Pressemitteilung: 83/2020
Halle (Saale), den 28.09.2020

Über 400 Mio. Euro für Teilhabemaßnahmen bereitgestellt

30 Jahre Integration von schwerbehinderten Menschen im Arbeitsleben

Am 1.10.2020 besteht das Integrationsamt Sachsen-Anhalt auf den Tag genau 30 Jahre, „… ein guter Anlass, um auf das in dieser Zeit Erreichte zu schauen, an die beschwerlichen Anfänge zu erinnern und Bilanz zu ziehen.“, so der Präsident des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt Thomas Pleye.

Das Integrationsamt ist ein Referat im Landesverwaltungsamt und kümmert sich mit seinen 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit nunmehr 30 Jahren um die Teilhabe schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben. In dieser Zeit wurden in Sachsen-Anhalt durch das Integrationsamt rund 415 Mio. Euro finanzielle Mittel (Siehe Tabelle 1) zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt. Damit wurden seit dem Jahre 2004 bis 2019 z.B. 1.788 Bewilligungen für den behindertengerechten Umbau, Anpassung und Einrichtung von Arbeitsplätzen erteilt. Damit konnten ebenso vielen schwerbehinderten Menschen die Integration auf den ersten Arbeitsmarkt ermöglicht werden.

Teilhabemittel, die jährlich aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe zur Verfügung gestellt werden (vergleichbare Zahlen liegen seit 1994 vor)

Jahr Ausgaben in Euro
1994: 20.951.990
1995: 26.569.161
1996: 26.317.703
1997: 18.235.392
1998: 15.066.727
1999: 14.652.260
2000: 12.689.489
2001: 14.204.560
2002: 15.500.584
2003: 15.036.179
2004: 16.335.928
2005: 16.065.079
2006: 13.270.107
2007: 11.439.498
2008: 13.876.679
2009: 12.893.446
2010: 13.571.316
2011: 12.904.197
2012: 14.521.408
2013: 16.553.045
2014: 17.739.114
2015: 16.382.941
2016: 19.001.685
2017: 18.597.521
2018: 19.484.931
2019: 19.559.460

Diese Zahlen zeigen, wie eng die Integrationsämter in der Bundesrepublik Deutschland mit Unternehmen und Betrieben zusammenarbeiten. Allein in Sachsen-Anhalt werden jedes Jahr etwa 900 – 1.200 Betriebsbesuche von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Integrationsamtes durchgeführt. Das Integrationsamt Sachsen-Anhalt ist für alle anerkannt schwerbehinderten Menschen und denen gleichgestellten Menschen in den Betrieben und Dienststellen der öffentlichen Verwaltung im gesamten Land Sachsen-Anhalt zuständig. Hinter den beeindruckenden Zahlen verbergen sich oftmals hoch emotionale Geschichten, denn für jeden Fall steht ein persönliches Schicksal.

„Zu uns kommen Menschen mit schweren Schicksalsschlägen. Oftmals haben sie mit den Folgen von Unfällen oder schweren Krankheiten zu kämpfen. Wir versuchen mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen, aber vor allem mit viel Empathie und einem offenen Ohr.“, so Pleye weiter.

Der Wunsch, trotz Einschränkungen wieder am Arbeitsleben teilhaben zu können, etwas zu leisten, Teil eines Teams zu sein und für den Lebensunterhalt selbständig sorgen zu können, wird vom Integrationsamt auf vielfältige Weise mit konkreten technischen Hilfsmitteln und auch anderweitig finanziell unterstützt. Arbeitsplätze werden so angepasst, dass der Betroffene ohne Einschränkungen arbeiten kann. Finanzielle Unterstützung stehen sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern zur Verfügung, um beispielsweise zusätzliche Aufwendungen auszugleichen.

Ein zweiter großer Bereich ist der Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen. Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen besitzen im Arbeitsleben einen besonderen Kündigungsschutz. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie unkündbar sind. Vielmehr muss der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin vor der Kündigung des Arbeitsverhältnisses die Zustimmung des Integrationsamtes einholen. Vor seiner Entscheidung prüft das Integrationsamt vor allem, ob der Kündigungsgrund mit der Behinderung zu tun hat. Außerdem prüft es, ob der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin alles getan hat, um den Arbeitsplatz zu erhalten. Zum Beispiel, ob alle verfügbaren Hilfen des Integrationsamtes und der Rehabilitationsträger ausgeschöpft wurden. In den letzten Jahren haben diese Verfahren kontinuierlich abgenommen.

„Für die Unternehmen bietet die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen die Chance, sich motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Betrieb zu holen. Mit der Ausbildung von schwerbehinderten jungen Menschen sichern sich die Betriebe die Fachkräfte von morgen.“, so Pleye abschließend.

Alle Informationen sind im Netz unter:
https://lvwa.sachsen-anhalt.de/das-lvwa/integrationsamt/
zu finden.

Integration in Sachsen-Anhalt – Ein Rückblick

Zum 01.10.1990 wurden in Sachsen-Anhalt und in den neuen Bundesländern des Beitrittsgebietes die Hauptfürsorgestellen gegründet. Sie waren zu dieser Zeit die ersten Behörden nach bundesdeutschen Recht im Beitrittsgebiet.

Der erste Standort der Hauptfürsorgestelle in Sachsen-Anhalt war in Halle im Paulusviertel, in den Räumen der ehemaligen Bezirksstelle für Rehabilitation des Bezirkes Halle. Unter erschwerten räumlichen Bedingungen, mit einer sehr spärlichen verfügbaren Ausstattung, aber hoch motiviert, haben 6 Kolleginnen und Kollegen die Ärmel hochgekrempelt und sich engagiert den neuen Aufgaben gestellt. In den ersten 3 Monaten standen der Hauptfürsorgestelle für die Erfüllung der Aufgaben nach dem Schwerbehindertengesetz Mittel im Rahmen einer Anschubfinanzierung, bereitgestellt aus Mitteln der bisherigen Bundesländer, zur Verfügung.

Aus diesen Mittel mussten die gesetzlichen Aufgaben wahrgenommen, aber auch die anfallenden fiskalischen Kosten beglichen werden. In der genannten Zeit gab es in Sachsen-Anhalt noch keine Ausgleichsabgabe. Diese wurde erstmalig in Sachsen-Anhalt im Jahr 1991 für die zurückliegenden 3 Monate des vorangegangenen Kalenderjahres erhoben. Von den 6 Kolleginnen und Kollegen sind heute noch 2 aktiv im Integrationsamt. Sie erinnern sich noch gut an die Anfangszeiten und die anschließenden Jahre, sowie die damit verbundenen Veränderungen und Entwicklungen. Hauptschwerpunkt der Anfangsjahre war der besondere Kündigungsschutz. Tausende Anträge von Arbeitgebern auf Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung eines schwerbehinderten bzw. gleichgestellten Arbeitnehmers bzw. Beschäftigten gingen in der Hauptfürsorgestelle ein. Jeder Antrag musste nach den geltenden rechtlichen Vorschriften bearbeitet und beschieden werden, auch wenn sehr häufig aufgrund der wirtschaftlichen Veränderungen und Umstrukturierungen in der damaligen Zeit viele Arbeitgeber ihre Einrichtungen beziehungsweise Tätigkeitsfelder schließen beziehungsweise beenden mussten.

Neben den Aufgaben nach dem Schwerbehindertengesetz waren die Hauptfürsorgestellen auch für die Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechts nach dem Bundesversorgungsgesetz zuständig. Zum 01.07.2001 mit der Eingliederung des Schwerbehindertengesetzes ins Sozialgesetzbuch Neuntes Buch sind die Aufgaben nach dem Schwerbehindertenrecht einschließlich dem Personal dem Integrationsamt übertragen worden.

Im Rahmen der bereits genannten Aufgaben des Integrationsamtes kommen immer neue Aufgaben hinzu, die bearbeitet werden müssen. Aktuell hat die Sicherung von Arbeitsplätzen schwerbehinderter Menschen in den Zeiten der Corona-Pandemie oberste Priorität. Neben einer befristeten entbürokratisierten Bearbeitung für bisherige Anträge, sind zusätzliche Antragsmöglichkeiten, so die Unterstützung der Inklusionsbetriebe für die Beibehaltung beziehungsweise zum Erreichen einer wirtschaftlichen Stabilität derer und die Sicherung der Arbeitsentgelte für Beschäftigte im Arbeitsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen beziehungsweise bei anderen Leistungsanbietern, bereitgestellt wurden.
Eine enge und gute Zusammenarbeit wird zwischen den Integrationsämtern, den Integrationsfachdiensten, den Rehabilitationsträgern und allen anderen Einrichtungen, die sich engagiert für die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen auf den ersten Arbeitsmarkt einsetzen, praktiziert und gepflegt.

Was tut das Integrationsamt – Ein kurzer Überblick

Die Aufgaben des Integrationsamtes in Sachsen-Anhalt mit den Dienststellen in Halle und Magdeburg sind im Sozialgesetzbuch IX, Teil 3 Schwerbehindertenrecht, geregelt. Danach hat das Integrationsamt die berufliche Teilhabe schwerbehinderter und gleichgestellter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, zu erleichtern, zu sichern und nachhaltig zu unterstützen. Es versteht sich dabei sowohl als Partner für diesen Personenkreis sowie deren Interessenvertretungen, ist aber auch gleichermaßen Ansprechpartner für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Es besteht eine regelmäßige Zusammenarbeit mit den regionalen Betrieben, Unternehmen und Dienststellen, den Integrationsfachdiensten und anderen Beteiligten.

Arbeitsschwerpunkte des Integrationsamtes nach § 185 SGB IX

1. Die Erhebung der Ausgleichsabgabe
Private und öffentliche Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich mind. 20 Beschäftigten haben auf wenigstens 5 % der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Solange sie die vorgeschriebene Zahl nicht erreichen, sind sie verpflichtet für jeden nicht besetzten Platz eine Ausgleichsabgabe zu leisten. Aus welchen Gründen der Arbeitgeber seiner Beschäftigungspflicht nicht nachgekommen ist, ob er daran ein Verschulden trägt oder nicht, bleibt unberücksichtigt. Die Verwendung der Ausgleichsabgabe ist gesetzlich festgelegt. Sie darf ausschließlich nur für die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben eingesetzt werden.

2. Die Begleitende Hilfe im Arbeitsleben
Die Leistungen des Integrationsamtes aus Mitteln der Ausgleichsabgabe zur Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben bilden die Grundlage für eine individuelle, bedarfsgerechte Unterstützung von Menschen, die hierauf wegen ihrer Behinderung für eine gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsleben angewiesen sind. Sie sollen darauf hinwirken, dass schwerbehinderte Menschen auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll entfalten können, um sich so im Wettbewerb mit nichtbehinderten Menschen behaupten zu können. Hierfür steht dem Integrationsamt ein breit gefächertes Angebot an Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Zum Beispiel:
• Neuschaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen
• behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitsplätze
• Lohnkostenbeteiligung bei außergewöhnlichen Belastungen wegen Schwere und/oder Art der Behinderung
• technische Arbeitshilfen
• berufliche Fort- und Weiterbildung
• Inanspruchnahme einer Arbeitsassistenz
• behinderungsbedingte Kfz-Hilfe
• Förderung von Selbständigkeit
• Beteiligung der Integrationsfachdienste

3. Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen
Der Arbeitgeber benötigt zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes. Erst wenn die Entscheidung des Integrationsamtes in Form der Zustimmung vorliegt, kann der Arbeitgeber die Kündigung wirksam erklären. Die ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Sie kann auch nicht nachträglich durch das Integrationsamt genehmigt werden. Daneben hat der schwerbehinderte Mensch wie jeder Arbeitnehmer den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dabei ist das besondere Kündigungsschutzverfahren nach dem SGB IX beim Integrationsamt dem arbeitsgerichtlichen Kündigungsverfahren nach dem KSchG vorgeschaltet. Das Integrationsamt hat in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken und alle Möglichkeiten zum Erhalt des Arbeitsplatzes bzw. zur Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses auszuschöpfen. Für seine Entscheidung wägt das Integrationsamt die berechtigten Interessen des schwerbehinderten Menschen und des Arbeitgebers gegeneinander ab und prüft insbesondere auch, ob ein behinderungsbedingter Kündigungsgrund vorliegt.

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