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Halle (Saale), den 15.11.2018

Gewalt geht gar nicht Kampagne des Deutschen Feuerwehrverbandes gegen Gewalt gegen Einsatzkräfte der Feuerwehr startet in Sachsen-Anhalt

Nichts polarisiert in der Feuerwehr-Welt momentan so stark wie das Thema Gewalt gegen Rettungskräfte. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwo in Deutschland Feuerwehrmänner und Rettungskräfte beschimpft oder gar angegriffen werden. Erkenntnisse aus einer Studie lassen auf eine extrem hohe Dunkelziffer von nicht angezeigten Fällen von körperlicher Gewalt schließen. ?Auf Ihrer 65. Delegiertenversammlung am 29. September 2018 in Erfurt forderten die 170 Delegierten in einer Resolution mehr Respekt vor Einsatzkräften und ein klares Nein zur Gewalt gegen Feuerwehrleute. Mit unserer heutigen Aktion möchten wir dieses Anliegen unterstützen und unsere Solidarität bekunden.?, erklärte heute der Präsident des Landesverwaltungsamtes Thomas Pleye beim Anbringen des Aufklebers an die Eingangstür der Behörde.Der Aufkleber ?Gewalt geht gar nicht? soll bundesweit an öffentlichen Einrichtungen und überall dort, wo Menschen zusammenkommen, angebracht werden und somit auf das Problem der Gewalt gegen Einsatzkräfte aufmerksam machen.?Ich kann nur immer wieder betonen und unterstreichen, wie wichtig und unerlässlich die Arbeit von Einsatz- und Rettungskräften ist. In vielen Situationen in jüngster Vergangenheit wurde das immer wieder unter Beweis gestellt. Sie retten Leben, löschen Brände, helfen bei Hochwasser und anderen Szenarien. Umso unverständlicher ist es, dass unsere Einsatzkräfte beschimpft oder sogar körperlich angegriffen werden.?, so der Präsident weiter.Thomas Voss, Jugenfeuerwehrwart in Sachsen-Anhalt schildert die Situation, denen die Retter oftmals ausgesetzt sind: ?Neben den Gaffern und Rettungsgassenblockierern haben es die Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei und medizinischen Rettungsdiensten mit Anfeindungen, Pöbeleien, Beleidigungen, Stein- und Flaschenwürfen und unmittelbarer körperlicher Gewalt zu tun.  Sie werden bei ihren Tätigkeiten angespuckt, angegriffen und sogar regelrecht zusammengeschlagen. Im September wurden in Thüringen zwei Feuerwehrleute mit Benzin übergossen und dann mit einem Gasbrenner bedroht. Retter werden zu Opfern!?Das System der Feuerwehren beruht in Deutschland überwiegend auf dem Prinzip der Ehrenamtlichkeit. In Sachsen-Anhalt bestehen 3 Berufsfeuerwehren in Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau und ca. 1.500 freiwillige Feuerwehren mit etwa 57.500 Mitgliedern. Davon sind ca. 32.000 im aktiven Einsatz tätig. ?Das sind vielleicht der eine oder andere von Ihnen, Verwandte, Freunde, Bekannte, Nachbarn, Arbeitskollegen. Sie alle sind für Sie, Ihre Gesundheit, Ihr Leben und Ihr Eigentum da. Das unentgeltlich und 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Und alle vier Jahre auch noch einen Tag mehr. Dabei setzten sie selbst ihr höchstes Gut auf Spiel, nämlich ihre Gesundheit und ihr Leben. Und immer wieder wird das leider auch bittere Realität. Denken Sie bitte auch daran, dass Sie eines Tages vielleicht auch selbst Hilfe benötigen.?, so Voss weiter. Das Landesverwaltungsamt, zuständig für die den Rettungsdienst und Katastrophenschutz in Sachsen-Anhalt, ist die erste Einrichtung im Bundesland, die diese Kampagne unterstützt. ?Wir hoffen, dass sich weitere Institutionen, Behörden, aber auch Geschäfte und andere private Einrichtungen dieser Aktion anschließen.? HintergrundIm Brandeinsatz angegriffen: Neue Studie über GewaltDer Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum befragte im Mai und Juni 2017 rund 4.000 haupt- und ehrenamtliche Feuerwehr- und Rettungsdienstkräfte aus Nordrhein-Westfalen. 812 davon füllten die Fragebögen aus. Nach Erhebungen über Gewalterfahrungen von hauptamtlichen Einsatzkräften, sollten nun auch freiwillige Feuerwehren einbezogen werden. Im Gesamtbild ergibt sich, dass die meisten Angriffe im rettungsdienstlichen Bereich während der Diagnose oder Therapie erfolgen. Darauffolgen aber die Einsatzsituationen ?Eintreffen?,?Erkundung? und ?Brandeinsatz?.Neu ist: 80 Prozent der Einsatzkräfte meldeten den letzten verbalen oder nonverbalen Übergriff auf ihre Person nicht. 30 Prozent selbst dann nicht, wenn sie Opfer körperlicher Gewalt wurden. Dabei sagten mehr als 20 Prozent der Angegriffenen aus, in dessen Folge psychische Beeinträchtigungen erlitten hätten. Rund 40 Prozent berichteten von körperlichen Schäden.Wer sind die Haupttätergruppen? Welche Studien haben sich bereits mit Gewalt gegen Rettungskräfte befasst und mit welchen Ergebnissen? Welche Maßnahmen müssen von der Politik durchgesetzt werden?In der Studie äußerten die Befragten zudem den Wunsch, in ihrer Ausbildung intensiver auf eskalierende Einsatzsituationen vorbereitet zu werden. Sowohl soziale Brennpunkte in Großstädten als auch bürgerliche Wohngebiete sind besonders betroffen. Die Studie erfolgte mit Unterstützung des Ministeriums des Innern sowie des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, der Unfallkasse NRW und der komba gewerkschaft.Die 5 wichtigsten Erkenntnisse der Studie1. Entgegen der deutschen Polizeilichen Kriminalstatistik meldet die Studie von Prof. Dr. Feltes und Marvin Weigert keinen Anstieg von Gewaltdelikten gegen Feuerwehrkräfte. Basis dafür sind Befragungen, die jeweils 2011 und 2017 durchgeführt wurden.2. Die Autoren der Untersuchung vermuten aber eine hohe Dunkelziffer nicht angezeigter Fälle von Gewalt.3. Freiwillige Feuerwehrleute sind seltener von Gewalt betroffen als beispielsweise Berufsfeuerwehrleute. Dies hänge unter anderem mit den geringeren Einsatzzahlen zusammen.4. Jeder Dritte von körperlicher Gewalt Betroffene gab an, akutmedizinisch ärztlich und/oder psychotherapeutisch behandelt worden zu sein.5. Jede gemeldete beziehungsweise angezeigte Straftat verbessert die Erkenntnisse zu der Problematik. Dadurch können Präventionsmaßnahmen dort angesetzt werden, wo sie optimal wirken. Einen elektronischen und vereinheitlichten Meldebogen gibt es zum Beispiel auf www.dfeug.de

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