Niederung nördlich Seehausen InfoboxStrukturreiche Stromtalaue mit Brenndoldenauenwiesen, Hartholz- und Weichholzauenwäldern alsLebensraum für zahlreiche an Feuchtgebiete gebundene Tier- und Pflanzenarten, insbesondere für Wat- und Wasservögel.Gebietsnummer:     FFH0007LSA    Größe des Gebietes: 2.573 haAusgewählte Lebensraumtypen:- natürliche eutrophe Seen (3150)- Brenndolden-Auenwiesen (6440)- Magere Flachland-Mähwiesen (6510)- Hartholzauenwälder (91F0)    Ausgewählte Arten:- Fischotter- Elbebiber- Mittelspecht- Weißstorch    - Rotbauchunke- Kammmolch- Rapfen- SteinbeißerHintergrundWarum Naturschutz, warum Natura 2000?Warum verwenden wir weltweit viel Kraft, Emotionen und auch Geld, um unsere Natur zu schützen? Weil der Naturschutz nicht selbstverständlich ist. Natürlich zerstört niemand mutwillig seine Umwelt, dennoch unterliegen wir oftmals Entscheidungszwängen und auch -notwendigkeiten, die dazu beitragen, dass unsere Umwelt sich verändert ? auch zum Negativen. Wir brauchen Industrieansiedlungen, wir wollen ein modernes Straßennetz, um unsere Flexibilität zu gewährleisten, wir brauchen Arbeitsplätze ? all das sind nachvollziehbare und richtige Willensbekundungen, aus deren Umsetzung sich oftmals heftige Naturschutzkonflikte ergeben. Im Ringen um die Schaffung von Arbeitsplätzen o. ä. sind wir dann schnell bereit, auf Kosten der Natur Kompromisse einzugehen, zumal sich die negativen Auswirkungen erst viele Jahre später zeigen. Deshalb braucht es gewisse Regularien, gesetzliche Vorschriften und Richtlinien, die auch in Zukunft eine Artenvielfalt und Schutz der Umwelt mit Augenmaß gewährleisten. Nicht zuletzt ist der Mensch abhängig von funktionierenden Ökosystemen, der Naturschutz dient dadurch unmittelbar der Sicherung unserer Existenz auf diesem Planeten.Natura 2000 schützt Arten und LebensräumeVor diesem Hintergrund haben sich alle europäischen Länder zusammengetan und ein Netz an Schutzgebieten geschaffen, das sich durch ganz Europa zieht und die Schönheit und Vielfalt unserer Natur sichert. Das Projekt trägt den Namen ?Natura 2000? und kann als  bisher weltweit einmalig bezeichnet werden. Dabei haben sich alle Länder darauf verständigt, eine bestimmte Anzahl von Gebieten, die besondere Biotope darstellen oder besonders schützenswerten Arten eine Heimat bieten, als Natura 2000-Gebiete zu melden und auszuweisen. In diesen Gebieten besteht das so genannte ?Verschlechterungsverbot?. Das heißt, der gegenwärtige Zustand des Gebietes ist zu erhalten und darf sich nicht verschlechtern. Das Betreiben von Landwirtschaft, Fischerei oder Forstwirtschaft bleibt selbstverständlich weiterhin möglich. Grundlage für die Entscheidung, welche Gebiete als Natura 2000-Gebiete ausgewiesen werden, sind die Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz: FFH-Richtlinie), die schützenswerte Lebensraumtypen und die darin enthaltenen Tiere und Pflanzen bezeichnet. Auch Sachsen-Anhalt ist in dieses Netzwerk eingebunden und hat bisher 32 Vogelschutzgebiete und 266 FFH-Gebiete als Natura 2000-Gebiete gemeldet. Derzeit sind 8 Vogelschutzgebiete und 45 FFH-Gebiete vollständig sichergestellt. Das Ausweisungsverfahren für die bislang noch nicht nationalrechtlich gesicherten Natura 2000-Gebiete mittels einer landesweit gültigen Verordnung ist derzeit in Arbeit.Das AusweisungsverfahrenRechtliche Grundlage für das Ausweisungsverfahren bilden die EU-Richtlinie über die Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, kurz: FFH-RL) und die EU-Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie, kurz: VS-RL). Aus den Anforderungen dieser Richtlinien ergibt sich die unmittelbare Verpflichtung der Mitgliedsstaaten der EU, Natura 2000-Gebiete als besondere Schutzgebiete nationalrechtlich hinreichend zu sichern.Durch einen Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt wurde das Landesverwaltungsamt aufgefordert, bis Ende 2018 ein Ausweisungsverfahren für die bisher noch nicht nationalrechtlich gesicherten Natura 2000-Gebiete durchzuführen. Derzeit erfolgt eine dem eigentlichen öffentlichen Beteiligungsverfahren vorgelagerte Einbeziehung von Verbänden der Nutzergruppen, Eigentümervertretern und Landkreisen sowie Kommunen. Weitere Informationen zu Schutzgebieten sowie zu Natura 2000 und dem Ausweisungsverfahren finden Sie unter:www.lvwa.sachsen-anhalt.de/projekte/natura-2000oder bei facebook: www.facebook.com/natura2000lsa

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