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Halle (Saale), den 29.09.2015

Einladung zum Wandern und Radeln durch das Naturschutzgebiet ?Weinberggrund bei Hecklingen? ? auf den Spuren seltener und schützenswerter Pflanzen und Tiere

?Warum in die Ferne schweifen, sieh, das Gute liegt so nah!?, wusste schon Johann Wolfgang Goethe und warb damit für das Erkunden von Naturschätzen vor der eigenen Haustür. Diesen Gedanken möchte das Landesverwaltungsamt als Obere Naturschutzbehörde aufgreifen und den Bürgerinnen und Bürgern die Natura 2000 ? Schutzgebiete Sachsen-Anhalts näher bekannt machen.Um sich auf die Spur nach seltenen Tieren und Lebensraumtypen zu begeben, muss man nicht in exotische Gebiete reisen. Einen Schritt vor die Haustür und eine Wanderung im nahe gelegenen Schutzgebiet ?Weinberggrund bei Hecklingen? reicht aus, um sich eine Priese Urlaubsfeeling und Exotik zu holen.  In fast ganz genau der Mitte von Sachsen ? Anhalt liegt, umsäumt von Ackerflächen der Magdeburger Börde und den Ortschaften Hecklingen und Stassfurt, ein Rückzugsort der Natur und Kleinod der Naherholung. Im Weinberggrund bei Hecklingen finden sich trockene Rasen und Steppen inmitten von herrlich alten Obstbäumen.Ein ganz besonders anregendes Schauspiel bieten die zahlreichen Obstbäume der Streuobstwiesen des Weinberggrundes im Frühsommer, wenn die Bäume in voller Blüte stehen und ihr Duft mit dem ersten sommerlichen Summen von emsigen Bienen und Hummeln die gesamte Luft erfüllt.Die Steppen- und Trockenrasen sind geprägt durch trockenes und warmes Klima. Der nahe Harz gilt als Wetterbarriere und seine Lage bringt Niederschlagsarmut im sog. Mitteldeutschen Trockengebiet mit sich. Was auf den ersten Blick schlecht für das Pflanzenwachstum erscheint hat dennoch einen besonderen Artenreichtum zur Folge. Nur sehr spezialisierte Pflanzen schaffen es in diesem trockenen Lebensraum zu überleben.Der Weinberggrund ist Heimat zahlreicher seltener Pflanzenarten. Als eine der ersten begrüßt einen das leuchtend gelbe Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis). Trotz ihrer fremdländischen Namen gelten der Dänische Tragant (Astragalus danicus) und der Walliser Schwingel (Festuca valesiaca) als ganz typische Vertreter der Trockenrasen. Darüber hinaus sind Pflanzenarten mit kleinen, sehr feinen und z.T. dünnen Blättern wie das Haar-Pfriemengras (Stipa capillata) und die Feinblättrige Schafgarbe (Achillea setacea) charakteristisch für diesen trocken - warmen Lebensraum. Ein Besuch lohnt sich besonders im Frühjahr und im Herbst, da dann die zahlreichen Gräser und Kräuter in voller Blüte stehen. Im Hochsommer wirken die Trockenrasen hingegen wie eine dürre Halbwüste und wollen darüber hinweg täuschen, dass es sich hierbei um einen der artenreichsten Lebensräume handelt, die das Land insgesamt zu bieten hat.Darüber hinaus ist hier auch die Zauneidechse (Lacerta agilis) zu Hause. Diese Liebhaberin wärmegetönter, trockener Lebensräume kann man mit etwas Glück beim Sonnenbad entdecken.Insbesondere morgens, wenn das wechselwarme Tier seinen Körper auf ?Betriebstemperatur? bringt, stehen die Chancen auf ein Beobachtungserlebnis nicht schlecht.Ein Überbleibsel einer einzigartigen Kulturlandschaft mit seltenen Naturschätzen inmitten einer durch menschliches Wirken geprägten Region verleihen dem Weinberggrund eine besondere Bedeutung für den Schutz von Tier- und Pflanzenarten sowie ihren Lebensräumen und machen ihn zu einem interessanten Ausflugsziel. ?Wir hoffen sie sind neugierig geworden, denn wir können hier einen Lebensraum mit seinem typischen Arteninventar erleben, wie er in Sachsen-Anhalt selten geworden ist. Also machen sie sich mit ihren Lieben auf und kommen sie vorbei zu einem erholsamen Spaziergang in diesem wunderbaren, spannenden Landstrich.?, erklärt der Leiter der Oberen Naturschutzbehörde im Landesverwaltungsamt, Dr. Uwe Thalmann, selbst Biologe. ?Wichtig ist uns, dass die Bürgerinnen und Bürger vertraut gemacht werden mit den Naturschätzen, die uns umgeben, die teilweise bedroht sind und geschützt werden müssen. Denn man kann nur mit den Dingen sorgsam umgehen oder für deren Schutz kämpfen, wenn man diese kennt.?, so Thalmann weiter.  FFH-GebietWeinberggrund bei HecklingenInfoboxDurch Hangneigung und kontinental trocken warm geprägtes Klima entstand eine artenreiche Flora und Fauna.Gebietsnummer:     FFH0241LSA    Größe des Gebietes: 8 haAusgewählte Lebensraumtypen:- Subpannonische Steppen-Trockenrasen (6240*)- Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (6210)    Ausgewählte Arten:- Zauneidechse    HintergrundWarum Naturschutz, warum Natura 2000?Warum verwenden wir weltweit viel Kraft, Emotionen und auch Geld, um unsere Natur zu schützen? Weil der Naturschutz nicht selbstverständlich ist. Natürlich zerstört niemand mutwillig seine Umwelt, dennoch unterliegen wir oftmals Entscheidungszwängen und auch -notwendigkeiten, die dazu beitragen, dass unsere Umwelt sich verändert ? auch zum Negativen. Wir brauchen Industrieansiedlungen, wir wollen ein modernes Straßennetz, um unsere Flexibilität zu gewährleisten, wir brauchen Arbeitsplätze ? all das sind nachvollziehbare und richtige Willensbekundungen, aus deren Umsetzung sich oftmals heftige Naturschutzkonflikte ergeben. Im Ringen um die Schaffung von Arbeitsplätzen o. ä. sind wir dann schnell bereit, auf Kosten der Natur Kompromisse einzugehen, zumal sich die negativen Auswirkungen erst viele Jahre später zeigen. Deshalb braucht es gewisse Regularien, gesetzliche Vorschriften und Richtlinien, die auch in Zukunft eine Artenvielfalt und Schutz der Umwelt mit Augenmaß gewährleisten. Nicht zuletzt ist der Mensch abhängig von funktionierenden Ökosystemen, der Naturschutz dient dadurch unmittelbar der Sicherung unserer Existenz auf diesem Planeten.Natura 2000 schützt Arten und LebensräumeVor diesem Hintergrund haben sich alle europäischen Länder zusammengetan und ein Netz an Schutzgebieten geschaffen, das sich durch ganz Europa zieht und die Schönheit und Vielfalt unserer Natur sichert. Das Projekt trägt den Namen ?Natura 2000? und kann als  bisher weltweit einmalig bezeichnet werden. Dabei haben sich alle Länder darauf verständigt, eine bestimmte Anzahl von Gebieten, die besondere Biotope darstellen oder besonders schützenswerten Arten eine Heimat bieten, als Natura 2000-Gebiete zu melden und auszuweisen. In diesen Gebieten besteht das so genannte ?Verschlechterungsverbot?. Das heißt, der gegenwärtige Zustand des Gebietes ist zu erhalten und darf sich nicht verschlechtern. Das Betreiben von Landwirtschaft, Fischerei oder Forstwirtschaft bleibt selbstverständlich weiterhin möglich. Grundlage für die Entscheidung, welche Gebiete als Natura 2000-Gebiete ausgewiesen werden, sind die Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz: FFH-Richtlinie), die schützenswerte Lebensraumtypen und die darin enthaltenen Tiere und Pflanzen bezeichnet. Auch Sachsen-Anhalt ist in dieses Netzwerk eingebunden und hat bisher 32 Vogelschutzgebiete und 266 FFH-Gebiete als Natura 2000-Gebiete gemeldet. Derzeit sind 8 Vogelschutzgebiete und 45 FFH-Gebiete vollständig sichergestellt. Das Ausweisungsverfahren für die bislang noch nicht nationalrechtlich gesicherten Natura 2000-Gebiete mittels einer landesweit gültigen Verordnung ist derzeit in Arbeit.Das AusweisungsverfahrenRechtliche Grundlage für das Ausweisungsverfahren bilden die EU-Richtlinie über die Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, kurz: FFH-RL) und die EU-Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie, kurz: VS-RL). Aus den Anforderungen dieser Richtlinien ergibt sich die unmittelbare Verpflichtung der Mitgliedsstaaten der EU, Natura 2000-Gebiete als besondere Schutzgebiete nationalrechtlich hinreichend zu sichern.Durch einen Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt wurde das Landesverwaltungsamt aufgefordert, bis Ende 2018 ein Ausweisungsverfahren für die bisher noch nicht nationalrechtlich gesicherten Natura 2000-Gebiete durchzuführen. Derzeit erfolgt eine dem eigentlichen öffentlichen Beteiligungsverfahren vorgelagerte Einbeziehung von Verbänden der Nutzergruppen, Eigentümervertretern und Landkreisen sowie Kommunen. Weitere Informationen zu Schutzgebieten sowie zu Natura 2000 und dem Ausweisungsverfahren finden Sie unter:www.lvwa.sachsen-anhalt.de/projekte/natura-2000oder bei facebook: www.facebook.com/natura2000lsa

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