Anklage gegen ein mutmaßliches Mitglied des „islamischen Staates“ erhoben
Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg hat am 11. August 2022 vor dem
Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Naumburg Anklage gegen eine deutsche
Staatsangehörige erhoben.
Die Angeschuldigte erscheint hinreichend verdächtig, sich – teils als Jugendliche mit
Verantwortungsreife, teils als Heranwachsende – in zwei Fällen als Mitglied an der
ausländischen terroristischen Vereinigung „islamischer Staat (IS)“ beteiligt zu haben (§§
129a Abs. 1 Nr. 1, 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 StGB, 1, 3,105 JGG). Zudem wird ihr
– tateinheitlich – ein Eigentumsdelikt nach § 9 Abs. 1 3. Alt. VStGB (völkerrechtswidrige
Aneignung von Sachen der gegnerischen Partei in erheblichem Umfang) zur Last gelegt.
In der durch den OLG-Staatsschutzsenat zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen
folgender Sachverhalt dargelegt:
Die heute 23-Jährige wird konkret angeschuldigt, sich im Laufe des Jahres 2014 (als
Schülerin einer zehnten Klasse eines Gymnasiums) in Deutschland radikalisiert zu haben.
Sie fasste zum damaligen Zeitpunkt den Entschluss, sich in das Herrschaftsgebiet der
terroristischen Vereinigung „islamischer Staat“ zu begeben, um sich dieser anzuschließen
und sich am Aufbau eines religiös-fundamentalistischen Staates nach den Regeln der
Scharia zu beteiligen. In Umsetzung dieses Vorhabens verließ die Angeschuldigte im
Dezember 2014 die Bundesrepublik Deutschland. Sie reiste zunächst in die Türkei und von
dort aus in das Herrschaftsgebiet des „islamischen Staates“ nach Syrien. In einem unter der
Aufsicht und Kontrolle des „IS“ stehenden Frauenwohnheim ließ sie sich registrieren und
gliederte sich damit formal in die Organisation ein. Dort erhielt sie auch Schulungen zum
ideologischen dschihadistischen Gedankengut, zu dem Recht der Scharia und der
arabischen Sprache, um dem Kreis der Mitglieder des „IS“ zugehörig sein zu können. Noch
im selben Monat heiratete sie einen deutsch-tunesischen „IS-Kämpfer“ nach islamischem
Recht; mit diesem zog sie in der Folgezeit (bis März 2019) in diverse Wohnungen, die sich
der „IS“ zuvor illegal angeeignet hatte und die er seinen Anhängern kostenfrei zur Verfügung
stellte. Die Angeschuldigte, die zwischenzeitlich drei Kinder bekam, versorgte ihren
Ehemann in umfassender Weise und ermöglichte es ihm auf diese Art, für die terroristische
Organisation tätig zu werden, deren militärische Schlagkraft zu stärken und deren inneren
Zusammenhalt zu festigen. Ihre Kinder erzog sie bewusst im Sinne der „IS-Ideologie“. Vom
„IS“ erhielt das Ehepaar finanzielle Zuwendungen (bis zu 150 US-$ monatlich, je nach
Leistungsfähigkeit des „IS“). Die Angeschuldigte hatte stets Zugriffsmöglichkeit auf
Kriegswaffen, die ihr Ehemann besaß (eine Kalaschnikow nebst Munition und zwei
Handgranaten).
Auch noch nach ihrer Festnahme durch kurdische Milizen im März 2019 vertrat sie die
Ideologie des „IS“ weiter, indoktrinierte ihre älteste Tochter und brachte dieser ein
Erkennungszeichen des „IS“ bei. Noch im Januar 2022 verlieh sie gegenüber einer in
Deutschland lebenden Verwandten ihrer Hoffnung Ausdruck (per Sprachnachricht), der IS
werde seinen lokalen Herrschaftsanspruch zukünftig wieder durchsetzen.
Die Angeschuldigte wurde mit ihren Kindern durch Beamte des Bundeskriminalamtes Ende
März 2022 nach Deutschland zurückgeführt, anschließend festgenommen und befindet sich
seit dem 31. März 2022 in Untersuchungshaft.
Tewes
(Pressesprecher)
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