Pressemitteilung: 15-2020
, den 02.09.2020

Prostitutionsstätten dürfen wieder öffnen

Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 3. September 2020 die
Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 der Siebten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus (7. SARS-CoV-2-EindV) außer Vollzug gesetzt, soweit darin Prostitutionsstätten im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 des Prostituiertenschutzgesetzes nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden dürfen.


Die ausnahmslose Schließung von Prostitutionsstätten stelle - so das Gericht - in der derzeitigen Situation keine notwendige
Schutzmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes mehr dar. Der mit dieser Maßnahme in erster Linie verbundene
Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Betreiber der Prostitutionsstätten sowie der
Prostituierten genüge nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zwar bestehe nach der für die aktuell geltende 7. SARSCoV-2-EindV maßgeblichen Einschätzung des Robert-Koch-Instituts im täglichen „Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“ vom 30. Juni 2020 auch in Deutschland unverändert eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation, die staatliches Einschreiten nicht nur rechtfertige, sondern zur Vermeidung eines exponentiellen Wachstums der Infektionen mit unmittelbaren, nicht absehbaren Folgen für Gesundheit, Leib und Leben der Bevölkerung mit Blick auf die diesbezüglich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes folgende Schutzpflicht des Staates weiterhin gebiete.

Allerdings dürfte die ohne jede Ausnahme angeordnete Schließung von Prostitutionsstätten aller Voraussicht nach nicht mehr erforderlich sein. Der Verordnungsgeber habe nahezu sämtliche Bereiche des privaten und öffentlichen Lebens bis auf
Tanzlustbarkeiten, Volksfeste, Großveranstaltungen und den Bereich der Prostitution weitgehend geöffnet und setze
insoweit auf die Einhaltung von näher bestimmten Abstands- und Hygieneregeln. Dies müsse auch für Prostitutionsstätten
gelten. Es sei nicht ersichtlich, dass entsprechende Konzepte nicht umsetzbar seien, zumal auch die Ausübung der Prostitution im Sinne des § 2 Abs. 1 ProstSchG außerhalb von Prostitutionsstätten nicht verboten sei.

OVG LSA, Beschluss vom 3. September 2020 - 3 R 156/20 -

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